Die unmoralische Tugend Nepomuks - Gerhard Branstner - E-Book
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Die unmoralische Tugend Nepomuks E-Book

Gerhard Branstner

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Beschreibung

Wenn er diesen Nepomuk nicht erfunden hätte, dann hätte ihn der Autor erfinden müssen, um seine Meinung in Anekdoten ausdrücken zu können. Und so hat er seinen Nepomuk erfunden und jede Menge Anekdoten dazu – Nepomuk-Anekdoten eben. Wie Branstner woanders berichtet, hatte diese Erfindung eine gewisse Gesetzmäßigkeit: Die Nepomuks zu schreiben war unvermeidlich. Ihre logische und philosophische Eigenart sind neben meiner sprudelnden Fantasie wesentliche Triebkräfte meiner Produktion. Ich hatte etwa 15 Nepomuks geschrieben, als mir die Geschichten vom Herrn Keuner von Bertolt Brecht begegneten, von deren Existenz ich bis dahin nichts gewußt hatte. Erfreut begrüßte ich einen exzellenten Partner und Konkurrenten. Das ist eine merkwürdige Eigenschaft von mir: ich freue mich, wenn ich nicht allein gut bin. Ich sehne mich geradezu nach mindestens gleichguten Partnern. Insofern ist es ein hübscher Spaß, wenn der Autor seinen Nepomuk mit dem Herrn K. des Herrn zusammentreffen lässt, wie in der folgenden Anekdote geschildert wird: Der Knall-Effekt Nicht des Weges achtend stieß Nepomuk mit einem Herrn zusammen. Den Hut lüftend erkannte er sein Gegenüber und entschuldigte sich erfreut, Herrn Keuner so unversehens auf den Fuß getreten zu haben. Auch Herr Keuner lüftete den Hut, war jedoch ein wenig verfremdet. Wie immer bei Branstner weiß er sich selbst zu loben. So lesen wir wiederum in dem anderen Buch über die Qualität seiner Nepomuk-Anekdoten: Trotz allem darf nicht unerwähnt bleiben, daß die Nepomuks dreimal besser sind als Brechts Geschichten vom Herrn Keuner. Das sind sie zunächst in ihrer literarischen Qualität. Keuner ist keine literarische Figur, sondern ein abstraktes Sprachrohr des Autors, während Nepomuk ein Charakter ist, der nach eigenem Bekunden sich körperlich kaum unter die Schulter geht, sich geistig also weit überragt. Auch sprachlich sind die Nepomuks deutlich besser. Zweitens ist die Originalität der thematischen Einfälle, der Witz der Geschichten den Keunergeschichten weit überlegen. Und drittens ist die haushohe Überlegenheit, welche die Nepomuks in ihrem philosophischen Gehalt haben, unübersehbar. Die Voraussetzung dafür ist in der Vorbemerkung zur Werkauswahl genügend charakterisiert. Darin schreibt Gerhard Branstner: Eines ist unbestritten: Die Anekdote hat drei wunderbare Eigenschaften. Das sind die Weisheit, die Heiterkeit und die Geselligkeit. Darin kommt ihr keine andere Kunst gleich. Was Wunder, dass ihr meine große Liebe gehört.

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Seitenzahl: 40

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Impressum

Gerhard Branstner

Die unmoralische Tugend Nepomuks

Das Buch erschien 1982 im Mitteldeutschen Verlag Halle - Leipzig.

ISBN 978-3-96521-756-0 (E–Book)

Titelbild: Ernst Franta

© 2022 EDITION digital

Pekrul & Sohn GbR

Godern

Alte Dorfstraße 2 b

19065 Pinnow

Tel.: 03860 505788

E–Mail: verlag@edition–digital.de

Internet: http://www.edition-digital.de

Gerhard Branstner Die unmoralische Tugend

Gerhard Branstner

Die förmliche Nachfrage

Gefragt, wie es ihm gehe, erkundigt sich Nepomuk zunächst, was er denn das vorige Mal auf die gleiche Frage geantwortet habe. Der andere konnte sich nicht erinnern.

„Sehen Sie“, erklärte Nepomuk, „so geht es mir.“

Logik

Nepomuk wollte nach B. fahren. Er erkundigte sich auch alsbald nach einem passenden Zug, schob jedoch die Reise immer wieder hinaus. Als aber auf der Strecke nach B. ein Zugunglück geschah, sagte er: „So, jetzt haben wir das Unglück hinter uns, und ich kann beruhigt fahren.“

Später Genuss

Seitdem Nepomuk nicht mehr rauchte, sammelte er mit leidenschaftlichem Eifer alle Artikel, die gegen diese schädliche Gewohnheit gerichtet waren. Darauf aufmerksam gemacht, dass diese Artikel jetzt doch keinen Nutzen mehr für ihn hätten, sagte er: „Aber jetzt erst lese ich sie mit Genuss.“

Hoftheater

Nepomuks Nachbar war ein Wahrheitsfanatiker, daher hielt er viel von den Hofnarren. „Die haben gegen ihre Potentaten kein Blatt vor den Mund genommen, selbst bei unliebsamen Wahrheiten.“

„Das ist eine der beliebtesten Unwahrheiten“, entgegnete Nepomuk, „ein Narr war schon immer ein Narr und kein Weiser.“

„Dann verstehe ich nicht“, meinte der Nachbar, „weshalb sie abgeschafft wurden.“

„Sind sie das?“, fragte Nepomuk.

