Die drei !!!, 116, Geheimnis des alten Friedhofs (drei Ausrufezeichen) - Kirsten Vogel - E-Book

Die drei !!!, 116, Geheimnis des alten Friedhofs (drei Ausrufezeichen) E-Book

Kirsten Vogel

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Beschreibung

Bei einem Besuch auf einem alten Friedhof erfahren die drei !!! von mysteriösen Vorfällen, bei denen Grabschmuck gestohlen wird. Ihre Ermittlungen führen sie auf die Spur krimineller Machenschaften, die mit einem längst vergessenen Familiengeheimnis verbunden sind. Doch je näher sie der Wahrheit kommen, desto unheimlicher wird es, denn auch übernatürliche Ereignisse scheinen ihren Lauf zu nehmen. Auf der Suche nach Antworten entdecken sie dunkle Geheimnisse, die besser im Verborgenen geblieben wären.

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Seitenzahl: 153

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Titel

Die drei !!! Geheimnis des alten Friedhofs

Kirsten Vogel

KOSMOS

Impressum

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Distanzierungserklärung

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Umschlagsabbildung: © Ina Biber

© 2025, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

kosmos.de/servicecenter

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-51068-1

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Übersicht

Cover

Titel

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Hauptteil

Marienkäfer bringen Glück!

Blumendiebstahl

Das Porträt der alten Dame

Nachts auf dem Friedhof

Trauerfeier mit Überraschungen

Geheimnisse

Geisterstunde

Der Friedhofswärter

Das Medaillon

Nachricht aus der Vergangenheit

Geheime Fluchtwege

Springseil im Einsatz

Hüpfende Herzen

MARIENKÄFER BRINGEN GLÜCK!

Kim beobachtete einen wedelnden Hundeschwanz, der unter den Büschen hervorragte. Weil das Laub so hoch war, raschelte es bei jeder Bewegung. »Hey, Sherlock, was machst du denn da?«, rief sie.

»Er hat gestern einen kleinen Igel gefunden. Iggy überwintert jetzt in der Praxis von meinem Vater«, berichtete Franzi und stellte einen Eimer mit Äpfeln neben die Pferdekoppel.

»Vielleicht denkt Sherlie, da sind noch mehr Igel«, vermutete Marie.

Franzi strich ihrem Pony Tinka über den Rücken und hielt ihm einen roten Apfel hin. »Hier, habe ich heute gepflückt.« Tinka schnaubte und schnappte sich den Apfel.

Kim holte sich auch einen. »Frisch vom Baum, was für ein Traum.«

Ein Knurren war zu hören. Alle Blicke richteten sich in Sherlocks Richtung. Im nächsten Moment stolzierte Polly, Franzis Huhn, aus dem Gebüsch an Sherlock vorbei und begann, im herbstlichen Laub zu picken.

»Fehlalarm, Sherlock«, sagte Marie lachend. »Das war nur Polly. Auch der beste Detektivhund kann sich mal irren.«

Kim blinzelte in die goldene Herbstsonne und sog den Duft von Laub und Erde ein. »Guckt mal, die ganzen bunten Herbstblumen, die hier blühen!« Sie zeigte zu den Blumenbeeten, die an der Hauswand eine Farbenpracht von blühenden Astern, Kornblumen und Dahlien bereithielten. Endlich waren Herbstferien, und die Freundinnen hatten sich auf dem Winklerhof getroffen, um zusammen ein bisschen in Herbststimmung zu kommen.

