Die drei ??? Im Reich der Vampire (drei Fragezeichen) - André Minninger - E-Book

Die drei ??? Im Reich der Vampire (drei Fragezeichen) E-Book

André Minninger

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Beschreibung

Zwei gruselig-spannende Fälle in einem Doppelband: Vampir im Internet: Mit voller Kraft rast der Vampir gegen die Scheibe. Glas splittert, Scherben fliegen durch die Luft. Ein Fledermaus-Monster scheint die Wände seines Käfigs zu sprengen: Das brandneue Computerspiel zieht die drei Detektive aus Rocky Beach in seinen Bann. Begeistert tauchen sie in die virtuelle Welt der Drachen und Monster ein. Doch plötzlich liegt eine tote Fledermaus vor der Tür ihrer Zentrale und ein geheimnisvoller Anrufer bedroht sie. Die Welt des Spiels scheint sich mit der Realität zu vermischen. Justus, Peter und Bob müssen höllisch aufpassen, um den Vampiren nicht zum Opfer zu fallen … Stadt der Vampire: Eine riesige Fledermaus versetzt die Kleinstadt Yonderwood in Angst und Schrecken. Der Großteil der Einwohner hat bereits das Weite gesucht, nachdem einige Menschen mit Bissspuren und einer Menge Blut in ihren Betten erwacht sind. Justus, Peter und Bob haben noch nie an Vampire geglaubt. In diesem neuen Fall jedoch scheint es, als müssten die drei berühmten Detektive aus Rocky Beach ihre Meinung ändern ...

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Seitenzahl: 294

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Im Reich der Vampire

Kosmos

Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin

Umschlaggestaltung von der Peter Schmidt Group, Hamburg,

auf der Grundlage der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele

weitere Informationen zu unseren Büchern,

Spielen, Experimentierkästen, Autoren und

Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2023, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur

ISBN 978-3-440-50609-7

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Vampir im Internet

erzählt von André Minniger

Kosmos

Per E-Mail

Das vor Speichel triefende Maul war bedrohlich weit aufgerissen! Die langen spitzen Reißzähne und die blutunterlaufenen Augen zeigten deutlich, dass es sich bei diesem Monster keinesfalls um ein friedliches Exemplar handelte. Jeder Muskel war auf das Äußerste gespannt. Das Tier schien zum Angriff bereit zu sein, um sein Opfer in Stücke zu reißen. In grellen Farben präsentierte sich das Ungeheuer auf einem großen Plakat an der Wand.

Peter schauderte beim Anblick dieses Horrorwesens. Seine beiden Freunde Justus und Bob hingegen hatten für dieses Fantasiewesen nur ein müdes Lächeln übrig.

Die drei Detektive saßen direkt gegenüber auf einem schwar­zen Ledersofa und warteten voller Spannung auf den Mann, der sie um Punkt siebzehn Uhr erwartete. Er hatte sie in sein Büro im dritten Stock eines Geschäftsgebäudes in der ­Kensington Road bestellt.

Bob rutschte nervös auf dem Ledersofa hin und her und sah sich interessiert um. Dann zog er sein Handy aus der Tasche, schaltete es ein und schaute unruhig auf die Uhr. »Mr Dungeons Sekretärin hat uns zwar mitgeteilt, dass sich unser Termin um einige Minuten ver­zögert, aber mittlerweile ist ihr Vorgesetzter schon fünfzehn Minuten überfällig!« Nervös trommelte er mit dem Fuß auf den originellen Teppichboden, in den alle erdenklichen Computerschriftzeichen eingewebt waren.

»Detektive müssen sich in Geduld üben«, ermahnte der Erste Detektiv seinen Freund Bob und blickte mit leuchtenden Augen auf das schauerliche Monsterplakat. ›Sweet Revenge – Sie werden Ihren Gefühlen nicht trauen‹ lautete die in neongelb gehaltene Bildunterschrift. Offenbar diente es als Teil einer wirkungsvollen Werbekampagne. »Hinsichtlich dieses interessanten Plakats halte ich es für sinnvoll, Mr Dungeons Verspätung ohne Murren zu entschuldigen. Mich beschleicht der Verdacht, dass es sich bei diesem Treffen um eine äußerst reizvolle Sache handelt.«

In diesem Moment wurde die Tür aufgerissen und ein Mann mittleren Alters betrat mit schnellen Schritten den Raum. Hektisch warf er die Tür hinter sich ins Schloss, ehe er mit zum Gruß ausgestreckter Hand auf das Ledersofa zusteuerte.

Die drei Detektive erhoben sich und musterten den Mann eingehend. Er trug einen locker sitzenden Zweireiher, darunter ein helles Hemd, auf dem sich leichte Schweißflecken abzeichneten. Mit einem Ruck löste er die breite Krawatte von seinem Hals. Auf ihr war Onkel Dagobert abgebildet, der in einem Haufen Taler ein erfrischendes Bad nahm.

»Gestatten? Mr Dungeon.« Mit einem breiten Lächeln in seinem braungebrannten Gesicht schüttelte er den Jungen die Hand. Bob registrierte an seinem Handgelenk eine dezente, aber sehr kostbare Armbanduhr.

»Nett, dass ihr meiner Einladung gefolgt seid, Jungs. Nun lerne ich die drei ??? endlich einmal persönlich kennen!« Mr Dungeon drückte auf einen kleinen Wandschalter, der den ­Deckenventilator in Betrieb setzte und sank erschöpft in seinen Schreibtischsessel. Mit einem Seufzer streifte er seine Schuhe ab und bat die Jungs wieder Platz zu nehmen. ­»Verdammte Hitze da draußen! Hat euch Mrs Bushford denn nichts zu trinken angeboten?«

Justus lächelte. »Ihre Sekretärin war sehr zuvorkommend. Aber wir wollten auf Ihr Eintreffen warten.«

Mr Dungeon wischte sich mit einem Taschentuch über die feuchte Stirn. »Entschuldigt bitte die Verspätung, Jungs, aber dieser verdammte Nachmittagsverkehr da draußen macht ein zügiges Vorwärtskommen kaum möglich. Stau! An jeder ­zweiten Straßenecke! Ich werde mir jetzt ein Mountainbike zu­legen. Damit bin ich allen Autofahrern um etliche Nasen­längen voraus. Zumindest im dichten Straßenverkehr.«

»Ein weiser Entschluss«, pflichtete Peter bei.

