Die Liebe besiegt alles - Micheline Maurel - E-Book

Die Liebe besiegt alles E-Book

Micheline Maurel

4,9

Beschreibung

Während einer Widerstandsaktion wird die 26-jährige Micheline Maurel im Juni 1943 im Südwesten Frankreichs von der deutschen GESTAPO festgenommen und zwei Tage gefoltert. Ein Versuch ihrer Freunde aus der Résistance, sie zu befreien, scheitert. Mit vielen anderen französischen Frauen wird sie zur Zwangsarbeit in das Deutsche Reich verschleppt. Hier beginnt ihr Bericht über zwanzig Monate Demütigung und Selbstbehauptung. Im Jahr 1957 erscheinen diese Erinnerungen zum ersten Mal als Buch "Un camp trés ordinaire". In deutscher Sprache wird der Text ("Kein Ort für Tränen.") zum ersten Mal 1960 zugänglich. Dieses Zeugnis gibt auch denjenigen Frauen, welche die nationalsozialistischen Zwangslager nicht überlebten, ihre menschliche Würde zurück, entreißt sie dem Vergessen und ehrt sie. Sprachlich überarbeitet und ergänzt mit einem Nachwort des Neffen der Autorin, Olivier Maurel, kann diese Biografie nun wieder ihre Wirkung entfalten. Micheline Maurel verstarb am 10. Juli 2009.

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Micheline Maurel

DIE LIEBE BESIEGT ALLES

Bericht aus einem Frauen-KZ

Aus dem Französischen von Wolfgang A. Peters, neu bearbeitet von Ines Lasch

ISBN 978-3-86436-053-4 (epub)

1. Auflage 2014

Ingo Koch Verlag & Co KG | Warnowufer 32 | 18057 Rostock

Titelbild: Kleid der französischen NS-Zwangsarbeiterin Odile Roger (Foto: Gabriele Hahn, Neubrandenburg), ist im Besitz des Regionalmuseums Neubrandenburg und wird in dessen ständiger Ausstellung zur Regionalgeschichte im ehemaligen Franziskanerkloster gezeigt.

Gestaltung & eBooking: GAMB Visionwork, Frankfurt am Main

ISBN der Printausgabe 978-3-86436-052-7 ISBN des PDF-eBook 978-3-86436-055-8 ISBN des mobi-eBook 978-3-86436-054-1

Lizenzausgabe

Copyright © der deutschen Übersetzung 1960 by Claassen Verlag, Hamburg, Claassen ist ein Imprint der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin

Die Originalausgabe erschien 1957 bei Les Éditions de Minuit, Paris, unter dem Titel Un camp trés ordinaire

Übersetzung des Nachwortes: Natascha Dalügge-Momme

Preis: € 2,99

Foto: Olivier Maurel

Mit 26 Jahren wird Micheline Maurel im Juni 1943 von der deutschen Besatzungsmacht verhaftet und bald zusammen mit etwa 150 französischen Frauen nach Neubrandenburg verschleppt. Hier wurden zum Ende des zweiten Weltkrieges über 6.000 Frauen aus ganz Europa gezwungen, in Rüstungsbetrieben zu arbeiten. Mehr als 1.300 von ihnen waren dazu in Frankreich versklavt worden. In zwei großen Außenkommandos des Frauen-KZ Ravensbrück zusammengefasst, wurden die Frauen an der „Ihlenfelder Straße“ und im sogenannten Waldbaulager eingesetzt.

Maurel blieb zwanzig Monate in Neubrandenburg, bis sie im Mai 1945 von sowjetischen Soldaten befreit wurde. Ihr Bericht über diese Zeit erschien zum ersten Mal 1957 („Un camp trés ordinaire.“) und wurde in Frankreich mit dem „Prix des Critiques“ ausgezeichnet. Im Jahr 1960 erschienen die Erinnerungen zum ersten Mal auf Deutsch mit folgendem Hinweis:

„Es steht uns nicht zu, über den Inhalt des Buches etwas auszusagen. Es muss gelesen werden, als ein zeitloses und wahres ‚Document humain’.“

Vorbemerkung der Autorin

Nachdem Michelle das Manuskript dieses Buches gelesen hatte, sagte sie zu mir: „Die Wirklichkeit war viel tragischer.“ Ich weiß es wohl. Beim Schreiben stieß ich mehr als einmal auf verschlossene Regionen meiner Erinnerung, die sich nicht öffnen ließen. Zahlreicher als an die kalten sind meine Erinnerungen an die warmen Jahreszeiten, die doch viel länger dauerten. Von den schlimmsten Tagen, vor allem im zweiten Jahr, erinnere ich mich nur an die Morgenstunden, nicht an die Abendstunden. Ich entsinne mich des Hinwegs zur Arbeit, nicht aber des Rückwegs. Ich weiß nicht, ob sich das Gedächtnis weigert, sie zu beschwören, oder ob es sie nicht hat fassen können, weil ich zu erschöpft war.

