Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
"Mannomann", sage ich besorgt. "In zwei Stunden ist doch erst Hochwasser. Dabei steht dasWasser jetzt bereits höher als sonst bei normalem Hochwasser." "Richtig unheimlich", schaudert Heike, "kein Licht leuchtet von der Insel herüber."
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 140
Veröffentlichungsjahr: 2021
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Bastian, 12,
hat kurzes blondes Stoppelhaar und sehr abstehende Ohren. Ist der Anführer der Jungen. Intelligent. Manchmal muffelig.
Sabine, 12, schulterlanges, dunkles Haar, als einzige nicht blond; spitze, schmale Nase; dicke Ponyfrisur. Wittert dauernd spannende Fälle. Sehr pfiffig.
Heike, 12, und Heiko, 11, Geschwister, haben beide ganz kurz geschnittenes blondes Haar. Heiko weiß immer alles, Heike ist sehr tierliebend und weichherzig. Hilfsbereit sind beide. Die Geschwister besitzen zusammen eine kleine Segeljolle, da sie auf einer Insel wohnen.
Susanne (Su), 8, Sabines jüngere Schwester, die immer mit will. Hat dünne, widerspenstige, rotblonde Zöpfe, ist lustig, lacht und weint viel, hat Sommersprossen. Su ist eine Nervensäge, aber lieb.
Goldhamster Husch ist Heikes Liebling. Er sitzt meistens unter ihrem Pullover und ist immer dabei. Sein Fell ist besonders seidig. Ein großer Nüsse-Hamsterer. Kommt auf Heikes Pfiff. Fürchtet Kater Bandit wie den Teufel, da er dessen Absichten kennt.
Florian (Flo), 10, hat ganz dicke blonde Locken (um die ihn die Mädchen beneiden). Flo ist klein und dünn, ein bisschen ängstlich. Liest leidenschaftlich gern.
Kater Bandit wurde irgendwann von Sabine halb ertrunken gefunden und adoptiert. Die Familie liebt ihn. Bandit ist pechschwarz mit weißen Pfoten. Er hat nur ein Auge. Hofft, irgendwann Hamster Husch zu erwischen. Geht meistens mit den Kindern mit. Ist ein ganz besonderer Kater.
Bastians Superidee
Ein Zusammenstoß
Eine unangenehme Überraschung
Sturmwarnung
Alarmstufe 1
Rettungsaktion mit nassen Füßen
Ein Kater in Seenot
Automarder am Werk
Udo weiß von nichts
Deichwache
Wo sind die Schlüssel?
Es wird brenzlig
Ein Fisch im Netz
Auf Schatzsuche
Gabriele Cecilia Kuhnke (geb. Ammermann;* 19. Juni 1946 in Olsberg) ist eine deutsche Schriftstellerin; sie hat sich vor allem durch ihre Kinder- und Jugendbücher einen Namen gemacht. Geboren im Sauerland, besuchte sie in Arnsberg das Mädchen-Gymnasium. Seit ihrer Kindheit fühlte sie sich zu Wasser und Schiffen hingezogen, arbeitete nach ihrer Schulzeit auf einem Rhein-Schleppkahn. Die zwölfbändige Reihe Die Acht vom großen Fluss erschien erstmals zwischen 1985 und 1991im Schneider-Buch-Verlag. Sie lebt in Sommerland zwischen Elmshorn und Glückstadt.
„Sabine, aufstehen!“
Wie aus weiter Ferne dringt die Stimme meiner Mutter an mein Ohr. Schlaftrunken richte ich mich im Bett auf.
Draußen heult der Wind, zerrt wild am Reet unseres Daches und rüttelt an den kahlen Zweigen des Apfelbaumes.
Brrr, da ist es im Bett gemütlicher. Ich tue einfach so, als ob ich meine Mutter nicht gehört hatte, und kuschele mich wieder in mein molliges Federbett. Bei so einem Wetter kann ich unmöglich in die Kalte hinaus, das muss selbst Mama einsehen.
Aber leider hat meine Mutter dafür kein Verständnis. Plötzlich wird die Tür meines Zimmers aufgestoßen, das Licht eingeschaltet, und schon steht Mama neben meinem Bett und rüttelt mich genauso wild, wie draußen der Wind die Zweige des Apfelbaums.
