Die drei ??? Der Ruf der Krähen (drei Fragezeichen) - André Minninger - E-Book

Die drei ??? Der Ruf der Krähen (drei Fragezeichen) E-Book

André Minninger

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Beschreibung

Die Krähen sind los! Als Peter Shaw durch den Palisades Park joggt, wird er Zeuge eines unheimlichen Vorfalls: Er hört lautes Gekrächze und Hilfeschreie. Ein Mann wird von einem Schwarm Krähen attackiert! Nur schwer lassen sich die Vögel vertreiben. Warum haben sie das getan? Ein unheimliches Ereignis, das an Alfred Hitchcocks berühmten Film "Die Vögel" erinnert. In ihrem neuen Fall treffen Justus, Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews auf ungewöhnliche Gegner. Haben Krähen eine eigene Sprache, um sich gegen Menschen zu verbünden? Auf die Leserinnen und Leser wartet ein spannendes Abenteuer!

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Titel

Die drei ???Der Ruf der Krähen

André Minninger

KOSMOS

Impressum

Alle Angaben in diesem Buch erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen. Sorgfalt bei der Umsetzung ist indes dennoch geboten. Verlag und Autoren übernehmen keinerlei Haftung für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden, die aus der Anwendung der vorgestellten Materialien und Methoden entstehen könnten. Dabei müssen geltende rechtliche Bestimmungen und Vorschriften berücksichtigt und eingehalten werden.

Distanzierungserklärung

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Umschlagsabbildung: © Silvia Christoph

© 2023, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur.

ISBN 978-3-440-50388-1

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

»SIE BRINGEN MICH UM!«

Die ganze Nacht hindurch hatte es endlich geregnet, endlich, nachdem ganz Kalifornien von einer mehrwöchigen Hitze- und Dürrewelle geplagt gewesen war. Der reichliche Niederschlag bewahrte die Pflanzen- und Tierwelt zumindest vorerst vor dem Verdursten.

Als Peter Shaws Wecker um sieben Uhr klingelte, ließ der Regen gerade nach und die ersten Sonnenstrahlen durchdrangen das dichte Wolkenband. Was für ein herrlicher Samstagmorgen! Peter zögerte nicht lange. Das war der perfekte Zeitpunkt, um durch den Palisades Park zu joggen. Mit Sicherheit waren nach dem starken Regen nur wenige Menschen dort anzutreffen, was Peter einen ungestörten und entspannten Lauf ermöglichen würde.

Als er eine Viertelstunde später im Park ankam, sah er seine Vermutung mehr als bestätigt: weit und breit keine Menschenseele in Sicht. Was für eine Idylle … Peter überkam das Gefühl, als würde die ganze Anlage nur ihm gehören. Eine Joggingrunde auf seinem eigenen Privatgelände! Auf den regennassen Asphaltwegen begann die Feuchtigkeit zu verdunsten. Dampfschwaden bildeten sich, sodass Peter glaubte, auf Wolken zu schweben. Vereinzelte Vögel zwitscherten in den Sträuchern. Noch war die Luft recht erfrischend, doch schon bald würde es unangenehm schwül werden. Die Meteorologen hatten erneut hohe Temperaturen vorhergesagt.

Doch daran wollte Peter jetzt nicht denken. Genieße den momentanen Zustand und tanke einfach nur auf, philosophierte er beim Laufen und musste unwillkürlich grinsen. Peter Shaw – in dir schlummert ja ein wahrer Poet! Wenn du deinen Job als Detektiv mal an den Nagel hängen solltest, könntest du es vielleicht als Dichter …

Ein plötzliches, ohrenbetäubend lautes Krächzen riss Peter aus seinen Tagträumen. Er verlangsamte sein Lauftempo, blieb dann irritiert stehen und versuchte, die genaue Richtung zu orten, aus der die ungewöhnlichen, fast aggressiven Vogellaute kamen. Seiner Einschätzung nach handelte es sich um Krähen, mindestens zwanzig oder dreißig Stück, die offenbar in heller Aufregung waren. Es klang, als würden die Vögel einen Großalarm ausrufen und sich in Kampfposition begeben.

