Die Löwin. Tania Blixen in Afrika - Tom Buk-Swienty - E-Book
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Die Löwin. Tania Blixen in Afrika E-Book

Tom Buk-Swienty

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Beschreibung

Die dramatische Geschichte von Tania Blixen, die als erste Frau eine Kaffeeplantage betreibt und mit dem Memoir »Jenseits von Afrika« Weltruhm erlangt

Tom Buk-Swienty zeichnet das vielschichtige Bild einer Frau, die mit wahrer Leidenschaft ihren Traum lebt, im kolonialen Kenia mit der Karen Coffee Company das erste weiblich geführte afrikanische Großunternehmen gründet, als wahre »Löwin«, wie sie bald genannt wird, Dürren, Krankheiten und Kriegen trotzt und dann, nach Dänemark zurückgekehrt, zu einer der bedeutendsten Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts avanciert. Die wahre und höchst abenteuerliche Lebensgeschichte von Tania Blixen, deren mit Meryl Streep in der Hauptrolle verfilmtes Memoir »Jenseits von Afrika« ein Weltbestseller als Buch wie als Film wurde, ist zugleich die erste große Biografie seit Jahrzehnten.

Durchgängig illustriert mit teils exklusivem Bildmaterial.

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Buch

Tom Buk-Swienty zeichnet das vielschichtige Bild einer Frau, die mit wahrer Leidenschaft ihren Traum lebt, im kolonialen Kenia mit der Karen Coffee Company das erste weiblich geführte afrikanische Großunternehmen gründet, als wahre »Löwin«, wie sie bald genannt wird, Dürren, Krankheiten und Kriegen trotzt und dann, nach Dänemark zurückgekehrt, zu einer der bedeutendsten Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts avanciert. Die wahre und höchst abenteuerliche Lebensgeschichte von Tania Blixen, deren mit Meryl Streep in der Hauptrolle verfilmtes Memoir Jenseits von Afrika ein Weltbestseller als Buch wie als Film wurde, ist zugleich die erste große Biografie seit Jahrzehnten.

Durchgängig illustriert mit teils exklusivem Bildmaterial.

Autor

Tom Buk-Swienty, 1966 in Eutin geboren und im dänischen Sønderborg aufgewachsen, arbeitet als Historiker und lehrt Journalismus an der Syddansk Universitet. Er war zehn Jahre lang USA-Korrespondent der Wochenzeitung Weekendavisen. Seit 2006 veröffentlicht er Sachbücher mit Schwerpunkt deutsch-dänische Geschichte. Seine Werke wurden vielfach ausgezeichnet. Er hat schon vier Bücher publiziert, in denen er sich mit der Dinesen/Blixen-Familie beschäftigt. Mit »Die Löwin« legt Buk-Swienty die erste große Biografie von Tania Blixen seit gut 20 Jahren vor. Dafür hat er neue Quellen ausgewertet und viele Interviews in Kenia geführt. Das Buch wurde in Dänemark zum Nr.-1-Bestseller und wird als Biopic verfilmt.

Tom Buk-Swienty

Die Löwin

Tania Blixen in Afrika

Aus dem Dänischen von Ulrich Sonnenberg

Tania Blixen auf Safari, Juni 1914.

© Karen Blixens Archiv, Königlichen Bibliothek Kopenhagen.

Die Originalausgabe erschien 2019 unter dem Titel »Løvinden. Karen Blixen i Afrika« bei Gyldendal, Kopenhagen. Die deutsche Fassung wurde geringfügig gekürzt.

Die Übersetzung wurde von der Danish Arts Foundation (Statens Kunstfond), Kopenhagen, finanziell unterstützt.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

© 2019 Tom Buk-Swienty & Gyldendal

© 2021 für die deutschsprachige Ausgabe by Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: Designbüro Lübbeke, Naumann, Thoben, Köln

Satz: Andrea Mogwitz

Repro: Helio Repro, München

Satz: GGP Media GmbH, Pößneck

E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-641-26604-2V002

www.penguin-verlag.de

Ein besonderer Dank an meine kenianischen Freunde Zoe, Andrew, Paddy und Bruce Nightingale, Hanne Lindemann (ganz Kenias »Mama Safari«), Stephen Kynego, Elin Herd und Tove und Akbar Hussein, ohne deren Hilfe – und die vielen inspirierenden Gespräche unter dem großen afrikanischen Himmel – dieses Buch nicht hätte geschrieben werden können. Ein herzlicher Dank auch an Nigel Pavitt in Nairobi, der so großzügig mit Fotos aus seiner einzigartigen historischen Fotosammlung beigetragen hat, und an Elisabeth und Ian Gregory in Malindi nördlich von Mombasa (Ian ist ein Nachfahre von Åke Bursell, Bror und Tania Blixens erstem Farmverwalter), dass ich ihr privates Familienalbum einsehen durfte.

Honourable Lioness

Ich bringe Dir aus England ein Grammofon mit. Ich habe ein paar schöne Platten, die Dir, wie ich hoffe, gefallen werden.

Denys Finch Hatton an Tania Blixen Mombasa, 14. November 1926

Habe ich Dir übrigens jemals – vermutlich war es aber an Tommy – einen Brief von einem alten Gun-Bearer geschickt, adressiert an: Lioness von Blixen – der mit den Worten Honourable Lioness begann? So werde ich jetzt üblicherweise bezeichnet und finde es schick.

Tania Blixen an ihre Mutter Ingeborg Dinesen, Ngong, 3. Juni 1928

Der Löwe war für Tanne das Symbol Afrikas. Um den Gläubigern gegenüber all ihre Versprechen zu halten, hatte sie selbst um die Zukunft der Farm wie eine Löwin gekämpft – und um eine gute Ehe. Aber selbst eine Löwin kann scheitern.

Thomas Dinesen über seine große Schwester in: Tanne. Min søster Karen Blixen (Tanne. Meine Schwester Karen Blixen)

Da es auf einem verhältnismäßig begrenzten Gebiet so große Variationen des Klimas, der geographischen Verhältnisse, der menschlichen Bewohner, der Flora und des Reichtums an Möglichkeiten gibt, ist Britisch-Ostafrika das eigentümlichste Herrschaftsgebiet Seiner Majestät … Mit absoluter Sicherheit lässt sich sagen, dass jeder, der dorthin kommt, sein frisch adoptiertes Land lieben wird. Und ob er nun Glück hat oder nicht, ob sein Erfolg klein, moderat oder groß ist, so wird er doch niemals den Schritt bereuen, den er tat, als er in Mombasa an Land ging.

Lord Cranworth, A Colony in the Making, 1912

Eine große Welt der Poesie hat sich mir eröffnet und mich hier draußen in sich hineingezogen, und ich habe sie geliebt. Ich habe Löwen in die Augen gesehen und unter dem Kreuz des Südens geschlafen, ich habe die großen Savannen während der Grasbrände gesehen und nach dem Regen mit feinem grünem Gras überzogen, ich war mit Somalis, Kikuyu und Massai befreundet, ich bin über die Ngong-Berge geflogen … Ich glaube, mein Haus war eine Art Zufluchtsstätte für Reisende und Kranke und für die Schwarzen das Zentrum hinsichtlich eines friendly spirit.

Tania Blixen an ihre Mutter, Ngong, 17. März 1931

Frühe Siedler auf dem beschwerlichen Weg zum Uasin-Gishu-Plateau im nördlichen Kenia.

© Edward Rodwell

Great Rift Valley.

© Nigel Pavitt

Massai-Krieger, sogenannte Morani.

© Edward Rodwell

Junge Kikuyu.

© Akbar Hussein

Denys Finch Hatton zu Pferde.

© Rungstedlundsammlung der Königlichen Bibliothek Kopenhagen.

Tania Blixen zu Pferde.

© Karen Blixens Archiv, Königlichen Bibliothek Kopenhagen (Viggo Kjær Petersens Koffer)

Karte gezeichnet von Chris Robitaille

Wilhelm und Ingeborg Dinesen in Rungstedlund mit ihren drei Töchtern, circa 1887. Ea sitzt auf dem Schoß des Vaters, Elle bei der Mutter und in der Mitte Tanne. Im Vordergrund der Hund Osceola. Die Söhne Thomas und Anders sind noch nicht geboren.

© Rungstedlundsammlung der Königlichen Bibliothek Kopenhagen.

Stammbäume

Wilhelm Dinesens Stammbaum mütterlicherseits

Wilhelm Dinesens Stammbaum väterlicherseits

Hansen-Westenholz-Dinesens Stammbaum

Die wichtigsten Personen

Fräulein Karen Christentze Dinesen 1913. Das Foto ist Teil einer Porträtserie, die kurz vor ihrer Abreise nach Mombasa gemacht wurde.

© Rungstedlundsammlung der Königlichen Bibliothek Kopenhagen

Aage Westenholz (Onkel Aage), Tania Blixens Onkel mütterlicherseits. Diplomingenieur und Geschäftsmann, verdiente ein Vermögen während seines langjährigen Aufenthalts in Siam und auf der Malakka-Halbinsel. Er wohnte mit seiner Frau und seiner Cousine Ellen, die er Koosje nannte, von 1908 bei Birkerød auf seinem Landsitz Magleaas. Hauptaktionär und Vorstandsvorsitzender der Karen Coffee Company Ltd.

Abdullahi, somalischer Junge, Tania Blixens Diener während ihrer Europareise und des Dänemarkbesuchs 1919/20.

Abdullahi, Ahmed, Bruder oder Vetter Farahs (die Aussagen widersprechen sich) und einige Jahre Hausdiener von Tania Blixen. Er besaß ein ungewöhnliches mathematisches Talent. Auf Tania Blixens Kosten besuchte er die Schule in Mombasa.

A.W. Dinesen, Hauptmann Dinesens Vater und Tania Blixens Großvater. Der Familienpatriarch der Familie Dinesen, Kriegsheld, ehemaliger Artilleriemajor, Kommandeur der Batterie Dinesen während der Schleswig-Holsteinischen Erhebung 1848–51 und freiwilliger Artilleriehauptmann im französischen Heer in Algerien 1837. Der erste Schriftsteller der Familie.

Åke Bursell, schwedischer Farmverwalter und assistierender Manager der Karen Coffee Company von 1913 bis 1917. Er kündigte, um sich als Farmer in Kenia selbstständig zu machen.

