Die Schwarzen Reiter - Larry Lash - E-Book

Die Schwarzen Reiter E-Book

Larry Lash

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Beschreibung

Zwei geheimnisvolle, schwarzgekleidete Reiter greifen in die Geschicke der Stadt Charleston ein. Deren Bürger jede Hilfe gut gebrauchen können, da sie von einer Banditenplage heimgesucht werden, der schier nicht beizukommen ist.
Bald zeichnet sich ab, dass Die Schwarzen Reiter mit dem Boss der Bande eine alte Rechnung zu begleichen haben. Doch der ist mit allen teuflischen Wassern gewaschen und von satanischer Schläue.
Von Tom Williams wird nicht nur die Bank ausgeraubt, sondern auch seine Tochter Mabel entführt. Sie lässt nichts unversucht, der Bande zu entkommen, doch scheint stets das Böse zu gewinnen.
Endlich stellt Sheriff Dick Steamsen ein Aufgebot zusammen, um dem Unwesen der Banditen ein für alle Mal ein Ende zu setzen. Die gefährliche Jagd beginnt und mündet in so manche Überraschung.

Der Erstling von Larry Lash – ein Must-have für Fans!

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Larry Lash

 

 

Die Schwarzen Reiter

 

 

 

 

 

Roman aus dem Amerikanischen Westen

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv 

Cover: © by Steve Mayer mit einem Motiv von Hugo Kastner, 2022

Korrektorat: Antje Ippensen

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

1. Kapitel – Der Überfall 

2. Kapitel – l5 Jahre später 

3. Kapitel – Bankraub 

4. Kapitel – Der Schwarze Reiter 

5. Kapitel – Im Tal des Todes 

6. Kapitel – Im Felsenkessel 

7. Kapitel – Juanita 

8. Kapitel – Treibjagd 

9. Kapitel – Charleston in Flammen 

10. Kapitel – Ein nächtlicher Besuch 

11. Kapitel – Die Flucht 

12. Kapitel – Zweikampf 

13. Kapitel – Das Haus im Felsen 

14. Kapitel – Der Black Captain 

15. Kapitel – Mabel 

16. Kapitel – Die Falle 

17. Kapitel – Vergeltung 

18. Kapitel – Sonne über den Bergen 

Der Autor Larry Lash 

Eine kleine Auswahl der bereits veröffentlichten Western-Romane des Autors Larry Lash 

 

Das Buch

 

 

Zwei geheimnisvolle, schwarzgekleidete Reiter greifen in die Geschicke der Stadt Charleston ein. Deren Bürger jede Hilfe gut gebrauchen können, da sie von einer Banditenplage heimgesucht werden, der schier nicht beizukommen ist.

Bald zeichnet sich ab, dass die Schwarzen Reiter mit dem Boss der Bande eine alte Rechnung zu begleichen haben. Doch der ist mit allen teuflischen Wassern gewaschen und von satanischer Schläue.

Von Tom Williams wird nicht nur die Bank ausgeraubt, sondern auch seine Tochter Mabel entführt. Sie lässt nichts unversucht, der Bande zu entkommen, doch scheint stets das Böse zu gewinnen.

Endlich stellt Sheriff Dick Steamsen ein Aufgebot zusammen, um dem Unwesen der Banditen ein für alle Mal ein Ende zu setzen. Die gefährliche Jagd beginnt und mündet in so manche Überraschung. 

 

Der Erstling von Larry Lash: ein Must-have für Fans! Bereits in diesem ungewöhnlichen Roman zeigt er seine ganze Kunst: funkelnde, bilderreiche Sprache, interessante Nebenfiguren, faszinierende Story-Wendungen und Landschaftsschilderungen der besonderen Art. Die »Geburt« eines außerordentlichen Autors.

 

 

***

 

 

1. Kapitel – Der Überfall

 

Sturmgepeitscht jagen dunkle Wolken an der hellen Sichel des Mondes vorbei, gespenstische Schatten auf eine weite Prärie werfend, die hie und da von einzelnen Baumgruppen unterbrochen ist. Eine einsame Farm, öde und verlassen aussehend, liegt im Schatten der vom Mond beleuchteten Bäume. Prasselnd klatscht der Regen an den Wänden der Schlagseite. Ächzend und stöhnend bewegt sich der alte Bau, als wollte er aus den Fugen gehen. Nichts lässt auf Leben in diesen Wänden schließen.

Und doch, in dieser tobenden Nacht scheint es nicht geheuer zu sein. In der Nähe des Hauses im dichten Gestrüpp der Bäume bewegen sich geisterhaft schemenartige Gestalten. Nur schwer, fast gar nicht vom Laub zu unterscheiden, schieben sich fünfzehn Mann, gleich Schlangen, dem Hause zu. Plötzlich springen drei der vordersten Männer auf. In schnellen Sprüngen überqueren sie den freien Raum, der das Haus vom Walde trennt. Lautlos, mit sicheren Griffen hantieren sie an der aus dickem Eichenholz erbauten Tür und verschwinden ebenso lautlos wie sie gekommen, eine dünne Schnur hinter sich herziehend, im Gestrüpp.

