Die drei ???, und das Hexenhandy (drei Fragezeichen) - André Minninger - E-Book

Die drei ???, und das Hexenhandy (drei Fragezeichen) E-Book

André Minninger

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Beschreibung

Der neueste Hit unter den Teenagern in Rocky Beach: "Hexenhandys"! Sie leuchten im Dunkeln giftgrün und statt zu klingeln, kichern sie gruselig. Doch dann legt sich ein düsterer Schatten auf das kleine Küstenstädtchen. Einige der stolzen Besitzer dieser Handys verschwinden auf unheimliche Weise. Zurück am Tatort bleiben nur die leuchtenden Mobiltelefone, auf deren Display die Teufelszahl 666 erscheint. Die drei Detektive Justus, Peter und Bob nehmen per Handy die Spur auf, ohne zu wissen, was sie am anderen Ende der Leitung erwartet…

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Seitenzahl: 159

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und das Hexenhandy

erzählt von André Minninger

Kosmos

Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin

Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele weitere Informationen zu unseren Büchern, Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und Aktivitäten finden Sie unter www.kosmos.de

© 2001, 2005, 2008, 2011, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur.

ISBN 978-3-440-12867-1

Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Unbehagen

»So eine Schweinerei!« Wütend deutete Peter auf den Hinterreifen seines Mountainbikes. »Irgendein Mistkerl hat die Luft rausgelassen und das Ventil geklaut! Wenn ich den zu fassen kriege!« Drohend ballte er eine Faust. »Zu blöd, dass ich mein Flickzeug nicht mithabe. Du hast auch keins dabei, oder?«

Sein Freund Bob strich sich eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht und schüttelte bedauernd den Kopf. Die beiden Jungen hatten gerade ihren Badetag am Pazifik beendet und standen nun fassungslos vor dem Fahrradständer des Strandkiosks, der zu dieser späten Stunde bereits geschlossen hatte. Es war schon dämmrig, und Bob warf einen skeptischen Blick auf seine Armbanduhr.

»Wir brauchen mindestens eine Stunde, bis wir die Räder nach Rocky Beach geschoben haben.«

»Was heißt hier ›wir‹?«, entgegnete Peter. »Dein Rad ist doch verschont geblieben. Du kannst dich getrost auf deinen Sattel schwingen und losdüsen!«

»Kommt überhaupt nicht infrage«, protestierte Bob. »Meinst du, ich lasse dich in der Dunkelheit allein durch den Wald irren? Wir gehen selbstverständlich gemeinsam.« Dabei nahm er das Bügelschloss von seinem Fahrrad und ließ es an der Befestigung am Rahmen einrasten. »Also los! Je früher wir uns in Bewegung setzen, desto schneller sind wir am Ziel.«

»Ich krieg mich nicht wieder ein«, wetterte Peter weiter, während er sein Mountainbike auf den sandigen Fußweg schob. »Warum gibt es nur solche Blödmänner? Ob es denen Spaß macht, das Eigentum Fremder zu beschädigen?«

»Ich tippe mal auf einen albernen Lausbubenstreich. Über die Konsequenzen haben die bestimmt nicht nachgedacht. Ärgern wir uns also nicht und reden über etwas Angenehmeres. Zum Beispiel über die morgige Mathearbeit!«

»Machst du Witze!«, erregte sich Peter, der mit Bobs trockenem Humor in diesem Moment überhaupt nichts anzufangen wusste. »Ich hätte mich heute hinsetzen müssen, um die Formeln zu pauken. Stattdessen haben wir den ganzen Tag in der Sonne gefaulenzt!«

Bob grinste. »Eine Entspannungsphase vor einer schwierigen Prüfung wirkt manchmal Wunder! Ich bin sicher, dass du gut abschneiden wirst.«

»Nett, dass du mir Mut machst, aber ich bin skeptisch.« Peter drückte auf den Knopf seiner batteriebetriebenen Fahrradlampe, da sie geradewegs auf den Wald zusteuerten und die letzte Straßenlaterne bereits hinter sich gelassen hatten. Außer ihnen war weit und breit kein Mensch zu sehen und Peter überkam ein mulmiges Gefühl.