Marie setzte sich auf einen Heuballen. »Was kann man denn im Herbst alles Schönes machen?«

»Kastanien sammeln, Tee trinken, spazieren gehen, lesen«, begann Kim aufzuzählen. »Oder Serien gucken.«

»Ich liebe es, zu baden. Mit Zimt und Ingwer im Wasser«, schwärmte Marie. Sie deutete zu Franzis Katze Ophelia. »Und wenn man eine Katze hat, kann man sich neben sie aufs Sofa kuscheln.«

Sherlock, den die drei Freundinnen auf einem Raststätten-Parkplatz gefunden hatten und der mit vollem Namen Sherlock Bones hieß, wuffte zustimmend und stupste die Katze an. Ophelia hatte aber keine Lust, mit Sherlock zu spielen. Mit einem Satz sprang sie auf das Fenstersims des Geräteschuppens und rollte sich in der Sonne zusammen. Sherlock schien das nicht zu stören. Er schnappte sich Lenis ausrangiertes Schmusekissen in der Form einer Banane und verzog sich damit unter einen Haselnussstrauch.

Nun begann Polly, an Kims Schnürsenkeln herumzupicken. »Hey, du verrücktes Huhn, lass das!«, rief Kim lachend.

Franzi schob Polly zur Seite und holte ein paar Körner aus ihrer Hosentasche, die sie dem Tier hinwarf.

»Du hast ja für alle was dabei«, staunte Marie.

»Franzi, hast du an das Lebkuchengewürz gedacht?« Frau Winkler kam auf die Mädchen zu. »Hallo, Kim und Marie, ihr müsst unbedingt mal wieder bei mir im Hofcafé vorbeikommen. Ich kann einen Apfelkuchen backen.«

»Hast du denn Zeit dafür, bei den vielen Aufträgen?«, fragte Franzi.

Ihre Mutter betrieb einen erfolgreichen Backservice und veranstaltete dazu noch Events auf dem Hof. Schon seit langer Zeit war bei den Winklers eine Menge los. Auch Franzis Vater, dessen Tierarztpraxis sich im Erdgeschoss des Wohnhauses befand, war voll ausgelastet. Bis vor Kurzem hatten auch noch Franzis großer Bruder Stefan mit seiner Freundin Britt und dem gemeinsamen Baby Leni hier gelebt. Die kleine Familie war nun in das Haus von Maries Oma Agnes und Opa Herbert umgezogen. Das kleine Häuschen am Waldrand war frei geworden, weil die beiden Großeltern jetzt in einer wunderschönen Seniorenresidenz lebten. Sogar ihre beiden Esel Adam und Eva durften mit umziehen. Franzi vermisste ihre kleine Nichte Leni sehr, aber meistens hatte sie nicht allzu viel Zeit, daran zu denken, denn es gab ja auch noch ihre ältere Schwester Chrissie, mit der sie zwar die Leidenschaft für den Naturschutz teilte, sich aber auch immer wieder in den Haaren lag.

»Ich habe das Lebkuchengewürz in die Küche auf den Tisch gelegt«, sagte Franzi.

Ihre Mutter drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Danke, du bist die Beste.« Dann verschwand sie wieder.

»Und warum hast du nicht den Geschirrspüler ausgeräumt? Du bist dran!«, fragte Chrissie, die sich unbemerkt genähert hatte, etwas genervt.

»Weil er noch nicht fertig war«, konterte Franzi und verdrehte die Augen. Sie nahm sich ihr Springseil, das neben ihr auf der Bank lag, und begann zu hüpfen.

»Aha«, sagte Chrissie, schwang sich auf ihr Rad und fuhr ohne ein weiteres Wort vom Hof.

Kim und Marie tauschten einen Blick.

»Manchmal ist sie echt schwierig«, seufzte Franzi und hüpfte weiter. »Wo waren wir noch mal stehen geblieben?«

»Dass man sich im Herbst sehr gut mit Lebkuchen und Tee aufs Sofa kuscheln und Bücher lesen kann«, sagte Kim. »Oder seilspringen. Ooooder«, sie betrachtete das Freundschaftsarmband mit der halben Sonne, das Camilla ihr aus Italien mitgebracht hatte, »mit Freundinnen Seriennachmittage machen.«

»Oder mit einer ganz speziellen Freundin einen Seriennachmittag machen?«, fragte Franzi und zwinkerte Kim zu.

»Mit Frühlingsgefühlen im Bauch?«, ergänzte Marie.

