Die Sternenlicht-Flotte (Der Spieler Buch 7): LitRPG-Serie - Roman Prokofiev - E-Book

Die Sternenlicht-Flotte (Der Spieler Buch 7): LitRPG-Serie E-Book

Roman Prokofiev

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Beschreibung

Jede Geschichte hat einen Anfang und ein Ende. Die Geschichte von Cat ist da keine Ausnahme. Die Sieben Schlüssel wurden eingesammelt, und die Welt, die ausschließlich zur Unterhaltung der Spieler erschaffen wurde, erwacht zum Leben. Wer auch immer die Kontrolle darüber erlangen wird – er wird zum Herrscher über die SPHERE werden. Wer wird es wohl sein? Der Dämonenkönig, die digitalisierten Spieler, die SPHERE Corporation oder diejenigen, die sich unter der Maske der Sieben Brüder verstecken? Die Einsätze sind höher als je zuvor, und erneut ist das Leben des Händlers Cat in Gefahr. Schließlich besitzt er einen der Schlüssel, die die Macht gewähren, Welten nach Belieben zu erschaffen und zu zerstören. Zusammen mit Weldy, die aus eigener Kraft zur Herrscherin von Libros aufgestiegen ist, muss Cat sich nun dem gefährlichsten Ort in der gesamten SPHERE stellen, der Wolke der Knochen. Seine Intelligenz, seine Gewitztheit, sein Glück und das Gesetz des Gleichgewichts sind auf seiner Seite. Und hinter ihm steht die Macht der Sternenlicht-Flotte.

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Zwischenspiel: Die Erste Jungfrau

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Zwischenspiel: Agasyan

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Zwischenspiel: Die Admins

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Zwischenspiel: Die Flucht

Kapitel 23

Epilog 1

Epilog 2

Über den Autor

Die Sternenlicht-Flotte

von Roman Prokofiev

Der Spieler

Buch 7

Magic Dome Books

Die Sternenlicht-Flotte

Der Spieler Buch 7

Buch 7 Originaltitel: The Starlight Fleet(Rogue Merchant Book #7)

Copyright ©R. Prokofiev, 2021

Covergestaltung © Vladimir Manyukhin 2021

Deutsche Übersetzung © Irena Böttcher, 2023

Erschienen 2023 bei Magic Dome Books

Anschrift: Podkovářská 933/3, Vysočany, 190 00

Praha 9 Czech Republic IC: 28203127

Alle Rechte vorbehalten

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Prolog

ICH KAM WIEDER ZU MIR in einem angenehmen, seidig-weichen Zwielicht. Ein vertrauter, scharfer, blumiger Duft kitzelte meine Nase. War das Flieder? Ich hob den Kopf, der mir schwer wie Blei vorkam, sah mich um und versuchte herauszufinden, wo ich war. Dann ließ ich den Kopf mit einem erleichterten Seufzen wieder auf das harte Kissen sinken.

Auf den Leisten, die zu beiden Seiten des Bettes angebracht waren, blinkten grüne Lichter. Die Sensoren entdeckten sofort, dass ich aufgewacht war, und schalteten eine schwache Beleuchtung ein.

Der große, hellblau gestrichene Raum erinnerte an das Zimmer in einer Station im Krankenhaus. Das Hospital war höchst fortschrittlich ausgestattet, wie ich aus dem dezenten, aber stilvollen Design und der makellosen Sauberkeit schloss. Die Tür verschmolz mit der Wand. Auf einem kleinen Tisch zwischen zwei Plastikstühlen mit geschwungenen Beinen stand ein Blumenstrauß mit Flieder. Auf der anderen Seite des Bettes war ein virtueller Monitor angebracht, und eine halb durchsichtige Trennwand verbarg ein Badezimmer. Die Dämpfung des Lichts ließ langsam mehr und mehr nach. Das riesige Fenster an der rechten Wand zeigte einen grünen Garten im so beliebten mesozoischen Stil: Schachtelhalme, riesige Baumfarne und Schlagkraut... Auf den mit grauem Kies bestreuten Pfaden wandelten Menschen, und über den grünen Baumkronen sah ich die volle Pracht der Wolkenkratzer, Überführungen und Schnellstraßen von Neu-Tokio.

Ich war in der realen Welt, nicht in der SPHERE, und vor allem war ich am Leben. Und sogar gesund. Mit einer gewissen Anstrengung gelang es mir, meinen Körper zu bewegen. Ich spürte die Apathie meiner Muskeln, die nach mehreren Wochen Auszeit physische Anstrengung nicht mehr gewohnt waren. Selbst mich aufzusetzen, schien eine Herausforderung zu sein...

Auf einem Tablett-Tisch mit Rollen neben dem Bett lag saubere Kleidung. Ich streckte die Hand aus und griff nach einem Handtuch. Ich betrachtete das goldene, in den weißen Stoff gestickte Emblem: Ein Schwert, das mehrere Welten durchbohrte. Es war das Logo der SPHERE OF WORLDS Corporation.

Auf einmal hörte ich ein lautes Summen, und ein paar Sekunden später flog die Tür auf. Eine Frau in der hellblauen Uniform medizinischen Personals verhinderte sanft, aber entschieden, dass ich das Bett verließ. Hinter ihr im Türrahmen entdeckte ich ein vertrautes Gesicht — Isao, vom Sicherheitsdienst der SPHERE, der versprochen hatte, mich aus den Klauen des Magisters zu retten und nach Neu-Tokio zu bringen. Er schenkte mir ein knappes Lächeln und deutete mit einer Handbewegung an, dass alles in Ordnung war. Wenn das kein Traum war, arbeiteten die Leute, die mich aus der Kapsel geholt hatten, also für das Unternehmen, nicht für den Magister!

Es war eine wundersame Rettung gewesen. In meinen letzten Augenblicken in der SPHERE hatte ich das Schrecklichste erlebt, das ich mir nur vorstellen konnte. Zu behaupten, ich spürte Erleichterung, dem Magister entkommen zu sein, wäre eine maßlose Untertreibung gewesen. Natürlich hätten die Leute von Herrn Leo mich nicht umgebracht. Zumal nicht, nachdem Weldy ein weiterer Schlüssel in die Hand gefallen war. Aber sie hätten sich darum bemüht, mir das Leben so unangenehm wie möglich zu machen. Und sie verfügten über die Mittel, genau das zu tun.

„Sie dürfen noch nicht aufstehen!“, erklärte die Ärztin mit strenger Stimme. Sie berührte die Seitenleiste meines Bettes, die sich dadurch in eine Benutzeroberfläche für die erweiterte Realität verwandelte, und scrollte rasch durch verschiedene Daten, offensichtlich die Informationen über meinen derzeitigen Zustand, die die multifunktionelle Software bereitstellte. Anschließend bedeutete sie Isao mit einer Handbewegung einzutreten.

„Es ist alles in Ordnung, Oleg“, beruhigte er mich, als wir endlich miteinander allein waren. „Sie sind in Sicherheit.“

„Wo sind wir?“

„In einer Vorstadt von Neu-Tokio, in einem Krankenhaus auf unserem Firmengelände.“

„Wie viel Zeit ist vergangen?“

„Nicht viel — etwas mehr als zwei Tage. Sie waren bewusstlos. Unsere Ärzte haben Ihren Körper gereinigt. Es gab Spuren verschiedener Drogen. Es tut mir leid, dass der Befehl, Sie herauszuholen, erst so spät kam.“

„Haben Sie... die Leute gefasst?“

Eine Sekunde lang wandte Isao die Augen ab, sein Blick hart.

„Leider ist das etwas, worüber wir nicht sprechen sollten“, erwiderte er kurz darauf. „Wie fühlen Sie sich, Oleg?“

„Halb verhungert“, erklärte ich. Meine Zunge bewegte sich kaum beim Sprechen. „Und es kommt mir vor, als wollte mein Körper mir nicht gehorchen.“

„Machen Sie sich keine Sorgen. Sie sind nur sehr schwach, nachdem Sie so lange in der Tiefenimmersion gesteckt haben. Das ist lediglich ein vorübergehender Zustand“, versicherte mir Isao und zerstreute damit meine Befürchtungen. „Ihre Muskelaktivität wird zurückkehren, obwohl Sie eine gewisse Zeit mit speziellem Training werden verbringen müssen, ein Fitness-Studio aufsuchen, lange Spaziergänge machen... Wichtig ist allein, dass Sie am Leben sind, weitgehend gesund und in Sicherheit.“

„Ich brauche einen Kommunikator. Ich muss mich bei meiner Frau melden.“

Isao sagte eine Weile lang nichts, bis er endlich bemerkte: „Es tut mir sehr leid, aber das ist momentan nicht möglich. Sie können mir glauben — Ihrer Frau geht es gut, und Sie werden sie bald sehen können. Aber momentan müssen wir Ihren Aufenthaltsort zu Ihrem eigenen Besten geheim halten.“

„Bin ich etwa ein Gefangener?“, fragte ich lachend. Mein Gehirn hatte endlich seine Arbeit aufgenommen und begonnen, die Ereignisse zu analysieren. Man hatte mich aus der Tiefenimmersion herausgeholt und nach Neu-Tokio gebracht. Aber womöglich war das nur eine angenehmere Version, mich in einen dunklen Keller einzusperren. Was wollte der Sicherheitsdienst der SPHERE von mir, außer den exklusiven Informationen, auf die ich in der Datei angespielt hatte, die ich vor meinem Kidnapping losschickte?

