Die drei ??? und die Zeitreisende (drei Fragezeichen) - André Minninger - E-Book

Die drei ??? und die Zeitreisende (drei Fragezeichen) E-Book

André Minninger

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Beschreibung

Was hat es mit dem geheimen Zeitreise-Experiment von Quentin Kurtz auf sich? Weshalb wurden er und seine Tochter Aurora vom CIA gesucht? Und wohin verschwanden die beiden vor mehr als 30 Jahren spurlos? Als die drei ??? sich dieses mysteriösen Falles annehmen, scheinen die Gesetze der Logik außer Kraft zu treten: Denn plötzlich steht die verschollene Aurora leibhaftig vor ihnen - ohne auch nur einen Tag gealtert zu sein ...

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und die Zeitreisende

erzählt von André Minninger

Kosmos

Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin

Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele

weitere Informationen zu unseren Büchern,

Spielen, Experimentierkästen, Autoren und

Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2021, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur

ISBN 978-3-440-50506-9

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Insektenstachel

»Das perfekte Verbrechen gibt es nicht!« Mit übertriebener Geste deutete die Inspektorin auf den runden, wurmstichigen Holztisch in der Mitte der Bibliothek und genoss ihren Auftritt allzu offensichtlich. Auf dem Tisch befand sich unter einem umgestülpten Weinglas eine Wespe. Auffällig groß und leblos. Die anderen Anwesenden, vier weitere Personen, hatten sich um den Tisch versammelt und lauschten gespannt den Erläuterungen der stark geschminkten Frau mit den markanten, beinahe maskulin wirkenden Gesichtszügen.

»Rufen wir uns das Geschehen vom letzten Sonntag in unser Gedächtnis zurück.« Aus der Innentasche ihres Jacketts zog die Inspektorin einen kleinen Notizblock hervor und rückte dann ihre Brille zurecht. »Ich habe mir genau notiert, zu welchem Zeitpunkt wir auf der Sonnenterrasse von Mrs Brownie zusammengekommen waren: exakt um sechzehn Uhr zwanzig. Ich stand nämlich direkt hinter dem Korbsessel, in dem die besagte Dame saß, und hatte daher die Kirchturmuhr, die man von dieser Position aus hinter den Bäumen deutlich sehen konnte, gut im Blick.«

»Nun spannen Sie uns doch nicht so unnötig auf die Folter, Inspektor«, drängte Mrs Folder, eine korpulente Dame in fortgeschrittenem Alter. Ihr breitkrempiger Sonnenhut sah aus wie das Accessoire einer Hollywood-Diva aus alten Zeiten und verlieh ihr einen Hauch mondänen Glamours.

Mr Finger, ein schmächtiger, in ein luftiges weißes Dinnerjacket gekleideter Herr, streckte seinen Zeigefinger belehrend in die Höhe. »Müsste die korrekte Anrede nicht ›In-spektorin‹ heißen?«, warf er schulmeisterlich in den Raum, während er seiner Vorrednerin einen missbilligenden Blick zuwarf.

»Lassen wir die Wortklauberei«, entgegnete die Inspektorin großzügig. »Die Emanzipation darf meinetwegen auf höherer Ebene stattfinden. An erster Stelle steht für mich die Überführung des Mörders, der in diesem Fall wirklich gerissen vorgegangen ist. Er schaffte es nämlich, es so aussehen zu lassen, als sei Mrs Brownie an den Folgen eines Wespenstichs – gegen dessen Gift sie höchst allergisch war – verstorben.« Wieder deutete sie auf das umgestülpte Weinglas. »Aber dem war nicht so. Es war Mord!«

»Und was veranlasst Sie zu dieser Behauptung?«, mischte sich nun Doktor Hopper in die Erläuterungen ein. »Ich selbst habe die Obduktion der Verstorbenen vorgenommen. In ihrem Blut fanden sich nachweislich die Spuren des tückischen Wespengiftes.«

Die Inspektorin warf dem Doktor einen abschätzigen Blick zu. »Das bestreite ich auch gar nicht. Fakt ist nur, dass die arme Mrs Brownie nicht durch den Stich dieser Wespe zu Tode kam.«