Kim grinste. »Wir sind heute Nachmittag verabredet und wollen einen Film zusammen gucken«, erzählte sie. »Ich hoffe, es ist okay für euch, dass ich dann erst heute Abend zum Übernachten wiederkomme?«

»Na klar!« Marie deutete in den blauen Himmel. »Aber wollt ihr bei dem schönen Wetter nicht lieber einen Herbstspaziergang machen?«

»Vielleicht hast du recht«, sagte Kim.

Franzi hörte auf zu springen und rollte ihr Seil wieder ein. »Also ich finde, ihr solltet die Serie gucken. Egal, ob die Sonne scheint oder nicht. Das ist der perfekte Anlass, sich ganz nah nebeneinanderzukuscheln.«

Marie schloss die Augen. »Vielleicht küsst ihr euch endlich. Wenn ich an Holgers und meinen ersten Kuss denke, habe ich sofort wieder ein Kribbeln im Bauch.«

»Bei mir kribbelt auch was«, sagte Kim und wischte sich panisch mit der Hand über den Nacken. »Franzi, hilf mir mal!«

Mit einem Griff an Kims Hals hatte Franzi einen Marienkäfer auf der Hand. »Kim wird von einem Marienkäfer attackiert – was sagt uns das?«

»Dass sie Glück hat …«, antwortete Marie, »… so tolle Freundinnen wie uns zu haben!«

Alle drei Mädchen beobachteten, wie der Marienkäfer auf Franzis Zeigefinger krabbelte. Auf der Fingerspitze angekommen breitete er die Flügel aus und hob ab.

»Im Ernst!« Marie stand auf und legte die Arme um ihre Freundinnen. »Ich bin so froh, dass ich euch habe. Ihr seid meine Familie.«

Kim legte ihren Kopf auf Maries Schulter. »Ich auch.«

In den letzten Wochen hatte Kim ziemlich viel Zeit mit Camilla und weniger mit Franzi und Marie verbracht. Aber langsam merkte sie, dass sie auch mal wieder bereit für ein anderes Kribbeln war, nämlich das, das sich einstellte, wenn sie kurz davor waren, einen Fall zu lösen. Kim Jülich, Franziska Winkler und Marie Grevenbroich waren nämlich nicht nur beste Freundinnen, sie hatten auch einen Detektivclub gegründet und nannten sich Die drei !!!. Zusammen hatten sie schon mehr als einhundert Kriminalfälle erfolgreich gelöst.

Marie sah dem Marienkäfer seufzend hinterher, der sich auf einer rostrot blühenden Aster niederließ.

»Ist alles gut bei dir, Marie?«, fragte Franzi.

»Ja, eigentlich schon«, sagte Marie. »Ich habe nur in letzter Zeit öfter an Mama gedacht. Es ist so traurig, dass ich mich nicht an sie erinnern kann.«

»Sie war bestimmt superlieb und wunderschön«, vermutete Kim.

Als Marie zwei Jahre alt war, hatte ihre Mutter einen schweren Autounfall, in dessen Folge sie verstarb. Marie und ihr Vater, Helmut Grevenbroich, waren ein perfektes Team, und Marie war glücklich, dass er seine zweite große Liebe in Tessa gefunden hatte. Ihren kleinen Halbbruder Finn liebte sie über alles und auch ihre Stiefschwester Lina war Marie nach anfänglichen Reibereien sehr ans Herz gewachsen.

»Ich verstehe, dass du sie vermisst«, sagte Kim und hatte eine Idee. »Wie wäre es, wenn wir sie heute auf dem alten Südfriedhof besuchen?«

Marie begann zu strahlen. »Au ja! Wir bringen ihr Blumen!« Sie stockte. »Aber Moment mal, du bist doch mit Camilla verabredet!«

»Ach«, sagte Kim und winkte ab. »Das verschiebe ich.«

»Willst du dich etwa davor drücken, mit ihr zu sprechen?«, fragte Marie mit etwas übertriebener Empörung in der Stimme.