»Mein Rad hier ganz allein durchzuschieben, hätte mir nicht behagt«, gestand Peter offen, nachdem sie unter den dichten Baumkronen in die Dunkelheit des Waldes tauchten. »Zu zweit ist mir schon wohler.«

»Du hast doch nicht etwa Angst?«, erkundigte sich Bob mit gepresster Stimme.

»Ist irgendwas?«, fragte Peter misstrauisch.

»Na ja …« Bob sah sich prüfend um. »Ich glaube zwar nicht an solche Dinge, aber ganz geheuer ist es mir in diesem Waldgebiet nicht …«

»Wovon sprichst du?«

»Ich bin da mal im Archiv der ›Los Angeles‹-Post durch Zufall auf einen ziemlich makaberen Zeitungsartikel gestoßen. Ist schon etwas länger her und ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht. Aber jetzt, wo wir hier zufällig in der Dunkelheit durchmarschieren, fällt es mir wieder ein.«

»Was denn?«, drängte Peter mit Unbehagen. »Nun spuck’s schon aus!«

»Vor etwa zwanzig Jahren haben Anhänger einer fanatischen Sekte eine junge Frau aus Santa Monica entführt, die sich politisch für mehr Frauenrechte engagiert hatte. Die Sekte hat sie der Hexerei bezichtigt und hier in den Santa Monica Mountains auf einem Scheiterhaufen verbrannt!«

»Du … du machst Witze …«

»Leider nicht«, erwiderte Bob trocken. »Den Schuldigen konnte zwar das Handwerk gelegt und die Sekte verboten werden, was der armen Frau jedoch nicht mehr viel nützte. Seitdem tauchen hin und wieder Zeitungsmeldungen auf, in denen berichtet wird, dass der Geist der Verbrannten noch immer ruhelos hier im Wald herumirre und keinen Frieden finde …«

»Daran glaubst du doch nicht wirklich …?«, fragte Peter skeptisch.

»Natürlich nicht. Trotzdem berichtete die Presse von eigenartigen Begebenheiten. In einer Vollmondnacht wollte beispielsweise eine Gruppe von Nachtwanderern das unheimliche Wimmern einer Frau gehört haben. Und zwar genau aus der Richtung, wo das furchtbare Verbrechen verübt worden war. Und ein anderes Mal lagen an dieser Stelle ein Dutzend Rehe, die ohne erkennbare Ursache gestorben waren.«

Peter erschauerte. »Schon allein der Gedanke daran lässt mein Blut gefrieren!«

»Ich höre ja schon auf. Dennoch solltest du wissen …« Abrupt blieb Bob stehen. Er kniff die Augen zusammen und starrte vor sich auf den Waldboden.

»Was hast du?«, fragte Peter verunsichert. »Was ist denn da?«

»Halte mal kurz mein Rad.« Mit langsamen Schritten näherte sich Bob einer Erdvertiefung, bückte sich und zog einen eckigen Gegenstand daraus hervor. Aus der Entfernung meinte Peter eine Aktentasche zu erkennen. Er drehte seinen Fahrradlenker so, dass die Lampe in Bobs Richtung schien.

»Sieh dir das an!«

Peter stutzte. »Ein Schulranzen! Was soll das bedeuten?«

»Wollen wir mal nichts Schlimmes hoffen.« Bob begutachtete den Ranzen von allen Seiten und machte sich sogleich daran, die Schnallen zu öffnen. »Das Ding ist nicht gerade leicht. Scheint prall gefüllt zu sein.« Seine Finger nestelten am Verschluss. Der wasserabweisende Stoff der Schultasche war mit Dutzenden kunterbunten Clowngesichtern bedruckt.

»Der muss einem Grundschüler gehören«, vermutete Peter. »Aber wieso liegt der Ranzen hier im Wald? Da stimmt doch was nicht …«

»Hallo!«, rief Bob in die Dunkelheit. »Ist da wer?«

Die Jungs spitzten angestrengt die Ohren. Aber außer dem leisen Rauschen der Blätter und dem Zirpen der Grillen war nichts zu hören.

»Halloooo!«, rief Bob lauter.

Peter hielt beklommen die beiden Fahrräder fest.

»Nichts …« Auch Bob fühlte sich alles andere als behaglich. Peter schielte auf die Schultasche. »Was, meinst du, ist da drin?«

»Das werden wir gleich wissen.« Bob trat näher an die Fahrradlampe und veränderte den Lichtstrahl so, dass er das Innere der Schultasche beleuchtete. Er öffnete die Tasche und zog mit kribbelnden Fingern einen Stoß Schulhefte hervor. ›Jeremy Scott – Aufsätze – Klasse 3‹, stand in krakeliger Schreibschrift auf dem Etikett.