»Soll das ein Witz sein?«, empörte sich Mr Folder, der Bruder der Verstorbenen. »Ich sah, wie das Insekt angeflogen kam und sich im Nacken meiner Schwester niederließ. Und da ich wusste, dass sich die arme Peggy in diesem Moment wegen ihrer Allergie in Lebensgefahr befand, reagierte ich sofort und beförderte das Tier mittels eines gezielten Schlags ins Jenseits. Das war ja wohl auch meine verdammte Pflicht! Allerdings muss diese miese Kreatur leider doch bereits vorher zugestochen haben.«

»Das ist zumindest das, was Sie uns glauben machen wollten. Aber das tödliche Gift kann unmöglich von dem Insekt hier auf dem Tisch stammen, da ich das Tier direkt nach der Abholung von Mrs Brownies Leiche einsteckte und im Labor einer eingehenden Prüfung unterziehen ließ. Das Ergebnis ist eindeutig: Das vermeintliche Corpus Delicti enthielt noch sein gesamtes Gift. Da das Insekt also nachweislich nicht zugestochen hat, muss das Gift, das zu Mrs Brownies Tod führte, ihr auf eine andere Weise verabreicht worden sein.«

»Das ist doch blanker Unsinn! Sie alle haben gesehen, wie das Vieh sie anflog und ich es erledigt habe!«

»Ich für meine Person habe nirgends eine Wespe herumschwirren sehen, obwohl ich in unmittelbarer Nähe stand«, fuhr die Inspektorin unbeirrt fort. »Und ich denke, dass auch sonst keiner der hier Anwesenden etwas Derartiges bemerkt haben dürfte, Mr Folder. Ach übrigens: Wo befindet sich eigentlich der auffällige Siegelring, den sie während des tragischen Vorfalls am Ringfinger ihrer rechten Hand trugen?« Sie blickte ihn lauernd an.

»Bitte?!« Mit einer auffällig unauffälligen Bewegung vergrub der Angesprochene die Hände in den Taschen seines Jacketts. »Der … der ist mir vor ein paar Tagen abhandengekommen, nachdem ich ihn vor einem Bad im Swimmingpool des Hotels auf meiner Liege abgelegt hatte.«

Die Augen der Inspektorin verengten sich: »Wie schade! So ein schöner Ring! Dann werden Sie dieses kostbare Schmuckstück ja sicher schmerzlichst vermissen. Haben Sie denn bereits Anzeige erstattet?«

»Dazu bin ich bei all dem Trubel leider noch nicht gekommen«, entgegnete Mr Folder in einem nicht sehr überzeugenden Tonfall. »Aber das sollte ich tatsächlich umgehend in die Wege leiten, Sie haben absolut recht!«

Mr Folders Ehefrau machte eine anklagende Geste. »Was um alles in der Welt bezwecken Sie mit Ihren kryptischen Anmerkungen meinem Mann gegenüber?«, zischte sie mit scharfer Zunge. »Der Ring meines Gatten hat Sie nicht im Geringsten zu interessieren!«

Die Inspektorin lächelte gelassen. »Es ist allzu verständlich, dass Sie Ihrem Mann so beherzt zur Seite stehen, Teuerste – zumal er Sie gestern Abend ins Vertrauen gezogen und Ihnen angekündigt hat, den angeblichen Verlust des Ringes der Versicherung zu melden, obwohl dieser in Wahrheit gar nicht abhandenkam.«

»Was?!« Augenblicklich wich Mrs Folder sämtliche Farbe aus dem Gesicht und ihre Augenlider begannen nervös zu flattern. »Wie kommen Sie denn auf diesen Unsinn?«

»Ihnen beiden scheint nicht bewusst zu sein, wie hellhörig die Zimmer dieses Etablissements sind«, entgegnete die Inspektorin. »Und da ich direkt neben dem Ihren logiere, konnte ich Ihr gestriges Wortgefecht in allen Einzelheiten mitverfolgen.«