»Trinkt ihr mit mir ein Wasser?« Ohne eine Antwort abzuwarten, drückte Mr Dungeon auf den Knopf der Sprech­­­­an­lage. »Lili, bring uns doch bitte vier Soda!« Er lehnte sich zurück, atmete tief durch und verschränkte die Arme im Nacken. »Ich möchte euch nicht lange auf die Folter spannen, deshalb eine wichtige Frage gleich vorweg: Seid ihr zur Zeit mit Ermittlungen beschäftigt, oder kann ich eure detektivischen Fähigkeiten für circa eine Woche in Anspruch nehmen?«

»Das kommt ganz auf den Auftrag an.« Justus schlug die Beine übereinander und warf Mr Dungeon einen fragenden Blick zu. »In der Regel treffen wir eine Entscheidung erst dann, nachdem uns unsere Klienten die Sachlage offen dargestellt haben. Wo brennt’s denn?«

»So ist es richtig, Jungs!« Mr Dungeon nickte anerkennend. »Ihr scheint mir die ideale Besetzung für mein Vorhaben zu sein: jung, dynamisch und aufgeweckt! Und wie ich den ­Presseberichten entnehmen konnte, schreckt ihr auch vor Schwierigkeiten nicht zurück. Wobei ich jedoch nicht den Eindruck hatte, dass ihr euch blauäugig in Gefahr begebt. Genau aus diesem Grunde habe ich euch ausgewählt und per E-Mail in mein Büro bestellt!«

In diesem Moment richteten sich die Blicke der drei Detektive zur Tür. Mrs Bushford betrat den Raum und servierte die Erfrischungsgetränke auf einem Tablett. »Kann ich sonst noch etwas für dich tun, Doe?«

»Danke, Lili. Das wär’s vorerst.« Verschmitzt zwinkerte Mr Dungeon seiner Sekretärin zu, als sie das Zimmer verließ.

Durstig setzte Peter das Glas an die Lippen und leerte den ­Inhalt in langen Zügen. »Also, Mr Dungeon, um was für ­einen Auftrag handelt es sich?«

»Kindesentführung«, entfuhr es Mr Dungeon knapp. Seine Lippen verengten sich zu einem Strich. »Ohne die geringste Vorwarnung wurde Trulies Säugling geraubt! Urplötzlich war durch das geschlossene Fenster ein Wesen in den Raum gestürzt, das keine Ähnlichkeit mit einem Menschen hatte. Es hatte das Kind aus der Wiege gerissen und war mit ihm durch das zersplitterte Fenster geflohen. Die Amme hatte daraufhin einen Nervenzusammenbruch erlitten.«

»Sie … Sie machen Scherze.« Entsetzt stellte Peter sein leeres Glas auf dem kleinen Couchtisch ab.

»In Europa wird diese Kreatur als Ghul bezeichnet. Die Bewohner der Karpaten haben ihn schon des öfteren bei Nacht herumschleichen sehen. Man sagt, wer einem Ghul in die Augen schaut, lädt den Fluch des Bösen auf sich.«

»Klingt mehr nach der Anfangsszene eines gruseligen Fantasy­streifens als nach einer realen Begebenheit«, gab Justus zu verstehen. »Ein Ghul ist doch der Sklave eines Vampirs. Ein affenähnliches Geschöpf mit Flügeln, das dazu verdammt ist, im Auftrag seines Meisters frisches Menschenblut zu beschaffen.« Kritisch sah er Mr Dungeon an.

»Gibt es irgendwelche Hinweise, die darauf schließen lassen, wohin der Ghul mit seiner Beute geflohen ist?«, fragte Bob interessiert, ohne auf die zweifelnden Bemerkungen seiner beiden Detektivkollegen einzugehen.

»Anhaltspunkte liegen genug vor. Und alles scheint darauf hinzudeuten, dass der Ghul Trulies Kind auf eine Burg in Transsylvanien verschleppt hat.«

»Transsylvanien?« Bob runzelte die Stirn. »Das liegt doch in Europa. Genauer gesagt, in Rumänien. Mal davon abgesehen, dass ich ihren haarsträubenden Schilderungen nicht für einen Cent Glauben schenke, liegt Rumänien meiner Meinung nach doch etwas zu weit entfernt, um Ermittlungen vor Ort vorzunehmen.«

Mr Dungeon räusperte sich. »Ihr braucht für eure Ermittlungen nicht außer Landes zu reisen, Jungs. Wie es scheint, hat der Vampir mit seiner Geisel Europa verlassen und ist mit ihr in die Vereinigten Staaten geflohen. Aus obersten Kreisen wurde mir berichtet, dass Arbeiter in der Kanalisation von Mount Valley, hier in Los Angeles, einen für mich geradezu erschreckenden Fund gemacht haben.«

»Aus obersten Kreisen?«, fragte Bob kritisch. »Was wollen Sie damit sagen?«

Mr Dungeon senkte die Stimme. »CIA und FBI.«

Justus stieß einen überraschten Pfiff aus.

»Die Kanalarbeiter fanden in dem unterirdischen Tunnel­­system eine Windel. Sie lag auf einem Mauervorsprung neben einem Abwasserschacht und war … nun ja, wie soll ich sagen …benutzt.« Mr Dungeon entnahm der Schreibtischschublade eine schmale Pfeife und begann diese mit Tabak zu stopfen. »Die Männer haben ihre Entdeckung sogleich der Polizei gemeldet, denn niemand konnte sich erklären, wer die Windel abgelegt haben könnte. Es ist nahezu unmöglich, da unten reinzukommen, es sei denn, man besitzt einen Spezialschlüssel. Früher hatten sich allzu häufig Obdachlose in den Abwassersystemen aufgehalten, so dass die Stadt dem vor längerer Zeit einen Riegel vorgeschoben hat.«

Justus, Peter und Bob blickten Mr Dungeon gespannt an. Ehe er jedoch mit seiner Schilderung fortfuhr, zündete er sich die Pfeife an und blies kleine Ringe in die Luft. »Die Polizeibeamten lachten zunächst, als man ihnen die Windel präsentierte. Doch dem Dienstaufseher kam die Sache merkwürdig vor und er reichte den Fund zur Untersuchung an das gerichtsmedizinische Labor weiter. Tja, was soll ich sagen? Das Ergebnis brachte selbst die erfahrensten Fachleute ins Grübeln. Denn was da in der Windel war, stammte nicht von einem Menschen, geschweige denn von einem Säugling …«

»Sondern?«, wollte Peter wissen.

