Die Angst vor der Kastration - Barbara Vinken - E-Book

Die Angst vor der Kastration E-Book

Barbara Vinken

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Beschreibung

Wie funktioniert "rechte" Mode? Was will und was tut sie? Will man diese Fragen beantworten, sollte man sehen, von was sie sich absetzt, wogegen sie sich wendet. In ihrem Beitrag analysiert Barbara Vinken die Mode der Rechten in der ihr eigenen Drastik: "Der phobische Ausschluss alles Weiblichen, das knallharte Paradieren von Männlichkeit, das Beharren auf dem Zuviel streicht diese übermarkierte Männlichkeit aus: Sie ist und hat, ist Fetisch und hat den Phallus. Kurz, rechtsradikale Mode ist das Symptom, unheimliche Blüte unerträglicher Kastrationsangst."

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Seitenzahl: 18

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Rechts. Ausgrabungen

Inhalt

Barbara Vinken – Die Angst vor der Kastration

Anhang

Die Autorin

Impressum

Barbara VinkenDie Angst vor der Kastration

Über rechtsradikale Mode

»Alice sah uns mit diesem zugleich zärtlichen und leicht spöttischen Blick an, den Frauen aufsetzen, wenn sie einer Unterhaltung zwischen Männern folgen, diesem merkwürdigen Vorgang, der stets zwischen Homoerotik und Duell schwankt.«1

Will man verstehen, wie »rechte« Mode funktioniert, was sie will und tut, sollte man sehen, von was sie sich absetzt, wogegen sie sich wendet. Als rechtsradikale, sprich Neonazi-Mode galten bis vor Kurzem in Deutschland rasierte Schädel, Springerstiefel, enge schwarze Hosen, Bomberjacken. Martialisch brutal. Glaubt man dem Verfassungsschutz, erfreut sich Thor Steinar – eine mittlerweile von Königswusterhausen nach Dubai verlegte Marke, deren Logo ein sich auf die nordische Mythologie beziehendes, hakenkreuzartiges Gebilde war – in der Szene großer Beliebtheit. Angetreten wird hier im Zeichen der Nazis. Manchmal ein gegelter, superpräzis penibler Scheitel, der mich an die SS à la Viscontis Helmut Berger in den Verdammten erinnert; oder an Ostjunker. Männerkleider, Männerfrisuren erst mal.

Bomberjacken und Doc Martens, den etwas abgewandelten Springerstiefel mit ursprünglich zivilem, später proletarisch linkerem Einschlag, trägt seit geraumer Zeit die ganze Welt, Frauen wie Männer, als Alltagsbasics. Normcore sozusagen. Und das neue Logo von Thor Steinar ist eine Art Andreaskreuz. Rasierte Schädel sind ebenfalls von links bis rechts und selbst in den Vorstandsetagen in Mode. Große Verwirrung, keiner weiß mehr, was was heißen soll. Irgendwie schwer scheint es im Moment, wo allerorts der Einbruch der bürgerlichen Mitte mit der für die modernen Demokratien zentralen Unterscheidung in ein rechtes und linkes Spektrum festzustellen ist, klare Grenzen zwischen rechts und links zu ziehen: Beobachter der Szene haben Rechtsradikale mit Che-Guevara-T-Shirt oder Palästinensertüchern gesichtet.

Versuchen wir, es etwas grundsätzlicher anzugehen. Niemand vielleicht hat die Herrenkleidung der Moderne so schön beschrieben wie Nietzsche. Erst vor diesem Hintergrund gewinnt alles Radikale Kontur – linkes wie rechtes. In seiner Aphorismen-Sammlung Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister (1878/1879) beschreibt Nietzsche Sinn, Zweck und Bedeutung des bürgerlichen Kleidungsstücks par excellence, des Anzugs – offensichtlich Männerkleidung also. Der Anzug, um die Französische Revolution herum geboren und zur Ikone der Moderne schlechthin geworden, siegte global. Nicht nur in Euro