Die ungenutzte Reserve

Nepomuk äußerte seinen Unmut darüber, dass wir unsere öffentlichen Angelegenheiten nicht mit dem nötigen Humor handhaben.

„Geduld“, .sagte man ihm, „Humor braucht Zeit.“

„Humor spart Zeit!“, versetzte Nepomuk ungeduldig.

Vom Nutzen der Theorie

Nepomuk wurde gefragt, weshalb er sich im Falle eines Kummers oder einer anderen unliebsamen Erfahrung immer für einige Minuten zurückziehe, und wie er es mache, danach stets mit zufriedener Miene wieder einzutreten.

Darauf entgegnete Nepomuk: „Es ist unhöflich, andere Menschen mit seinen Sorgen zu bedrücken. Daher ziehe ich mich zurück, wenn ich nicht bei Laune bin. Dass ich mich aber nach wenigen Augenblicken wiederhergestellt habe, ist einem unfehlbaren Mittel zu danken, welches ich nun, da ich mir der Nützlichkeit seiner allgemeinen Anwendung sicher bin, nicht länger verborgen halten will: Ich führe stets ein Büchlein bei mir, in dem alle mir bekannten Sorgen samt ihren Merkmalen eingetragen sind. Widerfährt mir nun etwas Unangenehmes, sehe ich in dem Büchlein nach, welchen Rang die fragliche Erscheinung in der Sorgentabelle einnimmt und wie man sich als Mann von Charakter zu verhalten hat. Ist aber die Sorge in meinem Kalender nicht enthalten“, nahm Nepomuk die zu erwartende Frage vorweg, „beschäftige ich mich mit ihrer Einordnung. In jedem Falle aber“, so schloss er seine Eröffnungen, „ist nach solch einer theoretischen Beschäftigung mit ihr aller Sorge der Stachel genommen, so dass ich den Menschen wieder mit geglättetem Gemüt gegenübertreten kann.“

Vom Wert der Kunst

Einbrecher hatten Nepomuk ein Gemälde gestohlen, auf dem eine kostbare Perlenkette abgebildet war. Er kaufte sich ein anderes Gemälde. Auf ihm war ein Paar alte Schuhe zu sehen.

Was solls‘s

Nepomuk wurde von einem Hunde bedroht. Er zog ohne Debatte seine Hosen aus und ging ruhig seines Weges.

Möglichkeiten der Kritik

Nepomuk hatte sich eine Hose anfertigen lassen. Als er sie anzog, stellte er fest, dass die Beine verschieden lang geraten waren. Darauf aufmerksam gemacht, fragte der Schneider von oben herab, ob er in Nepomuk einen Fachmann vor sich habe. Als Nepomuk verneinte, wurde ihm bedeutet, dass er in dem Falle zu einer Kritik nicht berechtigt sei.

Nepomuk ging davon und pries allen Orts die unfehlbare Kunst des Schneiders, zeigte dabei jedoch stets auf seine Hosenbeine.

Der rettende Beweis

Als Nepomuk aufgefordert wurde, einen Ertrinkenden zu retten, sprang er ohne Verzug ins Wasser. Später wollte man wissen, weshalb er nicht gesagt habe, dass er nicht schwimmen könne.

„Es war Eile geboten“, entgegnete Nepomuk, „daher musste ich meine Unfähigkeit, dem Ertrinkenden helfen zu können, ohne viele Worte beweisen.“

Die dritte Seite

Als einmal ein Wortgefecht kein Ende nehmen wollte, da es um eine Scheinfrage ging, zog Nepomuk eine Münze aus der Tasche, betrachtete sie kopfschüttelnd und fragte schließlich: „Ach bitte, wo ist hier die dritte Seite der Medaille?“

Bilanzierte Dichtung

Nepomuk hatte sich die Mühe gemacht, einen viel gepriesenen Gedichtband in Prosa zu übersetzen. Die Übersetzung lautete: Die Welt ist schön – die Welt ist nicht schön.

Der heilige Martin

Nepomuk wurde von einem Bettler um eine Gabe angehalten. Er gab ihm die Hälfte seines letzten Geldscheines.

Das Paradoxon der Lebenskunst

„Gewöhnlich wird Leben für eine Kunst gehalten, Sterben hingegen für etwas, das selbst der Dümmste, ohne es gelernt zu haben, allemal und im rechten Augenblick zuwege bringt. Das aber ist ein Irrtum“, erklärte Nepomuk. „In Wirklichkeit sterben wir täglich, von Kind auf, denn täglich sterben uns Gefühle, Gedanken, Erinnerungen und andere Lebensinhalte (wie täglich neue geboren werden). Und damit fertig zu werden ist oft sehr schwierig, nicht damit fertig zu werden aber immer schmerzhaft, wenn nicht sogar tragisch. Daher besteht die Kunst des Lebens recht eigentlich darin, das Sterben zu lernen, und zwar frühzeitig und das ganze Leben lang.“

Die unmoralische Tugend