Mr Dungeon sah die drei Detektive ernst an. »Die medizinische Analyse war eindeutig: In der Windel befanden sich Spuren von Fledermauskot. Allerdings von einer Spezies, die schon seit vielen Jahrhunderten ausgestorben ist!«

»Sie … Sie machen Witze!« Gegen seinen Willen musste Bob lachen.

»Dazu besteht kein Anlass«, erwiderte Mr Dungeon mit erns­ter Miene. »Die Informationen stammen aus zuverlässiger Quelle. Die CIA und das FBI stehen vor einem Rätsel. Doch für mich steht eindeutig fest: Die Windel, die in der Kanalisation gefunden wurde, gehörte Trulies entführtem Säugling. Und der gerichtsmedizinische Befund lässt in mir einen schrecklichen Verdacht aufkommen.«

»Und der wäre?« Peter wandte keinen Blick von ihrem Auftrag­geber.

»Der Vampir hat bereits Blut gesaugt und den kleinen ­Vinton, so heißt das Baby, dadurch zu seinesgleichen gemacht! Da ­unten in der Kanalisation könnte sich die grauenvolle Verwandlung vollzogen haben. Vinton wurde zu einem Vampir, der nun mit seinem Herrn auf nächtlichen Beutezug geht und nur nach einem giert: frischem Menschenblut!«

Bob ließ sich nicht beirren. »Mr Dungeon, das ist doch völliger Blödsinn, was Sie uns erzählen, und das wissen Sie auch. Aber mal angenommen Ihre Geschichte stimmt, dann hätte ich dazu noch eine Frage.«

»Nur zu«, ermunterte der Auftraggeber den dritten Detektiv.

»Wenn der kleine Vinton bereits zu einem Vampir geworden ist, besteht doch nicht die geringste Aussicht, der Mutter das Kind unbeschadet zurückzubringen. Schließlich wäre er ein Untoter, der im Sonnenlicht zu Staub zerfällt.«

»Noch ist ja gar nichts bewiesen«, winkte Mr Dungeon entschieden ab. »Das vermute ich bisher nur. Und hier beginnt eure Aufgabe. Ihr müsst euch als Erstes darüber Gewissheit verschaffen.«

»Sie erwähnten vorhin, dass Sie uns für diese Mission als Besetzung vorgesehen haben«, wandte sich Justus ihrem Auftraggeber zu. »Soll das heißen, Sie engagieren uns mit Ihrem fantastischen Anliegen für eine Werbekampagne?« Er deutete vielsagend auf das grelle Plakat an der Wand. »Eine neue ­Adventure-Tour, eine Art Geisterbahn in einem Vergnügungspark. Benötigen Sie uns womöglich als Statisten?«

»Nein, nein!« Mr Dungeon schüttelte entschieden den Kopf. »Ganz im Gegenteil. Euer Vorhaben, vorausgesetzt ihr stimmt dem Auftrag zu, findet unter strengster Geheimhaltung und unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Es besteht absolute Schweigepflicht. Solltet ihr euch entscheiden die Jagd nach dem Vampir aufzunehmen, werde ich euch eine Ausrüstung zur Verfügung stellen, die alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt und auf dem freien Markt nicht erhältlich ist!«

»Moment, Moment!« Peter erhob sich vom Ledersofa und trat langsam zu Mr Dungeon an den Schreibtisch. »Habe ich Sie recht verstanden? Wir sollen für eine gewisse Trulie ein entführtes Kind aus den Klauen eines Vampirs befreien und Sie wollen uns für diesen Auftrag mit den entsprechenden Waffen ausrüsten?«

Wieder nickte Mr Dungeon. »Allerdings reichen Waffen nicht aus. Euer Gegenspieler ist intelligent und wird meist ­vorausberechnen können, wie ihr euch in gefährlichen Situa­tionen verhalten werdet. Es wird kein Leichtes sein, ihn auszutricksen.«

»Das … das ist doch alles Wahnsinn!«, stammelte Peter fassungslos. »Das kann doch unmöglich Ihr Ernst sein! Ich meine, wie sollen wir leibhaftige Ghuls und Vampire bekämpfen?«

Justus konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

»Bevor ihr euch zu irgendetwas entschließt, sollten wir vielleicht erst einmal nach nebenan gehen.« Mr Dungeon entnahm einer Schreibtischschublade einen Schuhlöffel und schlüpfte mit dessen Hilfe wieder in seine Halbschuhe.

»Nach nebenan?«, wollte Peter wissen. »Warum?«

»Dort findet ihr alle Utensilien, die ihr benötigt, um diesen Vampir ein für alle Mal ins Jenseits zu befördern!«

Auf CD-ROM

Mr Dungeon trat auf den Flur hinaus und öffnete die gegen­überliegende Tür. »Dass ihr mir bloß nicht über die Kabel stolpert«, mahnte er besorgt. »Der Zutritt zu diesem Raum ist normalerweise nur engsten Mitarbeitern gestattet. Also, passt auf, wo ihr hintretet.« Dabei wies er auf den Boden, auf dem ein einziges Wirrwarr von unzähligen Kabeln, Verbindungsschnüren und Steckern herrschte.

Auf einem Computertisch thronten zwei riesige Monitore. Sie waren in Betrieb, zeigten jedoch nur den Bildschirmschoner: viele weiße Sternenpunkte, die im schwarzen Weltraum auf den Betrachter zuzufliegen schienen. Justus, Peter und Bob sahen sich aufmerksam um. Die vielen Rechner, Laptops, Tastaturen, Scanner, Bildschirme und Drucker ließen unschwer erkennen, dass dies der Arbeitsplatz eines echten Computerspezialisten war.