„Sie sind unser Gast, Oleg!“, betonte Isao.

„Sie haben mir ein Treffen mit Agasyan versprochen.“

„Ich gebe niemals ein Versprechen, das ich nicht erfüllen kann. Aber meine Vorgesetzten, die gewissen Leuten...“ — er hielt inne und deutete auf die Decke — „… sehr nahestehen, wollen unbedingt Ihre Geschichte hören.“

„Das kommt nicht in Frage.“

„Ich will Ihnen wirklich helfen, Oleg, glauben Sie mir“, bemerkte Isao mit fester Stimme. „Aber dies ist die einzige Möglichkeit. Für Sie ist es sogar Ihre einzige Chance, in diesem Spiel zu überleben. Die Entscheidung liegt selbstverständlich ganz bei Ihnen. Ich kenne Sie inzwischen ein wenig... Wollen Sie meinen Rat hören?“

„Bekomme ich den kostenlos?“ Ich lachte.

„Natürlich.“

„Dann bitte — tun Sie sich keinen Zwang an.“

„Spielen Sie keine Spielchen. Sie müssen so offen und ehrlich sein wie nur möglich.“

Kapitel 1

DAS TREFFEN FAND hinter verschlossenen Türen statt. Anwesend waren, neben Agasyan selbst, lediglich vier seiner Mitarbeiter. Es war der innere Kreis, der über die Schlüssel und die Sieben Brüder Bescheid wusste.

Yuri, der Sicherheitschef, ein kahlköpfiger Mann mittleren Alters, hünenhaft und zäh.

Lana Kaminskaya, eine elegante Blondine und derzeitige Leiterin des Programmierer-Teams der SPHERE.

Sarik, Agasyans rechte Hand und langjähriger Assistent. Manche nannten ihn sogar seinen zukünftigen Nachfolger. Sarik war ein Armenier und mit dem Eigentümer der SPHERE verwandt.

Der ältere Mann mit dem intelligenten Gesicht war Robert Hoffner. Er führte die Aufsicht über den Goldenen Hamster und die Finanzen des Projekts.

„Okay — ihr seid alle auf dem Laufenden, was den Bericht betrifft“, begann Agasyan. „Yuri, du hast gute Arbeit geleistet. Ich danke dir.“

Der Leiter des Sicherheitsdienstes reagierte mit einem bescheidenen Nicken. Aus alter Gewohnheit studierte er eingehend die Gesichter aller Anwesenden. Einige von ihnen wussten bereits seit geraumer Zeit von dem Bericht mit dem Codenamen „Die Sieben Brüder“, während andere ihn gerade erst gelesen hatten. Überrascht schien jedoch niemand zu sein.

„Ich muss euch gewiss nicht gesondert darauf hinweisen, dass dieser Bericht geheim ist. Wir sind die Einzigen, die ihn kennen. Die Informationen dürfen diesen Raum nicht verlassen, bevor wir nicht eine Entscheidung getroffen haben, was wir nun unternehmen. Möchte jemand etwas sagen?“

„Das ist unbegreiflich — ich kann es nicht glauben! Ist das, technisch betrachtet, überhaupt möglich, ein Bewusstsein in das Spiel zu übertragen und eine vollständige digitale Kopie eines Menschen zu schaffen?“ Hoffner war es, der das Schweigen brach. „Balabanov war ein Exzentriker, ja — aber doch nicht in diesem Ausmaß!“

„Theoretisch ist das durchaus möglich. In den meisten Ländern ist es allerdings verboten. Sie wissen sicher, dass einige Experimente mit Menschen zu deren Tod geführt haben?“, erwiderte Sarik. „Es ist mit einem großen Risiko verbunden. Es sei denn, Balabanov und sein Team haben eine sichere Methode des Tiefen-Gehirnscans entwickelt.“

„Lassen wir diese Sache beiseite — das sind doch alles nur unwichtige Details!“ Agasyan war zusammengezuckt. „Arbeiten wir mit den Fakten: Irgendwo in der SPHERE stecken digitale Kopien unserer ehemaligen Programmierer, und sie arbeiten gegen uns!“

Sarik hob erneut die Hand. Auf Agasyans Nicken hin erklärte er:

„Gehen wir logisch vor. Dem Bericht zufolge zielen die Sieben Brüder darauf ab, den Verfahrensgenerator zu kontrollieren. Das ist das Fundament der SPHERE. Sobald sie zusammenkommen, können die Sieben Schlüssel Welten erschaffen oder zerstören. Anders ausgedrückt, sind dies die grundlegenden Artefakte des Spiels. Sie gewähren die Macht über das gesamte Multiversum innerhalb des Spiels. Die Frage ist — was genau wollen diese digitalen Kopien durch das Zusammenfügen aller Sieben Schlüssel erreichen?“

„Es gibt mehrere Gruppen dieser Kopien, drei oder vier — so genau wissen wir das momentan noch nicht“, meldete sich Yuri zu Wort. „Die erste Gruppe — Romanova, Rubtsov und Svechkin — verfügt über zwei Schlüssel. Ihr Ziel ist die vollständige Zerstörung der SPHERE, eine globale Auslöschung. Dahinter steckt die Befürchtung, das unvorhersehbare Verhalten des Verfahrensgenerators könnte Tausende von Spielern in Gefahr bringen. Auf einen Nenner gebracht, streben sie die Vernichtung der hauptsächlichen künstlichen Intelligenz der SPHERE an, und zwar um jeden Preis.“

„Das glaube ich dir sofort!“ Agasyan lachte. „Romanova war schon immer ein bisschen verrückt! Bestimmt erinnern sich viele noch an die Skandale rund um diese Lady. Wenn ich mich nicht irre, hat sie kategorisch verlangt, dass wir den Generator von allen Stromquellen trennen, die Hardware-Räume mit Zement füllen und am besten den gesamten Bereich mit Stacheldraht umzäunen.“

„Ja, darauf hat sie auf dem Meeting wegen Taerland bestanden“, bestätigte Sarik. „Als ihr das verweigert wurde, ist sie von ihrem Posten zurückgetreten.“

„Darf ich fortfahren?“, unterbrach ihn Yuri. „Die zweite Gruppe ist Balabanov selbst, auch bekannt als der Magister. Er besitzt einen Schlüssel. Er hat ein völlig irres Ziel — er will aus der SPHERE in die reale Welt zurückkehren, indem er sein ‚digitales Bewusstsein‘ in einen echten menschlichen Körper überträgt.“

„Ja, Projekt Apollo. Aber das wurde inzwischen eingestellt“, bemerkte Sarik. „Man konnte keinerlei Erfolge verzeichnen, weder mit Androiden noch mit organischen Körpern. Eine solche Übertragung ist schlichtweg unmöglich.“

„Deshalb habe ich auch meine eigenen Gedanken zu diesem Thema. Aber darüber sprechen wir später“, warf Yuri mit zusammengekniffenen Augen ein. „Was den Magister betrifft, so wissen wir, dass er auf eine Unterstützergruppe im realen Leben zurückgreifen kann. Wir arbeiten daran und haben bereits Einiges herausgefunden, aber es ist noch zu früh, über Ergebnisse zu sprechen. Dann haben wir weiter einen dritten ehemaligen Programmierer — Kerimov. Er hat als Avatar einen der mächtigsten NPCs in der SPHERE gewählt, den Dämonenkönig. Derzeit kann er auf einen Schlüssel zugreifen und herrscht über ein Drittel aller Reiche im Spiel. Seine Ziele sind die Erhaltung des derzeitigen Zustands und sein eigenes Überleben. Das wirkt plausibel, so wie ich Kerimovs Persönlichkeit kenne. Adam Georgievich besitzt einen weiteren Schlüssel, aber sein Aufenthaltsort ist ebenso unbekannt wie seine Absicht.“

„Romanowas Team verfügt über zwei Schlüssel, während Balabanov, Kerimov und Adam jeweils nur einen haben“, stellte Hoffner fest. „Das macht insgesamt fünf. Was ist mit den anderen beiden?“