Ali bin Salem, Sultan von Sansibar, Großwesir in Mombasa und geistliches islamisches Oberhaupt der Stadt. Guter Freund von Tania Blixen und Denys Finch Hatton.

Anders Dinesen, Tania Blixens jüngster Bruder.

Berkeley Cole, irisch-englischer Adeliger, Sohn von Sir Lowry Egerton Cole, dem 4. Earl of Enniskillen, Lord Delameres Schwager, Siedler in Britisch-Ostafrika/Kenia, lebte auf der Farm Naro Moru.

Beryl Markham (geborene Clutterbuck, verheiratete Purves in der ersten Ehe, heiratete 1927 Mansfield Markham), wohnte zeitweise bei Tania Blixen auf MBogani. Kenias erste Trainerin für Rennpferde und erste Pilotin der Kolonie. Überflog 1936 als erste Frau allein den Atlantik von Ost nach West. Autorin der Autobiografie Westwärts mit der Nacht. Tania Blixen bezeichnete die siebzehn Jahre jüngere Freundin häufig als »das kleine Mädchen«.

Boganis, siehe unter Hauptmann Dinesen.

Bror von Blixen-Finecke, dänisch-schwedischer Baron, geboren und aufgewachsen auf dem Herrenhof Næsbyholm in Schonen. Tania Blixens Großvetter und Ehemann von 1914 bis 1924. Das Ehepaar trennte sich 1922. Bis 1919 war er Direktor der Karen Coffee Company. Lebte seit Anfang der 1920er Jahre als Großwildjäger und Jagdführer. Heiratete 1928 seine langjährige Geliebte Jacqueline Harriet Alexander, genannt Cockie. Zwillingsbruder von Hans Blixen.

Carl Søgaard, dänischer Farmverwalter, wurde 1930 als Verwalter der Karen Coffee Company angestellt.

Clara von Blixen-Finecke (geborene Krag-Juel-Vind-Frijs), dänisch-schwedische Baronin, Bror Blixens Mutter, Tania Blixens Großtante und Schwiegermutter, jüngere Schwester von Mogens Frijs, Cousine von Hauptmann Dinesen. Sie war verheiratet mit Baron Frederik von Blixen-Finecke, mit dem sie fünf Kinder bekam. Bror war das jüngste.

Charles Bulpett (der »alte Bulpett« oder »Uncle Bulpett«), ein geschwätziger, geselliger, älterer englischer Abenteurer und Gentleman, der in seiner Jugend in den 1870er Jahren die Dardanellen durchschwommen und das Matterhorn bestiegen hatte und ein legendärer Cricketspieler war. Er wohnte bei den McMillans, wo er Tania Blixen häufig begegnete. Er besuchte sie auch regelmäßig auf der Farm.

Cockie, Jacqueline Harriet Alexander, Engländerin, in der ersten Ehe mit Ben Birkbeck verheiratet, begegnete Bror Blixen 1919 in London und 1920 in Kenia. Sie wurde seine Geliebte. 1928 heirateten sie, und sie wurde damit ebenfalls Baronin Blixen. Der Spitzname Cockie – frech, naseweis – spielte auf ihren stets sprudelnden Humor und ihr eher schlichtes Gemüt an.

Daisy (Anne Margrethe Grevenkop-Castenskiold, geborene Krag-Juel-Vind-Frijs), Tochter von Lehnsgraf Mogens Krag-Juel-Vind-Frijs. Tania Blixens Großcousine und enge Freundin. Heiratete den Diplomaten und Kammerherrn Henrik Grevenkop-Castenskiold 1910.

Delamere, Lord, mit vollem Name Hugh Cholmondeley 3. Baron Delamere, englischer Baron, unter Freunden »D« genannt (Tania Blixen gehörte zu ihnen), einer der ersten englischen Siedler in Britisch-Ostafrika.

Denys Finch Hatton, englischer Adeliger, Sohn von Henry Stormont Finch Hatton, 13. Earl of Winchilsea und 8. Earl of Nottingham, ließ sich 1910 als Kaufmann in Britisch-Ostafrika nieder. Dekorierter Offizier (Hauptmann) der britischen Armee im östlichen Afrika und später in Mesopotamien während des Ersten Weltkriegs, bevor er in der letzten Phase des Krieges in Kairo eine Ausbildung als Pilot begann. Wurde Mitte der 1920er Jahre in Kenia Großwildjäger und Jagdführer. Flog seit 1930 in Kenia sein eigenes kleines Flugzeug, eine Gypsi Moth. Tania Blixens Geliebter und die große Liebe ihres Lebens.

Dickens, W. H., Südafrikaner und Farmverwalter der Karen Coffee Company von 1922 bis 1929.

Ea (Inger Benedicte Neergaard, geborene Dinesen), Tania Blixens große Schwester; professionell klassisch ausgebildete Sängerin. Heiratete 1916 den Gutsbesitzer Viggo de Neergaard.

Elle (Ellen Dahl, geborene Dinesen), Tania Blixens jüngere Schwester. Zog 1911 kurzzeitig nach Moskau und versuchte vergeblich, während des Ersten Weltkriegs Frontkrankenschwester in der englischen Armee zu werden. Heiratete 1916 den Rechtsanwalt Knud Dahl, der als Anwalt am Obersten Gericht Dänemarks zugelassen war. Debütierte 1929 als Autorin unter dem Pseudonym Paracelsus mit dem Buch Parabler (Parabeln).

Emil und Olga Holmberg, schwedische Siedler. Emil war einer der Verwalter der Karen Coffee Company, bis er 1922 entlassen wurde, weil er sich auf Kosten der Farm persönlich bereichert haben soll. Olga gehörte zeitweilig zu Tania Blixens Umgangskreis.

Eric von Otter, schwedischer Baron, der nach Britisch-Ostafrika auswanderte und zum Islam konvertierte. Wurde während des Ersten Weltkriegs Hauptmann der King’s African Rifles in Ostafrika. Die Afrikaner nannten ihn »Risasi Moja«, »ein Schuss«. Der Spitzname bezog sich auf seine außergewöhnlichen Schießfähigkeiten. Er war ein enger Freund von Bror und Tania Blixen. Mit Tania führte er während einer langen Safari intensive Gespräche über den Islam.

Farah Aden, Tania Blixens persönlicher Diener (Haushofmeister) in all ihren Jahren in Afrika. Er war Somali und kam aus Aden in Somaliland. Er empfing sie in Aden während ihrer ersten Reise nach Afrika Anfang 1914.

Fatima, Farah Aden hatte drei Frauen, zwei hießen Fatima, beide stammten aus Aden. Die erste heiratete er 1918, die andere 1928. Die zweite Fatima, Farahs dritte Frau, eine junge, fröhliche Frau, war ein häufiger Gast bei Tania Blixen.

Felice Bruce-Smith, australische Farmersgattin, siedelte sich in den 1920er Jahren mit ihrem Mann in Kenia an. Das Ehepaar mietete Tania Blixens Farmhaus MBagathi, bevor es 1928 die Nachbarsfarm kaufte, die einem der allerersten Siedler gehörte, Johnnie van de Weyer. Tania Blixen und Felice Bruce-Smith trafen sich mehrfach in der Woche zum Tee und zu lebhaften Gesprächen.

Frank Greswolde-Williams, wohlhabender Engländer, Besitzer einer großen Farm im Kedong Valley und Alkoholiker. Wurde Ende der 1920er Jahre verdächtigt, Drogen für den sogenannten Happy-Valley-Kreis nach Kenia zu schmuggeln. Tania Blixen betrachtete ihn als guten Freund und verkehrte mit ihm vor allem in den letzten Jahren des Ersten Weltkriegs und Anfang der 1920er Jahre.

Galbraith Cole, irisch-englischer Adeliger, Sohn von Sir Lowry Egerton Cole, dem 4. Earl of Enniskillen, Lord Delameres Schwager und Siedler in Britisch-Ostafrika/Kenia. Lebte auf der Farm Kekopey am Lake Elementeita. Berkeley Coles älterer Bruder.

Gamle Knudsen, siehe Peter Aarup.

Gustav Mohr, Norweger, Farmverwalter in Kenia. Mohr, der belesen und wissbegierig war, gehörte in Tania Blixens letzten Jahren in Afrika zu ihren engsten Freunden und war ihr eine unentbehrliche Hilfe und Stütze.

Hans von Blixen-Finecke, dänisch-schwedischer Baron, Bror Blixens Zwillingsbruder. 1909 war Tania unglücklich in ihn verliebt. Er starb 1917 bei einem Flugzeugabsturz.

Hauptmann Dinesen (Wilhelm Dinesen), Tania Blixens Vater. Bei seinen Zeitgenossen war er bekannt als Hauptmann Dinesen, berühmt für seine zahlreichen Kriegserlebnisse im Dänisch-Deutschen Krieg 1864, im Französisch-Deutschen Krieg 1870/71 (als Hauptmann des französischen Heeres), in der Pariser Kommune 1871 und dem Russisch-Türkischen Krieg 1877/78. Nach einem Aufenthalt in Nordamerika, wo er unter Indianern lebte, wurde er in Dänemark ein bekannter Schriftsteller, dessen Jagtbreve (Jagdbriefe) und Nye Jagtbreve (Neue Jagdbriefe), die unter dem Pseudonym Boganis erschienen, besonders populär waren. Von 1892 bis zu seinem Tod 1895 war er Abgeordneter des dänischen Parlaments Folketing. Er beging am 27. März 1895 Selbstmord.

Hugh Martin, Chef des Landdistriktbüros in Nairobi. Teilte Ende der 1920er Jahre sein Haus in der Stadt mit Denys Finch Hatton.

Ingrid Lindström, schwedische Offizierstochter, seit 1920 Siedlerin in Kenia. Zusammen mit ihrem Mann Gillis Lindström betrieb sie eine gemischte Farm bei Njoro in Zentralkenia. War Tania Blixens beste Freundin in Kenia.

Johnnie van de Weyer, britischer Siedler und Tania Blixens Nachbar, bis er Ende der 1920er Jahre schließlich Konkurs anmelden musste. Er pachtete 1919/20 das Land der Karen Coffee Company.