„Sabine, hörst du denn nicht? Zweimal habe ich schon gerufen. Du verpasst den Schulbus, wenn du so weiter trödelst und jetzt nicht sofort aufstehst.“
„Immer diese dämliche Schule“, maule ich, richte mich stöhnend auf und blicke geradewegs in das eine Auge Bandits, der mich verschlafen anblinzelt. Zufrieden schnurrend liegt mein schwarzer Kater mit den weißen Pfoten zusammengerollt am Fußende meines Bettes.
Aha, jetzt weiß ich auch, warum meine Beine sich so lahm anfühlen. Kein Wunder, wenn ein dicker, schwarzer Kater es sich die Nacht über darauf bequem gemacht hat.
„Sofort gehst du vom Bett runter, Bandit“, schimpft Mama mit ihm. Sie mag es nicht, wenn der Kater bei mir im Bett schläft, weil sie fürchtet, dass er nicht sauber genug ist. Dabei putzt und leckt er sich den ganzen Tag.
Bandit zwinkert mit seinem gesunden Auge und tut so, als ob er nicht begreift, was Mama von ihm will. Sogleich entlädt sich Mamas Unmut auf mich.
„Sabine, wie oft soll ich dir noch sagen, dass ich es nicht leiden kann, wenn der Kater bei dir im Bett liegt“, zankt sie jetzt mit mir.
„Was soll ich denn machen, Mama“, verteidige ich mich schwach. „Bandit liebt diesen Bettbezug mit den vielen Katzenbildern heiß und innig. Er ist ganz wild danach.“
Aber Mama nimmt auf Bandits Vorliebe für Bettwäsche mit Katzenmotiven keine Rücksicht. Sie schiebt ihn kurzerhand vom Bett, worauf er beleidigt mit hocherhobenem Schwanz aus meinem Zimmer stolziert.
Ich gehe zum Fenster und ziehe die Gardine beiseite. Draußen ist es noch dunkel. Das Licht der Hafenlaterne am Molen-Ende schwankt zitternd im Wasser des Hafenbeckens. Die Positionslichter eines Schiffes huschen wie ein Spuk auf dem Fluss vorüber. Seufzend wende ich mich ab und tappe zum Badezimmer.
„Besetzt!“, schreit meine kleine Schwester Susanne von drinnen.
Ich hämmere an die Tür. „Beeil dich, Su!“
Aber Su hat ein dickes Fell, dicker als ein Elefant, finde ich. Es kümmert sie nicht die Bohne, dass ich nachher, als sie endlich die Tür geöffnet hat, nur noch Zeit für eine Katzenwäsche habe und auch das Frühstück ausfallen lassen muss.
In Windeseile ziehe ich meine Jacke an, schwinge meine Schultasche über die Schulter, rufe Mama „Tschüs“ zu und öffne die Haustür.
Ein Windstoß fährt herein und wirbelt die Notizblätter neben dem Telefon vom Schränkchen. Bandit, der vor der Tür lauert, weil er hinauswill, weicht erschrocken zurück. Bei so einem Wetter jagt man ja nicht einmal einen Hund hinaus, geschweige denn einen Kater. Er zieht rasch seine Pfote ein und flüchtet in die warme Küche.
„Du hast es gut, Bandit“, seufze ich neidvoll. „Du kannst im Warmen bleiben, während ich in die Schule muss.“
Ich zürne dem Schicksal, weil ich kein Kater bin. Dann könnte ich mich jetzt gemütlich in eine warme Ecke verkriechen und weiterschlafen, anstatt in die kalte, nasse, unfreundliche Welt hinauszutreten.
Im Laufschritt renne ich über den Gehweg zu Haus Nummer 5. Hier, vor Büntjes Tante-Emma-Laden, befindet sich die Bushaltestelle. Meine Schwester Su und mein Bruder Florian, den wir Flo nennen, weil er für seine zehn Jahre etwas klein geraten ist, stehen bereits frierend in einer Ecke des Wartehäuschens. Heike und Heiko haben sich vor dem plötzlich einsetzenden Regenschauer in den hintersten Winkel verkrochen.
„Hallo“, begrüße ich die Freunde.
„Hallo, Sabine“, kommt es lahm zurück.
„Seid ihr bei dem Sturm mit der HAI überhaupt noch heil von eurer Insel herübergekommen?“, erkundige ich mich.
„Pah, das bisschen Wind“, prahlt Heiko.
„Gib nicht so an“, weist Heike ihren Bruder zurecht. „Ich finde, es weht ganz schön. Zurzeit ist ablaufendes Wasser, und die Wellen sind nicht sehr hoch, deshalb durften wir schließlich doch fahren, obwohl Mama es uns erst nicht erlauben wollte. Wir haben vorsichtshalber kein Segel gesetzt, sondern den Außenbordmotor benutzt.“
„Ich bin gespannt, wie es heute Mittag aussieht“, meint Heiko.