Mr Finger horchte interessiert auf. »Was kommt denn jetzt?«

»Die hitzige Debatte begann, weil Mrs Folder das Fehlen des Siegelringes an der Hand ihres Gatten bemerkte. Da er ihn anscheinend seit Jahren niemals abgelegt hatte, forderte sie von ihm eine plausible Erklärung für das plötzliche Verschwinden.«

»Und wie lautete seine Erklärung?«, wollte Mr Finger wissen, obwohl er die Ausführungen der Inspektorin in keinster Weise in einen Zusammenhang mit Mrs Brownies Tod bringen konnte.

»Nun, Mr Folder weihte seine Gattin in sein Vorhaben ein, den Ring der Versicherung gegenüber als gestohlen melden zu wollen, um die finanziellen Probleme des Paares durch die Versicherungssumme auszugleichen.«

»Ein schäbiger Versicherungsbetrug?«, kommentierte Doktor Hopper verächtlich, während er auf die Bar zuging und sich einen doppelten Bourbon einschenkte.

»So sollte es zumindest aussehen«, kam die Inspektorin nun zum ausschlaggebenden Punkt ihrer Ausführung. »Tatsächlich aber dient Mr Folders zweifelhafte Geschichte, er habe den Ring verschwinden lassen, um einen Versicherungsbetrug zu begehen, einem ganz anderen Zweck: nämlich dem Versuch zu vertuschen, dass dieses Schmuckstück mit dem Tod seiner Schwester in unmittelbarer Verbindung steht.«

Die Frau des Beschuldigten glaubte sich verhört zu haben. »Wie meinen Sie das?«

»Eine exakte Antwort kann ich Ihnen erst geben, wenn die Polizisten in Ihrem Zimmer gefunden haben, was zu suchen ich sie beauftragt habe«, entgegnete die Inspektorin ausweichend.

Wie aufs Stichwort betraten in dem Moment zwei Polizisten die Bibliothek und gingen zielstrebig auf die Inspektorin zu.

»Erfolg auf ganzer Linie!«, strahlte einer der Beamten, reichte seiner Chefin ein kleines Kästchen und verließ umgehend mit seinem Kollegen wieder die Bibliothek.

»Ausgezeichnet«, lobte diese und machte sich sogleich daran, den Inhalt des Kästchens zu begutachten. Triumphierend präsentierte sie zum Erstaunen der Anwesenden Mr Folders vermissten Siegelring.

Einzig Doktor Hopper schien das kaltzulassen. »Bravo«, kommentierte er trocken. »Dann ist es Ihnen ja wirklich gelungen, diesen schäbigen Versicherungsbetrüger zu entlarven. Den mysteriösen Tod von Mrs Brownie klärt dies aber keineswegs auf.«

»Langsam, langsam«, entgegnete die Inspektorin vielsagend. »Denn nun werde ich allen Anwesenden erklären, weshalb ich die Beamten nach dem Siegelring habe suchen lassen.« Erneut deutete sie auf das umgestülpte Weinglas. »Wie ich bereits ausgeführt habe, stammt das tödlich Gift nicht vom Stich der vor uns liegenden Wespe. Vielmehr hielt Mr Folder, als er zur Tat schritt, das tote Insekt bereits in seiner geschlossenen Hand, an deren Ringfinger er auch den Siegelring trug. Dieser lässt sich durch ein Scharnier an der Seite öffnen.« Zur Demonstration nahm sie das Schmuckstück zwischen Daumen und Zeigefinger und klappte dann mit der anderen Hand die Oberseite des protzigen Siegels auf. Eine spitze Nadel schnellte hervor.

Den Anwesenden entwich ein überraschtes Raunen.