 

*

 

»Ist die Sprengladung angebracht?«, tönte es leise den Ankommenden entgegen.

»Alles okay, das Feuerwerk kann beginnen.« Es war ein stämmiger, breit gebauter Mann, der diese Worte sprach. Man konnte beim dünnen Licht des Mondes den Mann nur schwer erkennen. Dunkel und drohend waren die unheilvollen Augen auf die Farm gerichtet. Die untere Hälfte des Gesichts war von einem Tuch bedeckt, ein breitrandiger Hut bedeckte den massiven Schädel. Als er sich aus seiner hockenden Stellung etwas aufrichtete, kam der lässig um die Hüfte geschwungene Patronengurt zum Vorschein. Links und rechts, tief auf den Außenflächen der Oberschenkel baumelten zwei große Colts. Dieser Mann musste nach Haltung und Gebärde der Anführer sein, denn trotz der Dunkelheit konnte man einen gewissen Abstand von seinen Leuten beobachten.

Auf einmal fuhr er den ihm am nächsten gelegenen an: »Lester Damp, du schmutziger Kadaver, scher dich zu den Pferden, für dich ist hier kein Betätigungsfeld.«

Der so Angeredete duckte sich wie ein Panther, seine Augen glühten und ohne ein Wort zu sagen, kroch er zurück. Als er so in dieser Haltung zwanzig Meter zurückgelegt hatte und ihn ein Blick zur Farm belehrte, dass er von dieser aus nicht gesichtet werden konnte, richtete er sich auf. Sein Körper schien unheimlich dürr. Das auffallendste jedoch war seine Nase, die wie ein Höcker in seinem Gesicht thronte, eigentümlich war der schleppende Gang. Dass ihn heute der Boss so anfuhr und ihn zu den Pferden schickte, würde er ihm nie verzeihen. Bei den Pferden zu bleiben wurde immer dem überlassen, der bei irgendeiner Gelegenheit aus der Rolle fiel. Somit wurde er zu einer langweiligen Tätigkeit verurteilt. Während seine Kumpane über die Beute herfielen und sie verteilten, musste er mit den abgenagten Knochen, die von der Meute übrigblieben, sich abfinden. Bisher hatte er alle Geräusche vermieden, ja vorsichtig achtete er darauf, nicht einmal auf ausgedörrtes Laub zu treten. Je weiter er aus der Reichweite der Farm kam, umso sicherer wurde er. Bald hatte er das Ende des kleinen Wäldchens erreicht. Schon trieb der Wind den scharfen Geruch von Pferden ihm entgegen. In einer Bodensenke standen die Pferde seiner Leute, sorgsam angepflockt. Aufmerksam zählte er die Tiere, sie hatten sich nicht allzu weit verirrt, da die Bewegungsfreiheit durch das Anpflocken behindert wurde.

Lester Damp suchte sich eine etwas erhöhte Stelle aus, hockte sich auf einen Baumstumpf nieder und verweilte, mit beiden Händen den Kopf stützend. Dabei beobachtete er scharf die dunklen Leiber der Tiere. Fürwahr, hier war er wirklich überflüssig. Seine Genossen würden ihre Aufgabe spielend leicht lösen. Die Pferde zu bewachen war in dieser stürmenden Nacht einfach lächerlich.

 

*

 

Da wurden seine Gedankengänge mit einem Schlag unterbrochen. Hart und dumpf übertönte eine heftige Explosion das Unwetter. Über den Wipfeln der Bäume leuchtete es blutigrot auf. Unruhig bäumten sich die Pferde, tänzelten mit der Hinterhand und schlugen aus. Aber ausbrechen konnten sie nicht, denn die Vorderbeine waren mit starken Lederriemen derart gefesselt, dass sie sich nur ein wenig von der Stelle bewegen konnten. Peitschend klangen durch den Wind Pistolenschüsse. Seltsam, die Schießerei wurde immer toller, sollten seine Kumpane auf Widerstand gestoßen sein? Wenn es so wäre, mussten die Pferde für jeden Augenblick bereitstehen, Lester Damp befreite jedes einzelne Tier von seiner Fesselung und führte sie am Halfter zum Rande des kleinen Wäldchens, wo er sie an den tiefhängenden Zweigen eines Baumes festmachte. Kaum hatte er diese Arbeit erledigt, als mit keuchender Brust, vom schnellen Laufen angestrengt, fünf Mann aus dem Gebüsch eilten. Der schweigsame Mann bei den Pferden erkannte den Boss und hörte dessen vor Wut heisere Stimme »Aufsitzen … die Hunde werden uns nicht entkommen.«

Während sie auf die Pferde sprangen, klangen von der Farm immer noch Salven von Pistolenschüssen.

»Die Jungens werden dem Rest der Sippschaft schon heimleuchten«, hörte man des Bosses Stimme.

In scharfem Tempo galoppierten die Pferde etwa hundert Meter an der Farm vorbei. Vom hellen Schein des brennenden Farmhauses beleuchtet, warf der Boss einen hämischen Blick auf die Funkengarben, die in den Himmel schossen.