Juma bin Muhammed, Hausdiener bei Tania Blixen in den Jahren auf MBogani.

Kamande Gatura, ein junger Kikuyu, Schafhirte und Einzelgänger, den Tania Blixen bei sich aufnahm. Zunächst sollte er sich um den Hund kümmern, später avancierte er vom Küchenjungen zum Koch, zeitweise war er auch ihr persönlicher Assistent. Er hatte ein unvergleichliches Talent in der Küche und wurde wegen seiner Kochkünste eine lokale Legende.

Kitty (Frances McCreery), Amerikanerin, Tanias Bruder Tommy lernte sie 1917 in New York kennen, 1919 verlobten sie sich, doch Tommy löste die Verlobung und sagte die Hochzeit ab.

Knud Dahl, Rechtsanwalt, Sohn des vermögenden Seidengroßhändlers Lauritz Dahl, heiratete 1916 Elle.

Lettow-Vorbeck, Paul von, deutscher Oberstleutnant, später General und während des Ersten Weltkriegs Oberkommandierender des deutsch-ostafrikanischen Heeres, der sogenannten Schutztruppe. Die Engländer bewunderten seine militärischen Fähigkeiten, da seine zahlenmäßig unterlegene Truppe unbesiegt blieb. Während des Herero-Aufstands war er mitverantwortlich für den Völkermord an den Hereros. Später wurde er Freikorpsmitglied, nahm am Kapp-Putsch teil, sympathisierte mit den Nationalsozialisten und war ein Verfechter der Rassenhygiene. Tania Blixen lernte ihn 1914 auf ihrer Reise nach Britisch-Ostafrika kennen, sie blieben in lebenslangem Kontakt.

Lilian Gordon (geborene Bradburn), englische Suffragette, verheiratet mit dem Labour-Politiker und Hauptmann der britischen Armee Alban Gordon. Tanias Bruder Tommy lernte sie während seines Aufenthalts in einer Kadettenschule in England in Bexhill-on-Sea kennen. Sie hatten eine kurze Affäre, die sie beendete. Tommy war unglücklich in sie verliebt.

Mama (Mary Lucinde Westenholz, geborene Hansen), Tania Blixens Großmutter, die einflussreiche Patriarchin der Familie, großbürgerlich, gebildet und viktorianisch. Sie wurde stets Mama genannt.

McMillan, Lady, verheiratet mit dem amerikanischen Multimillionär William Northrup McMillan. Eine gute Freundin und Stütze in Tania Blixens Jahren in Afrika.

McMillan, Sir William Northrup, amerikanischer Siedler in Britisch-Ostafrika, Multimillionär und Geschäftsmann, der ursprünglich aus Ohio kam. Er wurde von den Engländern für seinen Einsatz bei der Entwicklung Ostafrikas und seine militärischen Dienste im Ersten Weltkrieg geadelt. Der ungewöhnlich korpulente Mann gehörte zu Tania Blixens ersten und besten Freunden in Afrika.

Mogens Krag-Juel-Vind-Frijs (Onkel Mogens), Lehnsgraf, Tania Blixens Großonkel, Vetter ihres Vaters. Dänemarks größter Grundbesitzer, residierte auf Frijsenborg bei Hammel in Mitteljütland. Seine Begeisterung für Ostafrika nach einer Safari 1911 inspirierte Tania und Bror Blixen, sich dort niederzulassen. Er investierte in ein Gebiet am Lake Naivasha, wo er ein Farmgebäude errichten ließ. Tania Blixen besuchte den Ort häufig, Frijs selbst kehrte jedoch nie nach Afrika zurück.

Mohder (Ingeborg Dinesen, geborene Westenholz), Tania Blixens Mutter. In der Familie wurde sie stets Mohder genannt.

Onkel Aage, siehe Aage Westenholz.

Onkel Mogens, siehe Mogens Krag-Juel-Vind-Frijs.

Onkel Rens (Laurentzius Dinesen), Hauptmann Dinesens großer Bruder und bis zu seinem Tod 1916 Kammerherr und Gutsbesitzer von Gut Katholm.

Otto Casparsson, schwedischer Wanderer und verkrachter Schauspieler, der Tania Blixen Anfang des Jahres 1928 auf dem Weg nach Tanganjika besuchte. Tritt in Jenseits von Afrika unter dem Namen Emmanuelson auf.

Peter Aarup, in Jenseits von Afrika der alte Knudsen genannt, war der erste dänische Siedler in Kenia. Abenteurer, Fischer, Bootsbauer, Erfinder und vieles mehr. Er war alt, beinahe blind und alkoholisiert, als er 1924 Tania Blixen besuchte und einige Monate bis zu seinem Tod im selben Jahr auf der Farm wohnte. Tania Blixen war fasziniert von seinem Erzähltalent.

RagnarWestenholz, Tania Blixens Großvater. Verdiente ein Vermögen im Kornhandel in London, war später Etatrat, Folketing-Abgeordneter und für kurze Zeit dänischer Finanzminister. Er starb 1866.

Remy Martin, Bauherr, der auf einer Zwangsauktion 1930 das Land der Karen Coffee Company kaufte, um das Gebiet zu einem Stadtteil Nairobis für Wohlhabende auszubauen, den er »Karen« nennen wollte, nach Tania Blixens eigentlichem Vornamen Karen. Er bot Tania Blixen an, auf MBogani wohnen zu bleiben, obwohl die Kaffeefelder als Baugrund parzelliert wurden.

Saufe, siehe Sofe.

Sofe, Sohn von Farah und seiner dritten Frau Fatima, geboren 1928. Tania Blixen liebte ihn wie ihren eigenen Sohn.

Tante Bess (Mary Bess Westenholz), Tania Blixens Tante. Lebte mit Mama auf dem Gut Folehavegaard. Blieb ihr Leben lang unverheiratet. Frauenrechtlerin, Rednerin, Mitgründerin der Freien Kirchengemeinde (Unitarier) und Redakteurin des kirchlichen Gemeindeblatts. Sie und Tania Blixen waren häufig grundsätzlich unterschiedlicher Meinung, vor allem in Fragen der Sittlichkeit. Tante Bess war jedoch eine große Bewunderin von Tanias literarischem Talent und ermunterte sie, Schriftstellerin zu werden.

Thaxton, H., Amerikaner, Verwalter von Karen Coffee Company von 1922 bis 1929.

Thyra Krag-Juel-Vind-Frijs (Tante Thyra), Lehnsgräfin, Mutter von Mogens Frijs, Tania Blixens Großtante und Tante ihres Vaters Wilhelm Dinesen, für den sie eine Art Reservemutter gewesen war.

Tommy (Thomas Dinesen), Tania Blixens geliebter jüngerer Bruder. Er nahm 1918 freiwillig auf der englisch-kanadischen Seite am Krieg an der Westfront teil und bekam das Victoriakreuz für seinen Einsatz. Lebte als Tania Blixens rechte Hand und Ratgeber von 1920 bis 1922 auf der Farm in Afrika. Heiratete 1926 Jonna Marie Lindhardt. Debütierte als Autor 1929 mit Erinnerungen an seine Fronterlebnisse, No Man’s land.

Tumbo, Sohn des Hausdieners Juma, eines der Kinder auf der Farm, die Tania Blixen gleichsam als ihre eigenen ansah.

Viggo de Neergaard, Gutsbesitzer von Valdemarskilde in der Nähe von Sorø. Heiratete 1916 Ea. Wurde 1930 Vorstandsvorsitzender von Karen Coffee Company als Nachfolger von Aage Westenholz.

Vivienne de Watteville, Tochter eines bekannten Schweizer Botanikers und Entdeckungsreisenden. Auch sie hatte Abenteuerlust im Blut und war viel in Afrika umhergereist. Bekannte von Denys Finch Hatton und ein Gast auf MBogani während eines kleinen exklusiven Abendessens für den Prinzen von Wales 1928.

© Rungstedlundsammlung der Königlichen Bibliothek Kopenhagen

Über Kaffeesamen, Beeren und Bohnen

Französische Missionare der St. Austin’s Mission begannen Mitte der 1890er Jahre, in Kenia Kaffee anzubauen.

© Nigel Pavitt

Kaffee besteht aus den Samen der ewiggrünen Bäume der Sorte Coffea, die ursprünglich aus Abessinien (Äthiopien) stammt. Die Bäume wachsen in tropischem Klima und gedeihen typischerweise bei einer Durchschnittstemperatur von fünfzehn bis dreißig Grad, einem jährlichen Niederschlag zwischen tausendfünfhundert und zweitausendfünfhundert Millimetern und einer Höhe von tausend bis zweitausendfünfhundert Metern über dem Meeresspiegel. Drei, vier Jahre nach der Pflanzung eines Kaffeebaums, der seinem Aussehen nach umgangssprachlich auch als Busch bezeichnet wird, beginnt er, Beeren zu tragen. Die reifen Beeren sind dunkelrot und erinnern an kleine, feste Kirschen. Bevor sie Beeren entwickeln (in der Regel zweimal jährlich), blühen Kaffeebäume wie Kirschbäume und explodieren in einer Wolke aus hübschen weißen, jasminähnlichen Blüten.

Die Beeren hängen in traubenförmigen Gebinden an den Zweigen, müssen aber einzeln gepflückt werden. Eine Beere enthält in der Regel zwei Samen, die üblicherweise »Bohnen« genannt werden, wenngleich dieser Begriff nicht korrekt ist. Sind die Beeren gepflückt – die reifen Beeren können beinahe (aber nur beinahe) von den Ästen gestrichen werden –, wird in einem mechanischen Prozess das Fruchtfleisch von den Bohnen getrennt – das sogenannte pulping. Die Reste des Fruchtfleischs lösen sich in großen Wannen durch Fermentation. Anschließend werden die Bohnen auf großen Maschendrahtgestellen in der Sonne oder in einem Trockner getrocknet.

Die Bohnen durchlaufen nun einen Prozess, der grading genannt wird, das heißt die Sortierung nach Größe. Dies geschieht entweder von Hand oder mechanisch. Noch immer sind die Bohnen ganz hell und ähneln beinahe Erdnüssen. Dies liegt an der pergamentartigen Haut, von der die Bohnen umgeben sind. Sie muss entfernt werden. Dieses hulling geschieht ebenfalls mechanisch in einer Art Trockner. Nun hat man die sogenannte grüne Kaffeebohne. Sie muss entweder direkt vor Ort oder bei einem Großhändler geröstet werden. In jedem Fall werden die meisten Bohnen in Säcke gefüllt und verschifft. Über verschiedene Verkaufsstationen gelangen sie schließlich in den Einzelhandel.

