Die beste Arznei - Jürgen Wagner - E-Book

Die beste Arznei E-Book

Jürgen Wagner

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Beschreibung

Der höchste Grund der Arznei ist die Liebe", sagt Paracelsus. Volksmärchen, Sufi-Geschichten, Parabeln, Gedichte und Zitate gehen dem auf den Grund, was zu einem gesunden und erfüllten Leben führt. In ihm werden vielerlei 'Arzneien' angeboten, welche im rechten Augenblick heilend wirken können. Wo eine Geschichte zu sprechen beginnt, da berührt sie uns heilsam und stärkt unser Vertrauen wie auch unsere Zuversicht. Vielleicht trifft ein Zitat für ein Problem den Nagel auf den Kopf. Vielleicht stellt eine Weisheitsgeschichte seitheriges Denken infrage oder läuft unserer Gewohnheit zuwider. Ein Gedicht kann Trost spenden und in heilende, innere Räume führen. Vielleicht schmunzelt und lacht man über manche Erzählung – und Lachen ist gesund! Möge unser aller Liebe wachsen und wir die Heilmittel finden, die wir für uns brauchen!

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Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2025

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DIE BESTE ARZNEI

Krankheit und Heilungin den Volksmärchen

Jürgen WagnerundHeidi Christa Heim

Impressum

© 2025 Jürgen Wagner

Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

Titelbild: Viera Bombova

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

Segen der Navarro-Indianer

I Wiederentdeckung der heilsamen Mutter Natur

EINE GESCHICHTE UNSERER ZEIT

Corona-Rückblick

DOKTOR WALD

Gedicht

DAS HEMD DES GLÜCKLICHEN

Rumänisches Märchen

DIE BESTE ARZNEI

Gedicht

DIE GRÜNE FRAU

Märchen aus dem Harz

HEILENDES FÜR DIE ERDE

Bericht

KLEINE SCHMERZTHERAPIEN

Gedicht

DER GRÜNE

Eine Geschichte aus der Gascogne

DIE PARABEL VON DEN KRÜCKEN

DIE BESTEN DINGE IM LEBEN

Weisheitsgeschichte

ZITATE

II Wege der Heilung

Nicht von dieser Welt

DIE FRAU, DIE AUSZOG IHREN MANN ZU ERLÖSEN

Ein griechisches Märchen

Das Mitgefühl

SCHMERZEN IM ARM

Vietnamesisches Märchen

ICH BIN

Indianische Weisheit

Sich aufmachen (Frau)

SIEBEN GOLDENE FEDERN

Westfriesisches Märchen

Aufbrechen (Mann)

WIE DIE GEIGE AUF DIE WELT KAM

Roma-Märchen

ALL-EIN

Gedicht

ZITATE

III Heilkräfte - was man selbst tun kann

Sich in Ordnung bringen

DER REGENMACHER

Geschichte aus Äthiopien

WAS MACHT UNS IMMER WIEDER KRANK?

Gedicht

Auf seine Träume achten

DER TRAUMPRINZ

Portugiesisches Märchen

‚Du bist ein Engel!‘

DER GEMEINSAME WEG

Rumänisches Märchen

Nicht nur das Negative sehen

DIE WEISHEIT DES NARREN

Weisheitsgeschichte

Was Kindern einfällt

DER TOD UND DAS KNÄCKEBROT

Ein schwedisches Roma-Märchen

Lachen ist gesund

DIE FRAU, DIE DEN KRANKEN KÖNIG HEILTE

Maltesisches Märchen

ZITATE

IV Heilkräfte – was einem gegeben wird

Die Gier beenden

DIE SCHALE DES DERWISCH

Sufi-Geschichte

Das Wort, das dir hilft,

kannst du dir nicht selbst sagen

DER ZAUBERSTEIN REVESSADA

Spanisches Märchen

Heilsame Geschichten

SCHEHERAZADE

Aus Persien

Musik

DER TSCHONGURISPIELER

Georgisches Märchen

Liebe

DER GRÜNE RITTER

Norwegisches Märchen

LIEBESLIED

Gedicht

Miteinander reden

DIE PUPPE AUS TEIG

Usbekisches Märchen

Hoffnung für Schwerkranke

DIE VERWUNDETE PRINZESSIN

Türkisches Märchen

Die heilsame Kraft der Stille

DAS WASSER DES SCHWEIGENS

Eine schottische Legende

DAS INNERE ODER DAS ÄUSSERE?