»Die im Nest sind ausgeräuchert oder vom Satan gebraten. Wir müssen ihnen den Fluchtweg abschneiden!«

Sein Gesicht war verzerrt. Wie war es nur möglich, dass sein Plan nicht hundertprozentig geklappt hatte?

 

*

 

Der alte Thompsen musste nicht allein auf seiner Farm gewesen sein, denn seine beiden Jungs zählten nicht. Jack und Bill waren Zwillinge, fünf Jahre alt. Frau Thompsen lebte nicht mehr, sie war bei der Geburt der Zwillinge gestorben und der alte Cowboy, Uncle Sam, zählte auch nicht für voll. Wer mochte also den Alten beigestanden haben? Sie hatten sich wacker gewehrt, diese Thompsens. Neun Gestalten sah man beim hellen Licht des brennenden Hauses. Die Banditen lagen im Vorteil, sie schossen aus dem dunklen Hinterhalt auf beleuchtete Ziele. Trotzdem war es vier Mann gelungen, aus der brennenden Farm zu entfliehen. Auch diese mussten erledigt werden, um jeden Preis.

In der Nähe der Farm musste es zum Kampf Mann gegen Mann gekommen sein. Schrille menschliche Schreie zerrissen die Luft. Im Gefühl ihrer Übermacht waren die Banditen aus dem schützenden Dunkel ihres Verstecks hervorgetreten und griffen die hinter einem Holzstoß verschanzten Männer, die ohne Munition waren, offen an. Von beiden Seiten waren diese umzingelt. In ihrem Rücken sprengten die Männer, vom Boss angeführt, heran. Dieser ungleiche Kampf währte nicht lange. Wie Tiere schoss man sie nieder.

»Die Brut ist erledigt!«, ließ wieder der Boss verlauten, der, wie auch seine Begleiter, noch immer im Sattel saß. Bei diesen Worten sprang vom Pferd, trat zu den Toten und schaute jeden einzelnen genau an. Seine Leute hatten sich über die Taschen der Toten hergestürzt und beraubten dieselben.

»Sieh da, der alte Thompsen und seine Brüder, habt im Leben gut zusammengehalten, musste euch der Satan auch alle zusammen holen«, grinste er, »haben wahrscheinlich ein Familienfest gestört.«

Die Leute des Bosses erhoben ein lautes Gelächter.

Plötzlich verfinsterte sich das von Narben zerrissene Gesicht des Anführers. »Alle Teufel, wo sind die Zwillinge?«

Er starrte dabei seine Leute mit blutunterlaufenen Augen an. Da trat Big Polter hervor: »Die werden da drinnen sein!« Seine Hand zeigte dabei auf die verglimmenden Überreste der einstigen Farm. »Mit den anderen zusammen!«

Grölend lachte abermals die Bande auf. Kaum merklich dämmerte es, unruhig schaute der Anführer seine Leute an. »Fertigmachen, es wird höchste Zeit, dass wir fortkommen, holt die Gäule!«

Es dauerte nicht lange und vierzehn Reiter jagten im gestreckten Galopp über die Prärie, ein reiterloses Pferd mit sich führend. Nur einen Toten hatten sie zurückgelassen. Außer ein paar leichten Verwundungen waren sie glimpflich davongekommen.

Die Banditen mochten wohl eine Viertelstunde fort sein, als es sich im Holzstoß leise regte. Vorsichtig wurden von innen mehrere Bretter weggedrückt. Ein Augenpaar starrte in den hereinbrechenden jungen Tag, dann flogen die Bretter beiseite. Aus dem Holzstoß löste sich die Gestalt eines alten Mannes. Sein Gesicht war voller Runzeln und Fältchen. Ein struppiger, grauer Bart umrahmte das spitze Kinn. Wie Leder war die Haut gegerbt. Behutsam entfernte er wieder ein paar Bretter, der erste Strahl der Sonne fiel auf die am Boden liegenden, schlafenden Zwillinge, Jack und Bill. Ruhig lagen sie da, zum Verwechseln ähnlich. Der alte Mann bückte sich, zärtlich weckte er die jungen Schläfer, wobei seine Augen heiß wurden.

»Steht auf, Jungens, wir müssen fort«, so begrüßte er die schlaftrunkenen Knaben. »Bleibt hier sitzen, bis ich wiederkomme.«

Bei diesen Worten gab er jedem ein Stück hartes Maisbrot und stellte seine Feldflasche in ihre Nähe. Sie nickten mit den Köpfen, verängstigt aßen sie, sich dabei der verflossenen Nacht erinnernd.

»Komm bald wieder, Uncle Sam«, rief Jack dem gerade über einen Haufen Bretter Verschwindenden nach. »Hol den Vater!«

Der alte Cowboy schritt über den Holzstoß. Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen, seine Augen weiteten sich vor Schreck. Quer vor ihm lagen die Leichen von Jonas Thompsen und dessen Bruder. Ein Schauer rüttelte den alten Mann, er hatte also doch recht gehabt, als er behauptete, dass es die Bande von Dolfo da Gama wäre, die die Farm überfiel. Dieser blutdürstige Anführer kannte keine Gnade und kein Erbarmen. Vor allem, was Thompsen hieß, schien er wie ein Teufel zu werden. Er konnte es nicht vergessen, dass es die Thompsens waren, die ihn bald an den Galgen gebracht hatten, nun löschte er mit seiner Bande einen nach dem anderen von seinen gefährlichsten Gegnern aus, überfiel unberechenbar die Farmen der Brüder, bis er nun bei Jonas Thompsen den letzten Rest der Familie auf einmal ausmerzte.

