Die Postkutschenzeit in Hannover - Gerhard Stoffert - E-Book

Die Postkutschenzeit in Hannover E-Book

Gerhard Stoffert

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Beschreibung

Über die Postkutschenzeit im 18. und 19. Jahrhundert ist wenig bekannt. Oft wird mit der Postkutsche die Sehnsucht und das Glück der weiten Welt verbunden. Dieses Buch zeigt, auch anhand von Manuskripten und Bildern aus dieser Zeit, die Geschichte der Postkutsche im Raum Hannover - Celle im damaligen Alltagsleben.

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Vorwort

Bei der Beschaffung der Archivalien waren mir behilflich und haben damit den Fortgang dieser Arbeit wesentlich gefördert:

Benjamin Geier, Stadtarchiv Celle

Stefan Heuer, Kulturabteilung Burgdorf

Hartmut von Hinüber, Architekt, Burgdorf

Friedhelm Stein, Ortsbürgermeister Engensen

Katharina Walter, Historisches Museum, Hannover

Ellen Zwinge, Niedersächsisches Landesamt

für Denkmalpflege, Hannover

Beim Aufsuchen von Erinnerungsstätten am Alten Postweg und an der Neuen Poststraße Hannover – Celle haben mich begleitet und die Photographien gemacht:

RA Axel Stoffert, Groß-Schwülper

Bärbel Wall, Berlin

Dr. Wilhelm Walter, Hannover

Allen genannten Damen und Herren danke ich sehr für ihre Mitarbeit an dieser Publikation.

Prof. Dr. Gerhard Stoffert

Hannover, im Mai 2016

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Die Postkutschenzeit

Meile, Post, Kurs und Kutsche

Postillion und Posthorn

Reichspost, Kramerpost, Landespost

Die Post in Hannover

Der erste Fahrplan

Ordinäre und andere Posten

Schmiergeld, Trinkgeld, Felleisen

Ein Post-Verzeichnis aus dem Jahre 1679

Preise für Fahrende Posten von Hannover aus

Von dem Versenden mit der Post

Der Postkutschen-Passagier

Der Posthof von Hinüber in Hannover

Die anderen hannoverschen Posthöfe

Das hannoversche Postwesen um 1800

Extra-Post ab Hannover

Miethwagen aus Hannover

Post-Botenwesen

Der Alte Postweg Hannover – Engensen

Ausbesserung der Osterforth-Brücke

Der Posthof in Engensen

Der Alte Postweg Engensen – Celle

Was heute noch an den Alten Postweg erinnert

Die neuen Kunststraßen im Kurfürstentum Hannover

Die neue Poststraße Hannover – Schillerslage

1779 klagten die Klein-Buchholzer gegen den Straßenverlauf

Der Posthof in Schillerslage

Das geschah 1789 im Posthof Schillerslage

1860 – Das Aus für den Posthof Schillerslage

Die Neue Poststraße Schillerslage – Celle – Harburg

Meilensteine

Die Wege-Geld-Verordnung von 1768 und 1797 sowie 1848

Eid des Chausseegeld-Einnehmers

Chaussee-Aufseher und Chaussee-Wärter

Chaussee-Geld auf Wegezetteln

Ende der Postkutschenzeit, Fortfall des Wegegeldes

Was heute noch an die Neue Poststraße Hannover – Celle erinnert

von Hinüber in Hannover

Klein-Buchholzer Meilenstein von 1820 / 2007

Klein-Buchholzer Brückensteine von 1782

Klein-Buchholzer Chausseebäume

Zwei steinerne Zeugen

Zwei Durchlässe an der Zollstraße

Der Posthof Schillerslage

Die drei Meilensteine von Ehlershausen

Von Ehlershausen nach Celle

Entwicklungsgeschichtliches

Von der Pferde-Droschke zur Auto-Droschke

Epilog

Literaturverzeichnis

Der Postillion bläst sein Abschiedslied.Illustration von Moritz von Schwind.