Peter ließ seinen Blick über die Bäume und Sträucher in dem Parkteil wandern, aus dem die vermeintliche Bedrohung bisher nur zu hören, aber nicht zu sehen war. Plötzlich vernahm er hinter sich ein lauter werdendes Flattern. Entsetzt fuhr er herum: Zwei ausgewachsene Krähen kamen wie aus dem Nichts pfeilartig auf ihn zugeschossen. Sie wirkten alles andere als friedfertig. Reflexhaft warf sich Peter zu Boden, hielt schützend die Hände über den Kopf und rechnete mit einem Angriff. Doch so schnell, wie die beiden Vögel aufgetaucht waren, waren sie auch schon haarscharf über ihn hinweggeflogen. Als er vorsichtig aufblickte, konnte er gerade noch sehen, wie sie in der Ferne auf eine große Korkeiche zusteuerten und blitzschnell in deren dichtem Blattwerk verschwanden.

Peter atmete erleichtert auf. Die Gefahr schien für ihn gebannt zu sein. Doch als er den Kopf wandte, näherte sich jetzt ein ganzer Schwarm Krähen. Dreißig, vierzig … Unmöglich für ihn, die genaue Anzahl zu erfassen. Wieder presste Peter das Gesicht auf den Boden, schützte seinen Kopf, registrierte aber zu seiner Erleichterung, dass es die Vögel auch dieses Mal nicht auf ihn abgesehen hatten. Sie flogen ebenfalls auf die Korkeiche zu und gesellten sich zu ihren Artgenossen.

Das Gekrächze in dem Baum wurde zunehmend lauter, während Peter sich langsam aus seiner Starre löste und vorsichtig aufrichtete. Was ging hier vor sich? Nie zuvor hatte er dieses schwarze Federvieh als eine Bedrohung empfunden. Doch vielleicht war ja auch alles ganz harmlos und er bildete sich da etwas ein. Möglicherweise hatten die Krähen nur eine Versammlung einberufen, um etwas Wichtiges zu besprechen …

Besprechen? Peter tippte sich belustigt an die Stirn. Glaubte er wirklich, die Vögel redeten miteinander wie Menschen? Er hatte sich mit diesen unheimlich wirkenden Kreaturen bisher noch nie näher beschäftigt. Biologie gehörte nicht gerade zu seinen Lieblingsthemen. Andere Dinge lagen ihm weitaus näher. Neben der Detektivarbeit, die er gemeinsam mit seinen Freunden Bob Andrews und Justus Jonas betrieb, stand für ihn vor allem das Surfen an oberster Stelle. Am liebsten mit Jeffrey, einem engen Kumpel aus der Nachbarschaft.

Plötzlich schoss es Peter durch den Kopf, dass er sich ja mit ihm zu einem gemeinsamen Surftrip morgen verabreden wollte. Jeffrey war in letzter Zeit ganz schön genervt gewesen, weil Peter kurz hintereinander zwei Verabredungen hatte absagen müssen, da er mit Justus und Bob in einen ziemlich haarigen Fall verwickelt gewesen war. Aber morgen war mit Jeffrey Surfen angesagt, koste es, was es wolle.

Dieser Gedanke erfüllte Peter mit so viel Vorfreude, dass er dem aufgebrachten Gekrächze in der Korkeiche keine große Aufmerksamkeit mehr schenkte. Er warf einen raschen Blick auf seine Armbanduhr. Halb acht. Eigentlich könnte er Jeffrey doch gleich anrufen, um mit ihm die genaue Zeit auszumachen. Ob sein Freund noch schlafen würde? Egal! Kurzerhand zog Peter sein Handy hervor und drückte im Telefonspeicher auf Jeffreys Nummer. Doch zu seiner Enttäuschung meldete sich niemand. Nicht mal die Mailbox ging an. Peter blieb beharrlich und ließ es weiter klingeln.

Mit einem Mal verstummte das wütende Gekrächze der Krähen. Peter blickte verwundert auf. Auch das Gezwitscher der anderen Vögel war urplötzlich nicht mehr zu hören. Eine beklemmende Stille machte sich im Park breit. Als hätte jemand einen Aus-Schalter gedrückt. Peter vernahm nur noch das Freizeichen aus dem Handy und den entfernten Autoverkehr außerhalb des Parks.

Im nächsten Moment flatterten wie auf ein lautloses Kommando Dutzende von Krähen aus der Korkeiche und schossen mit markerschütterndem Gekrächze im Sturzflug hinter die angrenzenden Hibiskusbüsche. Dann ertönten von dort die gellenden Schreie eines Mannes.

»Ahhhhh! Neiiiiiin, nicht! Weg! Verschwindet! Lasst mich! Hilfe! Hiiiiiiilfe!«

Das laute Krächzen und die Schreie des offenbar hilflosen Mannes vermischten sich zu einer Geräuschkulisse, wie sie Peter bisher nur aus den übelsten Horrorfilmen kannte. Sein Herzschlag beschleunigte sich.