Als gestern Nacht die Tür von der Sprengladung aus den Angeln flog, war Uncle Sam sofort mit den Zwillingen aus dem Hause entwichen und hatte sich mit den beiden im Holzstoß versteckt Jonas Thompsen war mit seinem Tun einverstanden gewesen, denn der Cowboy hatte in seinen Handlungen bisher immer das Richtige getroffen. Uncle Sam hörte im Innern des Holzstoßes den Kampf um die Farm toben, dann erschrak er aufs tiefste, als sich die letzten Verteidiger zum Holzstoß flüchteten, da er über die beiden Jungens das Schlimmste befürchtete. Dann hörte er leise, jedoch verständlich, die Stimme Jonas Thompsen. »Wir sind erledigt, Uncle Sam, unsere Munition ist verschossen. Falls sie dich nicht mit den Jungs entdecken, bringe sie nach meinem Schwager Kennedy ins Gebirge. Er soll sie erziehen in meinem Sinne, er wird schon wissen, worum es sich handelt. Leb' wohl!«

Kennedy? Dunkel erinnerte er sich. Ein eigentümlicher Mensch war dieser Schwager, von Geheimnissen umwittert, und gerade zu diesem sollten die Zwillinge? Dann dröhnten Schüsse über ihm, das Holz knarrte, er hörte die höhnischen Bemerkungen des Banditenhäuptlings. Und sein Herz zitterte, als dieser nach den Zwillingen fragte. Eine unheimliche Last fiel ihm vom Herzen, als die Bande von dannen zog.

Mühsam schleppte er die Leichen seines Herrn und dessen Bruders vom Holzstoß fort und bettete sie nebeneinander. Dann holte er die Zwillinge aus ihrem Versteck, die beim Anblick der Leichen wie erstarrt stehen blieben.

»Sagt eurem Vater Lebewohl, Jungens, ihr müsst groß und stark werden, um euch zu rächen. Holt Steine herbei, wir müssen ein würdiges Grab bereiten.«

Verständnislos standen die Jungens da, hilflos in Tränen ausbrechend. Uncle Sam holte Bretter, bedeckte damit die Leichen und häufte in unermüdlichem Fleiß Steine darauf. Nach und nach folgten die Jungens seinem Beispiel. Ein paar Stunden harter Arbeit vergingen. Die Sonne stand schon hoch im Zenit, als es geschafft war. Der Schweiß lief ihnen in Strömen vom Leibe.

»Kommt, wir müssen uns stärken«, sprach Sam und führte die Knaben in den kühlen Schatten des Wäldchens. Hier verzehrten sie ihr kärgliches Mal. Plötzlich sprang er auf. »Die Pferde, hoffentlich sind unsere Pferde da, bleibt hier, Jungens, passt scharf auf. Sollte jemand kommen, versteckt euch im Walde. Ich muss nach unseren Pferden sehen!«, sprach er und schritt, trotz seines Alters, mit elastischen Schritten davon.

Sollte es möglich sein, dass den Banditen der wertvolle Fang an der Nase vorbeigegangen wäre? Die Pferde der Farm lebten Tag und Nacht, solange sie nicht gebraucht wurden, im Freien. Selbst die Gäste der Brüder Thompsen hatten ihre Pferde freigegeben, da sie sich für einen längeren Aufenthalt eingerichtet hatten. Ein Cowboy der Farm war bei der Herde.

Rüstig schritt Uncle Sam vorwärts, heiß brannte die Sonne auf die im flirrenden Licht liegende Prärie. Er kannte die Richtung genau, die er einschlagen musste. Seine Augen suchten das Gelände sorgfältig ab. Mittlerweile waren zwei Stunden verflossen. Immer noch war kein Anzeichen für die Herde vorhanden. Im Präriegras war nicht die geringste Spur einer Fährte zu sehen. Durch den Regen der Nacht hatten sich die Gräser neu gestärkt und aufgerichtet. Enttäuscht schritt Sam weiter. Wieder verging eine Stunde. Schwitzend erstieg er einen Hügel und konnte, als sein Blick ins jenseitige Tal fiel, einen Ruf der Freude nicht unterdrücken. Vor ihm, in nicht allzu weiter Ferne, graste die Herde. Schon löste sich von dieser ein Reiter ab und schoss förmlich auf ihn zu. In der malerischen Tracht des Westens, den Hut tief im Genick, mit bronzefarbenem Antlitz, von Licht, Luft und Sonne gefärbt, bot derselbe ein prächtiges Bild. Für Uncle Sam ein gewohnter Anblick. Er blieb stehen und verharrte.