Die Postkutschenzeit

Die Postkutschen waren in Europa über zwei Jahrhunderte die wichtigsten öffentlichen Transportmittel. Postkutschen waren von mehreren Pferden gezogene Wagen zur Beförderung von Postsendungen und zahlenden Fahrgästen. Es gab lange keine Straßen, die Fahrwege waren schlecht, die Postkutschen gar nicht oder nur schlecht gefedert. Häufig gab es Achs- oder Radbrüche, und trotzdem wird die Postkutschenzeit heute als romantisch verklärtes Zeitalter angesehen. Woran liegt das? Einige befragte Historiker wussten darauf keine Antwort zu geben.

Einige Jahrzehnte nach dem 2. Weltkrieg begann man, alte Meilensteine mit Erklärungstafeln zu versehen und sehr teure Repliken für verschwundene Meilensteine aufzustellen. Neue Gastwirtschaften schmücken sich mit historischen Namen aus der Postkutschenzeit. Alte Straßennamen wurden umbenannt in „Alter Postweg“, und der vierte deutsche Bundespräsident Walter Scheel sang, für gemeinnützige Zwecke, im August 1973 das Volkslied „Hoch auf dem gelben Wagen“. Dieses Lied wurde danach 300.000mal als Schallplatte verkauft.

Warum wird diese langsame unbequeme Fortbewegungsart heute so romantisch verklärt gesehen? Das Signal des Posthorns ertönt heute nicht mehr, das in den Menschen früher ein Fernweh geweckt hat, die Sehnsucht, ihre vertrauten, eng begrenzten Verhältnisse zu verlassen und das Glück in der großen weiten Welt zu suchen.

Der heutige Mensch sieht die Postkutschenzeit vermutlich im Vergleich zur schnelllebigen Gegenwart als geruhsam vorgestellte Zeit. Das ist eine wehmütige Hinwendung zur vergangenen Postkutschenzeit, die nur das Positive sieht und diese Zeit stark idealisiert.

Es geht sogar so weit, dass im Tourismus die Zeit zurückgedreht wird und es werden Postkutschenfahrten zwischen verschiedenen Orten angeboten, auch in der Lüneburger Heide erfreuen sich Fahrten mit einer Postkutsche durch die blühende Heide zunehmender Beliebtheit.

Voller Unverständnis jedoch liest man in der örtlichen Presse und auch im Internet, dass früher bei der Gastwirtschaft Noltemeyer, zuvor „Klein-Buchholzer Turm“ genannt und bei der Bothfelder Gastwirtschaft „Fasanenkrug“, heute in Isernhagen-Süd gelegen, eine Stallung für den Pferdewechsel der Postkutschenpferde gewesen sein soll.

Erstens gibt es dafür keine historischen Belege, denn diese kann es auch gar nicht geben, weil diese Gastwirtschaften erst nach der Postkutschenzeit gebaut wurden, und zweitens lässt sich mit der Logik beweisen, dass es innerhalb eines Kreisbogens von 20 bis 25 km, geschlagen vom Posthof in Hannover aus, keine Pferdewechselstationen gegeben haben kann. Der Grund hierfür ist einfach, denn der Unterhalt von Posthöfen ist teuer, und deswegen wurden diese erst dort errichtet, wo Pferde so ermattet sind, dass sie gegen ausgeruhte Pferde ausgetauscht werden müssen. Das war aber zu jener Zeit niemals der Stadtrand von Hannover.

In den folgenden Kapiteln soll deswegen im eng begrenzten regionalen Bereich des Alten Postweges und der Neuen Poststraße zwischen Hannover und Celle über die damalige Postkutschenzeit berichtet werden, und in einem zweiten Schritt sollen alle die Dinge vorgestellt werden, die einen Bezug auf diese beiden Poststrecken haben und heute noch vorhanden sind.

Meile, Post, Kurs und Kutsche

Diese Meilen wurden von den damals zahlreichen deutschen Staaten übernommen, aber deren Meilen unterscheiden sich geringfügig in der Länge. So war die Hannoversche Meile 7,42 km lang. Diese stimmte mit der Geographischen Meile, von der 15 Meilen auf ein Äquatorialgrad passen, überein, denn diese war 7.420,4 m lang.