»Hiiiiiiilfe! Sie bringen mich um! Zu Hilfe!«

Peter durfte keine Zeit verlieren. Ohne zu zögern, setzte er sich in Bewegung und rannte im Höllentempo auf die Büsche zu. Als er sie umrundet hatte, bot sich ihm ein entsetzlicher Anblick: Vor ihm auf dem Rasen, auf dem Bauch, lag ein Mann mit schlohweißem Haarkranz und zappelte panisch mit den Armen und Beinen. Dutzende von Krähen tummelten sich auf seinem Körper, flatterten aufgebracht mit den Flügeln, hackten mit ihren spitzen Schnäbeln auf ihn ein und krächzten dabei unaufhörlich.

»Weg mit euch! Ihr elenden Bestien!«, schrie der Mann wie von Sinnen. Er schlug immer wilder um sich, was die Vögel aber nicht davon abhielt, ihr grausames Treiben fortzuführen. »Ihr bringt mich noch um!«

Peter verlor keine Zeit. In Windeseile entledigte er sich seiner Joggingjacke und schleuderte sie in einer rotierenden Bewegung über seinem Kopf. Mit stampfenden Schritten eilte er auf den Mann zu, erhöhte noch die Schleudergeschwindigkeit und schrie mit sich überschlagender Stimme: »Seid ihr wahnsinnig geworden? Abflug! Und zwar dalli! Lasst ihn in Ruhe!« Wieder und wieder stampfte Peter auf den Boden und rückte mit seiner kreisenden Jacke den Angreifern so dicht aufs Gefieder, bis diese mit wütendem Gekrächze von ihrem Opfer abließen und in alle Himmelsrichtungen davonflatterten.

Es dauerte einige Sekunden, bis der Mann begriff, dass sein Retter die Vögel erfolgreich in die Flucht geschlagen hatte.Schwer atmend kam er auf die Beine und hob erschöpft den Kopf.

»Um Himmels willen, Sie bluten ja!«

SPITZE SCHNÄBEL

»Bluten? Ich?« Der Mann betrachtete irritiert seine Hände. »Wo denn?«

Peter trat einen Schritt näher. »Auf der Stirn.«

»Verdammt! Ist es schlimm?«

Peter schüttelte den Kopf. »Soweit ich es beurteilen kann, nicht sehr. Es sieht nach einer kleinen Platzwunde aus. Aber Sie sollten die Stirn abtupfen, damit Ihnen das Blut nicht in die Augen läuft. Haben Sie ein Taschentuch dabei?«

»Ich … äh … glaube schon.« Fahrig griff der Mann in die Innentasche seines Jacketts und kramte umständlich darin herum. Seine Miene erhellte sich. »Was für ein Glück!« Er zog ein frisches Päckchen Papiertaschentücher hervor und versuchte mit zitternden Händen, es zu öffnen.

Peter streckte seine Hand aus. »Geben Sie her. Ich mach das.«

»Das ist nett«, entgegnete der Mann und ließ sich dankbar von Peter verarzten.

Während der Prozedur betrachtete Peter ihn etwas genauer: Der Mann mochte etwa Mitte fünfzig sein. Er trug einen weißen Leinenanzug und dazu knallrote Halbschuhe, die in der Morgensonne wie frisch poliert glänzten. Offensichtlich legte er großen Wert auf ein gepflegtes Aussehen.

»Diese verfluchten Krähen«, schimpfte er erbost, nachdem Peter ihm die Stirn abgetupft hatte. »Da unternimmt man nichtsahnend einen friedlichen Rundgang durch den Park und wird einfach so von angriffslustigen Vögeln attackiert! Diese Viecher haben mit ihren spitzen Schnäbeln wie wild auf mich eingehackt! Wenn du meine Hilferufe nicht gehört hättest, wer weiß, was dann geschehen wäre …«

»Sie sind ja noch einmal glimpflich davongekommen«, sprach Peter ihm Trost zu. »Aber um wirklich sicherzugehen, sollten Sie die Wunde besser noch einmal von einem Arzt begutachten lassen. Wer weiß, ob diese schwarzen Flattermänner nicht die Tollwut haben.«

»Die Tollwut?« Der Mann schüttelte entschieden den Kopf. »Soweit ich weiß, ist diese Seuche in unseren Breitengraden quasi ausgerottet. Aber der Schreck steckt mir trotzdem gehörig in den Knochen.«

»Kommen Sie denn jetzt allein klar oder benötigen Sie noch Hilfe?« Peter hob seine Jacke auf, die er auf den Boden hatte fallen lassen, nachdem die Krähen abgezogen waren.