»Quatsch!«, beteuerte Kim, ebenso empört. Doch vielleicht hatte Marie recht? Eigentlich wünschte Kim sich nichts sehnlicher, als ganz viel Zeit mit Camilla zu verbringen. Schon länger spürte sie, dass da auch noch andere Gefühle im Spiel waren als rein freundschaftliche. Immer, wenn sie in Camillas Nähe war, kribbelte es in ihrem Bauch. Zuerst war Kim verunsichert gewesen, aber seit sie und David sich getrennt hatten, hatte sie endlich mehr Raum gehabt, um über ihre Gefühle nachzudenken. Sie war verliebt in Camilla. Doch sie war sich nicht ganz sicher, ob Camilla auch so empfand.

»Also, ich finde, du kannst die Verabredung nicht absagen!«, sagte Franzi entschieden.

»Bring sie einfach mit!«, schlug Marie vor.

»Wirklich?«, fragte Kim.

»Ja!«, beteuerte Marie. »Ich freue mich, wenn wir sie besser kennenlernen!«

»Und für dich ist es auch okay, Franzi?«, vergewisserte sich Kim.

»Klar!« Franzi steckte ihr Springseil in die Jackentasche und verschwand im Geräteschuppen.

»Ich frage Camilla!« Kim zog ihr Handy hervor und tippte eine Nachricht.

»Franzi, meinst du, wir dürfen noch ein paar eurer Herbstblumen pflücken?«, rief Marie.

»Für das Grab deiner Mama auf jeden Fall!« Franzi kam mit drei Blumenscheren aus dem Schuppen.

»Ich war ewig nicht hier«, sagte Marie, als sie bei dem wunderschönen alten Friedhof ankamen.

Kim, Franzi und Marie hatten Camilla an der S-Bahn-Station getroffen und waren mit ihr gemeinsam zum Bahnhof Südstadt gefahren. Kim war ein bisschen angespannt, weil ihre Freundinnen Camilla länger nicht gesehen hatten. Ihre Sorge war aber offensichtlich überflüssig. Die vier hatten sich schon über Schule, nervige Geschwister und die Boyzzzz unterhalten. Camilla hatte einen ähnlichen Musikgeschmack wie Marie und war fasziniert, dass Marie so gut singen konnte. Und sie liebte Katzen und Pferde und war bereits auf den Winklerhof eingeladen worden.

»Wann warst du das letzte Mal hier, Marie?«, fragte Camilla.

Marie zog den Gürtel ihres Trenchcoats fester. »Es ist schon viel zu lange her.«

Zu viert betraten sie den Friedhof durch ein schön geschwungenes Eisentor. Vor ihnen erstreckte sich ein Weg, gesäumt von alten Bäumen, deren Äste wie ein Dach über ihn ragten. Er führte auf eine Engelstatue aus Stein zu, die schützend ihre Arme ausbreitete. Rote, gelbe und bräunliche Blätter lagen wie ein farbenfroher Teppich über dem Weg, der den Ort in warmes, gedämpftes Licht tauchte. Hinter dem Engel erhob sich eine kleine Kapelle, deren Ziegeldach zwischen den Bäumen hindurchschimmerte.

Von dem Hauptweg gingen links und rechts viele kleinere Pfade ab, die zu den Gräbern führten. Einige der Grabstellen waren sorgfältig gepflegt und mit leuchtenden Herbstblumen bepflanzt. Hier und da ragte ein schlichtes Holzkreuz aus der Erde, während andere Gräber von reich verzierten Marmorplatten gekrönt wurden.

Kim betrachtete ein Grab mit einer verblassten Inschrift, das vernachlässigt wirkte. Der Grabstein sah sehr alt aus, der Stein bröckelte und war bemoost. Ein sehr neues Grab war frisch bepflanzt und wirkte farbenfroh. Erst jetzt entdeckten sie eine ältere Dame in Gummistiefeln mit kinnlangen grauen Haaren in einer langen violetten Strickjacke, die eine volle Gießkanne zu dem Grab bugsierte. Sie lächelte die Mädchen an.