„Zwei wurden von Spielern in Besitz genommen. Jemand mit dem Namen Oleg Rashidov und dem Spitznamen ‚Cat‘ hat den ersten vor mehr als sechs Monaten gefunden. Während dieser Zeit hat er Einiges angestellt. Das fällt voll in Ihr Gebiet, Robert“, antwortete Yuri und unterdrückte ein Grinsen. „Erinnern Sie sich an den Schwarzen Freitag im Basar? Dahinter steckte er. Es ist eine interessante Sache mit Rashidov. Der Magister überwacht ihn und ist sogar so weit gegangen, ihn im realen Leben zu entführen. Wir konnten ihn herausholen. Derzeit hält er sich bei uns auf. Nicht weit von hier, um genau zu sein. Wenn Sie wollen, können Sie sich mit ihm unterhalten. Er ist eine höchst faszinierende Gestalt.“

„Er ist hier? Wir haben also einen der Schlüssel? Das ist gut...“, murmelte Hoffner. „Und wer ist der zweite Spieler?“

„Paul Meyer, auch bekannt als Santa. Seine Geschichte ist noch merkwürdiger als die von Rashidov. Lana kann Ihnen mehr darüber erzählen, sie hat die Situation untersucht.“

„Ja, der Vorfall mit Meyer ist passiert, nachdem ich befördert wurde“, meldete sich nun Kaminskaya zu Wort, die bisher geschwiegen hatte. „Er war ein Mitglied von Projekt Null. Das ist ein Tiefenimmersions-Programm für behinderte Menschen. Er ist nach einer Fehlfunktion der neuronalen Schnittstelle in seiner Kapsel gestorben. Auf irgendeine Weise ist sein Avatar aber dennoch im Spiel geblieben und hat den Schlüssel an sich genommen. Derzeit ist er in der SPHERE als Geist unterwegs. Wir vermuten, dass der Verfahrensgenerator seine virtuelle Kopie mithilfe einer uns unbekannten Methode erschaffen hat.“

„Insgesamt ist die Lage also recht klar. Können wir die Schlüssel übernehmen?“

Alle sahen Lana an. Verlegen tauschte sie einen Blick mit Sarik und erklärte mit fester Stimme: „Natürlich gibt es Möglichkeiten... Aber die Schlüssel sind an ihre Eigentümer gebunden. Wir könnten sie lediglich dann ergreifen, wenn wir ihre Meister zerstören. Das ist unglaublich schwer und kann zu gefährlichen Konsequenzen führen, die sich möglicherweise nicht wieder rückgängig machen lassen. Im Vergleich zu dem, was uns in einem solchen Fall bevorsteht, könnte der Taerland-Vorfall völlig unbedeutend werden.“

„Der Einsatz von Gewalt ist ausgeschlossen!“, stimmte Sarik zu. „Und leider bin ich einer Meinung mit Lana. Wir besitzen einfach nicht die richtigen Werkzeuge. Durch Druck von außen hat Yamato die Erzeugung einer mächtigen, feindlichen Armee ausgelöst. Wenn wir auf diese Weise weitermachen, wird alles nur noch schlimmer.“

„Sollten wir es also mit Diplomatie versuchen?“ Hoffner hustete. „Haben Sie versucht, die Inhaber der Schlüssel zu kontaktieren?“

„Das haben wir. Nahezu alle digitalen Klone halten sich in sogenannten ‚anomalen Zonen‘ auf. Es ist sehr schwer, dort einzudringen. Es sieht so aus, als hätten sie das bewusst so arrangiert, um sich vor uns zu schützen. Wir können sie zu nichts zwingen, und unsere Versuche, Kontakt zu ihnen aufzunehmen, sind gescheitert.“

„Momentan ist unsere beste Option meiner Meinung nach, Verhandlungen mit Kerimov-Baal aufzunehmen“, bemerkte Sari langsam. „Falls Yuri recht hat, sind seine Ziele die gleichen wie unsere — eine Erhaltung des Status quo und eine Beruhigung der SPHERE.“

„Das Problem ist nur, dass wir ihm nichts anzubieten haben“, warf Lana ein.

„Was meinen Sie damit, wir hätten ihm nichts anzubieten? Wir haben doch einen Schlüssel, den von Rashidov. Nutzen Sie es aus!“

„Das ist es ja gerade — wenn Sie mir Rashidov überlassen, kann ich versuchen, über ihn eine Unterhaltung in Gang zu bringen, oder zumindest unsere Botschaft zu übermitteln. Aber Sie haben ihn ja aus dem Spiel geholt...“

Kaminskaya warf zuerst Agasyan und anschließend Yuri einen seltsam flehenden Blick zu.

„Wir haben überlegt, ihm den Schlüssel wegzunehmen“, erklärte Yuri. „Wenn ich das richtig verstehe, ist dies der einfachste Weg. Ein Monat Inaktivität für den Spieler sollte dafür ausreichen.“

„Leider haben wir aber keinen Monat. Und wissen Sie vielleicht, an welcher Stelle der Schlüssel nach seiner Freigabe wieder im Spiel auftaucht? Ich bin mir nicht so sicher, dass wir ihn erreichen können, bevor ein anderer Spieler ihn an sich nimmt. Aber wenn Sie riskieren wollen, dass der Schlüssel von Rashidov Romanova, dem Magister oder einem anderen in die Hände fällt — bitte! Lösen wir die Verbindung...“

„Ich habe meine Zweifel, was Rashidov betrifft“, warf der Sicherheitschef ein. „Zuerst einmal kommt es mir höchst merkwürdig vor, auf welche Weise er den Schlüssel gefunden hat. Ich erinnere Sie an die Umstände: Er hat ein Konto erstellt, ebenso wie einen Charakter, und ist nahezu sofort ganz ‚zufällig‘ über eines der wichtigsten Artefakte der SÜPHERE gestolpert. Glauben Sie das etwa wirklich? Rashidov ist doch offensichtlich ein eingeschleuster Spitzel!“

„Ich respektiere Ihre Meinung, aber für mich riecht das nach professionellem Verfolgungswahn“, wandte Lana ein. „Ja, die Umstände dieses Zufalls wirken merkwürdig. Aber wer sollte ihn denn benutzen? Und wofür?“

„Ich weiß es nicht, aber ich werde es herausfinden!“, blaffte Yuri. „Um genau zu sein, weist die gesamte Geschichte zu viele ärgerliche ‚Zufälle‘ auf, und das beginnt bereits mit dem mysteriösen Tod des gesamten Programmierer-Teams von Balabanov. Vergessen Sie nicht, dass man die Leichen nie gefunden hat! Und damit, dass ein Spieler aus Versehen einen Schlüssel findet, endet es noch lange nicht!“

„Also gut, Yuri. Was schlägst du vor?“, fragte Agasyan ruhig.

„Ich glaube nicht an mystische Ereignisse und Verschwörungen innerhalb des Spiels. Es ist das Establishment, das gegen uns arbeitet. Aber wir haben es in der Hand, sie zu zwingen zu handeln und einen Fehler zu machen. Wir verfügen über die Hardware, die Admins, das technische Personal, die künstliche Intelligenz des Verfahrensgenerators — und zwar direkt unter uns, hier im Keller. Wenn die Quelle all dieser Störungen im Spiel steckt, müssen wir es abschalten. Ganz gleich, wie hoch die Verluste sind und wie schwerwiegend die Skandale. Zumindest müssen wir ihnen mit dieser Möglichkeit drohen, und dann schauen wir, wie sie darauf reagieren.“

Hoffner schenkte ihm ein trauriges Lächeln, schüttelte den Kopf und schloss sein elektronisches Notizbuch.

„Für unsere Konkurrenz ist das ein gefundenes Fressen. Das wird den gesamten Finanzmarkt durcheinanderbringen, den Wert unserer Aktien in den Keller sinken lassen und das Unternehmen so tief in die Scheiße werfen, dass wir Monate damit verbringen müssen, wieder herauszuklettern. Von dem vollständigen Verlust unserer Reputation und den Kosten in Millionen- oder sogar Milliardenhöhe einmal ganz zu schweigen.“

„Willst du mich umbringen, Yuri?“ Agasyan wischte sich die plötzlich schweißnasse Stirn. „Zum Teufel mit dem Geld! Du weißt doch, dass die SPHERE mit mehreren hoch geheimen Projekten verbunden ist, oder?“

„Na und? Sind die etwa außerstande, ihre Projekte für eine Woche oder zwei mit einer plausiblen Ausrede auf Eis zu legen? Tut mir leid, aber das glaube ich nicht.“

„Sie können es nicht — man wird uns in Stücke reißen.“

„Das stimmt. Und sobald sie damit erst einmal angefangen haben, wirst du erkennen, welche geheimen Projekte tatsächlich auf der SPHERE basieren und welche darauf angewiesen sind, dass das Spiel konstant am Laufen gehalten wird. Glaubst du etwa, Ashot, du weißt tatsächlich vollständig über all diese Projekte Bescheid?“