Er blickt prüfend zu den Wolken am Himmel auf, die niedrig und dunkel über uns hinwegjagen. „Die Zeichen stehen auf Sturm. Wenn der Wind noch stärker auffrischt und die Flut aufläuft, wird die Elbe bald ganz schön in Bewegung geraten.“
„Habt ihr die HAI auch gut vertäut?“, erkundige ich mich besorgt.
Das kleine, weiße Segelboot mit dem dunkelblauen Dollbord und dem angsteinflößenden Namen Hai gehört Heike und Heiko. Sie haben es von ihren Eltern geschenkt bekommen, damit sie nach Diekhuseri segeln können, denn ohne Boot würden sie auf der Insel festsitzen, wie ein Fisch auf dem Trockenen. Weil ich oft mitsegele, betrachte ich es schon halb als mein Boot. Nicht auszudenken, wenn es vom Sturm losgerissen und davontreiben würde. Wie sollten wir dann zum Bananensand hinüberkommen?
„Was glaubst du denn, Sabine?“, ruft Heiko empört. Er fühlt sich in seiner Seemannsehre gekränkt. „Die HAI ist dreifach gesichert. Die reißt kein Orkan los. Ah, Frau Büntje schließt gerade den Laden auf. Ich kaufe mir schnell ein paar Kaugummis.“
„Zu spät“, grinst seine Schwester. „Der Schulbus kommt.“
„Mist.“ Heiko blickt enttäuscht auf die hellen Lichtkegel der Scheinwerfer, die sich aus der Dunkelheit schälen und rasch näher kommen. Der altersschwache Bus hält in einer riesigen Pfütze. Summend springt die Tür auf.
Wir steigen rasch ein.
„Wo bleibt Bastian?“, fragt der Busfahrer. „Ist er krank?“
„Nicht, dass ich wüsste“, meine ich. „Gestern war er jedenfalls noch kerngesund.“
„Er kommt also wieder zu spät“, schimpft der Busfahrer.
„Diesmal fahre ich vorbei, damit er endlich mal lernt, pünktlich zu sein.“
Aber dann hält er doch an, als mein Vetter die Auffahrt von Haus Nummer 9 entlangrennt und wild seine langen Arme schwenkt.
„Einmal möchte ich erleben, dass du pünktlich bist“, schnauzt der Busfahrer ihn an.
Bastian grinst nur liebenswürdig und beißt in sein Frühstücksbrot.
Verwelkte Blätter wehen über die Straße, wirbeln im Scheinwerferlicht an der nassen Windschutzscheibe vorbei. Im Osten färbt sich der Himmel allmählich heller. Ein trüber Herbsttag dämmert heran.
„Bastian, hast du die Mathe-Aufgaben hingekriegt?“, erkundige ich mich hoffnungsvoll.
Bastian zieht die Augenbrauen hoch und wackelt mit seinen abstehenden Ohren. „Klar, war doch babyleicht.“
„Für dich vielleicht, aber nicht für mich“, ärgere ich mich.
„Kann ich die beiden letzten Aufgaben abschreiben?“ Mit gönnerhafter Miene reicht mir Bastian sein Heft. Ich beuge mich darüber und schreibe eifrig Zahlen ab.
Der Bus hält einige Male an, um die Kinder von den umliegenden Bauernhöfen einzusammeln. Als die ersten Häuser von Glückstadt auftauchen, klappe ich das MathematikHeft zu und reiche es Bastian zurück.
Wir fahren am Binnenhafen vorüber. Selbst hier, hinter der Schleuse, im Schutz der Häuser, ist das Wasser aufgewühlt. Drei Binnenschiffe haben im Hafen Schutz gesucht. Ich muss an meinen Vater denken, der jetzt mit seiner Crew auf dem Zollkreuzer Glückstadt auf der Elbe unterwegs ist, um nach dem Rechten zu sehen und womöglich Rauschgiftschmuggler und Umweltsünder auf frischer Tat zu ertappen. Bei dem scheußlichen Wetter macht das bestimmt keine Laune, aber sicher immer noch mehr, als in die Schule zu gehen.