In brausendem Tempo jagte der Reiter heran. Es sah beängstigend aus, wahrscheinlich hatte dieser die Absicht, Uncle Sam in Grund und Boden zu reiten. Doch im letzten Augenblick, kurz vor dem Bedrohten, riss der Reiter das Pferd herum und stand auf den Beinen. Wie er vom Pferd heruntergekommen, konnte man beim besten Willen nicht feststellen. Bei den Cowboys war das Anreiten ein beliebter Trick und kein Mensch nahm es ihnen übel.

»Hallo Sam, was gibt's?«, grüßte der verwegene Reiter, trat auf Sam zu und drückte ihm die Rechte, mit der Linken sein Pferd am Halfter führend.

»Pflock deinen Gaul an, John, es lässt sich dann besser reden.«

»Nanu, ist etwas nicht in Ordnung?«, fuhr der mit John Angesprochene auf, bückte sich dann und fesselte die Vorderbeine seines Pferdes mit fachmännischen Griffen.

Sam hatte sich lang ins Präriegras geworfen, zog eine kurze Stummelpfeife aus seiner abgeschabten Lederhose, schlug umständlich Feuer und zog den Qualm aus tiefen Lungen ein.

John setzte sich zu ihm ins Gras und schaute aufmerksam zu. Dann sahen seine Augen ihn scharf an. Sein Gegenüber nahm die Pfeife aus dem schon stark verbrauchten Gebiss. Schwarze, verkrüppelte Zähne standen vereinzelt in dem für das kleine Gesicht zu groß geratenen Mund. Man erzählte von Sam an den Lagerfeuern der Prärie, dass er sich nur seines Mundes wegen einen Bart habe stehen lassen. Denn tatsächlich wusste Sam von dieser Schwäche, machte darum sein Gebiss nur auf, um das Wichtigste zu reden. Sonst aber war er von einer bald unerträglichen Schweigsamkeit. Er lachte nicht, wenn andere lachten. Ja, sein Gesicht verzog sich bei keiner Gelegenheit. Seine Eitelkeit, den Mund so klein wie nur möglich zu machen, machten aus ihm einen nicht gerade gern gesehenen Gast, trotzdem er im Grunde seines Wesens wie ein großes Kind war. Anfangs war Sam durch seine Schwäche Angriffspunkt sämtlicher Hänseleien gewesen. Bis Sam dem ein Ende setzte und einen Cowboy, der sich gerade über ihn lustig machte, kaltblütig niederschoss. Da hatte er Ruhe. Seine Art, den Colt zu ergreifen, war bekannt und gefürchtet. Er traf sicher, mit unbedingter Zuverlässigkeit.

Nun sprach Sam mit seiner knarrenden Stimme, die viel Ähnlichkeit mit einer in den Angeln quietschenden Tür hatte, wobei er stur vor sich hinschaute.

»Dolfo da Gama, der räudige Kojote, hat uns einen Besuch abgestattet. Die Thompsens sind alle tot. Die Farm ausgeräuchert. Nur die Zwillinge leben. Ich muss sie fortschaffen, bevor Dolfo da Gama durch seine Späher erfährt, dass sie nicht im Hause verbrannt sind, denn sonst wird er ihnen nachstellen, bis auch die letzten Thompsens ausgelöscht sind!«

Sein Bericht klang wie im Telegrammstil, kaum öffnete er dabei seinen Mund, der dadurch etwas verzerrt Starres bekam und das ganze Gesicht zur Maske werden ließ.

John hatte bei diesem Bericht die Farbe gewechselt. Dann formten sich langsam Worte in seinem Munde und wurden ausgespien: »Die Herde – wohin damit?«

Es war so ganz Cowboy-Art – zuerst die Herde. Für diese lebten sie, darbten und hungerten, nahmen es mit Banditen, Wölfen, Katastrophen auf. Die Herde war ihnen Inbegriff des Lebens.

»Bring sie nach Charleston – dort hat Jonas Thompsen einen Freund, Buck Tylor. Verkauf sie ihm um jeden Preis, sag dann, dass er den Erlös zurücklegen solle für später einmal, wenn die Zwillinge es brauchen werden. Buck soll der einzige außer uns beiden sein, der von den Zwillingen weiß, schärf ihm das gehörig ein, dass er Schweigen bewahrt. Und nun such mir drei gute Renner aus der Herde«, sprach Uncle Sam. »Wenn du Proviant entbehren kannst, würde ich mich freuen«, fuhr er dann fort, »denn unser Ritt ist lang.«

»Wohin soll's gehen?«, entgegnete John.

Misstrauisch schielte Uncle Sam John von der Seite an, dann machte die rechte Hand eine weite Bewegung. »Das weiß ich nicht.«

Der Cowboy sprang auf, entfesselte sein Pferd, schwang sich in den Sattel und trabte zur Herde hin. Während des Reitens machte er sein Lasso wurfbereit. Es war nicht leicht, ein halbwildes Pferd mit dem Lasso aus der Herde herauszuholen, Reiter und Pferd mussten darin geübt sein.

Prüfend flogen Johns Blicke über die Gäule. Für die Knaben musste er zwei zahme Tiere mit guter Körperkraft und guten Lungen aussuchen. Jedoch Uncle Sam wollte den besten Renner. Nach nicht allzu langer Zeit hatte er zwei hohe Fuchsstuten ohne Mühe zu Uncle Sam gebracht. Dieser war mit der Wahl einverstanden.