„Ich habe verstanden. Danke. Hat sonst noch jemand etwas vorzubringen?“

„Die Daten der SPHERE werden auf Cloud-Speichern mit unbegrenzter Kapazität gehostet, die sich ständig erweitern, um die Anforderungen der künstlichen Intelligenz zu erfüllen“, bemerkte Kaminskaya. „Unsere Hardware speichert im Wesentlichen lediglich die Programmiervorlagen. Ich muss Sie warnen — wenn wir den Generator abschalten, wird das zu unangenehmen Konsequenzen führen, die ich nicht voraussagen kann.“

„Hast du etwa einen anderen Vorschlag, Lana?“

„Das habe ich. Herr Agasyan, ich glaube, wir müssen äußerst vorsichtig vorgehen. Wir verstehen nicht, was vor sich geht, und müssen das erst herausfinden. Das braucht Zeit. Aber wir haben Rashidov und seinen Schlüssel. Ich schlage vor, dass wir ihn zunächst einmal als Boten einsetzen, um die Sieben Brüder zu kontaktieren, und ihn zweitens in die Untersuchung der ‚Digitalisierung‘ von Paul Meyer involvieren. Bitte ordnen Sie an, dass Yuri mir Rashidov übergibt. Wir werden versuchen zu erfahren, wer hinter dieser Situation steckt.“

„Sarik?“

„Ich bin mit Lana einer Meinung. Es ist zu gefährlich, die SPHERE abzuschalten“, antwortete Agasyans rechte Hand und stand auf. „Yuris Vorschlag ist der schlimmstmögliche Fall. Versuchen wir zuerst einmal, andere Möglichkeiten auszuschöpfen. Es stimmt, wir haben einen Spieler mit einem Schlüssel in der Hand — ihm werden die Sieben Brüder zuhören. Wir sollten eine Nachricht entwerfen, die Rashidov ihnen überbringt. Wir müssen einen Weg finden, ihr Interesse zu wecken. Vielleicht entdecken wir im realen Leben ein Druckmittel gegen sie.“

Agasyan nickte zufrieden. Der Vorschlag seines Assistenten schien ihm zu gefallen.

„Gehen wir also wie folgt vor — Rashidov wird dir zur Verfügung gestellt, Lana. Setz deinen Plan um. Wenn du kannst, solltest du ein Treffen zwischen mir und Balabanov arrangieren. Ich habe mit Andrei Einiges zu besprechen. Sarik, du musst alle Erwähnungen der Sieben Brüder und alles Material kategorisieren, dass sich auf sie bezieht. Und tilge sie aus dem Internet. Yuri, du arbeitest weiter an all den Leuten, die im realen Leben mit den Sieben verbunden sind. Und was die geheimen Projekte betrifft — diese Sache werde ich sehr direkt persönlich abklären.“

* * *

Das Firmengelände lag in einer Vorstadt der Metropole und sah aus wie eine große, gut bewachte Anlage mit einem Park und einer Gruppe von Gebäuden, die der SPHERE OF WORLDS Corporation gehörten. Hier war alles zu finden: Die Büros des Sicherheitsdienstes, die technische Abteilung, der Kunden-Support, Kantinen, Gästewohnungen und verschiedene Einrichtungen wie das medizinische Zentrum und ein Fitness-Studio. Jeden Tag kamen mehrere Hunderte von Menschen zur Arbeit hierher, und viele von ihnen wohnten sogar in der Anlage.

Völlig unerwartet war ich jetzt einer von ihnen.

Wie Isao es mir versprochen hatte, wurde ich einem Mann vorgestellt, der sich selbst Herr Yuri nannte. Er war ein hohes Tier — der oberste Leiter des Sicherheitsdienstes der SPHERE. Er versicherte mir, dass er direkten Zugang zu Agasyan höchstselbst hatte und alle vertraulichen Informationen an ihn weitergeben konnte, solange sie interessant genug waren. Ich gab ihm das Passwort für den zweiten Teil der Datei über die Sieben Brüder, in dem alles stand, was ich über die digitalen Kopien wusste.

Anschließend erhöhte man den Druck auf mich. Drei Tage lang wurde ich durchgehend verhört. Wenn ich diese Zeit bloß vergessen könnte! Wieder und wieder stellte man mir die gleichen Fragen und zwang mich, selbst die kleinsten Details meiner Treffen und Unterhaltungen mit den Sieben Brüdern hervorzukramen. Sogar die unbedeutendsten Punkte schienen wichtig zu sein. Das Unternehmen hatte wahre Profis als Mitarbeiter, deren Aufgabe darin bestand, alle Informationen aus mir herauszuholen.

Ich hatte jedoch einen gewissen Vorteil. Diese Leute lebten in der realen Welt und dachten entsprechend. Aber nur jemand, der zu einem Teil der SPHERE geworden war, konnte wirklich alle Nuancen verstehen und analysieren. Die Leute waren interessiert an den toten Programmierern, an den Sieben Brüdern und an den Schlüsseln, scherten sich jedoch wenig um Bauern, den Schatten-Götterhimmel oder Interaktionen zwischen NPCs. Der Teufel steckt im Detail — und als ich ihre Fragen zum fünften Male beantwortete, wurde mir klar: Sie betonten die falschen Punkte und stellten die falschen Fragen. Sie verstanden die SPHERE nicht. Was auch immer sie vorhatten — es war zum Scheitern verurteilt.

Sie mussten gegen die Leute verlieren, die das Spiel besser kannten... Diese Erkenntnis half mir, über meine nächsten Schritte zu entscheiden. Ich erzählte ihnen, was sie wissen wollten, und ließ das aus, was sie als unwichtig betrachteten. Wenn Weldys legendäre Archetypen dem Sicherheitsdienst egal waren, ebenso wie das Verhalten der Götter des Schattens und Baals ausgeklügeltes Spiel, musste ich mir das Leben nicht unnötig schwer machen. Früher oder später würde man mich in die SPHERE zurückschicken, und es war immer besser, ein paar Asse im Ärmel zu haben.

Nach den Befragungen ließ man mich eine Weile allein. Selbstverständlich unter konstanter medizinischer Aufsicht. Krankengymnastik, Massage, Pillen, tägliche Spaziergänge im Baumgarten — es kam mir beinahe vor wie ein Aufenthalt in einer Wellness-Einrichtung. Einen Kommunikator gab man mir nicht, und die Netzwerkverbindung war ohnehin durch ein Passwort geschützt. Ich hatte keinerlei Möglichkeit, die Außenwelt zu kontaktieren. Ich versuchte, mit den Leuten zu reden und verlangte meine Freilassung, aber das war sinnlos. Das Personal war ungeheuer gut geschult, und die Wachen hatten ihre Anweisungen. Ich hatte das sichere Gefühl, dass alle auf eine Entscheidung warteten, die irgendwo weiter oben getroffen werden musste.

Endlich, sieben Tage nachdem ich aus meiner Bewusstlosigkeit erwacht war, besuchte mich meine alte Freundin Lana Kaminskaya, die neue Leiterin der Programmierabteilung. Mit einem koketten Lächeln schlug sie einen Spaziergang vor. Lana hatte mir etwas Wichtiges mitzuteilen.

Eine Weile lang schlenderten wir auf den grauen Wegen zwischen riesigen Schachtelhalmen von der Größe eines Baums und ebenso übergroßen Farnen umher. Es waren durch Gentechnik wiederhergestellte Pflanzen aus dem Mesozoikum, die derzeitige Mode in der Gartengestaltung. An den Stellen, wo die Pfade sich trafen, waren Statuen und Göttern aus den Sagen und Legenden der SPHERE aufgestellt. Trotz der Handwerkkunst ihrer Schöpfer wirkten sie wie billige Kopien der Statuen, die ich in der virtuellen Welt gesehen hatte, wie Spielzeuge aus Gips und Pappmaché, nicht wie echte Kunstwerke.

„Gefällt es Ihnen hier, Oleg?“, erkundigte sich Lana.

„Es ist sehr hübsch, ja. Aber ich komme mir vor wie ein Gefangener“, konnte ich mich nicht enthalten zu antworten.

Sie seufzte, und auf einmal hakte sie sich bei mir unter. Als ich sie aus den Augenwinkeln heraus betrachtete, bemerkte ich, dass sie trotz ihres makellosen Erscheinungsbildes nicht so jung war, wie ich vermutet hatte. Sie war mindestens 30, wenn nicht sogar älter, obwohl ich sie bei unserem ersten Treffen auf 25 geschätzt hatte. Womöglich waren wir sogar in etwa im gleichen Alter — demnächst war mein 28. Geburtstag. Allerdings stand sie der Programmierabteilung vor und hatte eine gute Ausbildung ebenso aufzuweisen wie eine erfolgreiche Karriere. Und ich? Was war ich? In der letzten Zeit, die ich weitgehend mir selbst überlassen geblieben war, gingen mir solche Gedanken oft durch den Kopf.