»Peter? Bist du das? Brauchst du Hilfe? Was ist denn bei dir los?«, ertönte plötzlich wie aus dem Nichts eine blecherne Stimme. »Das klingt ja nach reinstem Action-Kino!«

Peter zuckte überrascht zusammen. Die Stimme kam ihm sehr vertraut vor. Doch es vergingen einige Sekunden, bis er schaltete. Sein Handy. Damit hatte er vorhin bei Jeffrey angerufen. Der war nicht rangegangen, doch Peter hatte es weiter klingeln lassen … Dann hatte er die Hilfeschreie gehört, war losgerannt, um dem Mann zu Hilfe zu eilen. Während des Laufens hatte er das Handy in die Jackentasche geschoben – zum Glück war es beim Herumschleudern nicht herausgefallen! Und nun erklang daraus die Stimme seines Freundes. Rasch zog Peter das Handy hervor und presste es ans Ohr. »Mensch, Jeffrey, jetzt hast du dich ja doch noch gemeldet! Ich dachte, du würdest noch schlafen.«

»Hab ich auch, du Witzbold! Das Klingeln hat mich geweckt und dann hab ich diese horrormäßigen Schreie gehört. Was war denn da los?«

Peter wollte gerade antworten, als der Mann einen Schritt auf ihn zutrat und leise raunte: »Telefoniere ruhig weiter. Ich bin wieder okay und muss jetzt los zur Arbeit. Tausend Dank noch mal für deine Hilfe.«

Peter hielt irritiert inne. »Einen Moment, Jeffrey. Ich muss mich nur kurz verabschieden.«

»Nicht nötig«, winkte der Mann gelassen ab. Er lächelte Peter noch einmal freundlich zu, machte auf dem Absatz kehrt und eilte mit schnellen Schritten davon.

»Okay, da bin ich wieder«, setzte Peter das Telefonat fort, während er dem Mann nachblickte. Der bog an der nächsten Weggabelung ab und verschwand hinter einem kleinen Wäldchen.

»Du machst es ja wirklich spannend. Ich verlange jetzt zumindest einen Kurzbericht«, forderte Jeffrey.

»Den sollst du haben. Also, hör zu –« Weiter kam Peter nicht. Etwas anderes hatte seine Aufmerksamkeit geweckt: Vor ihm, keine zwei Meter entfernt, lag auf der Rasenfläche eine abgewetzte Brieftasche aus braunem Wildleder. »Warte doch noch mal kurz, Jeffrey.« Er ließ das Handy sinken, ging auf den Fund zu und nahm ihn interessiert an sich. Die Brieftasche war recht leicht. Er klappte sie auf und inspizierte den Inhalt. Kein Bargeld, keine Bankkarten. Auch sonst nichts, womit sich der Besitzer identifizieren ließ. Die Fächer waren allesamt leer. Enttäuscht klappte Peter die Brieftasche wieder zu, wobei seine Finger auf der Rückseite einen schmalen Reißverschluss ertasteten. Er zog am Zipp und lugte in die schmale Tasche. Darin befand sich eine Karte mit einem quadratischen Lichtbild. Stadtbibliothek Malibu, stand darüber in Großbuchstaben. Rasch zog Peter den Ausweis heraus und erkannte den Mann, den er eben vor den Krähen gerettet hatte, auf dem Foto sofort wieder. Ohne zu zögern, setzte Peter sich in Bewegung. Wenn er einen Zahn zulegte, würde er den Mann sicher noch einholen. Ganz wohl war ihm bei der Aktion jedoch nicht. Er hatte nicht das geringste Interesse daran, bei seinem Spurt durch den Park die Krähen nun ebenfalls aufzuscheuchen, aber daran durfte er jetzt nicht denken.

Als Peter die Weggabelung erreicht hatte, an der der Mann vorhin abgebogen war, blieb er abrupt stehen und begann für einen kurzen Moment an seinem Verstand zu zweifeln. Der breite Weg mündete, ohne eine weitere Biegung zu machen, nach zweihundert Metern in einen Parkausgang. Doch nirgends war jemand zu sehen. Selbst im Sprinttempo wäre es unmöglich gewesen, den Ausgang in so kurzer Zeit zu erreichen.

Wohin war der Mann verschwunden?

Peter formte die Hände zu einem Trichter und rief ins Nichts: »Hallo, Sir! Wo sind Sie denn? Hallo! Ich habe Ihre Brieftasche gefunden.«

Er lauschte in die Stille … Keine Antwort. Na, dann musste er dem Mann den Ausweis anderweitig zukommen lassen. Peter hob das Handy erneut an sein Ohr. »So, da bin ich wieder«, sprach er ins Mikrofon. »Du wirst es kaum glauben, was hier vorhin los war.« Doch aus dem Lautsprecher erfolgte keine Reaktion. Als Peter auf den Handybildschirm blickte, wusste er auch, warum: Jeffrey hatte in der Zwischenzeit aufgelegt.