Der Gefangenentransport, zu dem ich gehörte, verließ das Fort Romainville im August 1943. Er wurde in Ravensbrück unter den Nummern von 22.000 an eingetragen. Ich war Nummer 22.410.

Nach einem Monat Quarantäne wurde die 22.000er-Gruppe nach Neubrandenburg geschickt, mit Ausnahme einiger Frauen, die krank oder gebrechlich waren; diese blieben in Ravensbrück.

Als einfache Zweigstelle von Ravensbrück, nördlich davon und nicht weit von der Ostsee gelegen, war das Lager von Neubrandenburg ein kleines, ganz gewöhnliches Lager. Verglichen mit den großen Lagern mochte es bevorzugt erscheinen. Es hatte weder Gaskammern noch Verbrennungsöfen; es benutzte die Einrichtungen von Ravensbrück. Eigentlich hatte es, zumindest in den ersten Monaten, die Aufgabe, der Flugzeugfabrik bei Neubrandenburg unentgeltlich Arbeitskräfte zu liefern. Alle Gefangenen mussten eine feste Arbeit haben. Die Kranken und die Arbeitsunfähigen mussten als Todeskandidaten nach Ravensbrück zurück, die Toten auch, in denselben Lastwagen.

Zum Ausgleich dafür war das Elend noch größer als in Ravensbrück. Die Frauen, die in Ravensbrück, eintrafen, kamen unmittelbar aus ihrer Heimat – in Zivilkleidern und mit vollen Koffern. Gleich bei ihrer Ankunft wurde ihnen alles abgenommen. Ihre Sachen aber blieben im Lager. Gefangene waren beauftragt, sie zu sortieren und einzuteilen, und natürlich nutzten sie das – trotz der Bewachung – aus, ließen auch ihre Freundinnen davon profitieren und unterhielten einen sehr regen Schwarzhandel. Mit guten Beziehungen konnte man sich in Ravensbrück gelegentlich noch Wollsachen, Wäsche zum Wechseln oder Seife beschaffen. Die Frauen aber, die nach Neubrandenburg kamen, hatten Ravensbrück schon passiert; sie gingen aus dieser Quarantäne mit leeren Händen hervor. Neubrandenburg war ohne Reichtum, ohne Vorräte; der allgemeine Eindruck des Lagers und des Lebens dort war überaus hart.

Ich habe den Wortschatz des Lagers bewahrt. Die Französinnen waren dort in der Minderheit. Sehr wenige von uns konnten Deutsch; Gelegenheit, die Wörter geschrieben zu sehen, hatten wir nie. So französisierten wir die Wörter, wenn wir sie aussprachen. Wir hatten „Kopftuch“ zu „coiffe-tout“ umgewandelt, „Schüssel“ zu „jusselle“, „Nachtschicht“ zu „narchiste“, „Schmutzstück“ zu „schmoustique“. Und die Rohlinge in Uniform, die uns bewachten, die „Aufseherinnen“, waren für uns die „officerines“, die Weibchen der SS-Offiziere.

Die Wörter „Blokowa“ (Barackenführerin), „Stubowa“ (Stubenälteste oder Adjutantin der „Blokowa“) und „Kolonkowa“ (Kolonnenführerin) waren solche, die alle Gefangenen gebrauchten.

Der Anfang in Ravensbrück

„Geschlaucht.“ Das war der Ausdruck, den Mizzy gebrauchte, die als erste die Sprache wiederfand. Noch sehe ich ihren kahlgeschorenen Schädel aus einer eisernen Bettstelle dicht vor mir auftauchen.

„Na, Kinder, die haben uns ganz schön geschlaucht, was?“

Wir waren am Abend zuvor eingetroffen. Durch irgendeinen glücklichen Umstand hatte man uns in einem Wagen dritter Klasse anstatt in einem Viehwagen transportiert. Aber beim Aussteigen wurden wir mit Stockschlägen, Gebrüll und Hundegebell empfangen, in Fünfergruppen eingeteilt und auf die Straße getrieben. Jede von uns hatte Gepäck bei sich; die Frauen, die in Romainville viele Pakete erhalten hatten, schleppten Koffer, die beinahe platzten. Doch man zwang uns zu laufen. Schranken wie an Bahnübergängen taten sich vor uns auf, wir eilten durch ein Tor, liefen über schmutzig-dunklen Sand, dann trieb man uns in einen riesigen Saal, wo wir nun keuchend zwischen unseren Säcken und Bündeln standen. In der Wand gegenüber befanden sich zwei Türen. Die erste von uns wurde durch die rechte Türe gestoßen, dort verschwand sie mit ihren Habseligkeiten, ihrem Mantel, der gewohnten Erscheinung einer Zivilistin. Man hörte Schreie und deutsche Flüche. Und kurz darauf erschien in der linken Türe eine nackte Frau –kahlgeschoren und mit leeren Händen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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