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So leise wie möglich schieben wir das Boot ans Ufer und schleichen durch das Schilf auf die Vogelwarte zu. Wir haben es genau gesehen: In dem unbewohnten Haus brennt nachts Licht. Unheimliche Dinge geschehen dort... Was ist auf derVogelinsel los?
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Seitenzahl: 123
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Bastian, 12,hat kurzes blondes Stoppelhaar und sehr abstehende Ohren. Ist der Anführer der Jungen. Intelligent. Manchmal muffelig.
Sabine, 12, schulterlanges, dunkles Haar, als einzige nicht blond; spitze, schmale Nase; dicke Ponyfrisur. Wittert dauernd spannende Fälle. Sehr pfiffig.
Heike, 12, und Heiko, 11, Geschwister, haben beide ganz kurz geschnittenes blondes Haar. Heiko weiß immer alles, Heike ist sehr tierliebend und weichherzig. Hilfsbereit sind beide. Die Geschwister besitzen zusammen eine kleine Segeljolle, da sie auf einer Insel wohnen.
Susanne (Su), 8, Sabines jüngere Schwester, die immer mit will. Hat dünne, widerspenstige, rotblonde Zöpfe, ist lustig, lacht und weint viel, hat Sommersprossen. Su ist eine Nervensäge, aber lieb.
Goldhamster Husch ist Heikes Liebling. Er sitzt meistens unter ihrem Pullover und ist immer dabei. Sein Fell ist besonders seidig. Ein großer Nüsse-Hamsterer. Kommt auf Heikes Pfiff. Fürchtet Kater Bandit wie den Teufel, da er dessen Absichten kennt.
Florian (Flo), 10, hat ganz dicke blonde Locken (um die ihn die Mädchen beneiden). Flo ist klein und dünn, ein bisschen ängstlich. Liest leidenschaftlich gern.
Kater Bandit wurde irgendwann von Sabine halb ertrunken gefunden und adoptiert. Die Familie liebt ihn. Bandit ist pechschwarz mit weißen Pfoten. Er hat nur ein Auge. Hofft, irgendwann Hamster Husch zu erwischen. Geht meistens mit den Kindern mit. Ist ein ganz besonderer Kater.
Endlich Ferien!
Der Kopfkissen-Code
Überraschung im Bücherbus
Bandit im Ausguck
Besuch auf dem Zollkreuzer
Ferienpläne
Auf zum Bananensand
Ein geheimnisvolles Licht
Auf der Vogelinsel
Was ist mit Angela los?
Hilfe in Not
Gefangen!
Bandit und die Flaschenpost
Ein neues Boot
Gabriele Cecilia Kuhnke(geb. Ammermann;* 19. Juni 1946 in Olsberg) ist eine deutsche Schriftstellerin; sie hat sich vor allem durch ihre Kinder- und Jugendbücher einen Namen gemacht. Geboren im Sauerland, besuchte sie in Arnsberg das Mädchen-Gymnasium. Seit ihrer Kindheit fühlte sie sich zu Wasser und Schiffen hingezogen, arbeitete nach ihrer Schulzeit auf einem Rhein-Schleppkahn. Die zwölfbändige Reihe Die Acht vom großen Fluss erschien erstmals zwischen 1985 und 1991im Schneider-Buch-Verlag. Sie lebt in Sommerland zwischen Elmshorn und Glückstadt.
Wohl zum hundertsten Mal an diesem Morgen blicke ich ungeduldig auf meine Armbanduhr. Die letzte Schulstunde vor den Sommerferien will nicht zu Ende gehen. Eigentlich kann es sich nur noch um Sekunden handeln, bis es endlich läutet . . .
In diesem Augenblick ertönt das langersehnte, schrille Rasseln der Schulglocke.
„Super! Endlich Ferien!“
Fünfundzwanzig Paar Füße trommeln ausgelassen auf den Fußboden. Übermütig stoße ich meine Freundin Heike Hansen an, die neben mir sitzt. Heike ist im Januar zwölf Jahre alt geworden. Wie ihr Bruder Heiko hat sie kurze, blonde Haare, die gleiche runde Gesichtsform und die gleiche Größe. Nur um die Taille ist sie ein wenig molliger als ihr Bruder, weil sie für ihr Leben gern Kartoffelbrei isst und Unmengen davon in sich hineinstopfen kann. Fremde halten Heike und Heiko oft für Zwillinge, was die beiden sehr lustig finden. In Wirklichkeit ist Heiko genau elf Monate jünger als seine Schwester. Dieser Altersunterschied ist für ihn ein ständiger Dorn im Auge.Wenn Heike ihn ärgern will, zieht sie ihn immer als ihren „kleinen“ Bruder auf.