Uncle Sam hatte in der Zwischenzeit Zaumzeug, Sattel und Bügel für drei Pferde aus dem Schlafzelt Johns geholt. Voller Spannung sah er zu, wie der Cowboy einen schwarzen Mustang für ihn einfing. Das Tier hatte Feuer und edelstes Blut in den Adern. Der Kopf war klein, die Nüstern blutrot. Gleichmäßig sehnig und geadert der Körper, zierlich die Fesseln. Ein wunderbares Bild von Kraft und Schönheit. Aber auch hier hatten sie über Erwarten Glück. Der Hengst war nicht so ungebärdig wie er aussah. Er musste wohl erst vor nicht allzu langer Zeit wieder in die Herde geraten sein, denn er hatte eine gute Dressur. Uncle Sams Kennerherz lachte.

Ohne Schwierigkeiten wurden die Pferde gezäumt, die Sättel straff angezogen. Dann zog Sam eine Leine von den beiden Fuchsstuten zu seinem Mustang, sprang dann in den Sattel. John reichte ihm Proviant, den Sam in die Satteltaschen verstaute. Ein kurzer Gruß flog hin und her und schon sauste der schwarze Mustang, gefolgt von den Fuchsstuten, davon. Es ging denselben Weg zurück. Unter den dahinsprengenden Hufen der Pferde war die Überfallstätte bald erreicht. Die Zwillinge liefen Uncle Sam entgegen. Dieser ließ die Pferde in Schritt fallen, stieg vom Mustang und setzte die Knaben auf die Stuten.

»War einer hier?«, fragte er dann. Die beiden schüttelten die Köpfe. »Na, dann los!« Mit diesen Worten schwang er sich wieder auf den Rapphengst. Im leichten Trab verließen sie die niedergebrannte Farm, ohne sich umzuschauen.

 

 

2. Kapitel – l5 Jahre später

 

In Charleston ging es hoch her. Es war kurz vor Mittag. In den Straßen wimmelte es von Menschen. Reiter hoch zu Ross, braungebrannte Gesellen, schmückten das Straßenbild. Es wurde gehandelt und gefeilscht. Chinesen boten ihre billige Ware an. Ebenholzschwarze und braune Menschen gehörten zu den Passanten.

Aus einer Schenke hörte man die aufreizenden Melodien eines elektrischen Klaviers. Bardamen, deren Nationalitäten nicht auf Anhieb festzustellen waren, saßen auf hohen Hockern, unauffällig dabei die eintretenden Männer auf ihre Zahlungsfähigkeit musternd. Sie hatten dafür eine besondere Spürnase. Ledergegerbte Gesichter, unrasiert und schmutzig, waren ihnen die liebsten Kunden. Man verkalkulierte sich nie. Es waren Trapper, die ihre Felle verkauft hatten oder Goldwäscher, im ungünstigsten Falle Cowboys, die mit praller Börse eintraten und meistens mit leerer diese Stätte verließen. Cowboys sah man nicht allzu gerne, denn diese Gesellen hatten ihre Colts nur zu schnell bei der Hand.

 

*

 

Gerade sprengt ein Trupp von zwanzig Reitern die Straße entlang, der Schenke zu. Wildverwegene Gestalten springen von den Gäulen, binden sie am Halfter an die dafür angebrachte Querstange vor der Schenke fest. Ein Mulatte eilt herbei, um die Tiere zu tränken und abzufüttern.

Grölend drängen sich die Reiter durch die Tür, von den Barmädchen misstrauisch beobachtet. Ein breitgebauter, untersetzter Mann, mit einem massiven Schädel, das Gesicht von Pockennarben zerrissen und mit tief auf den Oberschenkeln baumelnden Colts, ist der Sprachführer.

»Hallo, Juanita, alte Hexe, bring den Jungens Feuerwasser, damit sie ihre Kehlen anwärmen, mach schnell, sonst bedienen wir uns selbst!«

 

*

 

Die so Angeredete war die Inhaberin der Kneipe, eine Frau, die auf diesen Titel keinen Anspruch zu haben schien. Wild und ungepflegt hingen ihr die Haare auf die Schultern. Das Gesicht war aufgedunsen. Zwei listige Äuglein schauten aus dicken Fettpolstern lauernd auf den Sprecher. Der Körper war unförmig wie eine Kugel anzuschauen. Trotz dieser Fülle war sie von einer beinahe unheimlichen Beweglichkeit und Kraft und mancher Mann hatte das zu seinem Nachteil zu spüren bekommen. Auch jetzt lief sie wie ein Wiesel, was natürlich sehr komisch aussah und die Männer zum schallenden Gelächter anregte. Sie holte mehrere Whiskyflaschen vom Regal und die dazugehörigen Gläser, baute dieses alles auf dem großen Tisch auf, an dem die Männer Platz gefunden hatten, und schaute sie dann der Reihe nach herausfordernd an.

»Hoffentlich könnt ihr zahlen«, knurrte sie dann, drehte sich um und nahm ihren Platz hinter der Theke wieder ein.