„Oleg, heute hat ein wichtiges Meeting stattgefunden. Mit dem Mann.“ Sie legte eine dramatische Pause ein. „Wir haben über viele Dinge gesprochen, auch über Sie.“

„Wow! Und, wie lautet das Urteil? Leben oder Tod?“

„Ich habe es geschafft, dass Sie meinem Team zugewiesen werden. Das Unternehmen bietet Ihnen eine Position als Mitarbeiter bei der SPHERE OF WORLDS an. Wir brauchen Sie, Oleg!“

„Klasse! Dafür sollte ich Ihnen wohl danken, richtig? Und was bedeutet das in der Praxis?“

„Sie werden einer unserer Qualitätssicherungs-Tester sein, mit einer firmeneigenen Kennung, einem Gehalt, einer persönlichen Kapsel und der Gelegenheit, in die SPHERE zurückzukehren. Das wollen Sie doch, Oleg, oder etwa nicht?“

„Damit stehe ich aber noch immer unter Arrest. Was ist, wenn ich mich weigere?“

„Nun... Mit dieser Möglichkeit habe ich mich nicht beschäftigt“, gab Lana verlegen zu. „Aber ich kann Ihnen nur abraten, das zu tun. Wenn ich es richtig verstehe, wird der Sicherheitsdienst dann weiter mit Ihnen arbeiten.“

„Ich möchte nach Hause zurückkehren, Lana.“

„Ich verstehe Sie sehr gut, Oleg!“ Ihre Fingernägel kratzten mich am Ellbogen. „Aber wir bekommen nicht immer, was wir wollen. Ich finde, Sie sollten das Angebot annehmen. Es ist Ihre beste Option.“

„Meine beste Option? Das wage ich doch zu bezweifeln!“

„Oleg, ich meine es ernst!“ Auf einmal sank ihre Stimme zu einem Flüstern herab. „Ihnen muss doch klar sein, dass niemand Ihnen gestatten wird, einfach zu verschwinden.“ Mit einem gepflegten, blau lackierten Fingernagel deutete sie auf den Zaun und die beleuchteten Wolkenkratzer von Neu-Tokio dahinter. „Dort draußen kann niemand Ihre Sicherheit garantieren. Ihre Gegner haben sich nicht in Luft aufgelöst, verstehen Sie das? Wollen Sie etwa erneut entführt werden? Bitte, lassen Sie uns jegliche unüberlegten Handlungen vermeiden. Die Quelle aller Probleme ist in der SPHERE zu finden — und lösen können wir sie lediglich gemeinsam.“

Ich lachte traurig. Sie konnte gut mit Worten umgehen, aber ihre Ziele waren ihre — nicht meine. Andererseits steckte ein Körnchen Wahrheit in dem, was sie gesagt hatte. Ich bezweifelte ernsthaft, dass das Unternehmen mich gehen lassen würde, ganz gleich, was ich wollte. Wahrscheinlich würde man, wenn ich das Angebot ausschlug, nach Wegen suchen, mich unter Druck zu setzen und seine Ziele auf die eine oder andere Weise doch zu erreichen. Die Einsätze waren zu hoch. Man brauchte meinen Schlüssel.

Ich musste geschickt vorgehen.

„Also gut“, stimmte ich zu und hustete. „Ich bin einverstanden. Wann kann ich anfangen?“

Kapitel 2

„Also, Oleg — sind Sie bereit?”

„Sie haben zwei Aufgaben. Das erste und wichtigste Ziel ist es, dass Sie Verhandlungen zwischen uns und den Sieben Brüdern herbeiführen. Unsere Bemühungen, zu ihnen durchzudringen, sind fehlgeschlagen, und jetzt möchten wir es über Sie versuchen. Die zweite Aufgabe besteht darin, Paul Meyer aufzuspüren und den Kontakt mit ihm herzustellen. In der SPHERE ist er unter dem Namen Santa bekannt. Ich hatte Ihnen ja erzählt, was mit ihm passiert ist...“

„Ja, und ganz ehrlich — es ist unvorstellbar“, erwiderte ich. „Wie ist denn das überhaupt möglich? Der Avatar eines Toten bleibt einfach im Spiel?“

„Ja, es klingt wie etwas aus einem Science-Fiction-Roman. Angesichts der Informationen über die Sieben Brüder, die Sie uns verschafft haben, wird die Sache allerdings weit realistischer. Unser Santa könnte sehr wohl eine weitere digitale Kopie sein.“

„Aber wer hat sie erschaffen? Und warum?“

„Genau das sollen Sie herausfinden. Sie müssen ihn lokalisieren und die Wahrheit herausfinden.“

„Ist das alles?“

„Für den Augenblick — ja.“

* * *

Die SPHERE!

Ich hatte meine letzte Session im Thronsaal des Dämonenkönigs beendet. Weldy hatte den siebten Schlüssel an sich genommen, und Baal hatte sich dank seines teuflischen Vertrags sie selbst mitsamt dem Schlüssel unter den Nagel gerissen. Der Beherrscher der Unterwelten hatte mich überlistet, genau das Ergebnis herbeigeführt, das er vorausgesehen hatte, und dafür gesorgt, dass alle Teilnehmer die ihnen vorgesehene Rolle spielten.

Zorn und Wut, ob heiß oder kalt, waren schlechte Berater. Die Auszeit in der realen Welt hatte mir gutgetan. Ich brannte nicht länger darauf, blind und mein flammendes Schwert schwingend vorwärtszustürmen. Wie ich inzwischen längst erkannt hatte, gewährte nicht einmal der Schlüssel einem Allmacht. Es brauchte auch einen guten Verstand, der wusste, wie man ihn am besten einsetzte. Einige Verluste waren nützlicher als Siege. Sie machten den Verlierer klüger und verschafften ihm Erfahrung. Menschen waren nun einmal Kreaturen, die am meisten lernten, wenn sie eine Bauchlandung hinlegten.

Soweit das Auge sehen konnte, war alles schwarz wie Kohle und rot wie Blut: die geschmolzenen Kerzenstumpen der Statuen und der mit Asche bedeckte Fußboden. Langsam sah ich mich im leeren Thronraum um, den mein Tornado verbrannt hatte. Seit meinem letzten Besuch hatte sich nichts verändert. Sogar der Steinwürfel, in dem das Zepter gesteckt hatte, war noch immer da. Mir kam ein verrückter Gedanke. Eine der Eigenschaften des Zepters war die „Hinrichtung“. Hatte Weldy womöglich versucht, Baal loszuwerden?

Ihre Jadefigur lag nicht mehr in meinem Inventar. Ich öffnete die Benutzeroberfläche und fand die Registerkarte meiner Begleiter. Das Symbol von Weldy, meiner Altehrwürdigen Zauberin, war grau und inaktiv, und darüber prangte ein rotes Kreuz. Die Beschreibung erklärte mir:

Im Einklang mit dem unterzeichneten Vertrag steht Weldy Neulicht derzeit in den Diensten von Baal dem Dämonenkönig.

Mit dem Vertrag, sagst du? Ich öffnete die Liste der aktiven Verträge, fand den richtigen und klickte auf „Stornieren“.

Ungültige Handlung! Einen erfüllten Vertrag kannst du nicht stornieren!

Ich las die Geschäftsbedingungen. Es hatte keinen Sinn, sich über Dinge aufzuregen, die nun einmal geschehen waren, aber... Ich erinnerte mich, wie Weldy mir versichert hatte, dass sie dank ihrer Fähigkeiten leicht mit Aaz fertigwerden konnte. Keiner von uns hatte geahnt, dass sich unter der Maske des dämonischen Fährmanns der Herrscher der Unterwelten selbst verbarg! Daine hatte es einmal mit einem ähnlichen Trick versucht, um die Raid-Gruppe der Wächter in den Endlosen Pfaden zu überlisten. Ein Verwandlungs-Edelstein hatte Baal in den wahren Aaz verwandelt, nicht etwa nur eine Fälschung oder Illusion, und seinen Charakter vollständig verändert. Gleichzeitig war er noch immer Baal geblieben, trotz des anderen Namens und Avatars — und so band mich meine Unterschrift unter dem Vertrag sowohl Aaz als auch Baal gegenüber.

Eine der wichtigsten Regeln der Unterwelten war, dass man niemals Verträge mit Dämonen abschließen durfte.

Wenn ich nur daran dachte, wie nahe wir unserem Ziel gewesen waren! Ein einziger Treffer hätte gereicht! Ich hätte den Kerl unter Wasser umbringen sollen, kaum dass er Weldy auch nur erwähnt hatte, ganz gleich, zu welchen Folgen dies führte...