»Das haben Sie sehr schön bepflanzt«, bemerkte Marie.

»Danke«, sagte die Frau. »Ihr habt aber auch ein wunderschönes Gesteck dabei.«

»Das haben wir selbst gemacht«, sagte Kim stolz. »Na ja, Marie hat es aus den Blumen aus Franzis Garten gemacht«, fügte sie hinzu.

»Du hast Talent«, sagte die Frau.

Kim blickte auf den Grabstein. Darin war ein Name eingraviert: Fritz Jaster.

»Ich bin Flora Jaster. Hier liegt mein Mann begraben.« Sie deutete auf das Grab. »Und wen wollt ihr besuchen?«

»Meine Mama«, berichtete Marie.

»Oh, das tut mir leid.« Frau Jaster stellte die Gießkanne ab und legte Marie die Hand auf die Schulter.

Kim musste schlucken. Auch wenn es bei ihnen zu Hause wegen ihrer zehnjährigen Zwillingsbrüder Ben und Lukas oft sehr chaotisch zuging und sie sich manchmal weit wegwünschte, war sie sehr froh, dass sie ihre Familie hatte.

»Danke.« Marie lächelte die ältere Dame an. »Der Friedhof ist so groß und ohne meinen Vater finde ich das Grab nicht. Es ist von drei Linden umgeben.«

»Dahinten ist die Übersichtstafel«, erklärte Flora Jaster.

»Vielen Dank«, sagte Marie. Sie verabschiedeten sich von der älteren Dame und steuerten auf den Lageplan zu.

Nach wenigen Schritten blieb Kim abrupt stehen. Sie hatte ein Rascheln über ihnen gehört und entdeckte zwei Eichhörnchen, die einander spielerisch die Baumstämme hinaufjagten, von Ast zu Ast sprangen und schließlich im Laub der alten Bäume verschwanden.

»Süß«, sagte Camilla. »Die beiden beleben den Friedhof.«

Kim nickte und dachte darüber nach, dass alles, was Camilla sagte, so schön klang.

Der Lageplan war auf einer Tafel aus Metall angebracht, die von der Witterung gezeichnet war. Er war verblichen, aber er zeigte die Aufteilung des Friedhofs und wies nicht nur die Gräber der Verstorbenen aus, sondern auch Mausoleen, die in den entfernteren Ecken des Friedhofs standen.

Marie zeigte mit dem Finger auf den Plan. »Wir sind hier. Ich glaube, wir müssen hinter der Kapelle nach rechts abbiegen. Das Grab müsste dort sein.« Sie tippte auf eine Stelle. »Die Bäume sind auch eingezeichnet.«

»Warum warst du so lange nicht hier, Marie?«, fragte Camilla, als sie weiterliefen. »Oder ist die Frage zu privat?«

»Nein, alles gut«, sagte Marie und überlegte. »Ich glaube, ich brauche keinen festen Ort der Erinnerung. Ich trage meine Mama immer im Herzen.«

Kim merkte, wie ihr Tränen in die Augen schossen, aber Marie wirkte gefasst.

»Und um den Hals!«, ergänzte sie und zeigte auf ihre Halskette. »Die Kette hat sie auch immer getragen.«

»Das klingt schön«, sagte Camilla und drückte Kims Hand. Augenblicklich breitete sich ein Kribbeln von Kims Hand durch den Arm in ihrem ganzen Körper aus. Sie hielt die Luft an, während Camilla weitersprach: »Ich finde auch, dass man keinen festen Ort der Erinnerung braucht, aber ich verstehe auch Menschen, denen es guttut, das Grab eines geliebten Menschen zu besuchen.«

»Alles klar, Kim?«, fragte Franzi.