Mr Dungeon steuerte gezielt ein Regal an, auf dem dicht ge­stapelt unzählige CDs lagen und zog mit geübter Hand eine heraus. Auf dem Etikett stand in Druckbuchstaben nur ein einziges Wort: Demo.

»Tolle Geräte haben Sie hier«, sagte Bob voller Bewunderung. »Alles vom Feinsten! Die haben doch sicher ein Vermögen gekostet!« Dabei trat er interessiert an einen 3D Drucker ­neuester Bauart heran. Mit diesem Gerät ließen sich in kürzester Zeit dreidimensionale Werkstücke erstellen.

»Klasse, nicht?« Mr Dungeon war sichtlich stolz und wies auf ein Podest, auf dem sich einige Tablets, weitere Rechner und ein Laptop befanden. »Ohne diese Geräte könnte ich nicht mehr sein. Sie sind sozusagen mein Leben!«

»Sind Sie Programmierer?«, fragte Justus geradeheraus und erntete von Mr Dungeon ein befriedigtes Nicken.

»Mit Leib und Seele!« Er legte die CD ins Laufwerk und drückte auf einige Tasten. »Die Computerwelt und das reale Leben haben eins gemeinsam: Beides ist in meinen Augen ein Spiel!«

»Dann gehe ich wohl recht in der Annahme, dass Sie sich mit Computerspielen befassen, oder?« Der Erste Detektiv blickte dabei interessiert auf den Monitor und fand seine Vermutung sogleich bestätigt. Statt der Sternenflugsimulation erschien nun der giftgrüne Schriftzug ›Sweet Revenge‹ in zerfließenden Buchstaben auf dem Bildschirm, während aus den daneben stehenden Lautsprechern eine schaurige Orchestermusik ertönte.

»Das ist derselbe Schriftzug wie auf dem Plakat in Ihrem Büro!«, entfuhr es Peter. »Darum geht es also! Von wegen Entführung und Vampir, der Los Angeles heimsucht! Bei der ganzen Sache handelt es sich nur um ein Computerspiel!«

Mr Dungeon zuckte unwillkürlich zusammen. »Was heißt hier ›nur‹? Du solltest nicht den Fehler begehen, die heutige Technik und die dazugehörige Kreativität zu unterschätzen!«

»Peter ist manchmal etwas impulsiv«, versuchte Bob den in seiner Ehre verletzten Mr Dungeon zu beruhigen.

»Schon verstanden.« Mr Dungeon blinzelte nervös mit den Augen. »Deine Freunde haben ja Recht, Bob. Bei ›Sweet ­Revenge‹ handelt es sich um ein Fantasy-Adventure-Game, für das auf dem Plakat in meinem Büro geworben wird. Doch das Computerspiel ist noch nicht im Handel. Die Programmierung ist zwar abgeschlossen, das Spiel muss aber noch einem Testlauf unterzogen werden. Von einem Team, das völlig unvoreingenommen und ahnungslos an die Sache herangeht. Ein Team, das ›Sweet Revenge‹ vom Anfang bis zum großen Finale einmal komplett durchspielt, um dabei eventuelle inhaltliche oder programmtechnische Unebenheiten aufzuspüren, die meine Crew und ich beim Programmieren vielleicht übersehen oder nicht bedacht haben.« Er deutete stolz auf den Bildschirm.

Während aus den Lautsprechern ein eigenartiges Flattern ­ertönte, näherte sich auf dem Monitor in perfekter Zeichen­trickanimation eine Fledermaus aus dem dunklen Sternen­himmel. Blitzartig schoss sie auf den Betrachter zu! In ihrer Angriffslust schien sie die Scheibe des Bildschirms nicht im geringsten zu registrieren. Mit enormer Wucht prallte sie dagegen! Auf dem Monitor erschienen Risse. Doch die Fledermaus gab nicht auf! Immer wieder stieß sie mit der Schnauze gegen die Bildschirmscheibe und versuchte diese mit aller Macht zu durchstoßen. Dazu ertönte ein markerschütterndes Quieken und das Geräusch von splitterndem Glas. Doch die Scheibe des Bildschirms schien, trotz der immer größer werdenden Risse, der Attacke standzuhalten. Schließlich gab das aggressive Tier auf. Die Augen glommen noch einmal böse auf, dann flatterte es in die Dunkelheit zurück. Der Bildschirm blieb schwarz.

»Mannomann!« Peter strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Diesem Vampir möchte ich nicht wirklich begegnen. Aber es würde mich sehr reizen, den Blutsauger per Joy­stick ins Jenseits zu befördern!«

»Klasse!«, fügte Bob begeistert hinzu. »Das ist das Beste, was ich bisher gesehen habe. Wenn der weitere Spielverlauf genauso faszinierend ist wie diese kleine Demonstration, würde ich sagen: Wir übernehmen den Fall! Was meinst du, Just?«

»Keine Frage, wir sind dabei!« Die Augen des ersten Detektivs blitzten unternehmungslustig auf. Computerspiele mit ­einer ausgewogenen Mischung aus Action und logischem Denken faszinierten ihn. Leider hatte er bisher – neben der Schule, der Detektivarbeit und der Arbeit auf dem Schrottplatz seines Onkels Titus kaum Zeit gefunden, sich mit diesem reizvollen Medium intensiver zu beschäftigen. So war es kaum verwunderlich, dass Justus Mr Dungeons Auftrag im Namen seiner beiden Freunde begeistert zustimmte.