Der Bus hält am Marktplatz an, und wir steigen aus. Heiko springt vor mir in eine Pfütze, sodass meine Jeans von oben bis unten nass werden. Der Stoff klebt unangenehm an der Haut. Heiko streitet zwar energisch ab, es absichtlich gemacht zu haben, aber ich traue ihm das ohne weiteres zu.
Von allen Seiten eilen Kinder zu Fuß oder mit Rädern auf die Schule zu. Wir lassen uns von dem Strom in das Gebäude schieben.
Mathe- und Englischstunde schleichen nur so dahin. Dann haben wir Kunst und Sport, das ist schon interessanter. Jetzt noch eine Stunde Deutsch, und der Vormittag ist geschafft.
Ich blicke aus den großen Fenstern. Der Wind hat mittlerweile stark zugenommen. Die Zweige der Kastanien schaukeln wild hin und her. Über den Schulhof wirbeln welke Blätter und Papierfetzen.
Heike kramt in ihrer Schultasche und zaubert einen Tennisball hervor.
„Wollen wir Völkerball spielen?“
Ich weiß nicht mehr, wer von den Mädchen den verrückten Vorschlag gemacht hat, jedenfalls stimmen wir begeistert zu.
„Aber wo?“, fragt Heike und sieht sich zweifelnd im Klassenzimmer um. „Hier ist es wohl ein wenig zu eng.“
„Auf dem Hof“, rufe ich.
„Es ist verboten, in der Fünfminuten-Pause auf den Hof zu gehen“, erinnert Heike.
„Ich wusste es ja, ihr traut euch nicht“, stichelt Bastian.
„Und ob wir uns trauen“, rufe ich keck und klettere einfach aus dem Fenster in den Hof. Das ist kein Problem, weil sich unser Klassenzimmer im Parterre befindet.
Heike und die anderen Mädchen folgen mir nach einigem Zögern. Wir bilden zwei Mannschaften und spielen vergnügt Völkerball, während die Jungen in den Fenstern lehnen und uns anfeuern.
Wir sind so in unser Spiel vertieft, dass wir das Klingeln zur nächsten Stunde überhören.
„Gerbers kommt!“, warnt da einer der Jungen laut.
Wir hasten zum Fenster zurück. Gerade als Heike nach der Fensterbank greift, um sich daran beim Hinaufklettern festzuhalten, knallt Bastian ihr mit spöttischer Miene das Fenster vor der Nase zu. Wir sind ausgesperrt.
„Bastian, spinnst du? Mach sofort auf!“ Wütend klopfen wir gegen die Scheibe.
In dem Moment öffnet sich die Klassentür und Herr Gerbers marschiert mit energischen Schritten in den Raum. Wie auf Kommando ziehen wir die Köpfe ein und ducken uns an die Mauer.
„Wo sind denn die Mädchen?“, hören wir seine erstaunte Stimme durch das geschlossene Fenster hindurch.
„Draußen, Herr Gerbers.“
„Was heißt hier: draußen?“
Ich riskiere einen vorsichtigen Blick und sehe, wie der Gerbers auf das Fenster zukommt.
„Deckung“, zische ich, und alle Köpfe sinken noch tiefer. Aber da muss Heike kichern, und plötzlich können wir alle nicht mehr an uns halten. Wir glucksen und lachen und quieken. Die Situation ist auch zu komisch.
Herr Gerbers reißt das Fenster auf und beugt sich hinaus. Im Gegensatz zu uns findet er die Sache leider gar nicht komisch. „Was soll der Unsinn?“, wettert er los. „Kommt sofort wieder ins Klassenzimmer. Doch nicht durchs Fenster, sondern durch die Eingangstür.“
Aber da sind wir bereits mit verlegenen Gesichtern durch das Fenster geklettert und schleichen kleinlaut auf unsere Plätze, während die Jungen feixend zusehen.
„Ich glaube, ihr kennt die Hausordnung nicht“, flötet Herr Gerbers honigsüß. „Wie wär's denn, meine Damen, wenn ihr sie zehnmal abschreibt?“
Zehnmal! Mir bleibt die Luft weg. Die Hausordnung umfasst zwei DIN A4-Seiten. Damit geht der ganze Nachmittag drauf.
Als Herr Gerbers die schadenfrohen Gesichter der Jungen sieht, ändert er plötzlich seinen Entschluss. „Wir können allerdings auch alle ein Diktat schreiben.“
Erst grinsen wir, weil die Jungen sauer blicken, aber nicht lange. Das Diktat ist ganz schön gesalzen. Vor allem die Sache mit dem Komma hat es in sich.. Selbst Bastian, der doch Klassenbester ist, macht einen hilflosen Eindruck.