Erst jetzt merkte Kim, dass sie noch immer die Luft anhielt. Sie atmete aus. »Ja, alles gut.«

Hintereinander liefen die Mädchen über den schmalen Pfad in Richtung des Grabs.

Etwas weiter entfernt bemerkten sie einen älteren Herrn, gekleidet in einen schlichten hellgrauen Mantel. Mit leicht gebeugtem Rücken zupfte er vorsichtig Unkraut von einem Grabstein. Sein Gesicht war konzentriert, doch in seinen Bewegungen lag eine gewisse Ruhe und Routine. Sie sahen dem Mann einen Moment dabei zu und gingen dann weiter.

»Das ist wie ein stilles Ritual«, flüsterte Camilla. »Wahrscheinlich erinnert er sich gerade an seine Frau und wie sie immer zusammen im Garten gearbeitet haben. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Hinterbliebenen hier auf dem Friedhof durch das Pflegen der Gräber verbunden sind.«

»Das klingt schön.« Kim lächelte. »Wenn man sich verbunden fühlt.«

»Schaut mal, das hier muss ein richtig altes Familiengrab sein«, bemerkte Franzi und deutete auf eines der größeren Mausoleen. Es war reich verziert und mit Engeln und Säulen geschmückt und wirkte wie ein kleiner Tempel.

»Auf dem Schild neben dem Lageplan steht, dass dieser Friedhof schon seit über zweihundert Jahren existiert«, erzählte Kim. »Der älteste Teil des Friedhofs befindet sich im hinteren Bereich.«

»Was genau ist eigentlich ein Mausoleum?«, wollte Franzi wissen.

»Ein Grabmal in Form eines Gebäudes«, erklärte Kim. »In dem Krimi, den ich neulich gelesen habe, wurde das erklärt. Ein Mausoleum enthält einen Andachtsraum oder eine kleine Grabkapelle sowie eine darunter liegende Gruft, in der die Särge beigesetzt werden.«

»Uh, du hast einen Krimi gelesen, der auf einem Friedhof spielt«, sagte Franzi und rieb sich fröstelnd die Arme.

Marie hörte schon gar nicht mehr zu. »Hier muss das Grab meiner Mutter irgendwo sein.« Ihr Blick wanderte suchend über die Grabstellen. »Ach, ich glaube, es ist dahinten.« Ihre Schritte beschleunigten sich.

Kim, Franzi und Camilla folgten ihr. Doch dann drosselte sie ihr Tempo und trat zögernd an das Grab heran. Intuitiv stellten sich Kim und Franzi jeweils seitlich neben sie. Camilla blieb mit ein bisschen Abstand stehen.

Kim wurde erst jetzt bewusst, dass sie sich noch nie gefragt hatte, wie das Grab wohl aussehen würde. Es war ein einfaches, schlichtes Holzkreuz, das in dem warmen Herbstlicht fast golden schimmerte.

Still standen die Freundinnen da.

»Hallo, Mama«, sagte Marie sanft und schluckte. »Ich kann mich kaum an dich erinnern, aber … ich vermisse dich trotzdem.«

Kim drückte leicht ihre Schulter und Franzi trat einen Schritt näher.

Gemeinsam standen sie da, keins der Mädchen sagte etwas.

Marie ging in die Knie und sammelte einige Blätter vom Grab. Kim und Franzi halfen ihr. Schließlich legte Marie das Herbstblumen-Gesteck auf das Grab.

»Das sieht wunderschön aus«, flüsterte Kim.

Marie nickte. »Ich freue mich, dass ihr alle mitgekommen seid!«

Kim legte den Arm um Marie. »Wir freuen uns auch.«

»Mein Vater sagt immer, dass meine Mutter ein so ansteckendes Lachen hatte«, erzählte Marie. »Sie war wohl ein sehr lebensfroher Mensch.«

»Dann bist du ihr sehr ähnlich«, sagte Franzi.

»Ja, das stimmt«, sagte Marie und lächelte.

»Verflixt!«, war plötzlich ein Aufschrei zu hören.