Nach dem Mahlen sind die Bohnen bereit, den Geschmack abzugeben, den wir von einer Tasse Kaffee kennen.

Über den Kaffeeanbau in Britisch-Ostafrika

Afrikaner sortieren die ganz hellen Kaffeebohnen, die noch immer mit einem Häutchen überzogen sind.

© Elisabeth Gregory

Im Jahr 1902 wurden die ersten reifen Kaffeebäume im ostafrikanischen Hochland abgeerntet, dem Teil des Landes, der später Kenia genannt wurde. Sie gehörten zu der Sorte Coffea Arabica und waren von katholischen Missionaren der St. Austin’s Mission Mitte der 1890er Jahre nahe des späteren Nairobi im Hochland gepflanzt worden. Die Missionare bekamen die Samen aus Aden – ursprünglich kamen die Samen jedoch von der Insel Bourbon (dem heutigen Réunion) im Indischen Ozean östlich von Madagaskar. Zu ihrer großen Freude entdeckten die Missionare, Vater Tom Burke und die Brüder Lucien, Timothy und Martial, dass das Klima im kenianischen Hochland ideal war, denn die Samen sprossen und wurden zu Bäumen. Seit dieser ersten Ernte versorgte die Mission sich selbst mit Kaffee.

Die Geschichte des Kaffees könnte hier schon zu Ende sein, wären nicht umtriebige Siedler in das 1895 übernommene britische Protektorat geströmt (seit 1920 hieß es offiziell Kronkolonie Kenia), die bereit waren, mit allen möglichen Früchten und Pflanzen zu experimentieren – in der Hoffnung auf eine neue und profitable Existenz. Inspiriert vom Erfolg der Missionare wurden 1902 die ersten Kaffeebäume zur kommerziellen Nutzung in Britisch-Ostafrika gepflanzt. Bereits zehn Jahre später konnte das Department of Agriculture, das britische Landwirtschaftsministerium, in seinem Jahresbericht 1912/13 mitteilen, dass »die Ursache des sehr raschen Anstiegs der Bodenpreise in großen Teilen des Hochlands in besonderem Maß auf den Erfolg des Kaffeeanbaus zurückzuführen ist … Erfreulicherweise haben die angebauten Sorten eine steigende Nachfrage auf den europäischen Märkten; die Preise, die für ostafrikanischen Kaffee erzielt werden, gehören zu den höchsten der Welt.«

Die Statistiken über den Kaffeebohnenexport aus Britisch-Ostafrika sind verblüffend. 1909 wurden noch bescheidene 8,6 Tonnen exportiert. Ein Jahr später war es bereits mehr als das Dreifache. Und in den folgenden Jahren verdoppelte sich die Zahl Jahr für Jahr (mit einem einzigen Ausnahmejahr, in dem die Steigerung lediglich fünfzig Prozent betrug), sodass 1914 zweihundertfünfundsiebzig Tonnen im Wert von achtzehntausendfünfhundert Pfund exportiert wurden, was einem heutigen Wert von rund sieben Millionen Euro entspricht. Am Umsatz gemessen war der Kaffeeanbau damit noch kein großer wirtschaftlicher Faktor. Aber gemessen am Wachstum und am Potenzial – nicht zuletzt, was die Bodenpreise betraf – waren es in den Augen eines Farmers oder Investors phänomenale Zahlen, denn der Durst nach Kaffee schien auf den globalen Märkten unstillbar zu sein. Ganz abgesehen vom Durst der Bodenspekulanten nach einem neuen Eldorado.

Träumte man also von schnellem und großem Reichtum und hatte das Geld, die Arbeitskraft und dazu noch den Mut, sich in ein Abenteuer zu stürzen, dann waren die Nachrichten und Statistiken aus Kenia mehr als faszinierend. Bei allem Eifer wurden jedoch gern die vielen eindeutigen Warnungen übersehen, die es seit den allerfrühesten Anfängen des Kaffeeanbaus auf dem afrikanischen Hochland gab. Denn häufig wurden die Farmer mit Problemen konfrontiert, die an die zehn biblischen Plagen erinnerten: das launische ostafrikanische Klima, die zahlreichen Tropenkrankheiten und die vielen verschiedenen Schädlinge. Insbesondere der Bohrkäfer konnte die Pflanzen angreifen und in Rekordzeit die Ernte von einem oder mehreren Jahren vernichten und auf diese Weise auch die am besten bewirtschaftete Farm ruinieren. Doch derart niederschmetternde Geschichten wurden von den Siedlern nicht ernst genommen, wenn sie sich erst einmal für das Wagnis entschieden hatten und fest an ihren Erfolg glaubten.

Wenn dieser Glaube nämlich fehlte, konnte man schnell in eine Situation geraten, aus der es tatsächlich keinen Weg zurück mehr gab, selbst wenn man es gewollt hätte. Daher blieb den meisten Farmern keine andere Wahl, als alles auf ihren Traum zu setzen, auch wenn er sich in einen Albtraum verwandelte. Koste es, was es wolle.

Ein Schrei in der Dunkelheit (ein Abend auf der Kaffeefarm)

MBOGANI, NGONG HILLS, KENIA, 1. APRIL 1926. Kühl weht der Wind aus der Athi-Ebene, ganz in der Nähe heulen Hyänen. In den letzten Tagen hat es geregnet, dieser lebenspendende Regen; der Duft des Tropenwaldes, des Kikuyu-Waldes, und der Maisfelder ist süßlich und kräftig. Hinter den langen, gleichmäßigen Reihen der Kaffeebüsche, die die Grenze zum Massai-Reservat am Fuß der Ngong Hills bilden, geht der Mond langsam und majestätisch auf. Schon bald wird er durch die großen weißen Wolken brechen, die über den ganzen Himmel verteilt sind. Es ist Nacht. Nacht in Afrika, und Tannes Finger tanzen über die Tastatur ihrer Corona.

»Mein lieber alter Tommy«, schreibt sie an ihren geliebten jüngeren Bruder und öffnet ihm wie so oft zuvor ihr Herz. »Schreiben muss ich, und ich weiß nicht, wem ich schreiben soll, wenn nicht Dir; mit wem könnte ich sonst aufrichtig sprechen?«

Es ist Nacht in Afrika, und es ist dunkel in ihrer Seele. Der Tanz der Finger ist angespannt. Zu schreiben erfordert all ihre Kraft. Sie läuft, wie sie es selbst formuliert, nur noch auf zwei Zylindern. Wochenlang ist sie kaum aus dem Bett gekommen, es war ihr bisher nicht möglich, Tommy zu schreiben, obwohl sie im Geist einen Brief nach dem anderen an ihn verfasst hat. Doch ihre Worte blieben im Geist hängen. Aber nun – in diesem Augenblick, beim Geheul der Hyänen – hat sie all ihre Kräfte mobilisiert. Hauptsache, es gelingt, den Brief zu beenden und abzusenden. Sie braucht dringend seine Hilfe. Ihr Schmerz ist so groß, dass es sich anfühlt, »als wäre ich lebendig begraben. Stell Dir vor, Du würdest mich in der Dunkelheit liegen sehen, mit dem Gewicht der Welt auf meiner Brust, Du musst mir diesen Schrei verzeihen.«

Es gibt viele Gründe, warum sie nicht mit sich zurechtkommt und einfach nur schreien möchte. Die Schulden der Farm werden immer größer, obwohl sie darum kämpft, die Farm profitabel zu führen. Durch ihre alles verschlingende Liebe zu Denys Finch Hatton hat sie das Gefühl, zwischen Himmel und Hölle hin- und hergerissen zu sein. Im Himmel ist sie, wenn er bei ihr ist, in der Hölle, wenn er unterwegs ist – und das ist er meist, auch jetzt. So kann es nicht weitergehen. Sie wird zerrissen. Aber was soll sie tun?

Ihr Schrei in der Dunkelheit stellt die quälende Frage, auf die sie endlich eine Antwort finden muss, wenn sie sich Hoffnung machen will, all dies aufrechtzuerhalten und den Kampf um das Überleben der Farm – und ihrer Liebe – zu gewinnen, ja, wenn ihre eigene Existenz überhaupt einen Sinn haben soll. Sie ist fast einundvierzig Jahre alt – und was war ihr Leben bisher? Ein einziges großes Fiasko? Ist es nicht zu spät, sich ein Leben zu schaffen? Ein wirklich unabhängiges Leben? Vielleicht ist eine Kugel in den Kopf inzwischen die beste – die einzige – Lösung? Es klingt melodramatisch, und doch ist es ernst gemeint. Eines hat Tania Blixen mit ihrem Bruder gemein, der sich auf britischer Seite am Großen Krieg, wie der Erste Weltkrieg dort genannt wurde, freiwillig beteiligte und für seinen Einsatz im Schützengraben mit dem Victoriakreuz, dem höchsten Tapferkeitsorden des Empire, ausgezeichnet wurde: Sie hat überhaupt keine Angst vor dem Tod. Und sie würde lieber sterben – das weiß sie tief im Inneren –, als ihrer Freiheit, ihrer Liebe, ihrer Tatkraft und ihrer Würde beraubt zu werden. Ja, sie würde hier draußen lieber sterben und zur ewigen Ruhe an den Ngong Hills bestattet werden als nach Dänemark zurückzukehren, um dort ein bürgerliches Leben zu führen. Es ist keine Option für sie. Es würde ihre Seele ersticken und sie einsperren wie einen Vogel in seinem Bauer.

Sie gehört hierher, schreibt sie an Tommy.

Aber wie konnte es zu dieser derart verzweifelten Situation kommen? Die Corona klappert. »Wann genau bin ich eigentlich aus der Spur geraten, die mich an diesen Punkt geführt hat, an dem ich nun, wie soll ich sagen: festgefahren bin? War es meine Verlobung mit Bror? – unser Entschluss, hierherzureisen? – oder irgendein Zeitpunkt hier draußen?«

Oder war es sehr viel früher, lange bevor sie nach Afrika ging?