In der Theorie ähnelte der Vertrag zwischen Baal und mir den Vereinbarungen, die die Söldnergilde unterzeichnete. Dorthin konnten Spieler ihre Begleiter schicken, damit sie gegen Gebühr an andere ausgeliehen wurden. Allerdings gab es diverse Unterschiede. Einer davon war die Tatsache, dass der Vertrag auf unbegrenzte Zeit galt. Was bedeutete, dass der Dämonenkönig Weldy so lange festhalten konnte, wie er wollte.

Na gut... Es hatte wenig Sinn, etwas zu bedauern, das sich nicht mehr ändern ließ. Ich musste nach vorn schauen.

Seltsamerweise entdeckte ich keinerlei Ausgang aus dem Thronsaal. Er war fest verschlossen, nichts als eine Attrappe speziell gedacht für jemanden, der die frühere Begegnung überlebt hatte. War ich etwa gefangen? Eingesperrt? Es hätte mich nicht überrascht zu erfahren, dass auch Seelensteine hier nicht funktionierten...

Diese Vermutung stellte sich als korrekt heraus. Ich marschierte zum Thron des Dämonenkönigs, der erstaunlich gut erhalten geblieben war, und nahm mutig darauf Platz. Wie jeder weiß, ist der Lieblingsplatz einer Katze der Sitz des Meisters. Dann brüllte ich: „Baal!“

Schweigen. Ich wartete eine Weile und ergänzte: „Ich weiß, dass du mich hören kannst! Wenn du glaubst, dass du in deinem Unterwelten-Reich vor mir sicher bist, umgeben von Legionen von Teufeln, irrst du dich. Die Admins der SPHERE wissen über dich Bescheid. Sie bieten Verhandlungen an — allen ehemaligen Programmierern, aber insbesondere dir. Du kannst mich weiter ignorieren... Aber hast du nicht vielleicht im realen Leben jemanden zurückgelassen, der dir wichtig ist?“

Erneut antwortete mir nur Schweigen. Ich war mir jedoch sicher, dass Baal-Kerimov mir zuhörte, und sprach weiter.

„Du solltest über diese Botschaft nachdenken. Und für mich selbst habe ich noch etwas hinzuzufügen. Mir sind die Schlüssel ebenso schnuppe wie die Sieben, das Schicksal der SPHERE und deine Spiele. Ich brauche Weldy! Wenn es sein muss, werde ich dich jagen und dir das Herz herausreißen. Denk daran, Dämonenkönig — oder wie auch immer du dich nennst!“

Meine Hand wärmte sich langsam immer mehr auf, als würde ich sie über eine Kerzenflamme halten. Nachdem ich sie umgedreht hatte, sah ich das Siegel von Baal auf meiner Haut.

„Wenn du nichts zu mir zu sagen hast, lass mich frei, als Zeichen, dass du mich gehört und verstanden hast.“

Die Wärme verwandelte sich in einen sengenden Schmerz. Die scharlachroten Linien der dämonischen Tätowierung brannten wie heiße Kohlen, bis sie vor meinen Augen verblassten. Auf einmal blinkten mehrere Systemmeldungen auf.

Du hast eine geringere legendäre Tätowierung erhalten: Narbe der Unterweltspiele.

Gladiator des Dämonenkönigs: Erhöht deine Reputation bei allen dämonischen Fraktionen um 1 Ebene.

???

???

Eine Tätowierung mit unidentifizierten Eigenschaften? Was für ein dubioses Geschenk mir der Herrscher der Unterwelten gemacht hatte! Ich hatte nicht einmal Gelegenheit, überrascht zu sein, als auch schon um mich herum ein in allen Regenbogenfarben schimmernder Wirbelwind erwachte. Ein scharfer Stoß warf mich heraus, als ob er mich von einer Klippe stoßen würde. Ich stürzte in eine bodenlose Grube voller nebliger Wolken in allen Schattierungen von Pink.

Die Astralebene! Dieser verdammte Unterwelt-Herrscher hatte mich in den Raum zwischen den Welten geschickt. Es war ein unendlicher Ort ohne Anfang und Ende, und lediglich ein Hauch von Schwerkraft zog mich in die nächstgelegene Welt. Hier konnte man eine Ewigkeit damit verbringen, ins Leere zu fallen, bevor man zur Beute von scharfsichtigen astralen Räubern wurde. Während meines Fluges durch den rosafarbenen Nebel streifte ich rasch den Ring der Silberfestung über und aktivierte die Rückkehr zur Festung. Das war die Fähigkeit, die mich dazu bewogen hatte, dieses Objekt zu erwerben.

Es wurde Zeit für eine Unterhaltung mit Romanova.

* * *

Die Festung hatte sich während meiner Abwesenheit gewaltig verändert. Eine ganze Reihe neuer Gebäude umgab nun die silbernen Türme der Zitadelle der Jungfrauen. Inzwischen erweckte alles den Eindruck einer kleinen Stadt. Am Ende der Landscherbe, an die diese Stadt sich klammerte, tauchte ein Bewacher-Außenposten auf. Hunderte von Flugtieren waren in der Luft unterwegs, und im Hafen summte und brummte es. Astralschiffe trafen ein und brachen auf. So wie es aussah, hatte Romanova ihr Ziel erreicht — die Festung war zur inoffiziellen Hauptstadt der Astralebene geworden.

„Cat! Endlich! Wo warst du denn so lange?“

Keith Borland, der die Lieferung der Schiffe aus den Schmiedewelten an die Jungfrauen leitete, war sichtlich froh, mich zu sehen. Das war nachvollziehbar — unzählige Verträge, unmittelbare ebenso wie solche, die unter aufschiebenden Bedingungen standen, erforderten meine Aufmerksamkeit, denn die zugewiesenen Anzahlungen waren längst verbraucht. Und mein Konto mit den weiteren Geldern war nicht erreichbar.

„Das ist eine lange Geschichte, Keith.“

„Das ist einfach nicht richtig! Entweder ziehst du eine Sache durch, oder du fängst sie gar nicht erst an! Hättest du dir nicht einmal fünf Minuten Zeit nehmen können, um den Markt zu überprüfen? Hast du eine Ahnung, was wir alles auf uns nehmen mussten?“

Ich verstand die Verärgerung des Kraken sehr gut. Zu viel war an meine Person gebunden. Die Zahlungen für die an die Jungfrauen gelieferten Schiffe landeten in meinem Konto, und von dort aus wurden auch die Gelder an die chinesischen Lieferanten überwiesen. Die Handelsvertreter im Basar, die kauften und verkauften, was wir brauchten, bedienten sich ebenfalls dieser Gelder. Das gesamte System erforderte eine konstante Überwachung, und selbst der kleinste Fehler machte eine aufwändige manuelle Korrektur unumgänglich.

„Das kann ich mir vorstellen.“ Ich lächelte. „Und, wie stehen die Dinge?“

„Warum schaust du es dir nicht selbst an?“ Er deutete auf den aus vielen Ebenen bestehenden Lufthafen, in dem sich die Schiffsmasten drängten. Dieser Teil der Anlegestelle wurde von den Jungfrauen bewacht. Walküren in geflügelten Helmen kreuzten ihre schimmernden Speere und verwehrten uns den Zugang.

„Ihr dürft hier nicht eintreten, Spieler!“, erklärte uns eine blonde Jungfrau in einer blauen Robe, die bei den Wachen stand. „Zutritt haben hier lediglich Mitglieder der Silberschwadron! Möchtet ihr euch dafür anmelden?“

„Schätzchen, wir dürfen sehr wohl hinein“, murmelte Keith, als wir beide den Wachen unsere Ringe zeigten. „Das kannst du uns gern glauben.“

Die Speere trennten sich. Wir betraten den geschlossenen Teil des Hafens und marschierten über einen engen Plankenweg zum Pier. Hinter uns hörten wir die klare Stimme der Jungfrau, die sich an die nächsten Spieler gewandt hatte:

„Schließt euch der Silberflotte an! Es steht nur eine begrenzte Anzahl an Plätzen zur Verfügung!“

„Rekrutieren die etwa Spieler?“, erkundigte ich mich erstaunt.

„Spieler und NPCs. Die Mitglieder erwarten Unmengen an täglichen Quests, eine gesteigerte Reputation, großzügige Belohnungen... Es gibt viele Schiffe, und die brauchen alle eine Mannschaft.“

Die Zahl der Schiffe war in der Tat enorm. Es gab nicht einmal genügend Anlegestellen im Hafen, und der Pier wurde ständig ausgebaut und erweitert, wie Honigwaben in einem Bienenkorb. Einige Schiffe wiesen bereits eine vollständige Takelage auf, während die Rümpfe anderer halb demontiert worden waren. Schiffsbaumeister beugten sich über die entblößten Stellen und verstärkten Rahmen und Masten, ersetzten Motoren und Segel. Sie bedeckten die Breitseiten mit Metallplatten, installierten Rammen am Kiel und Galionsfiguren unter dem Hauptpfosten. Das rätselhafte Gesicht der Ersten Jungfrau — das Wappen der Silberfestung — lächelte von blauen Bannern und Segeln auf uns herab.