Geschichte

Mut

INDIANERHERZ

Gedicht

ZUFRIEDENHEIT

Eine Zen-Geschichte

ZITATE

V Allerlei Heilkünstler

DER TRAUM VON NAM KAH ODER DER HIRSEBREI VON MILLET

Vietnamesisches Märchen

DIE KÖNIGSTOCHTER, DIE DREI PRINZEN HEILTE

Sizilianisches Märchen

DER HEILKÜNSTLER

Arabisches Märchen

DER SCHÜLER DES ARZTES

Bulgarisches Märchen

KÖNIG LINDWURM

Dänisches Märchen

Von Geistesmacht

VON DER MACHT DES ARZTES

Chassidische Geschichte

DIE KRAFT DES WORTES

Eine Sufi-Geschichte

ZITATE

VI Die Kraft des Segnens

DIE WEISSE TAUBE

Ein deutsches Märchen

HEILENDE SEGENSWORTE

Anhang

Die Autoren

VORWORT

In einer Zeit, wo ein gefährlicher Grippevirus die halbe Welt in Atem hält und zahllosen Menschen ihre Kontakte, ihre Erwerbsmöglichkeiten und ihre Bewegungsfreiheit einschränkt, geht es vielen an die Existenz. Arbeit und Erwerb, Ausbildung und Freizeit bleiben auf der Strecke. Um den Alltag zu bewältigen und mit den inneren Nöten fertig zu werden, braucht es etwas, was diesen Mangel ausgleicht und kreative Wege aufzeigt. Das Wort, das uns hilft, können wir uns oft nicht selber sagen. Und das, was uns hilft, müssen wir uns manchmal geben und schenken lassen. So mag dieses Buch dazu beitragen, manchen Hinweis zu geben für ein erfülltes Leben. Auch mit einer Krankheit ist es möglich, ein sinnvolles Leben zu führen.

Die beste Arznei ist auch heute schwer zu finden und die richtige für den Einzelnen in seiner Not braucht manchmal einen langen Atem. Manchmal kann schon eine kleine Geschichte uns helfen, manchmal braucht es einen erfahrenen Arzt oder Heiler. Vielleicht kann mit den hier gesammelten Worten und Erzählungen doch hier und da das aufleuchten, was in unserer Zeit heilend und stärkend ist.

Wir brauchen nicht nur Impfstoffe und Seren gegen neue Krankheiten, wir brauchen auch Heilmittel für all die Schäden, die in der Seele und drum herum entstehen. Die Menschen hatten schon immer mit Seuchen zu tun und mit Krankheiten, wo die Ärzte keinen Rat mehr wussten. Dagegen setzten sie den Mut, den Glauben und die Zuversicht des Einzelnen, der die Herausforderungen des Lebens annimmt und sich auf einen unbekannten Weg macht. Heilung und Erlösung liegen in vielen Märchen nahe beieinander, was zeigt, dass es stets um grundlegende Verwandlungen geht.

Aber nicht nur der Einzelne ist wichtig. Auch die Gesellschaft muss sich wieder erholen können, die Menschen müssen irgendwann wieder den Mut haben, ihr normales Leben wieder aufzunehmen – vielleicht mit ein paar neuen Erkenntnissen und Erfahrungen im Gepäck. Auch hier haben die Märchen Bilder wie die versteinerte Stadt im portugiesischen Märchen ‚Der Traumprinz‘.

Nicht zuletzt ist es eine Frage des Umgangs mit der Natur, denn die immer tieferen Eingriffe des Menschen in die Natur und seine Jagd auf die Tiere haben ihn erst mit Tierseuchen wie Ebola, HIV, Vogelgrippe und Corona in Kontakt gebracht. Der ‚Grüne‘ und die ‚Grüne Frau‘ sind Personifikationen der Natur in den Überlieferungen, die uns dazu anhalten, etwas liebe- und respektvoller mit der Natur umzugehen.

Eine Vielfalt von literarischen Gattungen zeichnet dieses Buch aus. Nicht nur Volksmärchen, auch die Weisheit spiritueller Tradition, auch Poesie und die Erkenntnisse Einzelner sind wichtig und können heilsam sein. Möge diese Zeit zum Grundstein werden für eine neue Wertschätzung von Tieren und Bäumen, von Wasser und Erde, von menschlicher Nähe und Hilfsbereitschaft!