»Mr Folder drehte unauffällig den Ring in Position«, fuhr die Inspektorin fort, »rief laut: ›Vorsicht!‹, und stach die Nadel, die er mit Wespengift präpariert hatte, in den Nacken seiner Schwester. Die tote Wespe aus seiner Hand legte er dann vor uns auf den Tisch, um uns alle glauben zu lassen, dass der Insektenstich die Ursache von Mrs Brownies Ableben gewesen sei.«

»Sie kommen sich wohl wie Sherlock Holmes vor, wie?« Blitzschnell zog Mr Folder einen Revolver aus seiner Tasche. Reihum zielte er damit auf die Anwesenden, die erschrocken zurückwichen. Dann sprang er unerwartet auf Mr Finger zu, nahm den schmächtigen Mann hinterrücks in den Schwitzkasten und presste ihm den Revolver an die rechte Schläfe.

»Eine falsche Bewegung von irgendjemandem, und diese dürre Bohnenstange ist ein toter Mann!«, stieß er drohend hervor, während er sich rückwärtsgehend mit seiner Geisel der Eingangstür neben dem Tresen näherte.

»Geben Sie doch auf, Mr Folder«, versuchte ihn die Inspektorin zur Einsicht zu bewegen. »Sie haben absolut keine Chance! Das ganze Hotelareal ist längst von Polizisten umstellt. Sie machen damit alles nur noch schlimmer!«

Doch der entlarvte Mörder schien zu allem entschlossen. Eiskalt blickte er in die entsetzte Runde und lachte verächtlich. »Ich lasse mir von euch nicht dazwischenfunken! Alles oder nichts! Und falls doch jemand versuchen sollte, mich aufzuhalten, knips ich ihm gnadenlos das Lebenslicht aus! Kapiert? Außerdem habe ich –«

WUMMS!

Schwungvoll hatte sich Doktor Hopper, der sich gerade erst an der Bar einen weiteren Drink eingeschenkt hatte, Mr Folder von hinten genähert und ihm mit der halb vollen Whiskyflasche auf die Hand geschlagen. Durch die Wucht des Aufpralls entglitt dem Verbrecher die Waffe, schlitterte quer über den Boden und verschwand zwischen den geschnörkelten Standfüßen einer Kommode. Geistesgegenwärtig hechtete die Inspektorin hinterher, bückte sich rasch und holte die Pistole unter dem Möbelstück hervor. Dann zielte sie auf Mr Folder und schoss dem entsetzten Verbrecher zielgerichtet ins Bein.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht ließ dieser von seiner Geisel ab und sank ächzend zu Boden.

»Guter Schlag, Doktor!« Die Inspektorin warf dem Arzt einen anerkennenden Blick zu. »Dank Ihres glorreichen Eingreifens haben Sie mir und meinen Kollegen weitere Maßnahmen erspart, sodass der Fall nun gelöst ist und ich tatsächlich noch rechtzeitig meiner Verabredung zum Candlelight-Dinner nachkommen kann! Doch zuvor genehmige ich mir einen kleinen Siegestrunk!« Schmunzelnd tänzelte sie an den Bartresen, goss sich aus einer Karaffe einen üppigen Sherry ein und leerte den Inhalt des Glases mit einem Zug. »Köstlich!«, kommentierte sie anschließend. »Das Zeug hat es in sich und schmeckt mörderisch gut!«

Nach diesen Worten trat sie an den Bühnenrand und wandte sich nun direkt an das gebannte Publikum des voll besetzten Theatersaals. »Ich weiß leider nicht, was Sie heute noch so alles vorhaben, verehrte Gäste, daher möchte ich mich kurz fassen: Sollte Ihnen diese Aufführung gefallen haben, dann empfehlen Sie uns doch bitte an Ihre Freunde, Verwandten und Bekannten weiter! Doch falls wir mit unserem Kriminalstück Ihre Erwartungen nicht erfüllen konnten, erweisen Sie uns die Ehre und behalten Sie es diskret für sich!«

In diesem Moment erklang Musik und der rote Theatervorhang schloss sich – um sich kurz darauf unter tosendem Publikumsapplaus wieder zu öffnen. Nun stand das gesamte Schauspielensemble in einer Reihe in der Kulisse und verbeugte sich nacheinander vor den Besuchern. Die Menge war begeistert und klatschte sich die Hände wund, während Fotografen nach vorne eilten und ein wahres Blitzlichtgewitter entfachten.