»Ich wußte, dass ich auf euch zählen kann!« Mr Dungeon atmete erleichtert auf. Ihm schien ein großer Stein vom Herzen gefallen zu sein. »Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, ­unter welchem Dauerstress ich stehe. Und das schon seit zweieinhalb Jahren. So lange tüftle ich nämlich schon an dieser Vampir-Geschichte herum. ›Sweet Revenge‹ wird ein Millionenerfolg! Davon bin ich felsenfest überzeugt! Ich möchte euch ja nicht zu viel versprechen, aber das, was ich da in naher Zukunft weltweit übers Internet schicken werde, wird die kühnsten Träume aller spielbegeisterten Computerfreunde übertreffen!«

»Übers Internet?« Justus horchte interessiert auf. »Wie darf man das verstehen?«

Mr Dungeon setzte sich auf einen kniehohen Rechner und schlug die Beine übereinander. »Früher einmal saßen die Menschen in ihren Wohnungen, schrieben Briefe, die sie dann in einen Umschlag steckten und in den Briefkasten warfen. Oder sie spielten Computerspiele gegen sich selbst. Oder sie lasen am Morgen in der Zeitung über Ereignisse, die bereits am Tag zuvor passiert waren. Im Zeitalter der weltweiten Kommunikation hat sich das geändert. Zwar sitzt man meist immer noch allein vor dem PC, doch das Internet erschließt uns eine völlig neue Welt. Menschen können sich auf eine ganz neue Art miteinander vernetzen.«

»Wir befinden uns im technischen Zeitalter«, kommentierte Justus Mr Dungeons Vortrag mit wichtigem Unterton. »Briefe werden zu elektronischen Mails, Unterhaltungen mit Menschen, die am anderen Ende der Welt leben, finden als Online-Chat statt. Was sich vor einigen Jahren noch niemand vorstellen konnte, ist inzwischen eingetreten: Das Internet begleitet unser Leben und wird in naher Zukunft vermutlich eine noch wichtigere Rolle spielen als heute das Fernsehen.«

»Ganz meine Meinung«, pflichtete Mr Dungeon bei. »Das Internet macht es möglich, dass ›Sweet Revenge‹ weltweit interaktiv gespielt werden kann, obwohl die Spielteilnehmer über den gesamten Globus verstreut an ihrem PC sitzen. In der künstlichen Computerlandschaft treffen sie auf dem Bildschirm zusammen. Sie bilden eine Gemeinschaft und entwickeln im Team Strategien, um das Böse – in diesem Fall dargestellt durch einen Vampir – zu besiegen und ihm ein für alle Mal den Garaus zu machen!«

»Wie viele Personen können sich denn an dem Spiel beteiligen?«, wollte Bob wissen. Der für Recherchen und Archiv zuständige dritte Detektiv legte großen Wert darauf, sein ­Wissen in puncto Computerwelt stets auf den neuesten Stand zu bringen.

»Pro Spiel schlüpfen jeweils drei Teilnehmer in die Rolle eines Ritters. Über die Tastatur können sie ihren eigenen Namen eingeben, mit dem sie während des gesamten Verlaufes von den animierten Figuren und Fantasywesen persönlich angesprochen werden.«

»Das ist in höchstem Maße erstaunlich! Die Spieler werden von den Charakteren des Spiels beim eigenen Namen genannt?«, wunderte sich Justus. »Das ist allerdings eine neue Variante. Wie ist das denn technisch möglich?«

Mr Dungeon setzte ein geheimnisvolles Lächeln auf. »Das war eines der geringsten Probleme. Eine viel schwierigere Hürde war es, die Spieler in das Geschehen so weit einzubeziehen, dass sie das wahre Leben rings um sich herum total vergessen und mit ihrem ganzen Empfinden in meine virtuelle Realität eintauchen.«

»Virtuell?« Peter sah Mr Dungeon fragend an. »Was bedeutet dieser Ausdruck?«

»Virtuelle Realität bedeutet soviel wie künstliche Wirklichkeit«, übernahm der Erste Detektiv die Antwort. »Dieser Begriff bezeichnet die von Programmierern geschaffene künstliche Welt, durch die man sich im Computer bewegt.«

»Vorbildlich erklärt!« Mr Dungeon klopfte Justus anerkennend auf die Schulter. »Sobald ihr mit dem Spiel begonnen habt, werdet ihr, im wahrsten Sinne des Wortes, euren Ge­fühlen nicht mehr trauen.«

»Das wird ja auch auf dem Plakat in Ihrem Besprechungszimmer angekündigt«, wusste Peter treffend zu bemerken. »Nur, wie soll das möglich sein?«

Der Programmierer ging auf einen hohen Eckschrank zu und entnahm dem mittleren Fach eine Metallkiste. »Ich will ver­suchen eure Neugier zu zähmen«. Er öffnete den Deckel und griff aus der Kiste drei schwarz glänzende Gegenstände. Auf den ersten Blick hatten sie etwas Futuristisches an sich. Mr Dungeon reichte sie an Justus weiter. »Mit diesem Datenhelm und den Handschuhen kann man in die virtuelle Realität eintauchen. Sie lassen sich kinderleicht und an jeden Rechner anschließen.«

»Wahnsinn!« Bob fuhr mit den Fingern in den Handschuh und bildete eine Faust. »Diese Dinger bieten sie jetzt auch schon im Spielwarenhandel an. Allerdings zu unverschämten Preisen!«

Peter blieb beharrlich. »Und wozu brauche ich die Sachen?«

Mr Dungeon griff nach dem Datenhelm. »Bei den herkömmlichen Computerspielen läuft das Geschehen zweidimensional auf dem Bildschirm ab. Setzt sich der Spieler jedoch den Helm auf den Kopf, glaubt er, in ein dreidimensionales ­Ge­schehen einzutauchen. Das bewirkt eine Spezialbrille, die in den Daten­helm integriert ist. Die Illusion der Räumlichkeit basiert auf dem Stereoeffekt. Mit Hilfe von zwei aufeinander abgestimmten Objektiven, bekommt man zwei fast identische, aber aus verschiedenen Winkeln aufgenommene Motive zu sehen. Im Gehirn des Betrachters entsteht so ein räumlicher Eindruck. Nach diesem Prinzip funktioniert die Illusion der plastischen Wahrnehmung bei diesem Datenhelm. Das ist ein verblüffender Effekt, da der vollendete Stereosound im Kopfhörer die räumliche Akustik perfekt macht.«

»Da staunt der Laie, und der Fachmann wundert sich«, kommentierte Peter ironisch. »Und wie funktionieren die Handschuhe?«

»In ihnen befinden sich Tastsensoren«, erklärte Mr Dungeon, »die per Mikrochip die Bewegungen der Hand sofort auf den Rechner übertragen. Dieser wiederum setzt die Impulse prä­zise auf die Figur im Computerspiel um.«

»Das heißt aber, wenn ich Sie recht verstanden habe, dass die Spieler, die sich ins Internet schalten, um an ›Sweet Revenge‹ teilzunehmen, im Besitz eines Datenhelms und der Handschuhe sein müssen, richtig?«

»Stimmt, Bob. Wir werden in diesem Fall mit einer Firma zusammenarbeiten die sich bereit erklärt hat, den Helm und die Handschuhe zu einem sagenhaften Freundschaftspreis anzubieten, sobald das Spiel im Internet freigeschaltet ist.«

»Und was verstehen die unter einem Freundschaftspreis?«, wollte Peter wissen.