Der Mond steht über den langen, geraden Reihen der Kaffeebüsche. Würden hellere Zeiten für sie anbrechen?

Tania Blixens Schreibmaschine.

© Rungstedlundsammlung der Königlichen Bibliothek Kopenhagen

Eine Braut bricht auf

Karen Dinesens Reise nach Britisch-Ostafrika vom 28. Dezember 1913 bis zum 15. Januar 1914.

© Møllers grafiske tegnestue

DREIZEHN JAHRE ZUVOR. Sie erregt Aufmerksamkeit unter den übrigen Passagieren der Ersten Klasse auf dem deutschen Dampfschiff S/S Admiral, das Neapel am 28. Dezember 1913 um 02.30 Uhr mit Kurs auf Mombasa verlässt. Der Blick ihrer tief liegenden, nachtschwarzen Augen ist ungewöhnlich intensiv, der Teint elfenbeinmatt, die Haare nussbraun, die Gestalt anmutig. Auf der Passagierliste wird sie als »Frau Karen Dinesen« geführt. Das ist ein Fehler. Denn trotz ihrer achtundzwanzig Jahre ist sie noch Fräulein. Ihr voller Name lautet Karen Christentze Dinesen.

Fräulein Dinesen ist verlobt und hat gerade die Reise ihres Lebens angetreten. In Mombasa in Britisch-Ostafrika wartet ihr zukünftiger Ehemann, unmittelbar nach ihrer Ankunft soll geheiratet werden. Dann wird ihr rechtmäßiger Titel Baronin lauten. Der Bräutigam ist ihr Großvetter, der siebenundzwanzigjährige schwedische Baron Bror Frederik von Blixen-Finecke, der normalerweise Bror Blixen und bei seinen Freunden in Afrika einfach Bror oder Blix genannt wird. Doch obwohl sie sich bald daran gewöhnen muss, als Baronin Blixen angesprochen zu werden – es wird nicht lange dauern –, hat sie in ihrer Familie und unter ihren engsten Bekannten seit ihrer Kindheit einen Kosenamen: Tanne. In Deutschland wird sie viele Jahre später als Tania Blixen berühmt werden.

Tanne und Bror planen, eine Kaffeefarm im ostafrikanischen Hochland zu betreiben, zwanzig Kilometer westlich von Nairobi. Bror soll die Farm leiten, Tanne die Buchhaltung übernehmen. Bror ist vorausgereist, um eine Farm zu kaufen und alles vorzubereiten. Insgesamt haben Tannes Mutter und ihr Bruder Aage für die neu gegründete Aktiengesellschaft Karen Coffee Company Ltd. Bror zwanzigtausend Pfund zur Verfügung gestellt, eine Summe, die einem heutigen Wert von rund 3,4 Millionen Euro entspricht. Der Aufenthalt in Afrika ist für unbestimmte Zeit geplant, und zum Schutz vor dem Fremden hat Tanne mehr oder weniger die komplette europäische Zivilisation mitgenommen. Schiffskisten voller Silber, Porzellan, Champagnergläser, einen Ganzkörperspiegel, Stühle, Tische und Schränke, Tischwäsche, Gemälde, Schmuck und Teppiche, eine Standuhr, die Bibliothek ihres Großvaters Regnar Westenholz mit dänischer Literatur, vor allem aus den 1830er und 1840er Jahren (unter anderem Autoren wie Paludan-Müller, Blicher, Oehlenschläger, Ingemann und Grundtvig), eine große französische Glocke, eine enorme Garderobe sowie ein besonders geschätztes Hochzeitsgeschenk: Dusk, einen mageren, rauhaarigen schottischen Hütehund.

Lange hat Tanne sich danach gesehnt, die Normen und das Selbstverständnis ihres großbürgerlichen Elternhauses abzustreifen – mit der immanenten Ironie, dass gerade diese Familie ihr afrikanisches Abenteuer finanziert, ihre Jagd nach »dem Großen im Leben«, wie sie es bezeichnet. Dem Grenzüberschreitenden, dem Gewagten. Tanne zeichnet und malt auf hohem Niveau und hat ein ungewöhnliches Erzähltalent. Seit ihrem achten oder neunten Lebensjahr hat sie Gedichte und fantasievolle Geschichten geschrieben, und obwohl sie bereits einige Jahre zuvor ihr literarisches Debüt hatte und drei ihrer Erzählungen in durchaus prestigeträchtigen Magazinen veröffentlichen konnte, hat sie ihre unzähligen Geschichten alle in der Schreibtischschublade versteckt – ebenso ein Gedicht, in dem sie als Achtzehnjährige ihre Sehnsucht beschreibt, ihre Kräfte zu entfesseln und sich selbst zu finden.

In meinem Gefängnis singt mein Herz

nur von Flügeln, nur von Flügeln,

kein anderes schönes Lied der Welt erklingt in seinen Ohren.

Selbst Vögel, die im Bauer schlüpfen, haben Träume,

in denen sie sich frei hinauf zum Himmel schwingen,

und in seinem Gefängnis singt mein Herz

nur von Flügeln, nur von Flügeln.

Obwohl sie es eilig hat, ihren Bauer zu verlassen, strahlt sie doch etwas Verlorenes aus, das ihre Mitreisenden fasziniert, die kaum die Augen von ihr abwenden können. Sie ist schön, ohne auffällig hübsch zu sein. Auffällig ist sie in ihrer Verlorenheit. Sie nimmt einen gewissen Raum ein, obwohl ihre Gestalt eher schmächtig ist. Ein Mitpassagier, der schwedische Graf Carl Gustaf Lewenhaupt til Aske i Håtuna og Håbotibble beschreibt sie in seinem Reisetagebuch als »arm, einsam und seit Italien malariakrank«.

Allerdings bemerkt er schon bald, dass ihre Persönlichkeit weitaus komplizierter ist. Alle, die sie kennen, wissen um ihre Stimmungsschwankungen: von exaltiert und unverhohlen begeistert – ist sie in ihrem Element, ist sie unwiderstehlich charmant und keck – bis hin zu Missmut, Depression und Selbstzweifeln. Zu Beginn der Reise ihres Lebens ist sie in dieser Gemütsverfassung.

»Alles bereitet mir Anstrengung, das Aufstehen, das Ankleiden, überhaupt zu leben, und oftmals … bin ich so verzweifelt und müde, dass ich nicht glaube, noch am Leben zu sein, wenn ich in Mombasa ankomme«, schreibt sie von Bord der S/S Admiral an ihre Mutter.

Die Tristesse liegt an ihrer Unentschlossenheit. Ist es richtig, nach Afrika zu reisen und dort ihren Vetter zweiten Grades zu heiraten? Sie ist ein wenig in ihn verliebt – beide sind Träumer und verstehen es, sich gegenseitig zu begeistern –, sie sind sich sympathisch, aber eine tiefe Liebe empfindet sie nicht. Die bevorstehende Ehe ist im Grunde eine fixe Idee. Eigentlich hatte sie sich unglücklich in Brors zwei Minuten älteren Zwillingsbruder Hans verliebt, der sie allerdings nicht beachtete. Außerdem ist es ihr peinlich, zu den wenigen Passagieren der Ersten Klasse zu gehören, die keinen persönlichen Diener haben.

Bei stürmischem Wind mit Hagel und Regen dampft die S/S Admiral vom Tyrrhenischen Meer ins Mittelmeer. Die Passagiere, darunter Tanne, leiden an Seekrankheit, wodurch sich ihr Gefühl verstärkt, dem Tode nahe zu sein. Der Doppelschraubendampfer Admiral, Stolz der Deutschen Ost-Afrika Linie, ist ein modernes Schiff von sechstausenddreihundert Bruttoregistertonnen und verfügt rund um die Uhr über Elektrizität und einen drahtlosen Telegrafen. Das Schiff hat keine Probleme mit dem hohen Seegang, doch erst als ruhigeres Fahrwasser erreicht wird, können die Passagiere der Ersten Klasse sich an dem gebotenen Komfort erfreuen. Kabinen mit Bad, Ankleideraum, Telefon am Bett und einem elektrischen Ventilator, der vor allem in tropischen Gewässern von großem Nutzen ist. Außer dem Promenadendeck gibt es ein Loungedeck, einen Rauchersalon und einen eleganten Speisesaal. Ein Blechbläsersextett spielt zweimal am Tag, und die einhundertzwölfköpfige Besatzung steht rund um die Uhr zur Verfügung, um für das Wohlbehagen der Herrschaften zu sorgen.

Jedoch reisen nur die wenigsten Erster Klasse. Die meisten Passagiere sind einfache Aussiedler aus Großbritannien, Deutschland und Skandinavien. An Bord sind junge britische Beamte, aber auch Großwildjäger, die selten müde werden, von ihren Taten zu erzählen. Einer von ihnen behauptet, auf seiner letzten Safari elf Löwen erlegt zu haben; er kehrt nach Afrika zurück, um weitere zu schießen.

Tanne mit ihrer Mutter und Schwester Elle (mit dem Rücken zum Betrachter) in Neapel vor ihrer Abreise nach Mombasa.

© Rungstedlundsammlung der Königlichen Bibliothek Kopenhagen

Die Kabinen der Ersten Klasse mit eigenem Telefon.

© Akbar Hussein

Die S/S Admiral.

© Akbar Hussein

Port Said.

© Rungstedlundsammlung der Königlichen Bibliothek Kopenhagen

Der Hafen von Neapel.

© Akbar Hussein

Allerdings gibt es durchaus auch vornehme Reisende. Darunter einige Adelige und einen hochrangigen Offizier, außerdem sind der neunundzwanzigjährige schwedische Prinz und Herzog von Södermanland Wilhelm und sein Gefolge an Bord: Kammerdiener André, der bereits erwähnte Graf Lewenhaupt und der Kabinettskammerherr Erland Broström. Der Prinz reist inkognito als »Count Stenhammar«. Er will auf Safari gehen, was heißt auf Großwildjagd. Ein junger Baron Goldschmidt-Rothschild mit Ehefrau und acht Dienern gehört ebenfalls zu den vornehmeren Passagieren. Auch er will auf Safari und hat zahlreiche großkalibrige Schusswaffen in seinem Gepäck.