Segen der Navarro-Indianer

Die Berge und die Bäume,

der Morgennebel und die Wolken,

das Wasser und die Tautropfen:

möge das Leben dich lehren,

dass du ein Teil von allem bist,

wild und wunderbar,

kostbar und einmalig!

I Wiederentdeckung der heilsamen Mutter Natur

EINE GESCHICHTE UNSERER ZEIT

Es war einmal eine Zeit, in der eine Seuche die Menschen heimsuchte. Nicht alle wurden krank, doch alle mussten darunter leiden. Die Kinder durften nicht mehr auf ihre Spielplätze, die Familien durften nicht mehr verreisen, Väter verloren ihre Arbeit, Mütter plagten sich mit den Kindern zuhause.

Eine Zeitlang durften die Flugzeuge nicht mehr fliegen - und der Himmel wurde wieder klar und hell. Eine Zeitlang standen die Fabriken still - und die Flüsse wurden wieder sauber. Eine Zeitlang durften die Autos nicht mehr fahren - und man konnte in den Städten wieder gut atmen.

Doch die Menschen wollten, dass alles wieder so wird wie früher. Und so kam es auch. Die Menschen gingen wieder an ihre Arbeit, die Kinder wieder in die Schule, die Familien wieder auf Reisen. Und doch nagte etwas in ihnen. Vielleicht war doch etwas verkehrt in ihrem Land, in ihrer Kultur, in ihrer Religion, in ihrem Leben. Vielleicht hatten sie sich doch zu weit entfernt von der Natur, von den Pflanzen und Tieren, so dass solche Krankheiten sie heimsuchten.

Da erinnerten sie sich an alte Zeiten und alte Geschichten, als noch Nymphen an den Quellen wohnten, Feen auf den Fluren tanzten und Geister in den Bäumen und Bergen hausten. Und sie gingen hinaus und suchten diese Plätze, wo Mutter Natur noch lebendig war und zu ihnen sprach. Und sie erinnerten sich und sie erfreuten sich und sie tanzten, wie es aus ihrem Inneren kam. Sie fanden wieder zueinander und trauten sich, sich wieder zu umarmen. So heilten die Menschen und wussten wieder, woher sie kamen - und wohin ihre Reise geht.1

DOKTOR WALD

Wenn ich an Kopfweh leide und Neurose,

mich unverstanden fühle oder alt,

dann greif ich nicht zur Pillendose,

dann konsultier ich Dr. Wald.

Er ist mein Augenarzt, mein Psychiater,

mein Orthopäde und mein Internist.

Er hilft mir sicher über jeden Kater,

ob er aus Kummer oder Kognak ist.

Er hält nicht viel von Pülverchen und Pillen,

doch umso mehr von Sonne und von Licht.

Behandeln wird er mich stets im Stillen

und ein Honorar verlangt er nicht.

Ist seine Praxis oft auch überlaufen,

in seiner Obhut fühlt man sich gesund.

Und Kreislaufkranke, die noch heute schnaufen, sind morgen ohne kritischen Befund.

Er bringt mich immer wieder auf die Beine, den Blutdruck regelt er und das Gewicht,

wirkt gegen Herzinfarkt und Gallensteine,

nur Hausbesuche macht er nicht.2

Wer so aufwächst, dass ihm alle Wünsche erfüllt und alle Bedürfnisse gestillt werden, ist meist wenig lebensfähig. Es drohen Langeweile, Überdruss und Depression. Ein Märchen wie geschaffen für unsere Überflussgesellschaft erzählt von dem einen Mittel, das hier zu helfen imstande ist.