»Jeremy Scott?«, kramte Peter in seinem Gedächtnis. »Nie gehört!«

Bob blätterte das Heft durch. »Scheint mir eher ein Malbuch zu sein. Sieh dir das an. Da sind fast mehr Zeichnungen als Aufsätze drin!«

»Hexen!«, rief Peter entgeistert. »Auf dem Besen reitend, vor dem Hexenhaus und … auf dem Scheiterhaufen! Alles nur Hexen!«

Bob besah sich eine der Filzstiftzeichnungen näher. »Diese Wesen mit den spitzen Hüten und dem grünen Gesicht scheinen es Jeremy angetan zu haben. Wie durchtrieben die aussehen. Für einen Grundschüler der dritten Klasse gar nicht mal so übel gezeichnet. Dieser Junge hat Talent!«

Auch die anderen Hefte enthielten viele Bilder mit den gleichen Motiven. Nach kurzer Durchsicht ließ Bob sie wieder im Ranzen verschwinden. Als Nächstes nahm er zwei Schulbücher heraus. Er klappte den Deckel auf und zuckte resigniert mit den Schultern. »Kein Name und vor allem keine Adresse verzeichnet. Was haben wir denn noch da drin?«

Nacheinander kamen ein Klarsichtbeutel mit einem angebissenen Pausenbrot, eine Federtasche, zwei Schnellhefter und ein Gameboy zum Vorschein. Bob blickte Peter fragend an, dann packte er alles in den Ranzen zurück.

»Am besten geben wir den bei der nächsten Polizeidienststelle ab. Die Beamten können Jeremy Scott mit Sicherheit schnell ausfindig machen und ihm den Ranzen zurückbringen.«

»Aber Bob!« Peter senkte die Stimme. »Wenn da ein Verbrechen vorliegt … Ich meine, wer verliert im Wald einen Schulranzen …?«

»Du sprichst ja beinahe schon wie Justus«, blockte Bob ab. Er meinte damit ihren gemeinsamen Freund, den Anführer ihres Detektivclubs ›Die drei ???‹. Zu dritt hatten die Jungen schon eine Reihe mysteriöser Fälle aufgeklärt, bei denen sie der Polizei meist um etliche Nasenlängen voraus waren. »Wahrscheinlich ist alles ganz harmlos. Dieser Jeremy wird heute Nachmittag mit seinen Freunden hier gespielt und im Eifer des Gefechtes seinen Ranzen vergessen haben.«

»Wäre schön, wenn es so wäre. Aber Klarheit werden wir erst haben, sobald …«

Plötzlich zerriss ein unheimliches Kichern in krächzender Tonlage die Stille des Waldes. Augenblicklich erstarrte Peter zur Salzsäule und auch Bob fuhr entsetzt zusammen.

»Was … was war das?«

Stromstoß

Bob löste sich als Erster aus der Erstarrung. Er deutete auf eine schmale Außentasche an der Seite des Ranzens, aus deren Öffnung ein grünliches Licht schimmerte. Und wieder ertönte das Kichern. Es klang wie das hämische Lachen einer Greisin. »Moment, das haben wir gleich!« Zielstrebig öffnete der dritte Detektiv den Klettverschluss und zog einen phosphoreszierenden Gegenstand hervor.

»Ein Handy!«, rief Peter überrascht. »Ein kicherndes Handy!«

»Wahnsinn!« Bob begutachtete die blinkende Tastatur des eigenartigen Mobiltelefons. »Das übliche Klingeln wird wohl bei diesem Modell durch ein Gekicher ersetzt!«

»Dann ruft gerade jemand an! Geh schon ran und melde dich!«

Flink drückte Bob auf die On-Taste und presste das leuchtende Handy ans Ohr. »Bob Andrews hier!«

»Bob Andrews?«, wiederholte eine irritierte Frauenstimme. »Ich will meinen Sohn Jeremy sprechen!«

»Der … der ist momentan nicht hier …«, stammelte Bob.