»Wenn alles glatt läuft, etwa vierhundert Dollar«, verkündete Mr Dungeon stolz, als handelte es sich bei dieser Summe um ein Taschengeld.

Justus stieß einen überraschten Pfiff aus. »Für dieses Geld muss ein Jugendlicher aber ziemlich lange Zeitungen aus­tragen. Sind Sie sicher, dass genügend bereit sind, so viel zu bezahlen?«

»Garantiert!« bekräftigte Mr Dungeon zuversichtlich. »Eine herkömmliche Spielkonsole ist ja nicht viel billiger. Ich habe mich im Handel umgesehen: Kein Computerspiel der Welt kann ›Sweet Revenge‹ vom Unterhaltungswert und vom 3-D-Effekt auch nur im entferntesten das Wasser reichen. ­Sobald ihr euch in die virtuelle Welt des Vampirs begeben habt, werdet ihr es mir bestätigen, Jungs! Dafür lege ich meine Hand ins ­Feuer.«

»Wann soll der Testlauf denn starten?«, erkundigte sich ­Justus. Er verspürte eine kribbelnde Vorfreude in der Magengegend und hätte sich am liebsten sofort den Datenhelm und die Handschuhe übergestreift, um mit ihnen die computer­animierte Fantasywelt zu erforschen.

»Was haltet ihr vom kommenden Wochenende?« Mr Dungeon warf einen kurzen Blick auf den Wandkalender.

»Das wäre übermorgen. Meinen Sie denn ›Sweet Revenge‹ lässt sich an einem Wochenende durchspielen?«

»Das wage ich zu bezweifeln, Bob. Doch letztendlich hängt es allein von eurem Vermögen ab, logische Schlussfolgerungen und Entscheidungen genau im rechten Moment zu treffen. Außerdem braucht ihr viel Geschicklichkeit und einen guten Orientierungssinn.« Der Programmierer senkte die Augenbrauen. »Ich bin aber ziemlich sicher: Der Vampir wird mit euch kein leichtes Spiel haben. Er wird euch im Verlauf des Spieles zwar einige Wunden zufügen; doch er hat es mit einem überlegenen Gegner zu tun!«

»Dann kommen wir also Samstag zu Ihnen, Mr Dungeon.« Der Erste Detektiv rieb sich begeistert die Hände. »Grüßen Sie Trulie von uns. Wir werden den Vampir besiegen und ihr den kleinen Vinton unbeschadet in die Wiege zurücklegen. Dafür verbürgen sich die drei ???.«

Vernetzt

»Das ist doch nicht zu fassen! Da surfen wir nun schon eine ganze Weile durchs Internet und ich weiß letztendlich gar nichts darüber!« Der Zweite Detektiv ließ sich in den Sessel sinken und blickte seine beiden Freunde fragend an.

Die drei ??? hatten sich für Freitagnachmittag in ihrer Zentrale verabredet. Ein alter Campingwagen, auf dem Hof des Gebrauchtwarenhandels von Justus’ Onkel Titus diente ihnen schon seit Beginn ihrer Detektivarbeit als offizielles Büro. Nach und nach hatten sie alle erdenklichen Hilfsmittel zu­sammengetragen, die ihnen bei den Nachforschungen gute Dienste leisteten. Angefangen bei einem eigenen Telefon­anschluss über einen Anrufbeantworter, ein Faxgerät und ein vorbildlich ausgestattetes Fotolabor bis hin zu einem hoch­modernen Computer mit angeschlossenem Router für den Internetzugang, war hier alles auf engstem Raum untergebracht.

»Du interessierst dich nun mal hauptsächlich für Sport, Zweiter, neben der Detektivarbeit natürlich. Wen wundert es da, wenn du über die Hintergründe des Internets so gut wie gar nichts weißt.« Bob hatte seiner Stimme einen belehrenden Unterton verliehen, der Peter sogleich zum Gegenangriff starten ließ.

»Du brauchst hier gar nicht den Oberlehrer raushängen zu lassen!«, giftete er. »Wenn du dich im Sport als Niete erweist, quatsche ich dich schließlich auch nicht so dämlich an.«

»Ich bitte doch um ein bisschen Fairness!«, fuhr Justus dazwischen. »Man kann schließlich nicht alles wissen!«

»Natürlich mit Ausnahme von dir, Erster!«, konnte Peter es sich nicht verkneifen. »Aber vermutlich wäre es trotzdem nützlich, wenn du uns schnell noch einen Crashkurs in Sachen Internet erteilst, bevor wir morgen bei Mr Dungeon auf­kreuzen.«

»Ausgezeichneter Vorschlag, Zweiter. Während Justus uns mit seinem Wissen rund um das Internet vertraut macht, mixe ich uns einen Milchshake. Der beruhigt die Gemüter.«

Bob entnahm dem Kühlschrank einen Krug Milch, goss diese in den Mixer und gab eine Handvoll Erdbeeren hinzu. Für ­einige Sekunden wurde die Zentrale von einem ungeheuren Lärm erfüllt: das alte Küchengerät war nicht von neuester Bauart.