Die drei ??? waren an diesem Premierenabend ebenfalls anwesend. Ihre Plätze befanden sich am Rand der sechsten Reihe. Bei Peter Shaw hielt sich die Euphorie jedoch in Grenzen. Mit einem skeptischen Gesichtsausdruck wandte er sich seinen Freunden zu. »Das Publikum ist ja völlig aus dem Häuschen, Leute. Aber mal ehrlich: Könnt ihr das nachvollziehen? Das Bühnenbild war erstklassig! Aber der Rest …?« Missmutig rümpfte er die Nase.

»Nun hör schon auf, Zweiter«, raunte ihm Bob Andrews zu. »Auch wenn ich ehrlich froh bin, dass unser Detektivunternehmen zum Glück schon weitaus anspruchsvollere Fälle gelöst hat!«

»Ganz deiner Meinung, Bob!«, ließ Justus Jonas mit einem kurzen Seitenblick verlauten. »Aber das Theaterpublikum in Rocky Beach scheint sich offensichtlich mit recht wenig zufriedenzugeben. Klatscht trotzdem höflich weiter, Kollegen!« Er wandte seinen Blick wieder der Bühne zu und bemerkte, dass die Darstellerin der Inspektorin, die am linken Ende der Reihe stand, mit panischem Gesichtsausdruck direkt in seine Richtung blickte. Mehr noch: Sie schien ihn geradewegs mit ihren Augen zu durchbohren! Im selben Moment begann sich der Vorhang erneut zu schließen. Kurz bevor die linke Vorhanghälfte die Schauspielerin verdeckte, registrierte der Erste Detektiv allerdings noch, dass sie plötzlich kreidebleich wurde und leblos zu Boden sackte.

Premierenfieber

Das Publikum klatschte unaufhörlich weiter.

Justus aber boxte Bob aufgeregt in die Seite. »Hast du das gerade mitbekommen, Dritter?«

»Natürlich!«, gab dieser zurück. »Sicher ein Kreislaufkollaps! Premieren sollen für einige Schauspieler ja der absolute Horror sein!«

Peter war gerade im Begriff, sich ebenfalls zu dem besorgniserregenden Vorfall zu äußern, als die Vorhanghälften erneut zur Seite schwangen und den Blick auf die Bühne wieder freigaben. Das Ensemble verbeugte sich erneut, so als wäre nichts vorgefallen – ein entscheidendes Detail aber hatte sich verändert.

»Die Inspektorin ist nicht mehr dabei!«, entwich es Justus überrascht. »Wie hat man sie denn in diesen wenigen Sekunden unbemerkt von der Bühne geschafft?«

Noch zwei weitere Male wurde der Vorhang geschlossen und wieder geöffnet. Dann endete die Musik, im Zuschauerraum ging das Licht an, der Applaus verebbte schlagartig und die Besucher erhoben sich von ihren Plätzen und verließen den Saal.

»Die haben es aber plötzlich eilig. Außer uns hat anscheinend keiner was vom Zusammenbruch der Hauptdarstellerin mitbekommen«, bemerkte Peter und blickte irritiert den Theatergästen hinterher, die wie von einem Magneten angezogen auf die beiden Ausgänge des Saales zuströmten. »Warum denn so eine Hektik? So spät ist es doch noch gar nicht!«

»Allzu oft bist du bei Theaterpremieren wohl nicht dabei, oder?«, entgegnete Bob ironisch. »Draußen im Foyer warten jetzt Schnittchen und Gratissekt. Das will sich natürlich keiner entgehen lassen!«

»Ach!? Gut zu wissen!«, feixte Peter. »Was machen wir dann noch hier? Auf zum großen Fressen!«

»Macht es euch nicht stutzig, wie überraschend schnell der Vorfall von dem Ensemble unter den Teppich gekehrt wurde, Kollegen?«, warf Justus ein. »Überlegt doch mal: Eine Darstellerin wird plötzlich ohnmächtig und kippt um, der Vorhang schließt sich, geht wieder auf und schon ist sie von der Bühne verschwunden.«

»Und der Rest des Ensembles lässt sich mit einem Hollywood-Lächeln weiterhin beklatschen, als wäre nicht das Geringste passiert!«, fügte Bob hinzu.