»Was soll das heißen?«, erwiderte die Anruferin. »Wo ist er?«

»Das wüssten wir auch gern, Mrs Scott. Mein Freund Peter und ich befinden uns in den Santa Monica Mountains. Genauer gesagt in der National Recreation Area. Hier im Wald fanden wir gerade einen Schulranzen. Er lag im Gebüsch, aber von Ihrem Sohn ist weit und breit nichts zu sehen. Wir hatten vor, den Ranzen bei der nächsten Polizeidienststelle abzugeben, da klingelte – oder besser gesagt kicherte – dieses merkwürdige Handy und Sie waren dran!«

»Um Himmels willen!« Mrs Scotts Stimme bebte. »Ich warte schon seit Stunden auf meinen Sohn. Er wollte nach der Schule noch kurz ans Meer zum Baden und hat mir hoch und heilig versprochen, zum Abendessen um achtzehn Uhr zu Hause zu sein. Jetzt ist es bereits zwanzig Uhr! Wo … wo ist mein Sohn?«

»Ich sage es nicht gern, Madam, aber ich halte es für das Beste, die Polizei zu verständigen«, empfahl Bob mit einem flauen Gefühl im Magen.

»Das werde ich sofort tun! Bitte bleibt da, wo ihr seid. Ich rufe gleich zurück!«

Es knackte im Hörer. Bob drückte die Off-Taste, ließ das seltsame Handy in seiner Jackentasche verschwinden und sah Peter betroffen an. »Du hast recht gehabt. Da ist irgendetwas Merkwürdiges vorgefallen.« In knappen Sätzen schilderte er seinem Freund Mrs Scotts Äußerungen.

Peter erschauerte. »Und wieder stecken wir drin im Schlamassel! Was machen wir denn jetzt?«

»Nachsehen, ob irgendwelche Spuren zu sehen sind.« Mit geübtem Griff klemmte Bob die batteriebetriebene Fahrradlampe von Peters Lenker und ging langsam, mit dem Strahl den Boden absuchend, auf die Erdmulde zu, in der Jeremys Ranzen gelegen hatte. Peter lehnte die Räder an einen Baum und folgte ihm zögernd.

»Und? Ist da was?«

»Hier liegt alles voller Laub. Auf den ersten Blick ist nicht festzustellen, ob hier eventuell ein Kampf stattgefunden hat.«

»Ein Kampf?« Peter fröstelte. »Dann meinst du, Jeremy ist möglicherweise … entführt worden?«

»Wir können es zumindest nicht ausschließen. Doch vielleicht stellt sich die ganze Angelegenheit auch als völlig harmlos heraus. Wer weiß, ob Jeremy nicht in diesem Moment an seiner Haustür klingelt und sich kleinlaut für seine Verspätung entschuldigt.«

Plötzlich begann Peter zu flüstern. »Bob!«

»Was ist denn?«

Peter ließ seine Blicke ängstlich in der Dunkelheit umherkreisen. »Ich habe so ein eigenartiges Gefühl … Mir ist so … als würde uns jemand die ganze Zeit beobachten!«

»Hör auf zu spinnen, Peter! Das bildest du dir ein!«

Unerwartet ertönte das schrille Kichern wieder! Bob zuckte erschrocken zusammen. »Mann, an dieses Klingelzeichen werde ich mich so schnell nicht gewöhnen! Das wird Mrs Scott sein.« Er griff in seine Jackentasche und zog das Handy hervor. »Bob Andrews am Apparat!«

»Polizeidienststelle Santa Monica«, meldete sich eine scharfe Männerstimme. »Wir wurden soeben von Mrs Scott informiert, dass Sie in der Recreation Area auf einen Schulranzen gestoßen sind, dessen Eigentümer bis jetzt nicht zu Hause eingetroffen ist.«

»Das ist richtig«, bestätigte Bob. »Spuren einer gewaltsamen Entführung sind uns jedoch nicht aufgefallen. Der Ranzen lag in einer Erdkuhle und …«

»Das würden wir gerne selbst überprüfen, junger Mann!«, fiel ihm der Beamte unfreundlich ins Wort. »Nennen Sie uns bitte Ihren genauen Standort und warten Sie dort auf uns. Zwei meiner Kollegen werden in wenigen Minuten dort eintreffen. Wir benötigen Ihre Aussage für das Protokoll.«

Bob gefiel der harte Befehlston des Polizisten ganz und gar nicht. Doch er schluckte seinen Ärger herunter und gab dem Beamten die nötigen Informationen.