DAS HEMD DES GLÜCKLICHEN

Es war ein Kaiser, seinen Namen scheint die Geschichte vergessen zu haben, dem hatte das Glück nichts versagt, was die Erde mit ihren Schätzen und Gütern bieten konnte. Jeden, auch den geheimsten seiner Wünsche, sah er, kaum gedacht, auch schon erfüllt, und so wäre er der Glücklichste aller Sterblichen gewesen, wenn nicht eben diese überfließende Gunst des Schicksals in ihm nach und nach eine tiefe unbesiegbare Schwermut und Trübsinn hervorgebracht hätte. Eben da er nichts mehr zu wünschen und zu sorgen hatte, fühlte er sich mehr und mehr unwohl, und diese Krankheit nahm mit jedem Tag zu. Seine Umgebung war darüber sehr besorgt. Es wurden Ärzte und Heilkundige herbeigerufen, welche all ihre Kunst aufbieten und was sie wussten, versuchen mussten, aber umsonst; es wollte keinem gelingen, den kaiserlichen Herrn wiederherzu-stellen, ja die Krankheit nahm immer mehr zu, und so verschwand allmählich jede Hoffnung, den hohen Kranken je wieder genesen zu sehen. Deshalb wurden auch alle Räte und Weisen zusammengerufen, die am Hofe des Kaisers lebten. Diese sollten einen Rat halten, um vielleicht doch noch ein Mittel ausfindig zu machen, wodurch der Kaiser wieder gesund werden könnte. Lange saßen die Räte und Weisen zusammen, bis sie endlich dahin übereinkamen, dass man nach allen Ecken und Enden, nah und fern Boten aussenden solle, um einen Menschen aufzusuchen, der vollkommen glücklich sei. Dieser solle alsdann an den Hof gebracht werden, damit sich der hohe Kranke dessen Hemdes bedienen könne, da dies allein imstande sein würde, ihn wieder gesund zu machen. So geschah es denn auch. Nach allen Richtungen hin ritten sowohl im Reich als auch weit über dessen Grenzen hinaus Boten und Gesandte, von denen jeder den Auftrag hatte, einen vollkommen Glücklichen aufzusuchen und entweder ihn selbst oder dessen Hemd an den Hof zu bringen. Aber Tage und Monate vergingen, ein Bote, ein Gesandter um den andern kehrte heim, aber jeder unverrichteter Dinge. Keinem war es gelungen, einen vollkommen glücklichen Menschen zu finden. Bereits waren schon beinahe alle zurück, welche ausgesandt worden waren, da gelang es noch einem im fernen Hochgebirge, einen Schäfer zu finden, zu dessen Glück nichts zu fehlen schien. Derselbe hütete eben seine kleine Herde von Schafen, es mochten etwa zwanzig Stück sein. Er hatte seinen Schafpelz um, eine Lammfellmütze auf dem Kopf und einen mächtigen knotigen Krummstab in der Hand. Der kaiserliche Bote schaute ihm vom Tal herauf zu, wie er an einer Berghalde bei seinen Schafen stand. Bald spielte er auf der Flöte einige fröhliche Weisen, dann hielt er dieselbe wieder in die Luft und tanzte und sprang, indem er dazu pfiff und schnalzte. So war der fröhliche Schäfer einige Zeit herumgesprungen, da ging der Bote hinauf und sprach zu ihm: „Guten Tag, Bruder! Du scheinst ja recht heiter und lustig zu sein!“ „Gott soll uns gute Zeit schenken“, erwiderte der Angesprochene darauf; „ja, mir ist recht wohl, und warum sollt' ich nicht lustig sein? Es geht mir, Gott sei Dank, nichts ab.“ „Ich sehe“, hub hierauf der Herrendiener wieder an, „dass du ärmlich gekleidet bist und wohl manchen Wunsch haben magst, dessen Erfüllung dich vielleicht noch glücklicher machen würde, als du jetzt bist.“ „Glücklicher?“ fragte jener entgegen, „mir fehlt nichts zu meinem Glück, ich habe keinen Wunsch mehr. Schau hier, Wald und Weide genug, meine Hütte und diese Schafe, was brauch' ich mehr? Diese Tiere nähren und kleiden mich; der Wald gibt mir Holz zum Feuern, wenn ich es wünsche, und die Flöte macht mir so viel Vergnügen, wie ich immer bedarf.“ „Da bist du in der Tat zu beneiden“, sagte hierauf der kaiserliche Bote; „doch wüsst' ich, wie du reich und vornehm werden könntest. Komm, folge mir zu meinem Kaiser, den du allein von einer unheilbaren Krankheit herzustellen vermagst. Es wird dir gelohnt werden mit Gold und Silber, soviel du nur verlangst.“ Ich bedarf und verlange nicht mehr, als ich habe“, antwortete der Hirte jetzt kurz gefasst auf die verführerischen Reden des Kaiserboten, „ich bin vollkommen zufrieden bei meinen Schafen.“ Als nun jener sah, dass mit diesem Natursohn nichts anzufangen war, so erzählte er ihm, an welcher unheilbaren Krankheit der Kaiser leide und dass alle Ärzte und Weise alles an ihm versucht hätten, endlich, dass es nur noch ein Mittel gebe, den kranken Herrn zu retten, und dies sei, wenn er das Hemd eines vollkommen glücklichen Menschen anziehe. Hunderte von Gesandten und Boten hätten schon die halbe Welt durchsucht, aber bis jetzt sei es noch keinem gelungen, einen vollkommen Glücklichen zu finden. Jetzt aber habe es das Glück gewollt, dass er ihn getroffen, und darum bitte er ihn, jetzt ihm zu seinem Kaiser zu folgen. Hierzu wollte sich indessen der Hirte durchaus nicht herbeilassen, und so musste ihn der Bote bitten, wenn er ihm schon nicht folgen wolle, ihm wenigstens sein Hemd für den Kaiser mitzugeben. Hierauf sagte jener: „Lieber Bruder! Gern wollt' ich dir diese Gefälligkeit tun, aber schau, es ist nicht möglich!“ Mit diesen Worten schlug er seinen Schafpelz zurück, und da sah der kaiserliche Bote wohl, dass es unmöglich war, denn der Glückliche hatte keins. So zog denn auch dieser letzte Gesandte unverrichteter Sache wieder zurück an den Hof seines Kaisers, von dem die Geschichte nichts weiter erfuhr.3