„Sind das Fraktions-Mods?“, fragte ich und deutete auf die riesigen Galeonen, deren silberne Panzerung schimmerte wie die Schuppen eines Fischs. Sie sahen ganz anders aus als normale Schlachtschiffe.

„Ja. Weißer Löwe, Vingilot und Abendstern. Ihre Geschwindigkeit und Beweglichkeit sind denen der standardmäßigen Einheiten weit überlegen. Von den zusätzlichen Slots für Waffen oder eine stärkere Befestigung einmal ganz zu schweigen. Es sind gute Schiffe.“

„Es läuft also alles hervorragend. Du hast gute Arbeit geleistet! Und wie hast du die Chinesen überzeugen können, weiter mitzuspielen? Die Zahlungsfristen sind doch längst überschritten. Sind die Verträge ausgelaufen?“

„Panter hat uns geholfen“, knurrte Keith Borland. „Er hat uns Geld gegeben, damit alles weiterlaufen konnte.“

Während ich weiter am Pier entlangschritt, öffnete ich die Handels-Registerkarten und ging online. Die hohe Summe in meinem Konto war eine angenehme Überraschung. Es waren nahezu 40 Millionen! Warum war das so viel? Als ich den Kontostand das letzte Mal überprüft hatte, waren es lediglich fünf Millionen gewesen, und den Betrag hatte ich der chinesischen Allianz überweisen wollen, die die Schiffe herstellte.

Nun, ich würde herausfinden, was da los war. Von einigem Kleinvieh abgesehen, entdeckte ich lediglich ein paar Eingänge mit größeren Summen.

Eine Million hatte mir Thrainul überwiesen, mit dem Kommentar: „Dein Anteil an der Beute“. Hmm — der Kapitän hatte also einen großen Reibach gemacht mit dem Verkauf der Beute, die die Pandas während ihrer Schlacht gegen die Schatten gedroppt hatten. Es reichte hoffentlich aus, um sein Schiff, die Abgrundtief, wiederherzustellen.

Panter hatte siebeneinhalb Millionen geschickt, was alle derzeitigen Verträge und die Anzahlungen für die NPC-Auktionatoren im Basar abdeckte. Diesen Betrag würde ich ihm zurückgeben müssen.

Und schließlich, aber nicht zuletzt hatte ich 20 Millionen vom Orden der Jungfrauen bekommen. Das war die Bezahlung für die bereits gelieferten Schiffe. Dieser Betrag überstieg gewaltig meine Erwartungen. Ich recherchierte den Börsenstand, um den Grund dafür herauszufinden.

„Keith, was ist da los? Was ist mit den Schiffspreisen passiert?“

„Wie du sehen kannst, herrscht am Markt ein starkes Defizit. Der Mangel an Rohmaterialien hat dazu geführt, dass die Preise für die Bauteile in die Höhe klettern. Schiffe verkaufen sich momentan wie heiße Semmeln. Du hast den Vertrag mit den Chinesen gerade noch zur rechten Zeit abgeschlossen...“

Das war offensichtlich. Während des Monates zuvor war die Preiskurve bereits erbarmungslos angestiegen, aber in der letzten Woche war der Anstieg zu einem wahren Sprung geworden. Schiffsrümpfe kosteten nun zwischen 30 und 50 Prozent mehr, und für beliebte Modelle musste man sogar glatt das Doppelte hinblättern. Die Preise der Bauteile, für die man Bannspruchäste, Meteoriteisen und Drachenstahl brauchte, hatten sich vervielfacht.

Das bedeutete, dass unsere Warenterminverträge funktioniert hatten. Der enorme Betrag, den Panter in unser Unternehmen investiert hatte — mehr als 100 Millionen Gold –, hatte sich rasch auf den Markt ausgewirkt. Mehr als die Hälfte der Schiffszimmerleute der SPHERE arbeitete für uns und standen in der Pflicht, Tausende von Meteoritblöcken, Kielbalken, Abschnittsrahmen und andere kleinere, aber unverzichtbare Teile für den Schiffsbau zu liefern. Wir hatten sie im Voraus bezahlt und den Handwerkern einen Preis geboten, der noch vor wenigen Wochen äußerst ansprechend gewesen war, sich jetzt jedoch als geradezu lächerlich erwies. Einige der Komponenten wurden verwendet, um mehr Schiffe zu geringen Kosten herzustellen, und der Rest unterstützte uns dabei, ein Defizit auf dem Markt zu schaffen. Eben jener Markt hatte auf vorhersehbare Weise reagiert: Eine hohe Nachfrage und ein Mangel an Waren ließen die Preise steigen. Die einzigen Bauteile, die es gab, gehörten uns — und wir bestimmten, was sie kosteten. Das führte dazu, dass rivalisierende Werften weit mehr Geld ausgeben mussten, um Schiffe zu bauen. Damit hatte ich gerechnet. Allerdings überraschte es selbst mich, wie sehr die Preise im Basar explodiert waren.

Obwohl ja genau dies von Anfang an mein Plan gewesen war. Den Vertrag mit der Silberfestung hatte ich auf der Grundlage der Standardpreise im Basar geschlossen. Momentan brachte mir jede ausgegebene Goldmünze einen Gewinn von 150 Prozent ein. Die Ergebnisse meiner Berechnungen verwirrten mich ein wenig. Solch hohe Margen hatte ich nicht erwartet. Wahrscheinlich kamen hier mehrere Faktoren zusammen: Meine Großbestellungen, die die Hälfte der Werften in den Schmiedewelten auslastete, kriegführende Allianzen, die ihre verlorenen Flotten wiederherstellen wollten, die vielen Spieler, die sich in der Astralebene angesiedelt hatten und Schiffe brauchten... Der resultierende enorme Mangel an Schiffsrümpfen hatte selbst den scheinbar bodenlosen Markt des Basars erschöpft. Natürlich schossen die Preise gewaltig in die Höhe.

Die Erste Jungfrau, die durch den Vertrag mit mir gebunden war, freute sich gewiss nicht sonderlich über diese Entwicklung...

„Du hast erstklassige Arbeit geleistet, Keith“, lobte ich Borland und klopfte dem alten Glücksbärchi auf die Schulter. „Hat Pandorum dir geholfen?“

„Ja, Jerkhans Jungs haben ihren Pottwal eingesetzt und mehr als die Hälfte unserer Lieferungen transportiert. Weißt du was? Wie sich herausstellt, gibt es auch nette Kerle unter den Pandas...“

„Versuchen die etwa, dich abzuwerben?“ Ich lachte.

Von oben stießen weiße Vögel auf uns herab. Sie trugen eine Patrouille von Jungfrauen, die auf einmal ihren Schleier abgelegt hatten. Die Klauen und Schnäbel der Flugtiere schimmerten metallisch, und ihre Federn waren rasiermesserscharf.

Sofort umgaben uns vier schwer bewaffnete Walküren. Eine von ihnen nahm ihren Helm mit dem wie ein Pfeil geformten Visier ab und enthüllte eine Krone von platinblonden Haaren — es warStella, Romanovas rechte Hand.

„Spieler HotCat, die Erste Jungfrau hat uns befohlen, dich zu ihr zu bringen!“, erklärte sie. „Folge uns!“

„Tut mir leid, Keith. Wie du sehen kannst, habe ich eine ‚Vorladung‘ erhalten.“ Schuldbewusst zuckte ich mit den Schultern. „Wir sehen uns.“

„Ja, schon kapiert“, murmelte Borland und betrachtete die Walküren. Sein Erstaunen war nachvollziehbar. Die Zweiten Jungfrauen, die Leibwachen von Romanova, zeigten sich gewöhnlichen Spielern nur selten. Bereits in der Luft, holte mich seine Frage ein:

Keith Borland:Heißt das etwa, dass es die Erste Jungfrau tatsächlich gibt?

Ich grinste. Soweit ich das wusste, ließ Romanova sich niemals vor Spielern blicken. Sie zog es vor, inkognito in der Festung unterwegs zu sein. In den offiziellen Foren wurde heiß darüber diskutiert, ob sie tatsächlich existierte. Die meisten betrachteten sie als eine Fiktion, eine jungfräuliche Gottheit, die — außer ihnen selbst... - noch nie jemand zu Gesicht bekommen hatte.

Sie wartete im Ratssaal auf mich, den niemand ohne Einladung betreten durfte. Das vertraute Schimmern der silbernen Maske verbarg Romanovas wahres Gesicht. Sie deutete auf einen der sieben Stühle, die um den Tisch herumstanden.