Die beiden Detektive mussten sich nicht lange in Geduld üben. Nach etwa zehn Minuten näherten sich zwei grelle Scheinwerfer. Die Polizisten, die kurz danach mit Taschenlampen ausgerüstet aus dem Wagen stiegen, musterten die beiden Jungen eingehend, besichtigten dann die Fundstelle des Ranzens und nahmen die Aussagen zu Protokoll.

Neugierig wandte sich Peter einem der Männer zu, nachdem dieser nach zahllosen Fragen endlich sein Notizbuch zuklappte. »Wie geht es denn jetzt weiter? Wird jetzt eine Großfahndung nach Jeremy eingeleitet?«

Der Beamte schüttelte den Kopf. »So schwer es auch für seine Eltern sein wird, aber eine Vermisstenmeldung kann erst nach vierundzwanzig Stunden ausgerufen werden. Oftmals finden sich die Verschwundenen binnen dieser Frist wohlbehalten wieder zu Hause ein. Sollte Jeremy jedoch bis morgen Abend nicht aufgetaucht sein, was wir alle nicht hoffen wollen, wird die Sache ernst.«

»Aber falls nun doch ein Verbrechen vorliegt«, fragte Bob mit Nachdruck, »ist es da nicht unverantwortlich, die Zeit einfach so verstreichen zu lassen?«

»Schreibt einen Brief an den Präsidenten, Kinder.« Der Polizist schob seine Mütze tiefer in die Stirn. »Wir sind für das Gesetz nicht zuständig.« Er griff nach dem Schulranzen und beförderte ihn auf den Rücksitz des Polizeiwagens.

»Wie sieht’s mit euch aus, Jungs?«, erkundigte sich der andere Polizist. »Sollen wir euch nach Hause fahren? Es läge nicht in unserem Interesse, wenn in dieser Nacht noch zwei weitere Kinder spurlos von der Bildfläche verschwinden würden.«

»Danke für das Angebot«, winkte Bob ab. »Aber wir fahren lieber mit unseren Rädern.«

Peter wollte gerade protestieren, als ihn Bob unauffällig in die Seite knuffte. Darum wartete er, bis die Polizisten davongefahren waren, um seinem Ärger Luft zu machen. »Kannst du mir mal erklären, weshalb du das Angebot ausgeschlagen hast?«, wetterte er mit blitzenden Augen. »Oder hast du etwa vergessen, dass mein Vorderreifen einen Platten hat?«

»Nun hör schon auf zu schimpfen!«, verteidigte sich Bob. »Wenn du auch nur über eine klitzekleine Prise Stolz verfügen würdest, wäre dir klar, weshalb ich abgelehnt habe, nach Hause befördert zu werden.«

Peter verschränkte die Arme. »Ich höre!«

»Die beiden haben uns doch überhaupt nicht ernst genommen und wie zwei Kleinkinder behandelt!«

In dem Moment schrie Bob entsetzt auf und fasste sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Brust!

Der allerneuste Schrei

»Bob! Verdammt, was ist denn los?« Sofort ließ Peter sein Rad zu Boden fallen und eilte seinem Freund zu Hilfe.

»Keine Sorge …«, stieß Bob stammelnd hervor. »Ich … ich bin okay. Glaube ich zumindest.« Schwer atmend und mit zittrigen Fingern zog er das phosphoreszierende Handy aus der Brusttasche seines Jeanshemdes. »Dieses verflixte Ding hat mir gerade einen saftigen Stromstoß verpasst!«

»Wie … wie kann das angehen?«

»Frag mich bitte etwas Leichteres.« Neugierig betrachtete Bob das Handy von allen Seiten, bis sich seine Miene nach einem Blick auf das Display plötzlich erhellte. »Aha!«

»Wieso hast du das Handy eigentlich nicht den Polizisten ausgehändigt?«

»Hab ich in der Aufregung vergessen, Peter!« Bob wies mit dem Finger auf das Display. »Sieh dir das an! Da hat uns jemand eine Nachricht geschickt!«

»Eine SMS?« Peter hob sein Mountainbike vom Boden auf. »Die ist wohl eher für Jeremy als für uns.«

»Das werden wir gleich wissen.« Flink tippte Bob auf einige Tasten. »Auf jeden Fall wurde der Stromstoß durch die SMS ausgelöst. Er sollte signalisieren, dass eine Mitteilung eingegangen ist. Ziemlich makaber, durch so hohe Spannung erschreckt zu werden, und gewiss kein geeignetes Spielzeug für jemanden, der einen Herzschrittmacher trägt!«

»Was steht denn nun in der Nachricht?«, erkundigte sich Peter ungeduldig.