Als ich Heike anstoße, zuckt sie verwirrt zusammen.
„Worüber hast du nachgedacht?“, erkundige ich mich neugierig.
Es muss etwas Wichtiges sein, wenn Heike sogar das Läuten der Schulglocke überhört.
„Ach, ich habe nur an meinen Hamster Husch gedacht“, sagt Heike bedrückt.
„Warum?“, frage ich erschrocken. „Ist er etwa krank?“
Heike hängt an ihrem kleinen Goldhamster so sehr wie ich an unserem schwarzen Kater Bandit, der nur ein Auge hat. Ich habe Bandit vor einiger Zeit halb ertrunken im Schilf am Fluss gefunden.
„Nein, Husch ist nicht krank“, antwortet Heike, „aber ich habe heute Morgen vergessen, ihn in seinen Käfig zu setzen, bevor ich zur Schule musste. Hoffentlich ist er nicht an den Gardinen hinaufgeklettert und hat die neue, hölzerne Gardinenstange angenagt. Dann wird meine Mutter ganz schön sauer sein.“
„Mach dir keine Sorgen“, wische ich Heikes Bedenken beiseite, „viel wichtiger als die Gardinenstange ist im Moment, dass es geklingelt hat und dass wir schon seit zwei Minuten Ferien haben.“
Ich bin vor Freude ganz aus dem Häuschen. Heike lässt sich von meiner Ausgelassenheit anstecken und lacht wieder.
„Ich wünsche euch allen erholsame Ferien“, ruft Frau Maak, unsere Englischlehrerin, die zugleich auch Klassenlehrerin ist. „Und vergesst in den sechs Wochen nicht sämtliche Vokabeln.“
Ihre Stimme erstirbt in dem einsetzenden Lachen, Schreien und Stühle rücken.
Heike und ich schnappen unsere Rucksäcke und schieben uns dem Ausgang zu. Bastian schafft es mit Mühe und Not, sich zwischen Kindern, Stühlen und Tischen zu uns durchzudrängen.
Mein Vetter Bastian ist wie Heike zwölf Jahre alt, aber einen ganzen Kopf größer als Heike und ich. Er hat kurze, borstige Stoppelhaare und die abstehendsten Ohren, die ich je bei einem Menschen gesehen habe. Mit denen kann er besser wackeln als unser Kater Bandit.
Bastian interessiert sich sehr für Flugzeuge. Zum ständigen Ärger seiner Mutter liegen Baupläne und halbfertige Flugzeugmodelle auf Bett, Tisch, Fensterbank und Fußboden verstreut in seinem Zimmer herum. Ich muss immer heimlich lachen, wenn Tante Almut wütend schimpft, dass sie nie wieder Bastians Zimmer saubermachen wird. Aber irgendwann rückt sie dann doch mit dem Staubsauger an, wobei regelmäßig irgendwelche kleinen Flugzeugbauteile im Staubsauger verschwinden. Anschließend hockt Bastian wutentbrannt im Garten und durchwühlt den schmutzigen Staubsaugerbeutel. Die Staubflocken tanzen wie Schneeflocken um ihn herum, und wenn er endlich seine vermissten Bauteile in all dem Schmutz entdeckt hat, ist aus ihm ein verstaubter, grauhaariger Junge geworden. Tante Almut hält sich dann in sicherer Entfernung von der Staubwolke auf und ruft verzweifelt: „Dieser Junge treibt mich noch zum Wahnsinn.“
„Diese Mutter mich auch“, schreit Bastian aufgebracht zurück.
Dann muss ich mich immer rasch verdrücken, weil ich durch mein lautes Gelächter den Zorn der beiden auf mich gezogen hätte.
„Nichts wie raus“, ruft Bastian jetzt fröhlich, als er Heike und mich erreicht hat.
Auf den Gängen herrscht Geschiebe und Geschubse. Als wir endlich aufatmend vor dem Schulgebäude stehen, kommt Heiko zu uns.
Wie könnte es auch anders sein: zwischen seinen Lippen bläht sich eine riesige Kaugummiblase auf.
„Na, Bruder“, meint Heike und klopft ihm wohlwollend auf den Rücken. „Musst du die fünfte Klasse noch einmal machen?“
„Ich habe noch mal Schwein gehabt.“ Heiko grinst über das ganze Gesicht.
Die Kaugummiblase zerplatzt beim Sprechen, und Heiko hat zu tun, die Fäden mit der Zunge durch seine Zahnlücke in den Mund zurückzuziehen.