Im Lokal waren noch mehrere Gäste anwesend. Diese hatten bei der Ankunft der Reiter nur kurz aufgeschaut und pokerten dann weiter, ohne sich um ihre Umgebung zu kümmern.

Am großen Tisch wurde es von Minute zu Minute lauter, bis schließlich grölendes Gelächter ertönte. Ein paar Barmädchen hatten sich bei den Zechern eingefunden und hingen den verwegenen Gestalten am Hals.

Juanitas Stirn glänzte feucht. Sie hatte alle Hände voll zu tun, um den Durst der Zecher zu stillen. Sie kannte diese Gesellen zu genau, sie gehörten zu ihrer Stammkundschaft. Mit dem Pockennarbigen hatte sie so manches gute Geschäft getätigt. Trotz aller Freundschaft musste man ihm auf die Finger schauen, denn oft war er mit seinen Leuten gegangen, ohne zu zahlen. Er hatte noch, um seine Person in gutem Andenken zu halten, vorher die Flaschen vom Regal zerschossen und war, bevor überhaupt der Sheriff mit seinen Leuten eingreifen konnte, verschwunden.

Wieder öffnete sich die Tür der Schenke. Auf der Schwelle stand ein hagerer alter Mann inmitten der Sechzig. Lebhaft musterten die blauen Augen die Runde. Ein verwitterter Hut ließ die silberweißen Haare noch wirkungsvoller zur Geltung kommen, die lang auf die Schulter herabhingen. Sein Antlitz ließ sofort den gutmütigen Menschen erkennen. Als er sich nun nach einem Tisch umschaute und zu dem ins Auge gefassten Plätzchen in Bewegung setzte, zog er den rechten Fuß hinkend nach. Als junger Mann hatte er sich einst bei einem Sturz vom Pferd das Bein gebrochen. Hoch oben im Gebirge passierte es, als er noch Postreiter war. Das Bein heilte wohl, aber das Hinken blieb als lästiges Anhängsel an jenem Tag bestehen.

Plötzlich riss am großen Tisch das Gelächter ab. Mit trunkenen Augen starrten die Burschen ihn an, als er gerade vorbei wollte. Der Pockennarbige erhob sich.

»Sieh da, Buck Tylor, komm her zu einem Drink.«

In lässiger, abwartender Haltung sah er auf den mit Buck Tylor Angeredeten. Einen Drink abzuschlagen, war die größte Beleidigung, die es unter Westleuten gab.

Buck Tylor schaute sich den Sprecher an, trat näher auf ihn zu, in seinen Augen glänzte es.

»Ihr seid doch Dolfo da Gama?«

Der Pockennarbige zuckte mit keiner Miene. »Das bin ich, Mann, wollt Ihr meinen Drink ausschlagen?«

Drohend klangen diese Worte. An dem Nachbartisch legten die Männer ihre Karten weg und lauschten gespannt. Juanita glich einer erstarrten Bildsäule, sie ahnte, was kommen musste, denn kein ehrlicher Westler würde von Dolfo da Gama einen Drink annehmen. Was sie befürchtete, trat ein. Mit eiserner Ruhe schaute Buck Tylor seinen Mann an. Eine Stecknadel konnte man fallen hören. Selbst die Luft schien erstarrt.

Dann hörte man die feste Stimme Bucks: »Behaltet Euern Drink für euch, Mann, ich kann meinen Whisky selbst bezahlen.«

Noch waren seine Worte nicht verklungen, als auch schon im Bruchteil einer Sekunde Golfo da Gama seinen Colt in der Hand hielt und …

»Steck die Waffe weg«, tönte es im letzten Augenblick von der Tür her. »Hands up, Gentlemen!«

Fast gleichzeitig fuhren die Köpfe mit den erhobenen Armen wie elektrisiert zur Tür. Im Türrahmen stand, in beiden Händen einen Colt, ein junger Mann, er mochte wohl zwanzig bis dreißig Jahre alt sein, was aber schwer zu schätzen war. Seine Kleidung war schwarz, schlank und sehnig der Körper, schwarzlockiges Haar quoll in dichter Fülle unter dem Hutrand hervor. Stahlblaue Augen gaben der Antlitz Kraft und Kühnheit. Ein rotes Tuch unterbrach wohltuend die schwarze Erscheinung.

Mit einem Satz schoss der sehnige Körper von der Tür fort zur Theke. Kalt ruhten seine Augen auf den ihn anstarrenden Gestalten des großen Tisches. Schneidend durchschnitt seine Stimme die eingetretene Ruhe: »Zahlen … raus … dalli, dalli.«

Peitschend fiel ein Schuss.

»Nimm die Hand von dem Dings da. Wirtin, er zahlt für alle. Zieh ihm die Börse aus der Tasche.«

Lester Damp hielt sich fluchend den Arm. Die Pistole lag am Boden, ohne losgegangen zu sein.

Der Junge hatte den Teufel im Leib. Er musste Augen wie ein Luchs haben.

Juanita schob ihre fette Gestalt hinter der Theke hervor und holte triumphierend eine gefüllte Geldbörse heraus, die sie schnell in ihren Ausschnitt verschwinden ließ.