An Bord trifft sie zudem einen berühmten deutschen Wissenschaftler, Maximilian Zupitza, einen Bakteriologen und Experten für Tropenkrankheiten, der für seine Studien über die Schlafkrankheit bekannt ist, die – so beweisen seine Forschungsergebnisse – von einem Parasiten in Uganda ausgelöst wird. Es ist seine dreiundzwanzigste Reise nach Afrika, im Gepäck hat er Hunderte von Ratten und Meerschweinchen als Versuchstiere. Seine Arbeit macht Fortschritte, so berichtet er Tanne unterwegs, obwohl die Behandlung der Afrikaner – die mutig sind und niemals über Schmerzen klagen – schwierig sei, da sie eine tiefe Abneigung gegen Regelmäßigkeit und Wiederholungen haben. Seiner Ansicht nach müsse man schon von einer Art Verrücktheit sprechen, da sie sich nicht seiner Systematik und Routine unterordnen wollten.

Ein anderer wissenschaftlich ausgebildeter Passagier ist Mr. Robson, ein Chirurg, Leibarzt des ehemaligen Königs Edward. Er reist jedoch nicht aus ärztlichem Interesse nach Afrika, sondern ebenfalls um Löwen zu schießen. Er wird später durch einen Schuss seines afrikanischen Waffenträgers sterben, der nervös am Gewehr herumfummelt, als sie einem Löwen direkt gegenüberstehen.

Schließlich gibt es noch einen deutschen Oberstleutnant auf dem Schiff, den dreiundvierzigjährigen Paul von Lettow-Vorbeck, der auf dem Weg nach Daressalam ist, der Hauptstadt Deutsch-Ostafrikas, um das Kommando über die dortigen deutschen Truppen zu übernehmen – eine kleine professionelle Einheit gut ausgebildeter afrikanischer Soldaten, sogenannter Askaris (Suaheli für Soldat, Polizist oder Wachmann), die Schutztruppe genannt wird. Obwohl Lettow-Vorbeck an einem Auge verletzt ist – das Resultat eines Gefechts – und er große Kriegserfahrungen hat, unter anderem aus Feldzügen in Deutsch-Südwestafrika (Namibia) gegen aufständische Hottentotten und Hereros, die heute als Völkermord gelten, tritt er als sanfter, höflicher, gebildeter und reservierter pommerscher Adeliger auf.1

Jedoch kann man sich bei einer dichten Kabinenbelegung und mehreren täglichen Mahlzeiten im Speisesaal kaum reserviert verhalten. Selbst das entkräftete und deprimierte Fräulein Dinesen fängt an, mit ihren Mitreisenden in Kontakt zu treten. Als Graf Lewenhaupt klar wird, dass sie Bror Blixens Verlobte ist – Lewenhaupt hat mit Bror die Landwirtschaftsschule besucht –, lädt er sie als festen Gast an den Tisch von Prinz Wilhelm ein. Lewenhaupts erster Eindruck von einer verzagten und einsamen Tanne ändert sich bei näherer Bekanntschaft.

»Sie ist ein eigentümliches Mädchen, emanzipiert und ohne Skrupel«, notiert er in seinem Tagebuch. Das Emanzipierte und Skrupellose besteht darin, dass sie ihm erzählt hat, sie werde heiraten, obwohl es in Britisch-Ostafrika keinen lutherischen Pastor gebe, mit anderen Worten, es werde keine kirchliche Heirat geben. Das kommt dem Grafen unerhört vor. Zudem schreibt er in sein Tagebuch, sie scheine ihm nicht sonderlich intelligent zu sein. Allerdings sind sämtliche junge Frauen, die er während der Reise beschreibt, seiner Ansicht nach ein wenig dumm. Dafür ist er ausgesprochen großzügig in seiner Einschätzung und Beschreibung ihrer körperlichen Reize.

Wenn Tanne nicht mit den Schweden isst, mit Dusk promeniert oder müde und allein in ihrer Kabine sitzt, versucht sie, ein Dienstmädchen zu engagieren. Sie hat die deutsche Haushälterin Martha kennengelernt, die sie anstellt, um ihre Kleider zu waschen. Sie plant, Martha auf die Kaffeefarm mitzunehmen.

»Das Schlimmste an dieser ansonsten herrlichen Person ist, dass sie so teuer ist«, vertraut Karen ihrer Mutter in einem schlecht verhohlenen Versuch an, den mütterlichen Segen zu bekommen, um Martha fest anzustellen.

Silvester erreicht die Admiral Alexandria, an Bord findet ein Fest mit Musik und Tanz statt. Am 2. Januar kommt das Schiff in Port Said an der Mündung des Suezkanals an. Die Admiral legt im Hafen an, um Kohle aufzunehmen. Ein endloser Strom schwitzender schwarzer Männer und Frauen leert die Körbe, die sie auf dem Kopf tragen, in den Laderaum, um sofort zurückzueilen und einen neuen Korb Kohle zu holen. Eine immer dichtere Wolke aus Kohlenstaub legt sich langsam über das Schiff. Tanne geht an Land und notiert in einem Brief, auf dem wimmelnden und lärmenden Kai des Hafens stehe alles zum Verkauf, »Seide und Krummschwerter, Opium, Whisky und kleine Kinder«.

In dem wie mit dem Lineal gezogenen Suezkanal hat man vom Schiffsdeck aus die Aussicht auf Sand und nochmals Sand; hin und wieder ist eine Kamelkarawane zu entdecken. Die Temperaturen steigen. Im Roten Meer ist die Luftfeuchtigkeit hoch, die Sonne glüht. Fliegende Fische springen am Schiff entlang, und in der Nacht phosphoreszieren die Wellen durch Meeresleuchten. Bei Bab al-Mandab gerät das Schiff in einen Sturm. Als der Sturm nachlässt, kommt die Admiral an zwei havarierten Dampfschiffen vorbei, bevor sie Aden erreicht, eine unfruchtbare, unter Trockenheit leidende jemenitische Stadt auf einem Felsvorsprung der Arabischen Halbinsel.

Der Somali Farah, Tannes unentbehrlicher persönlicher Diener.

© Tove Hussein

Auch hier geht Tanne an Land, um sich umzusehen. Kaum ist sie von Bord, kommt eine junge, ernste und gut angezogene Gestalt mit einem bunten Turban auf sie zu. Er grüßt mit der Hand an der Stirn, es fällt ihr schwer, ihn zu verstehen. Er spricht »tief und kehlig«, so beschreibt sie seine Stimme in Schatten wandern übers Gras, stottert ein wenig, und sein Englisch scheint mangelhaft zu sein. Sie hat den Eindruck, als würde er jedes Mal am liebsten sterben, wenn er etwas sagen will. Der junge Mann stellt sich als Farah vor und übergibt ihr einen Brief von Bror. Er hat ihr Farah geschickt. Farah ist kein Inder, wie Tanne zunächst vermutet, sondern ein Somali aus dem stolzen Stamm der Habr Yunis, der seit vierzehn Tagen auf sie gewartet hat. Ursprünglich kommt er aus Aden (sein Nachname ist Aden), er hat Familienangehörige in der Stadt und die Wartezeit genutzt, um zu heiraten. Nun steht er bereit, um Tanne für den Rest der Reise als ihr Schatten zu folgen. Bror hat seine Verlobte richtig eingeschätzt. Er weiß, wie sehr sie sich danach sehnt, stilvoll aufzutreten. Nun hat sie, was sie so lange vermissen musste: ihren eigenen Diener. Schlagartig verbessert sich ihre Stimmung.

Von Aden fährt die Admiral im Indischen Ozean die Küste Somalilands entlang. Das Schiff nähert sich dem Äquator, und es wird so heiß, dass die Passagiere sich so weit wie möglich im Freien aufhalten, immer legerer gekleidet. Einige tragen sogar dünne Seidenpyjamas – mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass die Formen der Frauen deutlicher hervortreten, als man es normalerweise gewohnt ist, wie der aufmerksame Graf Lewenhaupt bemerkt.

Eine nun ausgesprochen zufriedene Tanne geht an Deck spazieren, mit Dusk an ihrer Seite und Farah einige Schritte hinter ihr. Sie verbringt jetzt mehr Zeit mit den anderen Passagieren, vor allem mit dem Oberstleutnant Lettow-Vorbeck. Sie sind sich sympathisch. Er ist von ihrem intelligenten und flirtenden Charme fasziniert, sie von seiner romantischen Aura als Offizier, Gutsbesitzer und Gentleman der alten Schule.

In gewisser Weise hat sie das Gefühl, ihrem so sehr vermissten Vater zu begegnen, der 1895 unter mysteriösen Umständen im Alter von neunundvierzig Jahren plötzlich verstarb. Sie war damals knapp zehn Jahre alt. Seine Zeitgenossen kannten Wilhelm Dinesen, den Sohn eines Gutsbesitzers, nur als Hauptmann Dinesen. Er war in der Welt herumgekommen, galt als einer der tüchtigsten Jäger Dänemarks und hatte als Offizier an mehreren Kriegen teilgenommen, in denen man ihn für seine Tapferkeit und seinen Mut ausgezeichnet hatte.

Lettow-Vorbeck stamme, schrieb Tanne an ihre Mutter, »aus einer richtig alten Mecklenburger Familie und war mein bester Freund«. Lettow-Vorbeck und sie sitzen einige Abende unter dem sternenklaren Tropenhimmel und plaudern stundenlang. Sie verabreden, irgendwann in den nächsten Monaten gemeinsam auf Safari zu gehen.

Er beklagt, dass es in Deutsch-Ostafrika an guten Pferden fehle. Großzügig verspricht sie ihm, der kaiserlich-deutschen Schutztruppe zehn abessinische Zuchtstuten zu beschaffen. Als sie sich in Mombasa voneinander verabschieden, verehrt er ihr ein Foto, das ihn stolz in Uniform auf einem Pferd zeigt. Auf die Rückseite des Fotos hat er geschrieben:

Das Paradies der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde, in der Gesundheit des Leibes, am Busen des Weibes.