„Da sind die Lehrer aber gnädig gewesen“, meint Bastian unverblümt.
„Du, pass lieber auf, dass dir deine vielen Einser eines Tages nicht zur Genickstarre verhelfen“, gibt Heiko kampflustig zurück.
„Wieso das denn?“, fragt Bastian stirnrunzelnd.
„Na, höher als jetzt kannst du den Kopf und die Nase kaum noch tragen.“
Ich blicke Bastian schadenfroh an. Einen kleinen Dämpfer hat er wirklich mal verdient. Wenn das mit seinen Supernoten so weitergeht, hält er sich bald für den klügsten Menschen der Welt. Bastian ist sehr ehrgeizig und ein guter Schüler. Manchmal hat er allerdings Zeiten, wo er alles besser weiß, und dann geraten wir uns sofort in die Haare.
Heiko dagegen hält nicht viel von der Schule. Seiner Meinung nach genügt es im Leben für ihn, wenn er Traktor fahren und mit der Segeljolle umgehen kann.
Wir zwängen uns in den Schulbus und müssen natürlich wieder stehen. Die Sitzplätze sind bereits von den Kids, den Grundschülern, besetzt, die der Fahrer zuerst abgeholt hat.
Florian und meine Schwester Susanne winken uns freudestrahlend zu.
Florian, den wir Kinder aus Diekhusen alle Flo nennen, ist zehn Jahre alt. Zu seinem Kummer ist er zwei Zentimeter kleiner als meine Schwester Susanne, die erst acht ist. Dafür hat Flo die dicksten blonden Locken, die man sich vorstellen kann. Susanne, deren Haare dünn und strähnig sind, beneidet ihn glühend darum, denn ihrer Meinung nach stehen Locken den Mädchen zu und sind bei Jungen reine Verschwendung.
Bekommt Flo ein Buch in die Hand, in dem mutige, verwegene Helden die Hauptrolle spielen, so vergisst er alles um sich her und wird in seiner Fantasie selbst zum Superman. Mit einem gutgemeinten Stoß müssen wir ihn erst wieder in die Wirklichkeit zurückholen.
Meine Schwester Su ist eigentlich auf den Namen Susanne getauft, aber wir nennen sie immer Su. Sie spielt am liebsten mit Puppen und Kuscheltieren. Hat sie gute Laune, singt sie ihnen selbstgedichtete Lieder vor. Ihre Puppen können sogar sprechen; seltsamerweise haben sie die gleiche Stimme wie Su selbst.
Rechts und links von Sus Kopf stehen zwei kurze, dünne Zöpfe ab, an denen sie mit Vorliebe herumkaut. Su ähnelt in der Beziehung unserem Kater Bandit. Der leckt sich auch mit Hingabe stundenlang das Fell und schluckt eine Menge Haare mit hinunter. Von Zeit zu Zeit frisst er wie eine Kuh Gras, um die Haarballen wieder aus seinem Magen hervorwürgen zu können. Das ist wichtig für seine Gesundheit. So etwas macht Su allerdings nicht.
Der Schulbus setzt sich in Bewegung und umrundet klappernd den Marktplatz. Dort herrscht großes Gedränge, denn heute ist Markttag, und die Gemüsebauern aus der Umgebung bieten ihre Waren an.
Die Häuser von Glückstadt bleiben hinter uns zurück. Um uns herum gibt es nur noch Wiesen und Gräben und einzelne Baumgruppen, hinter denen sich ein Bauernhof verbirgt.
Bis der Schulbus in Diekhusen ankommt, will ich noch schnell erzählen, wer ich bin.
Ich heiße Sabine Rehder. Im August werde ich endlich zwölf Jahre alt, worauf ich schon sehnsüchtig warte. Meine Mutter kann das nicht verstehen.
Sie sagt kopfschüttelnd: „Komisch, dass du immer so schnell älter werden willst, Sabine. Bei mir ist es genau umgekehrt, ich möchte wieder jünger werden.“
Ich trage keine Zöpfe wie meine Schwester Su; meine Haare hängen bis auf die Schultern, und die Ponyfransen bedecken fast die ganze Stirn.
Wenn ich nichts anderes zu tun habe, male ich am liebsten. Vor sechs Wochen habe ich an einem Malwettbewerb teilgenommen, den die Stadtbücherei ausgeschrieben hat. Ich habe stundenlang auf dem Deich hinter unserem Haus gesessen, mit dem Zeichenblock auf den Knien, und habe versucht, den großen Fluss mit der Insel und den vielen bunten Segelbooten aufs Papier zu bringen.