Was heute als „Waldbaden“ gestresste Menschen in die Natur führt, wissen und praktizieren die Menschen hierzulande schon seit langer Zeit

DIE BESTE ARZNEI

Der grüne Wald, das scheue Reh,

das blaue Meer, der stille See,

der hohe Berg, der starke Baum

der tiefe Schlaf und süße Traum

Gesunde Nahrung, Wasser, Sonne,

Bewegung, frische Luft und Wonne,

die Liebe, Freunde und Familie

Kamille, Salbei, Petersilie

Musik und eine schöne Stimme

Ein Werk, das ich noch heut‘ beginne

Ein gutes Herz, ein fester Wille

Die Ruhe, Sammlung und die Stille

Jürgen Wagner

Alles ist im Werden, alles im Vergehen. Die Natur nimmt – und gibt wieder zurück. Dieser Prozess ist schmerzhaft und wundersam zugleich. An die Mysterien des Wandels der Natur erinnert dieses Harzer Märchen, das uns die Liebe und Ehrfurcht ihr gegenüber vor Augen stellt.

DIE GRÜNE FRAU

Die alte Großmutter hat es erzählt. Da unten in Windhausen unter der Laubhütte hat vor vielen Jahren einmal ein Besenbinder gewohnt, der hat viele recht hübsche Kinder gehabt. Eines Tages nimmt er seine älteste Tochter mit in den Wald, ein Mädchen von dreizehn, vierzehn Jahren mit roten Backen und leuchtenden Augen, die gerne viel redet. Sie gehen miteinander um Reiser zu holen für die Besen. Von den Ruten der Birken werden Besen gemacht und in Windhausen standen viele! Es ist schrecklich kalt gewesen, wenn auch die Sonne über Berg und Tal schien. An den Zweigen hat Eis gesessen; es hat ausgesehen, als hingen Silberstangen daran herunter.

Auf einmal bleibt der Vater bei einer großen Tanne stehen: „Sieh doch Anna, was ist denn das?“ Das Mädchen sieht da auch eine junge Frau stehen, die hat ein grünes Kleid, ein grünes Gesicht und selbst die Haare waren grün. Und während sie noch staunen, kommt die grüne Frau auf sie zu und spricht zum Vater: „Deine Tochter da, die muss ich haben!“ Und kaum hat sie das gesagt, so ist sie mit dem Mädchen verschwunden.

Vor Schreck kann der Mann keinen Schritt von der Stelle tun. Als er wieder zu sich kommt, hört er eine Stimme rufen: „August, August, August!“ Ein paar Schritte vor ihm steht ein goldener Hirsch. Weil er meint, seine Tochter wäre in ihn verwandelt, geht er auf ihn zu. Als er aber den Hirsch am Geweih fassen und festhalten will, da ist er verschwunden. So geht’s dreimal, und immer an einer anderen Stelle. Unterdessen ist der Besenbinder vor ein kleines Häuschen gekommen.