Auch das Wort „Post“ ist lateinischen Ursprungs, denn „A POSITIS EQUIS“ heisst „Standort der Pferde“. Dieser feste Standort für die Pferde war je nach Wegebeschaffenheit so gewählt, dass die Pferde vor ihrer starken Erschöpfung gegen frische Pferde ausgetauscht werden konnten. Es war also der Ort des Pferdewechsels, der in unserer Region später in Posthöfen stattfand.

Posthöfe wurden von Posthaltern betrieben, die zuerst die Pferde und später auch die Postkutschen besaßen und der Post nach Verträgen zum Wechseln zur Verfügung stellten. Auch war es dann in den Posthöfen möglich, sich bewirten zu lassen und ein Nachtquartier aufzusuchen. Wirtshäuser „Zur Post“ erinnern heute noch daran. In der Regel waren die Posthalter auch Vorgesetzte der Postreiter und Postillione. Im 17. Jahrhundert wurden die Pferdewechselstationen auch mit dem französischen Wort „Relais“ benannt.

Das Wort „Post“ hat dann später, bis in die Jetztzeit, das gesamte Postwesen umfasst, also die Übermittlung von Nachrichten, Waren und in geringem Maß auch Personen.

Das Wort „Kurs“ wurde häufig für Postroute oder Postweg benutzt, auf denen die Postreiter oder Postkutschen unterwegs waren. Dieses Wort stammt vom lateinischen CURSUS PUBLICUS, der staatlichen Beförderung von Nachrichten, Waren oder Personen im alten System der Römer. Eine „schnelle“ Beförderung hieß: CURSUS VELOX. Bei der Deutschen Bundesbahn hat sich dieses Wort bis heute im Kursbuch, dem Verzeichnis der Fahrpläne, erhalten.

Das Wort „Kutsche“ hat seinen Ursprung im ungarischen Dorf KOCS bei Raab. Dort wurden Anfang des 16. Jahrhunderts solche (gesprochen) „Kotschi“ angefertigt. In unserer Region waren es zunächst einfache ungefederte Wagen, oben mit einem Weidegeflecht als Witterungsschutz, das zusätzlich mit einer Plane abgedeckt werden konnte. Im Laufe der Zeit wurde immer mehr für die Bequemlichkeit der Fahrgäste entwickelt. Die ersten Federungen bestanden aus Ledergurten an Holzstangen, die den Kutschkasten mit den Reisenden von dem Unterwagen mit den Rädern trennten. Die ersten Sitze waren Holzbretter, mit Fellen bedeckt. Später kamen die Polsterungen auf. Das ursprünglich feste Verdeck wurde aus anderem Material gefertigt und damit bei gutem Wetter zurückschlagbar.

Die ersten „Postkutschen“ waren Frachtfuhrwerke mit eingebauten Sitzbrettern und mit Verdeck als Wetterschutz. Archiv: H. Drangmeister

Durch verschiedene Umgestaltungen gab es mehrere, auch vom Namen her, unterschiedene Kutschwagen. So wurden auch neben dem geschlossenen Kutschkasten (Kabine) nach oben offene Sitze auf dem hinten angebrachten Kofferkasten angeboten. Am Kofferkasten sorgten spitze Nägel dafür, dass unterwegs keine „blinden Passagiere“ aufspringen und kostenlos mitfahren konnten. Waren mehr Reisende als Plätze in der Postkutsche vorhanden, dann konnten nicht ganz so komfortable Plätze in einem Beiwagen gebucht werden, der hinter der Postkutsche herfuhr. Die Postkutschen waren gelb und mit dem Wappen der jeweiligen Landesfürsten versehen. Die Postillione trugen eine Uniform, an der man sofort erkennen konnte, zu welchem Fürsten die Post gehörte. Ein wichtiges Utensil war sein Posthorn. Damit konnte er bestimmte Informationen blasen, so vor den Schlagbäumen, damit die Postkutsche ohne Halt durchfahren konnte, denn das fällige Wegegeld war schon vorher pauschal bezahlt. Auch konnte der Postillion die Posthalterei von weitem über den notwendigen Pferdewechsel informieren. Die Postkutschen fuhren, je nach Wegbeschaffenheit, zwei- oder vierspännig, auf Wunsch auch sechsspännig, dann aber mit zwei Postillions. Auch gab es drei vorgespannte Pferde.