Ihr offensichtlicher Flirt wird Tanne einige Monate später ernsthafte Probleme bereiten, da man sie für eine Sympathisantin der Deutschen hält. Doch als sie munter unter dem Sternenhimmel plaudern, ahnt niemand, dass im Sommer ein Weltkrieg ausbrechen und Britisch-Ostafrika gegen Deutsch-Ostafrika Krieg führen wird, dessen Truppen von ebenjenem Lettow-Vorbeck angeführt werden.

Der Suezkanal

© Elisabeth Gregory

Der Suezkanal

© Akbar Hussein

Arabische Dauen im Roten Meer.

©Akbar Hussein

Die Einfahrt von Aden.

© Akbar Hussein

Mombasa.

© Akbar Hussein

Die S/S Admiral im Hafen von Kilindini; der kleine Punkt dicht neben dem Schiff ist das Ruderboot, mit dem die Passagiere abgeholt und wieder zurückgebracht werden.

© Akbar Hussein

Fort Jesus

© Akbar Hussein

Der Treasury Square, wo Tanne und Bror heirateten.

© Akbar Hussein

In der Nacht zum 14. Januar fährt die Admiral an einem gefährlichen Riff vorbei in die Einfahrt der kleinen Koralleninsel, auf der Mombasa liegt, und wirft im Hafenbecken von Kilindini den Anker. Die Kabinen sind wie Backöfen. Es gibt keine Landungsbrücke, die Passagiere müssen bis zum nächsten Morgen warten, bevor sie an Land gerudert werden. Vor ihren Augen liegt eine alte, heruntergekommene Handelsstadt mit labyrinthischen Gassen und weißen Häusern aus Korallenkalkstein und roten Ziegeldächern. Der Hafen ist voller Dauen, arabischer Holzsegelschiffe mit bunten Gaffelsegeln. Vom Deck aus haben die Passagiere direkte Sicht auf das düstere, mit Moos begrünte portugiesische Fort Jesus aus der Zeit Vasco da Gamas, das zwischen Arabern und Portugiesen blutig umkämpft war. Obwohl es inzwischen nur noch eine baufällige Ruine ist, scheint das Fort Kilindini mit strenger Miene zu wachen. Die Passagiere sehen weiße Sandstrände an türkisgrünem Wasser. Entlang der Küste stehen Kokospalmen, Bananen- und Mangobäume und monströse, sonderbar rötlich-graue Baobab-Bäume, die tatsächlich versteinerten Vorzeitungeheuern ähneln. Sie können bis zu zweitausend Jahre alt werden.

Doch Tanne hält weder nach exotischer Architektur noch nach paradiesischen Stränden Ausschau. Sie sucht Bror Blixen, und plötzlich steht er in einem eleganten Anzug und einem dazu passenden Hut vor ihr, braun gebrannt mit leuchtend blauen Augen und den Heiratspapieren. Er war am Vortag nach Mombasa gekommen und hatte im Mombasa Club übernachtet, um seine Braut ausgeruht und mit frisch gebügelter Kleidung zu empfangen. Er saß im ersten Ruderboot, das hinausgefahren ist, um die Passagiere abzuholen.

*

Es sei ein unglaublich gutes Gefühl gewesen, wieder ein bekanntes Gesicht zu sehen, schreibt Tanne nach Hause, »bei einem Menschen zu sein, zu dem man gehört«. Dies und die Hitze – »man wird beinahe bewusstlos von der Sonne direkt auf den Kopf« – sind ihre ersten Sinneseindrücke von Mombasa. An Bord des Ruderboots befindet sich auch der Distriktkommissar des britischen Protektorats, Christian William Hobley, der Stellvertreter des Gouverneurs, der gekommen ist, um Prinz Wilhelm und sein Gefolge zu empfangen. Karen und Bror schließen sich der Gesellschaft an, zu der außerdem der einhundertvierzig Kilo schwere amerikanische Multimillionär William Northrup McMillan und der schwedische Ingenieur und Konsul Åke Sjögren gehören, dessen Kaffeefarm Bror gekauft hat. Am Vormittag wird die Gesellschaft Zeuge der Trauung im Büro des Distriktkommissars am Treasury Square.

Zum ersten Mal in ihrem Leben hört Tanne die Muezzins, die von den Minaretten der Moscheen die Gläubigen fünfmal täglich zum Gebet rufen. Sie sieht Frauen in schwarzen Burkas, viele mit Krügen auf dem Kopf. Männer in hellen Kitteln, Kanzus, andere in gemusterten, gewebten Sarongs, halb nackte Bettler, Suaheli-Kaufleute, Inder, Araber, Afrikaner, darunter abgemagerte Somalis, und britische Siedler in schneeweißen Uniformen und mit Tropenhelm, die in kleinen Schienenbahnen sitzen, die von schwarzen Dienern mit nackten Füßen und einem Fez auf dem Kopf mit der Hand geschoben werden. Daneben fahren unzählige Rikschas durch das Gewimmel von Menschen und Tieren. Kamele, Esel und Ziegen. Es gibt Basare und Märkte – ein Mekka an orientalischen Gewürzen –, Gemüse, Früchte, Fisch, Fleisch, Eingeweide und Brägen. In der Luft liegt ein eigentümlicher Geruch von exotischen Gewürzen und Blut.

Tanne und Bror – sowie Prinz Wilhelm mit Gefolge – wird Fort Jesus gezeigt, und sie bekommen einen Drink im Mombasa Club, der exklusiv der britischen Oberschicht vorbehalten ist. Der direkt neben dem Fort liegende Klub verfügt über eine große offene Terrasse mit Aussicht aufs Meer. Ein paar Hundert Meter vom Klub entfernt liegt der von Mangobäumen gesäumte Treasury Square, dort beginnt um elf Uhr die Trauungszeremonie. Tanne trägt einen einfachen eleganten Rock aus Rohseide, eine weiße Bluse, die ihre Mutter ihr in Neapel geschenkt hat, und hat ganz nach der Mode der Zeit einen helmförmigen Hut auf dem Kopf. Ununterbrochen wischt sie sich mit einem Taschentuch die Schweißperlen von der Stirn. Wir wissen es so genau, weil Prinz Wilhelm, einer der Zeugen der Zeremonie, sehr genau hingesehen und die Heirat ausführlich dokumentiert hat.

Den Distriktkommissar Hobley beschreibt Wilhelm als »einen mageren, bleichen Mann mit Brille auf der Nase, der kränklich aussieht, seine Kleidung scheint ein paar Nummern zu groß zu sein. Ein typischer Kolonialbeamter mit vielen verschwitzten tropischen Dienstjahren auf dem Buckel, anämisch, müde und im Blut ungefähr die gleichen Anteile von Heimweh, Malaria und Whisky. Seine tägliche Bewegung besteht aus dem Weg ins Büro und in den Klub, den er in einer Rikscha absolviert, dem Mittagessen, dem Schlucken von Chinintabletten zu seinen Drinks und dem Billardspiel. Und nun steht er hinter einem Holztisch, auf dem ein Gesetzbuch, ein schmuddeliges Blatt Papier und eine rostige Stahlfeder liegen.«

Ein Ventilator dreht sich an der Decke, und in dem kleinen, weiß gekalkten Büro hängt ein Leopardenkopf an der einen, ein paar Büffelhörner an der zweiten und eine verschimmelte Landkarte an der dritten Wand. Hobley wendet sich mit monotoner Stimme an Tanne und Bror: »Ist es korrekt, dass Sie mit der Absicht gekommen sind zu heiraten?«

Seine Stimme mischt sich mit dem Lärm der lauten Menschenmenge auf dem Platz, die zu hören ist, weil die Tür als Fluchtweg offen steht, falls einer der Beteiligten es sich im letzten Moment anders überlegen sollte.

Doch Tanne und Bror bleiben, und der Distriktkommissar fährt fort: »Und so frage ich …« Er blickt auf seine Unterlagen und stellt fest, dass das Paar eigenartige Namen trägt, er hat keine Ahnung, wie er sie aussprechen soll, daher bittet er: »… äh, könnten Sie so freundlich sein und Ihre Namen selbst sagen …«

Ein frisch verheiratetes Paar wird per Hand in einem Schienenwagen durch Mombasa gezogen.

© Nigel Pavitt

Als die Trauzeugen die Papiere unterzeichnet haben und Tanne und Bror gesetzlich getraut sind, bietet der Distriktkommissar allen Beteiligten eine Zigarette an und lädt sie zum Mittagessen in seine Villa am Wasser ein. Wenige Stunden später steht die Gesellschaft am primitiven Bahnhof der Stadt, von dem ein einziges schmales Gleis abgeht.2 Hier wartet der Privatzug des Gouverneurs, den er Prinz Wilhelm und seinem Gefolge zur Verfügung gestellt hat. Der Zug, der auch über einen Speisewagen verfügt, soll sie ins Hochland nach Nairobi bringen, eine sechzehn- bis zwanzigstündige Reise, je nachdem, wie viele unerwartete Zwischenstopps unterwegs nötig sein sollten.

Die Uganda Railroad, die diese Strecke normalerweise dreimal in der Woche fährt, wird im Volksmund als Lunatic Express bezeichnet, da die britischen Behörden 1896 wider jegliche Vernunft und mit extrem hohen Baukosten begannen, hier Eisenbahnschienen zu verlegen, die von Mombasa über Nairobi bis zum Victoriasee in Uganda führen sollten. Die Schienen wurden in eine Art Niemandsland gelegt, in einem so gut wie unbewohnten Gebiet, durch Wüsten, Hochebenen, Urwald und Moskitosümpfe, über Felsen und Berge, Vulkankrater und riesige Täler wie das Great Rift Valley.

Das östliche innere Afrika war zu diesem Zeitpunkt von Europäern noch immer so gut wie unerforscht, und es gab auch keine Städte oder Orte, an denen der Zug hätte halten können. Es gab noch nicht einmal Nairobi. 1896 war die Gegend, auf der wenige Jahre später die Hauptstadt des britischen Protektorats entstehen sollte, nur ein von Mücken befallenes Sumpfgebiet im Hochland. Nairobi wurde 1899 gegründet, ausschließlich weil hier ein Eisenbahndepot angelegt werden sollte.