Justus machte es sich auf dem Teppich bequem und streckte die Beine, soweit es der Platz im Campingwagen zuließ, weit von sich. »Wenn man heute über das Internet spricht, meint man meist nur einen kleinen Teil des weltweiten Computernetzwerks, nämlich das World Wide Web, kurz WWW ­genannt. Hier werden Texte und Bilder übertragen, Software heruntergeladen, mit Leuten gechattet oder elektronische Post, die sogenannten E-Mails, verschickt und empfangen. Das ist aber noch lange nicht das ganze Internet.«

»Sondern?«, fragte Bob interessiert, während er den Milch­shake in die Gläser füllte.

»Wie gesagt: nur ein Teil davon. Das WWW ist optisch attrak­tiv gestaltet, hat eine Fülle von Funktionen und ist dadurch für jedermann einfach zu bedienen. Das World Wide Web gibt es erst seit ungefähr dreißig Jahren.«

»Und was ist mit dem anderen Teil?«, hakte Peter ein.

»Das Internet gibt es schon viel länger«, gab Justus sein ­Wissen preis. »Bereits in den sechziger Jahren machte sich das Verteidigungsministerium hier in den USA Gedanken darüber, wie es ein Netz schaffen könnte, das auch noch funktioniert, wenn alle herkömmlichen Telekommunikationseinrichtungen zerstört würden. Die Lösung: Man installierte im ganzen Land Hosts, das sind Großrechner, und vernetzte diese mit Hilfe von kleineren Computern untereinander. Beim Ausfall eines Teils dieses Netzwerks konnte der Rest weiterhin Daten austauschen. Auf diesem System beruht noch heute das Internet, nur dass heutzutage nicht Großrechner miteinander verbunden sind, sondern viele lokale und unabhängige Netzwerke von Computern. Vor dem World Wide Web wurde das Internet hauptsächlich von Universitäten und anderen Forschungsstätten genutzt.«

»Das mag ja alles recht spannend sein, Just«, unterbrach Peter den Ersten Detektiv in seinem Redefluss, »doch wie ist das Internet denn nun aufgebaut?«

»Das Internet wird nicht von einer zentralen Firma oder Institution betrieben, sondern von einer ganzen Reihe von Partnern, die sich zusammengetan haben und deren Computernetzwerke miteinander verbunden sind.« Justus erhob sich mit einem Ächzer und setzte sich zu Peter an den Tisch. ­Offenbar wurde es ihm auf dem Boden zu unbequem.

»Gibt es eigentlich jemanden, der das Internet kontrolliert oder dafür verantwortlich ist?«, fragte Bob.

»Grundsätzlich gibt es niemanden, der ein Auge darauf hat, wer welche Informationen im Internet verbreitet. Dieses Prinzip hat das Internet groß gemacht. Das Internet ist ein chaotischer, ja geradezu anarchischer Rechnerverbund quer über alle Grenzen, Kulturen und Weltanschauungen. Niemand bestimmt das Programm, und niemand zensiert oder kontrolliert die Inhalte, da der Aufbau des Netzes eine zentrale Kontrolle kaum zulässt. Das lockt natürlich auch Leute an, die ein Interesse daran haben, irgendwelche unnützen oder sogar gefähr­lichen Inhalte über das Internet zu verbreiten.«

»Davon habe ich auch gehört.« Bob schlürfte an seinem Milchshake. »Immer wieder versuchen Regierungen, den Urhebern dieser illegalen Inhalte das Handwerk zu legen. Doch die Erfolge sind eher dürftig, da praktisch jeder von ­überall her Daten in das Internet eingeben kann.«

»Und wie ist das mit dem Datenschutz?«

»Auch da gibt es keine hundertprozentige Sicherheit, Zweiter.« Der Erste Detektiv setzte das Glas ab und wischte sich den Schaum von den Lippen. »Schickt man beispielsweise ­eine E-Mail über das Internet, könnte sie von Fremden eingesehen werden. Das kann zwar nicht jeder Nutzer, aber die Programmierer der Verbindungsrechner können jede Datei mühelos lesen. Das ist, als würde man eine Postkarte verschicken. Jeder, der direkten Zugriff auf unsere Post hat, der Postbote zum Beispiel, kann problemlos unsere Urlaubskarten lesen.«

»Und im Internet gibt es keine Sicherheit?«, fragte Peter überrascht.

»Es gibt nur wenige Möglichkeiten, sich gegen Datenklau oder vor eventuellen Viren zu schützen.«

»Und die wären?«, hakte Bob nach.

»Um Daten einigermaßen sicher über das Internet zu schicken, kann man die Nachricht vor Hackern verschlüsseln.«

»Hackern?«, wiederholte Peter prustend. Er hatte sich gehörig an seinem Shake verschluckt.

»Personen, die über das Netz in fremde Rechner eindringen«, erklärte Bob, während er sich nachschenkte.

Justus kaute derweil an seinem Strohhalm. »Firmen, die Angst vor Hackern haben, schützen ihr eigenes Netzwerk oft mit Hilfe einer Feuerwand, der sogenannten Firewall. Das ist ein spezieller Rechner, der zwischen dem Internet und den vielen Computern des internen Netzwerks der Unternehmung steht. Alle Daten, die aus dem Internet an das Firmennetzwerk geschickt werden, müssen diesen Rechner passieren, der als eine Art Sicherheitsschleuse dient. So werden bestimmte Datei­formate an der Tür zum Netzwerk abgefangen und nicht durchgelassen.«

»Trotzdem hört man aber immer wieder von Hackern, die es geschafft haben, solche Firewalls zu durchbrechen«, verkündete Bob. »Anfang 1997 hat es zum Beispiel eine Gruppe von Gymnasiasten in Kroatien geschafft, in den Computer des amerikanischen Verteidigungsministeriums einzudringen. Und das trotz umfangreicher Sicherheitsmaßnahmen!«

»Natürlich ist es für Hacker auch möglich, in private Computer einzudringen«, belehrte Justus seine Freunde. »Doch in der Regel passiert hier sehr wenig, da auf privaten Rechnern keine besonders geheimen Daten zu erwarten sind. Ein anderer Fall allerdings sind Viren, die man sich über E-Mails oder Dateien, die man aus dem Internet auf seinen Rechner he­runterlädt, holen kann. Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass im Grunde jede Datei von außen einen Virus ent­halten könnte.«

»Wow! Das klingt ja gefährlich!«, rief Peter.