Kaum hat Herr Gerbers die Hefte eingesammelt und ist aus der Klasse verschwunden, fallen wir über Bastian her und machen unserem Ärger Luft.
Aber das hilft nun leider auch nichts mehr. Das Diktat ist geschrieben.
„Ich habe bestimmt 'ne Sechs“, seufzt Heike. „Das versaut mir meine ganze Zensur. Gemein von dem Gerbers. Der wollte sich doch nur an uns rächen.“
„Du bist an allem schuld, Bastian'', fauche ich meinen Vetter an. „Dir habe ich es zu verdanken, wenn jetzt meine schöne Drei vermasselt ist.“
„Woher sollte ich wissen, dass der Gerbers so humorlos reagiert?“, verteidigt sich Bastian schwach. „Ich fand es einfach zum Schreien, wie ihr da draußen an der Mauer klebtet.“
„Gemein war das!“, gifte ich ihn an.
Wir raffen unsere Sachen zusammen. Vor der Schule treffen wir Heiko, der erst in die sechste Klasse geht und sich kaputtlacht, als wir ihm unser Erlebnis erzählen. „Super! Schade, dass unser Klassenraum nicht auch im Erdgeschoss liegt.“
„Von wegen super!“ Ich habe meinen Ärger immer noch nicht verwunden. „Wegen Bastian bekommen Heike und ich jetzt eine schlechtere Zensur in Deutsch.“
Bastian jagt mit langen Sätzen hinter seinem Schal her, den ihm der Wind aus der Hand gerissen hat. Als er ihn wieder eingefangen hat, sieht er uns plötzlich vergnügt an. „Mir ist gerade eine Superidee gekommen.“
„Pah“, sage ich noch immer eingeschnappt. „Von deinen Superideen habe ich die Nase voll.“
„Heiko, machst du mit? Hör mal zu, wie findest du das?“, Er tuschelt angeregt mit Heiko, und der nickt eifrig.
„Was ist denn?“, Heike und ich werden nun doch neugierig.
Aber jetzt will Bastian mit seiner Superidee nicht mehr herausrücken. „Wartet ab, bis der Gerbers kommt“, tut er geheimnisvoll.
Wir trödeln durch den Stadtpark. Bastian und Heiko blicken sich fortwährend um, ob Herr Gerbers nicht endlich auftaucht. Endlich fährt er auf seinem Fahrrad an uns vorüber. Er radelt mit Vorliebe durch den Park, der frischen Luft wegen, wie er immer sagt.
Wie aus heiterem Himmel taumelt ihm Heiko plötzlich vor das Rad. Herr Gerbers tritt kräftig in die Bremse. Aber weil die Parkwege vom Regen aufgeweicht sind, gerät sein Rad ins Schleudern. Er springt zwar noch ab, kann aber nicht verhindern, dass es umkippt. Die Diktathefte, die unter seiner Aktentasche im Fahrradkorb lagen, fallen mitsamt der Tasche auf den Weg. Der starke Wind tut ein Übriges: Er weht die Hefte über den schmalen Rasenstreifen in Richtung Wassergraben.
Heike und ich bleiben stehen und sehen entzückt zu.
„Steht nicht so herum“, donnert Herr Gerbers uns an.
„Sammelt die Hefte ein, bevor sie in den Graben wehen. Schnell!“
Jetzt kommt Bewegung in uns, aber nur scheinbar. Diese einmalige Chance können wir uns nicht entgehen lassen. Wir springen los und tun so, als sammelten wir die Hefte ein. In Wirklichkeit stoßen wir einige von ihnen rasch in den Graben. Sie schwimmen zu unserer Freude davon. Herr Gerbers gerät in Panik. Er läuft am Graben entlang und fischt sie zu unserem Bedauern mit einer Astgabel wieder heraus, aber da sind sie zum Glück schon völlig durchweicht. Die Tinte ist verlaufen. Auch mit noch so viel Phantasie lässt sich nichts mehr entziffern. Ich kneife Heike vor Begeisterung in den Arm.
„Hier sind alle Hefte, die wir noch erwischen konnten“, sagt Bastian höflich und reicht sie Herrn Gerbers. Aber er hat Mühe, ernst zu bleiben.
„Tut mir leid, dass einige Hefte in den Graben geweht sind“, fügt Heike scheinheilig hinzu.
„Die sind wohl nicht mehr zu lesen?“, frage ich hoffnungsvoll.