Und was war als Endstation des Lunatic Express vorgesehen? Das gefährliche Seeufer des Victoriasees mit einer Unmenge an Tsetsefliegen – der gefährlichsten Fliege der Welt, deren Stich die Schlafkrankheit verursachen kann. Damals lebten dort nur afrikanische Stämme, darunter einige mit einem Hang zum Kannibalismus. Dass die britische Regierung das Eisenbahnprojekt dennoch vorantrieb, lag an dem hektischen Kolonisationswettlauf der europäischen Großmächte.

Bei nachmittäglichem Sonnenschein verlässt der Sonderzug des Gouverneurs Mombasa. Er fährt durch die üppige Küstenregion, bis er wenige Stunden später die Taru-Wüste erreicht, eine karge Landschaft mit dornigen Akazienbüschen. Im Licht eines glühend orangefarbenen Sonnenuntergangs wird zu Ehren von Tanne und Bror ein abendliches Festessen veranstaltet. Man stößt mit Champagner an, allerdings haben alle in der dampfenden Hitze des Speisewagens das Gefühl, als würde der Champagner direkt wieder ausgeschwitzt. Viele Gäste tragen Pyjamas wie an Bord der Admiral. Tanne hat über dieses Abendessen nichts berichtet. Mit Sicherheit lässt sich aber sagen, dass sie nicht im Nachthemd erschien. Bei eher formellen Anlässen hielt sie es für eine schlimmere Strafe als den Tod, nicht korrekt bekleidet zu sein.

Als die altersschwache Lokomotive den Zug auf die Hochebene schleppt, nimmt die Luftfeuchtigkeit ab. Ein großer klarer, beinahe voller Mond geht auf, während beim Abendessen Geschichten erzählt werden. Eine handelt von Löwen. 1898 hatten zwei alte, mähnenlose Löwenmännchen mehrere Monate die Eisenbahnarbeiter bei Tsavo terrorisiert, wo der Tsavo-Fluss in den Athi-Fluss mündet. Achtundzwanzig Inder (laut einer Legende belief sich die Gesamtzahl auf einhundertvierzig Tote) wurden von den Löwen getötet, bis sie von dem kaltblütigen Leiter der Bahnarbeiten, Oberst J. H. Patterson, abgeschossen wurden. Er schrieb einen internationalen Bestseller über die Ereignisse, The Man-Eaters of Tsavo. Graf Lewenhaupt hat das Buch gerade gelesen und unterhält die Gesellschaft mit dieser Geschichte. Wenige Stunden später hält der Zug bei – Tsavo. Prinz Wilhelm und Graf Lewenhaupt unternehmen einen Spaziergang an den legendären Ort.

Die Uganda Railroad, genannt Lunatic Express.

© Akbar Hussein

Prinz Wilhelm hat einen regulären Schlafwagen, während Tanne und Bror sich mit ein paar harten Bänken zufriedengeben müssen. Bror wusste es und hat daher für Bettzeug gesorgt. Sicherlich war es keine Zugreise, bei der man in den Schlaf gewiegt wurde. Mit harten Schlägen wird der Zug durch die zahlreichen Kurven geradezu gestoßen. Aber auch unter komfortableren Umständen hätten vermutlich nicht viele Passagiere lange geschlafen. Alle sind gespannt auf den Anblick, der sich ihnen bei Tagesanbruch bieten wird. Denn dann erreicht der Zug die berühmte afrikanische Savanne.

Das seidenweiche Morgenlicht wirft lange Schatten über die Kapiti-Ebene und färbt den fernen Schneegipfel des Kilimandscharo rosenrot. Soweit das Auge reicht, sieht man nur Grassteppe, hier und da einen spärlichen Akazienbaum mit einer ellipsenförmigen Krone und Tausende Tiere – große Herden, die offensichtlich vollkommen ungestört von dem Zug umherziehen.

»Viel hat man über Afrikas reiche Fauna gehört, aber dies übersteigt die wildesten Erwartungen. Der Anblick ist unglaublich, fantastisch, urzeitartig, es ändert sich ununterbrochen, und die ganze Zeit wimmelt es von neuen Arten«, schreibt Prinz Wilhelm in seinen Erinnerungen an die Reise. Hyänen, Schakale, Thomson-Gazellen, Impalas, Gnuherden, Wasserbüffel, Elenantilopen mit spiralförmigen Hörnern, Zebras und große Giraffenherden.

Prinz Wilhelm hat einen ausgezeichneten Aussichtsposten. Er trägt eine dicke Wolljacke und sitzt mit Lewenhaupt und Broström auf einer Art Sofa auf dem Kuhfänger der Lokomotive. Aber auch durch die Abteilfenster gibt es genügend zu sehen, und mit großen Augen betrachtet Tanne das Land, das sie in einem Brief nach Hause »das richtige Afrika« nennt, »große Grasflächen und Berge in der Ferne und ein so unglaublicher Wildreichtum, große Herden von Zebras, Gnus und Antilopen direkt neben dem Zug«.

Auf dem Bahnsteig von Nairobi steht ein offizielles Willkommenskomitee bereit, angeführt von dem persönlichen Assistenten des Gouverneurs. Die Herrschaften werden sofort zum höchsten Punkt der Stadt gefahren, zu einem mächtigen Steinpalast, dem Government House. Hier findet ein Mittagessen zu Ehren der Gäste statt. Tanne sitzt zwischen dem Vizegouverneur und dem Gouverneur Henry Conway Belfield. Sie fühlt sich nach der langen Zugreise benommen. Viel wird sie in ihrem Zustand von der Fahrt durch Nairobi nicht mitbekommen haben, das sie später als »eine uneinheitliche, verwirrende Stadt mit einzelnen großen, stattlichen Steingebäuden und weitverzweigten Vierteln aus Wellblechläden, Büros, Lagern und Wohnhäusern, alle aus Blech« beschreibt. »Entlang der staubigen Straßen hat man lange Alleen aus Eukalyptusbäumen angelegt.« Wenige Jahre zuvor hat eine Volkszählung ergeben, dass in Nairobi knapp vierhundert Weiße, zweitausend Inder und circa viertausend Afrikaner leben.

Eines hat Tanne allerdings während des Mittagessens geistesgegenwärtig registriert. Sie wird Baronin genannt. Wenn sie in einem Brief nach Hause schreibt, sie habe im ersten Moment nicht gewusst, wer gemeint sei, so ist das Koketterie. Genau diesen Augenblick hat sie sehnsüchtig erwartet.

Über eintausend Afrikaner empfangen das frisch verheiratete Paar, als es auf der Farm eintrifft.

© Elisabeth Gregory

Tanne und Bror inspizieren die Farm.

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Der Mann in der Mitte ist der Verwalter Åke Bursell.

© Elisabeth Gregory

Nach dem Mittagessen fahren sie zur Kaffeefarm MBagathi. Die knapp zwanzig Kilometer legen sie in einem Automobil zurück, die Fahrt verläuft, wie Karen später in einem Brief nach Hause schreibt, »auf dem hinreißendsten Weg, den man sich vorstellen kann wie daheim im Dyrehaven3 , nur mit den lang gestreckten blauen Ngong Hills davor. Es gibt so viele blühende Büsche und Bäume, und alles duftet ungefähr wie Gagelstrauch oder wie ein Kiefernwald. Hier draußen ist es überhaupt nicht zu heiß, die Luft ist so leicht und herrlich, und man fühlt sich so leicht und frei und glücklich«.

Ein paar hundert Meter von der Farm entfernt werden sie von mehr als tausend Afrikanern, überwiegend Kikuyu, empfangen; die Landarbeiter der Farm stehen Spalier, während das Auto vorbeifährt. Als der Wagen langsamer wird, schließen sich die Afrikaner dem Auto an und folgen ihm mit dröhnendem Gesang. Die Männer sind splitternackt. Tanne ist überwältigt und weiß nicht, was sie machen soll, als sie von ihnen umringt wird. Doch schon bald treten die Afrikaner beiseite, und Tanne kann zum ersten Mal ihre neue Farm in Augenschein nehmen. Ein kleines, primitives, verandaloses Steinhaus mit Ziegeldach und vier kleinen Zimmern und einer Küche steht mitten auf einer Lichtung. Dahinter dichter Urwald. Sie ist enttäuscht. Zumindest verfügt das Haus aber über ein Wasserklosett, stellt sie fest, als sie eintritt und sich umsieht. Das einzige WC in ganz Britisch-Ostafrika, behauptet Tanne recht forsch in einem Brief an ihre Mutter.

Nachdem sie das Haus besichtigt haben, an dem der Bauschutt noch nicht beseitigt ist, wird von den sechs weißen Angestellten der Farm Tee serviert, die in einer großen Grashütte neben dem Haupthaus wohnen. Die meisten sind Schweden, darunter der Verwalter Åke Bursell, der eine Willkommensrede für das Brautpaar hält. Nachdem der Tee getrunken ist, fahren Tanne und Bror zurück nach Nairobi, wo sie ein Zimmer im Norfolk Hotel beziehen, das als House of Lords bezeichnet wird, da es der Treffpunkt der britischen Adeligen ist. Das Norfolk ist neben dem Hotel Stanley das einzig akzeptable Hotel der Stadt. Aufgrund des Bauschutts auf der Farm beschließen Tanne und Bror, den Abend im Hotelzimmer zu verbringen und dort eine Mahlzeit einzunehmen. Der aufregendste Tag in Tannes bisherigem Leben neigt sich dem Ende zu, die erste gemeinsame Nacht des frisch verheirateten Paares wartet. Als Mann und Frau.

Teil 1: Der schwere Anfang

Teil 1

Der schwere Anfang

Farmverwalter Åke Bursell mit frisch gepflanzten Kaffeebäumen.

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1: Vaters Mädchen

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Vaters Mädchen

Fräulein Karen Christentze Dinesen.

© Gyldendal

In der Nacht zum 28. März 1895 zog sich ein neunundvierzigjähriger Mann in einer kleinen Wohnung am Sankt Annæ Plads in Kopenhagen, wenige Hundert Meter vom Kongens Nytorv entfernt, Weste und Jackett aus, faltete beides sorgfältig zusammen und legte es im Schlafzimmer aufs Bett. Er befestigte ein Seil am Türrahmen und bereitete sich auf seine letzte Tat vor. Der Mann, ein Opernliebhaber, war gerade mit ein paar Freunden im Königlichen Theater gewesen. Sie hatten Verdis Aida