Während Bob die SMS las, runzelte er die Stirn, dann reichte er das Handy an Peter weiter.

»Häh? Was hat denn das zu bedeuten?« Fragend blickte er auf das Display, auf dem nur drei Ziffern abgebildet waren. »Sechs, sechs, sechs!«

»Oder sechshundertsechsundsechzig«, fügte Bob tonlos hinzu. »Da erlaubt sich jemand einen derben Spaß mit uns.«

»Oder mit Jeremy«, erinnerte Peter nochmals. »Trotzdem scheine ich gerade gehörig auf dem Schlauch zu stehen. Was soll an den drei Ziffern witzig sein?«

»Das Gegenteil ist der Fall.« Bob hob die Augenbrauen. »Viel weiß ich darüber nicht. Doch so weit ich informiert bin, verheißen drei Sechsen in der Zahlenmythologie nichts Gutes, Peter. Es ist eines der allgemein bekannten Symbole für die Existenz des Teufels. Die Wurzeln reichen bis ins frühe Mittelalter zurück und haben bis in die heutige Zeit bei den Anhängern der Schwarzen Magie an Faszination nichts verloren.«

»Anhänger der schwarzen Magie?« Peter wurde bleich. »Bob! Die vermeintliche Hexe, die hier vor zwanzig Jahren von den Verrückten auf dem Scheiterhaufen getötet wurde und deren ruheloser Geist noch immer herumirren soll … Meinst du nicht, dass sie uns vielleicht die SMS …«

»Nun hör schön auf!«, fiel Bob ihm erregt ins Wort. »Wie sollen Tote in der Lage sein, ein Handy zu bedienen? Und mal ganz davon abgesehen, dass wir an solch einen Unsinn nicht glauben: Wie sollte die Verstorbene über die heutige Technik Bescheid wissen? Vor zwanzig Jahren kam gerade mal der Walkman auf den Markt.«

»Das ist mir völlig egal! Irgendetwas geht hier nicht mit rechten Dingen zu und ich bin ganz und gar nicht erpicht darauf, in diesem dunklen Waldstück mit dir über die Existenz von Geistern, Hexen und Satansanhängern zu diskutieren! Ich will nur weg hier!«

Ein Knacken im Gebüsch ließ Peter ruckartig herumfahren. Seine Nackenhaare richteten sich auf. Er kniff die Augen zusammen, wich erschrocken zurück und prallte gegen Bob. Stammelnd deutete er dabei ins Dickicht. »Da … sieh doch!«

Bobs Herzschlag beschleunigte sich. In etwa zehn Metern Entfernung nahm er zwischen den Bäumen einen huschenden Schatten wahr. Er war sich nicht sicher, glaubte aber die Silhouette einer spitzförmigen Kopfbedeckung erkannt zu haben.

Von Panik getrieben schwang sich Peter auf sein Fahrrad und trat aus Leibeskräften in die Pedale. Doch schon nach kurzer Strecke wurde ihm klar, dass er mit dem platten Vorderreifen auf dem weichen Waldboden nicht schnell genug entkommen konnte. Bob hatte ihn inzwischen überholt. Peter blieb nur eine Chance: Mit einem Satz sprang er aus dem Sattel und rannte, das defekte Fahrrad lenkend, seinem Freund hinterher.

Nachdem sie aus der National Recreation Area entkommen waren, blieben sie keuchend und erschöpft stehen.

Bob schnappte nach Luft. »Hier haben wir nichts mehr zu befürchten.«

»Da war doch was!« Peter sah sich immer wieder um. »Du … du hast es doch auch gesehen, oder?«

»Allerdings!« Bob wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Und jeder, dem wir das erzählen, wird uns für wahnsinnig erklären! Aber ich lege meine Hand dafür ins Feuer: Das, was da durch den Wald huschte und uns beobachtet hat, sah aus … wie eine Hexe!«