»Vielleicht hat der Rest der Truppe ja gar nichts von dem Vorfall mitbekommen. Die waren alle so im Premierenfieber, haben im Applaus gebadet und ins Publikum gestrahlt!«

Justus runzelte die Stirn. »Das halte ich für recht unwahrscheinlich, Zweiter. Ganz zufällig habe ich, nachdem sich der Vorhang wieder geöffnet hatte und die Inspektorin plötzlich verschwunden war, auf die andere Schauspielerin geachtet.«

»Welche andere Schauspielerin denn?«, horchte Bob interessiert auf.

»Die in dem Stück die Frau des Mörders gespielt hat: Mrs Folder. Sie war während der ersten Verbeugung bei der Inspektorin untergehakt und somit muss zumindest sie den Zusammenbruch mitbekommen haben. Im wahrsten Sinne des Wortes hautnah. Dennoch ließ auch sie sich nichts anmerken und lächelte breit und professionell ins Publikum! Für mein Gefühl stimmt da etwas nicht und ich sehe nur eine Möglichkeit, Klarheit über diesen äußerst seltsamen Vorfall zu erlangen.«

»Wir müssen hinter die Bühne!« Entschlossen erhob sich Bob von seinem Platz und ließ seinen Blick durch den Theatersaal wandern. Außer den dreien hielt sich hier niemand mehr auf. »Und ich empfehle den einfachsten und unkompliziertesten Weg: direkt durch den Vorhang!«

»Du nimmst mir die Worte aus dem Mund, Bob!«, lobte Justus. Er war gerade im Begriff, auf die kleine Treppe zuzusteuern, die auf der linken Seite zur Bühne hinaufführte, als vom Ausgang des Saales unerwartet eine laute Stimme ertönte.

»Würdet ihr jetzt bitte auch hinausgehen? Wir wollen hier sauber machen!«

Die drei Detektive fuhren überrascht herum. Zwei junge Männer hatten den Saal betreten und schoben einen großen Putzwagen vor sich her.

»Aus, Leute!«, raunte Peter seinen Freunden resigniert zu. »Das war’s dann wohl mit unserem Vorhaben. Es sei denn, einer von euch hat eine weitere Strategie parat.«

Justus ließ sich von dem Eintreffen des Reinigungskommandos keineswegs aus der Fassung bringen. Zielstrebig ging er zum Ausgang des Theatersaales hinüber und führte seine beiden Freunde mit sich. »Es gibt andere Mittel und Wege, unseren Plan in die Tat umzusetzen, Kollegen. Mir nach!«

Ohne weitere Fragen zu stellen, folgten Peter und Bob ihrem Freund, der sie über einen kurzen Garderobenflur direkt ins Foyer führte. Hierhin hatte sich die Menge der Premierengäste begeben, um sich über das üppige Buffet herzumachen, das auf einem lang gestreckten Bartresen errichtet war.

Unmengen von Spiegeln, Säulen und dunkelroten Vorhängen ließen die Halle eher wie einen Ballsaal erscheinen. Hoch oben hing in der Mitte der Decke ein gigantischer Kronleuchter mit mindestens zweihundert hell leuchtenden Glaskerzen.

Die drei Detektive sahen sich um und Justus erspähte augenblicklich einen Stand, an dem ein Grillmeister mit einer Zange verlockend duftende Steaks wendete, die auf einem Rost vor sich hin brutzelten. Instinktiv verspürte Justus den unwiderstehlichen Drang, sich in die Reihe der hungrigen Gäste zu stellen, doch Bob schien seinen Gedanken erraten zu haben und zog ihn vehement zurück. »Nichts da, Erster! Ich weiß genau, wonach dich jetzt gelüstet, aber wir haben hier zuerst eine Mission zu erfüllen!«