Das Büro der drei ??? – ihre sogenannte Zentrale – befand sich in einem alten Campingwagen. Versteckt unter einem riesigen Haufen Gerümpel stand dieser auf dem Schrottplatz des Gebrauchtwarencenters T. Jonas, das Justus’ Onkel Titus und seine Tante Mathilda betrieben. Dieser Wohnwagen beherbergte alles, was für die Ermittlungen des erfolgreichen Trios von Nutzen war: vom Telefon und Computer über gemütliche Sessel und einen Kühlschrank bis hin zum kompletten Aktenarchiv all ihrer bisher gelösten Fälle.

Peter saß seinen Freunden Justus und Bob gegenüber. Er hatte ihnen von dem Vorfall im Palisades Park berichtet und biss jetzt in das Brötchen, das er sich auf dem Weg als zweites Frühstück gekauft hatte. Mit vollem Mund sprach er weiter. »Die Brieftasche muss dem Mann unbemerkt aus der Tasche gefallen sein, als er das Päckchen Taschentücher daraus hervorgezogen hat, mit denen ich ihn notdürftig verarztet habe. Ich hab kurz überlegt, das Teil auf direktem Weg in der Bibliothek abzugeben, aber nach Malibu zu joggen war mir dann doch ein wenig zu weit.«

Justus, der vor dem Rechner saß, löste seine Finger von der Tastatur und wandte sich Peter zu. »Dass du uns stattdessen ein Treffen in der Zentrale vorgeschlagen hast, war die richtige Entscheidung. Ansonsten hätte ich dir nämlich schwere Vorwürfe gemacht.«

»Vorwürfe? Wieso das denn?«, wollte Bob wissen. »Was wäre denn verkehrt daran gewesen, wenn Peter die Brieftasche gleich zurückgebracht hätte?«

AUGE IN AUGE

»Das würde mich auch interessieren.« Peter rümpfte verärgert die Nase.

Justus griff nach der Plastikkarte, die er neben der Tastatur abgelegt hatte, und hielt sie seinen Freunden mit bedeutsamer Miene entgegen. »Wenn du das getan hättest, hätte Mr Gordon Dust, auf dessen Namen dieser Ausweis ausgestellt ist, seine Brieftasche nebst ihrem Inhalt womöglich inzwischen schon wiederbekommen.«

»Ja und?«, wollte Peter wissen. »Das ist doch der Sinn der Sache.«

Justus schien sichtlich in seinem Element zu sein. »So, wie du es uns vorhin geschildert hast, hat dieser Mr Dust ziemlich schnell das Weite gesucht, nachdem du ihn aus seiner gefährlichen Notlage befreit hattest. Kommt euch das nicht seltsam vor, Kollegen?«

»Mir zumindest nicht.« Peter erhob sich vom Sessel und nahm den Bibliotheksausweis wieder an sich. »Ihr hättet diese aufgebrachten Krähen mal erleben sollen. Als sie wie verrückt auf den hilflosen Mann einhackten, war allein der Anblick für mich ein Horror. Ich dachte wirklich, dass sie ihn umbringen wollten. Was meint ihr, wie sich dabei erst der Mann selbst gefühlt haben muss. Kein Wunder also, dass er anschließend so schnell wegwollte.«

Justus zupfte nachdenklich an seiner Unterlippe. »In den vergangenen Jahren kam es in dieser Jahreszeit schon häufiger vor, dass Krähen Menschen durch Schnabelhiebe attackierten. Knapp ein Prozent der Brutpaare zeigt dieses Verhalten, wenn ihre Jungen das Nest verlassen. Diese sogenannten Ästlinge werden von den Elterntieren noch einige Zeit außerhalb des Nestes gefüttert. Junge Krähen, die sich vor allem in Parkanlagen am Boden oder in Bodennähe aufhalten und dabei ungeschickt wirken, sollten daher von Spaziergängern unbedingt gemieden werden, da die Gefahr besteht, durch Altvögel angegriffen zu werden, die ihren Nachwuchs beschützen wollen.«

»Davon habe ich auch schon gehört«, stimmte Bob Justus’ Vortrag zu. »Aber mir war bisher nicht bekannt, dass sich die Vögel gleich in Scharen über einen Menschen hermachen.«