Justus nickte. »Deshalb sollte man möglichst keine fremden Dateien von Disketten und anderen Datenträgern auf den eigenen Rechner herunterladen. Computerviren verbergen sich vor allen Dingen in ausführbaren Programmen. Und solche Programme werden auch im Internet zum Download angeboten.«

»Soll heißen: Gar nicht erst öffnen, sondern gleich löschen, beziehungsweise jedes aus dem Internet heruntergeladene Programm vor dem Start mit einem Anti-Viren-Programm prüfen!«, fügte Bob hinzu. »Vorausgesetzt, man besitzt ein solches Programm.«

»Mann, nach all den Informationen raucht mir gehörig der Kopf!« Peter gähnte und streckte sich ausgiebig. Dann kam er auf ihre neue Aufgabe zurück. »Jetzt erklärt mir aber noch, wie Mr Dungeon seine Sache aufziehen will! ›Sweet Revenge‹ soll ja wie eine Bombe einschlagen! Aber mir ist noch nicht ganz klar, wie die Spieler über das Internet zusammentreffen sollen.«

»So ganz neu ist dieses Prinzip auch wieder nicht«, fuhr der Erste Detektiv fort. »Die Möglichkeit, mit anderen Teilnehmern übers Internet zu spielen, besteht schon länger. Es gab da mal ein Detektivspiel, in dem mehrere Teams verschiedene Aufgaben lösen mussten. Die Internet-Version basierte auf einem CD-ROM-Spiel, das man ganz normal auf dem Heimrechner spielen konnte. Hatte man einen Internetzugang, konnte man mit dieser CD-ROM auf bestimmte Internet-­Seiten zugreifen. Dort sah man dann, wer gerade online war, oder man verabredete sich mit anderen Detektivteams zur Jagd. Jedes Team löste verschiedene Aufgaben, und beim ­Austausch der neuesten Informationen über den Aufenthaltsort des Verbrechers kam man dem Ziel, den Ganoven zu ­fangen, immer ein Stück näher. Der Unterschied von Mr ­Dungeons Spiel zu dieser inzwischen veralteten Detektiv-jagd besteht vermutlich darin, dass ›Sweet Revenge‹ dank des Daten­helms und der Cyber-Handschuhe eine verbesserte Technik aufweist.«

»Sehe ich genauso!«, bekräftigte Bob. »Doch Gewissheit werden wir uns erst verschaffen können, wenn wir in das dreidimensionale Spektakel hinein geschnuppert haben. Ich kann es jedenfalls kaum abwarten, gemeinsam mit euch auf Vampir-­Jagd zu gehen!«

»Hoffen wir für uns und Mr Dungeon, dass das Wochenende nicht mit einem Fiasko endet«, äußerte Peter kritisch. »Ich meine damit: Wir erwarten inzwischen ein Superspiel. Vielleicht hat Mr Dungeon aber auch übertrieben.«

»Nun mal nicht gleich den Teufel an die Wand, Zweiter.« Bob lächelte zuversichtlich. »Mr Dungeon scheint mir schon das nötige Wissen zu besitzen. Ich habe mich gestern Abend im Internet über ihn schlau gemacht. Er war schon vor Jahren an der Programmierung von einigen der tollsten Computerspiele beteiligt. Die Erfolge von ›Dragon Quest‹, ›Hectors Ride‹ und ›Marvins Trap‹ gehen zum größten Teil auf sein Konto. Ich habe die Spiele zwar nie gespielt, aber ein Blick auf die Verkaufszahlen sagt im Grunde genommen alles: Mr Dungeon ist in der Computer-Branche ein alter Hase. Alles was er in die Hand nimmt, scheint sich schon in kürzester Zeit in Gold zu verwandeln!«

»Klingt ganz vielversprechend«, lenkte Peter ein. »Doch wie kommt er zu Geld, wenn ›Sweet Revenge‹ ausschließlich über das Internet läuft?«

Auf diese Frage konnte Bob nur mit einem Schulterzucken antworten.

»Vermutlich kann man sich nur per Kreditkarte in das Spiel einloggen«, mutmaßte der Erste Detektiv und kaute dabei auf seiner Unterlippe. »Außerdem wird er mit der Firma, die den erforderlichen Helm und die Handschuhe liefert, eine Beteiligung ausgehandelt haben. Wenn er dazu in den Medien noch kräftig die Werbetrommel rührt, wird es in seiner Kasse kräftig klingeln!«

»Meinst du denn …« Das schrille Klingeln des Telefons unterbrach Peter in seinen Überlegungen. Ehe er den Satz zu Ende sprechen konnte, hatte der Erste Detektiv bereits den Hörer abgehoben.

»Justus Jonas von den drei Detektiven.«

Bob erkannte sogleich an Justus’ Gesichtsausdruck, dass etwas nicht stimmte. Schnell drückte er den Schalter am Telefonverstärker, so dass das Gespräch im ganzen Raum zu hören war.

»Ihr solltet euch aus der Sache raushalten«, drang eine elek­tronisch verzerrte Stimme aus dem Lautsprecher. »Dies ist keine übliche Warnung.«

»Sondern?«, fragte Justus knapp.

»Solltet ihr morgen Mr Dungeons Büro betreten, werdet ihr es nicht mehr lebend verlassen. Als Zeichen meiner Warnung: Werft einen Blick vor eure Tür!«

Es knackte in der Leitung. Ohne eine Reaktion seiner Freunde abzuwarten, hatte Bob die Tür der Zentrale aufgerissen und sprang sogleich mit einem Aufschrei zurück! Auf der Treppe, die zum Campingwagen führte, lag eine Fledermaus. Ihr Körper war mit einem senkrechten Schnitt aufgeschlitzt worden, aus dem eine rote Flüssigkeit in dünnen Rinnsalen die Stufen hinab tropfte …

Intro

Die Sonne hatte sich an diesem Samstagmorgen hinter einer dichten Wolkendecke verborgen. Das fahle Licht in den menschenleeren Straßen ließ das dunkle Gebäude, in dem Mr Dungeons Büroräume untergebracht waren, fast wie eine ­Kulisse aus einem alten Schwarzweißfilm erscheinen.