„Cat! Gut, dass du gekommen bist. Ich habe eine Menge Fragen an dich!“

„Ich habe ebenfalls Fragen — aber Damen haben den Vortritt.“

„Wohin bist du bloß für eine ganze Woche verschwunden? Warum hast du dich nicht gemeldet?“

„Das fragen mich heute alle. Ich werde dir später ein wenig darüber erzählen.“

„Und was ist mit den Schiffspreisen los? Willst du mich etwa übers Ohr hauen?“

Grinsend zuckte ich mit den Schultern.

„Dich übers Ohr hauen? Wie sollte mir das denn möglich sein? Wir hatten eine Absprache — zehn Prozent unterhalb des Marktpreises am Basar. Du bekommst deine Schiffe zu den vereinbarten Bedingungen.“

„Ja, aber der Marktpreis hat sich inzwischen verdoppelt — und ich vermute sehr stark zu wissen, wer dahintersteckt!“

„Nun mal langsam! Es ist doch nicht meine Schuld, dass auf einmal die gesamte SPHERE zur Astralebene aufbricht. Die Nachfrage erhöht den Preis — damit habe ich nicht das Geringste zu tun! Außerdem weißt du doch, dass ich eine Weile abwesend war.“

„Hör auf, mich auf den Arm zu nehmen! Sehe ich etwa aus wie eine Närrin?“

„Hör mal, nichts von all dem spielt mehr eine Rolle“, erwiderte ich. „Beruhige dich, bitte. Ich habe etwas Wichtiges für dich, und es wird dir gefallen. Es ist ein Geschenk.“

Ich formulierte einen Vertrag aus, verwandelte ihn in eine Schriftrolle und übergab diese der Ersten Jungfrau. Sie entfaltete sie mit ungläubigem Gesicht.

„Was ist das? Ein Moloch? Ein Entwurf oder ein fertiges Schiff? Woher hast du das?“

„Das ist belanglos. Entscheidend ist lediglich, dass ich es besitze. Oder vielmehr besitzen werde. Die Produktion ist bereits im Gange, in zwei Wochen wird es fertiggestellt sein. Die Silberfestung braucht doch ein Flaggschiff, oder etwa nicht?“

„Natürlich. Wie viel willst du dafür?“

Ich zögerte, bevor ich antwortete. Astrale Moloche waren einzigartige Schiffe. Der Bau eines Rumpfes war erst die Hälfte der Schlacht. Außerdem musste man Takelage kaufen, und zwar solche von legendärer Qualität, und am Ende auch noch eine höchst fähige Mannschaft finden und anheuern. Ein einsamer Wolf hatte nicht die geringste Chance, das zu erreichen. Lediglich eine mächtige Allianz konnte es sich leisten, einen Moloch zu erwerben. Der Anschaffungspreis meines Molochs lag bei acht Millionen Gold. Nicht dass man solche Schiffe jemals in einer Auktion hätte erwerben können. Dort wurden sie schlichtweg nicht angeboten. In Wahrheit wurde ein vollständig gebautes Schiff dieses Rangs für zwischen 12 und 20 Millionen verkauft. Wenigstens galt dies, wenn eine der großen Allianzen einen Moloch erwarb, wie Hird oder die MARINE.

„Ich gebe es dir kostenlos, als Zeichen meiner Aufrichtigkeit. Ich möchte, dass du siehst, ich bin auf deiner Seite und habe keinerlei feindliche Absichten.“

Ich war mir sicher, dass Romanova unter ihrer Silbermaske die Augenbrauen hob. Sie schnaubte.

„Ohne irgendwelche Bedingungen? Ich glaube nicht an deine Selbstlosigkeit, Cat!“

„Ich habe nur eine Bedingung — wenn ich das brauche, musst du mir zu Hilfe kommen.“

Die Erste Jungfrau schwieg eine Weile. Endlich sagte sie: „Gut — ich nehme das Angebot an. Kehren wir zu den anderen Problemen zurück. Warum bist du verschwunden? Hast du Baal getroffen?“

„Ruf alle zusammen — den Grabhüter und Cey-Rus. Ich habe euch dreien etwas mitzuteilen.“

„Svechkin wird in Kürze eintreffen, aber Maxim wird vermisst“, erwiderte sie. Aus ihrer Stimme sprach unverkennbar Trauer.

„Vermisst? Wie denn das? Und wo?“

„Er hat mithilfe unseres besten Schiffes, der Kompass, die Astralebene nach den restlichen Schlüsseln abgesucht. Als wir zuletzt miteinander gesprochen haben, erklärte er, dass er einen der Schlüssel in der Wolke der Knochen ausgemacht hätte. Das ist ein seltsamer Unter-Standort, der in der Astralebene unterwegs ist. Maxim hat es geschafft, in diese Wolke einzudringen. Er konnte uns noch eine Nachricht über den Schlüssel senden, und dann brach die Verbindung ab. Ich habe seit mehr als einer Woche nichts mehr von ihm gehört.“

„Cey-Rus hat Rang 2. Er ist unsterblich, also musst du dir keine Sorgen machen. Er wird schon zurückkommen“, tröstete ich sie.

„Ja. Aber wenn er einen Tod erlitten hätte, wären er und seine Mannschaft zum Brunnen der Seelen zurückgekehrt und wiederauferstanden. Aber dort sind sie nicht erschienen. Falls er den Schlüssel an sich gebracht hat...“

„Das hat er nicht“, unterbrach ich die Erste Jungfrau.

„Weißt du, wer diese Schlüssel jetzt besitzt? Den sechsten und siebten?“

„Ja. Wo ist Svechkin? Ich will die Geschichte nicht zweimal erzählen...“

Der Grabhüter hatte sich nicht verändert. Er setzte sich auf einen Stuhl, nahm die Scheide mit seinem Degen ab, legte ihn auf den Tisch, pflanzte seine Füße auf den freien Platz neben ihm und zündete seine Tonpfeife an. Dass die Erste Jungfrau angesichts seiner Rauchringe zusammenzuckte und den Qualm mit einem Wedeln ihrer Hände zu vertreiben suchte, ignorierte er betont.

„Hi Cat! Wie geht es Baal? Hat er dir etwas verraten?“

„Über den Dämonenkönig sprechen wir später. Ich werde am Anfang beginnen. Ihr habt meine Nachricht über den Magister entschlüsselt, richtig?“

„Ja, wir hatten rasch erkannt, dass mit dir etwas Seltsames vor sich ging.“ Romanova nickte. „Aber wir wussten ja längst, dass du uns für ihn ausspionieren solltest. Was hat sich geändert?“

„Er hat mich im realen Leben entführt und in eine Tiefenimmersions-Kapsel gesteckt. Ich musste mitspielen, sonst hätte er mich umgebracht.“

„Genaugenommen wäre das höchst unwahrscheinlich“, widersprach Romanova unbewegt. Meine Enthüllungen schienen sie weder zu überraschen noch einen Eindruck zu hinterlassen. „Er hätte dich ausgenutzt, dich vielleicht unter Druck gesetzt — aber dich getötet? Nein. Solange du den Schlüssel besitzt, musst du dir darüber keine Gedanken machen.“

„Cat ist nicht dumm — das weiß er längst.“ Svechkin seufzte. „Ich hatte so etwas vermutet. Aus deinem Verschwinden und Wiederauftauchen schließe ich, dass es dir gelungen ist, dich zu befreien, nicht wahr?“

„Ja. Der Sicherheitsdienst der SPHERE hat mich herausgeholt und hält mich jetzt fest.“

„Was hast du ihnen erzählt?“

„Nichts — außer euren Namen.“

Die Erste Jungfrau fluchte. Svechkin pfiff durch die Zähne und blies weiter seine Rauchringe.

„Ich verstehe, dass du keine andere Wahl hattest“, bemerkte er lachend. „Die verfügen schließlich über Experten in solchen Dingen. Die müssen dich wirklich auseinandergenommen haben... Aber ich halte das für keine große Sache. Damit hätten wir rechnen müssen.“

„Und was wollen sie? Weshalb haben sie dich geschickt?“, wollte Romanova wissen.

„Ein Treffen — Friedensverhandlungen“, antwortete ich. „Sie wollen mit euch reden.“

Die Erste Jungfrau lachte kalt und bitter.

„Ich kann mir ihre Gesichter gut vorstellen, als sie von den Schlüsseln und unserer Digitalisierung erfahren haben! Ich würde viel darum geben, das miterlebt zu haben. Und was eine Unterredung mit denen angeht — beim jetzigen Stand der Ereignisse wäre das sinnlos. Die Dinge sind längst außer Kontrolle geraten. In diesem Spiel sind die Admins kein Faktor, den man beachten müsste. Der Prozess lässt sich nicht aufhalten. Sag ihnen das.“

„Selbst wenn sie anschließend die SPHERE abschalten?“

„Sie können die SPHERE nicht abschalten“, erklärte Romanova mit fester Zuversicht. „Sie besitzen die Schlüssel zu diesem Schalter nicht.“

„Vergesst nicht, dass ich einen der Schlüssel habe.

---ENDE DER LESEPROBE---