Kater Bandit hat als stummer Bewunderer neben mir gehockt und mit seinem gesunden Auge alle meine Bewegungen verfolgt. Ab und zu ist Su aufgetaucht, um einen neugierigen Blick über meine Schulter zu werfen.
„Mm“, hat sie jedes Mal enttäuscht gesagt, „du hast ja inzwischen erst drei Striche gemacht, Sabine. Wenn das so weitergeht, sitzt du Weihnachten noch auf dem Deich und malst.“
„Zieh Leine“, habe ich ärgerlich geknurrt. „Ein Künstler braucht Ruhe, und du nervst.“
„Pah“, hat Su geringschätzig gemacht, die kleine Nase überlegen in die Luft gestreckt. Dann ist sie davon gehüpft, um nach spätestens fünf Minuten wieder aufzutauchen, bis ich wütend aufgesprungen bin und sie davongejagt habe. Mit beleidigter Miene ist Su abgezogen, um sich bei Mama über mich zu beschweren. Kleine Schwestern wie Su können manchmal lästiger als Stechmücken sein.
Jedenfalls hat sie sich nicht mehr blicken lassen, und nur diesem Umstand ist es zu verdanken, dass ich meine Zeichnung beenden konnte.
Danach habe ich leider nichts mehr von meinem Bild gesehen und gehört. Ich ärgere mich ein bisschen, dass ich es eingeschickt und nicht selbst behalten habe, denn es ist wirklich sehr schön geworden.
Inzwischen hat sich der Bus geleert. Jetzt sitzen nur noch wir Kinder aus Diekhusen darin. Wir fahren neben dem Deich entlang. Auf der anderen Seite breiten sich endlose Wiesen aus, auf denen Kühe und Pferde grasen. Ein Fasanenweibchen fliegt schwerfällig auf und schafft es gerade noch, vor dem Bus über die Straße zu flattern. Haus Nummer 9 kommt in Sicht. Es ist schon von weitem zu erkennen, weil es als einziges Haus von Diekhusen zwei Stockwerke hat. Das ganze obere Stockwerk ist zu einem Café ausgebaut worden, das meiner Tante Almut und meinem Onkel Henning, Bastians Eltern, gehört. Am Wochenende herrscht dort immer Hochbetrieb. Dann erscheinen die Großstädter, um mit ihren Booten, die die Woche über im kleinen Hafen dümpeln, auf dem großen Fluss zu segeln. Die Leute, die kein Boot besitzen, gehen am Strand der Elbe oder auf dem Deich spazieren, um frische Luft zu tanken. Alle landen irgendwann im Café, um Eis oder Torte zu essen. Dabei können sie in aller Ruhe den breiten Strom mit den großen Schiffen betrachten.
Bastian erhebt sich zu seiner vollen Länge und schiebt sich im Gang nach vorn.
„Können wir bitte am Hafen aussteigen?“, fragt er den Busfahrer höflich.
„Die Haltestelle befindet sich vor Haus Nummer 5“, knurrt der Fahrer unwillig.
„Ach, bitte“, bettelt Su mit einem hinreißenden Augenaufschlag, „seien Sie doch so nett und halten Sie am Café an.“ Meiner Schwester Su kann niemand etwas abschlagen, wenn sie „süßes, kleines Mädchen“ spielt. Erst in der letzten Woche habe ich sie dabei überrascht, wie sie vor dem großen Spiegel im Flur unwiderstehliche Augenaufschläge geübt hat. Sie weiß genau, was sie tun muss, um ihren Willen durchzusetzen.
Tatsächlich verzieht der Fahrer den Mund zu einem leichten Lächeln.
„Ausnahmsweise, weil heute Ferienanfang ist“, stimmt er zu.
Er bremst vor Haus Nummer 9 und lässt uns sechs aussteigen.
„Eigentlich hätte ich ja weiterfahren müssen“, wacht der kleine Flo plötzlich aus seinen Gedanken auf und blickt dem davonfahrenden Bus verblüfft nach. „So etwas Dummes, nun muss ich zu Fuß laufen.“
„Geschieht dir recht. Wenn du nicht an jeder Ecke stehen bleibst, um zu träumen, schaffst du es vielleicht noch bis heute Abend“, stichelt Su.
Unser Dorf besteht nur aus neun Häusern, die sich in einer langen Reihe eng an den Deich schmiegen.
„Kommt mit zum Hafen“, schlägt Heike vor.
Wir schlendern auf die Lücke im Deich zu, durch die ein schmaler, geteerter Weg zum Hafen führt. Bei Hochwasser wird diese Öffnung mit stets bereitliegenden Brettern verbarrikadiert.