Postillion und Posthorn

Die Kutscher, welche die Postkutschen lenkten, hießen bis zum Ende des 30jährigen Krieges „Postknechte“, dann erst kam die französische Bezeichnung „Postillon“ auf, der dann ein zweites „i“ eingefügt wurde. Da diese Postillione auf Order von Landesfürsten fuhren, trugen sie eine Uniform. Diese symbolisierte die Funktion ihres Trägers und zeigte auch dessen Zugehörigkeit zu dem betreffenden Land an.

Reithosen, Reitstiefel mit Sporen, Rock mit Leibriemen und eine zylinderartige Kopfbedeckung, alles in festgelegten Farben, war deren Bekleidung.

Königlich Hannöversche Postillions 1820Archiv: H. Drangmeister

Je nach Wetter wurde auch ein Mantel, wadenlang, getragen, der zusätzlich noch eine Pelerine hatte. Das ist ein kurzer Schulter-Umhang, der zusätzlich vor Regen schützte, denn der Postillion saß, dem Wetter ausgesetzt, ungeschützt auf dem Kutschbock. Dieser war bei bestimmten Kutschen sehr hoch angebracht, deswegen hatte seine Peitsche einen langen Stiel von etwa 2 Metern. Sein Posthorn trug er an einer Kordel, die über eine Schulter gelegt wurde.

Waren mehr als zwei Pferde vor die Postkutsche gespannt, so wurde die Postkutsche auch vom Sattelpferd aus gelenkt, auf dem der Postknecht saß. Da das Pferd auf französisch „Cheval“ heißt, wurde der Reiter „Chevalier“ genannt. Nach einer gewissen Zeit wurde verballhornisierend daraus das Wort „Schwager“, der „Hoch auf dem gelben Wagen“ saß.

Der Gebrauch des Posthornes wurde in den Wege-, Post- und Chaussee-Ordnungen genau festgelegt.

Postillion konnte damals nur werden, der acht verschiedene Hornsignale beherrschte. Jedes dieser Hornsignale hatte eine andere Bedeutung, deren Information von allen anderen Poststraßenbenutzern befolgt werden mussten.

Von Gottes Gnaden GEORG WILHELM, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg,

erließ 1682 eine Postordnung

„daß alle anderen Wagen denen reit- und fahrenden Posten, wenn der Postillon

zeitig ins Horn stoßet und ein Signal gegeben, dafern immer möglich, auszuweichen,

auch still zu halten und die Posten vorbei passieren zu lassen, schuldig sein sollen.

... so dagegen handelt, jedes Mal in 10 Thaler Strafe verfallen.“

Hannoversche Reitende Post um 1774Archiv: H. DrangmeisterReitender Bote: 60 – 70 Kilometer je Tag Stafetten-Reiter (von Taxis), Pferde und Boten wechselten: 166 Kilometer je Tag

Wie man die Töne aus dem Posthorn holt.

Reichspost, Kramerpost, Landespost

Nachrichten-Übermittlungen gibt es schon so lange, wie es Menschen gibt. Sehr bekannt ist heute noch der Marathonlauf, den ein Bote, nach der im Jahr 490 vor der Zeitenwende stattgefundenen Schlacht zwischen den Persern und den siegreichen Athenern bei Marathon, über 40 km nach Athen zurücklegte, um den Sieg zu verkünden.

Boten gab es zwischen den Klöstern und zwischen den Fürstenhöfen. Die Boten zu Fuß benötigten für eine Meile rund zwei Stunden und wurden dann durch die reitenden Boten abgelöst, die eine Meile in nur einer Stunde zurücklegten. Als dann auch Personen befördert werden wollten, wurden Reisewagen bzw. Postkutschen eingesetzt. Diese wurden als Fahrposten bezeichnet.