»Hum … ich zähle bis drei«, ließ sich abermals der Schwarze hören.

»Ein … zwei …«

Drängend und fluchend, als ob der Leibhaftige hinter ihnen her wäre, verschwanden die Gesellen.

Noch war die Zahl Drei nicht ausgesprochen, als sich auf der Straße der Hufschlag davongaloppierender Pferde vernehmen ließ. Ehe die übrigen Gäste sich zurechtgefunden hatten, war der Schwarze Reiter spurlos verschwunden.

Buck Tylor holte eine schwarze Zigarre aus seinem Rock, zündete sie an und goss einen Schluck Whisky durch seine Kehle.

Da legte sich eine breite Männerhand auf seine Schulter. Es war einer der Pokerspieler, der nun zu Buck getreten war.

»Glück gehabt, Buck. Der Schwarze Teufel kam gerade zur rechten Zeit, sonst wärst du jetzt in den ewigen Jagdgründen. Dolfo da Gama scheint seinen Meister gefunden zu haben, möchte nur wissen, was den Pockenarbigen nach Charleston getrieben hat. Monatelang war von seiner Bande nichts zu hören gewesen, der Sheriff ist mit einem starken Polizeiaufgebot hinter ihm her und dennoch wagt er sich mitten in die Stadt, in die Höhle des Löwen. Es ist, als ob ihm der Teufel persönlich in die Ohren flüsterte, wo die Luft für ihn rein ist. Du musst dich hüten, Alter, wer Dolfo da Gama zum Feind hat, ist seines Lebens nicht mehr sicher. Man munkelt, dass seine Bande auf hundert Mann angewachsen ist, er musste irgendetwas Großes im Schilde führen, sonst würde er sich nicht so ein Heerlager halten, na, nichts für ungut, wenn du mich brauchen solltest, ich bin dein Mann.«

»Schon gut, Wat, ich weiß, was ich zu tun habe«, entgegnete Buck Tylor und schaute seinen Nachbar Wat Wiclif von der Seite an. Wiclif stand nicht im besten Ruf. Was er richtig trieb, konnte niemand sagen.

Von seiner kleinen Farm konnte er sich unmöglich ernähren. Meistens trieb er sich in Charleston herum, allerlei Mittlerdienste für nicht einwandfreie Geschäfte treibend. Er hatte ein verlebtes, bleiches Gesicht und einen dunkelblonden, herabhängenden Schnurrbart, der seinem Wesen etwas Melancholisches gab, seine wässerigen Augen tränten immerfort, ab und zu spielte er den großen Mann, um Kitty, dem Barmädchen, zu imponieren. Kitty betete er an. Wat spielte oft den Eifersüchtigen und Gekränkten und wurde doch von ihr wie ein Hanswurst behandelt. Auch beim Angebot seiner Freundschaft achteten seine Augen darauf, dass Kitty diese Worte genau hören konnte, ein selbstgefälliges Schmunzeln glitt über das verlebte Gesicht.

»Schade, Buck, es war immerhin ein Angebot«, sagte er dann, wobei seine Augen die zarte Erscheinung des Mädchens mit Wohlbehagen verschlangen.

Kitty war wohl die Schönste der Barmädchen, ungefähr neunzehn Jahre alt, von blühender Schönheit. Schwarze Locken ringelten sich auf einen weißen, wie Marmor aussehenden Nacken, hochgeschwungen wölbten sich die gleichmäßigen Augenbrauen über mandelförmigen, feurigen Augen von dunkler Färbung.

Die Brust war voll und die Hüften zart gerundet, lange schlanke Beine vollendeten das Bild. Um den Hals schmiegte sich, wie in zärtlicher Liebkosung, eine dicke Opalkette, sie schien mit ihrer Schwere in den Busenausschnitt hineinzugleiten. So manches Männerauge hatte das Mädchen schon mit Wohlgefallen betrachtet, mancher Angetrunkene seine Arme nach ihr verrenkt. Für alle fand sie ein freundliches Lächeln, aber anfassen durfte sie keiner. Dann wurde sie wild wie eine Katze und mancher Mann konnte mit Ernüchterung sein zerkratztes Gesicht im Spiegel betrachten. Kitty wurde im Gegensatz zu ihren Kolleginnen darum auch als Dame behandelt. Ihr gegenüber erlaubte man sich keine Schwachheiten.

Buck Tylor warf einen flüchtigen Blick auf den sich wie einen Hahn aufblähenden Wat Wiclif, zahlte und entfernte sich mit wuchtigen Schritten.

Juanita wischte sich mit einem angeschmutzten Lappen den Schweiß von der Stirn, griff in ihren Busenausschnitt und holte die pralle Börse Lester Damps hervor, wobei ihre Zunge schnalzende Laute von sich gab, schüttelte den Inhalt aus und zählte die Dollars. Die kleinen Äuglein schienen vor Gier aus den Fettpolstern zu treten. Die Zeche der Jungs war mehr als genug bezahlt. Der Schwarze Teufel hatte ihr Glück gebracht. Mit lauernden Augen schaute die blonde Nelly zu der Wirtin herüber, die schweren Lider verdeckten ihren Blick.

---ENDE DER LESEPROBE---