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Der Lebensweg von Myrta Kunz wies eine Vielzahl von beschwerlichen Hindernissen und erschütternden Verlusten auf. Myrta beschreibt, wie sie bei all diesen Schicksalsschlägen immer wieder aufzustehen vermochte, wie sie es schaffte, diesen unwirtlichen Weg zu gehen und letztendlich ein erfüllendes Leben zu finden. Sie war und ist sich sicher, dass sie dies nicht alleine schaffen hätte können und bedankt sich mit diesem Buch auf ihre Weise für die unsichtbare, göttliche Hilfe auf ihrem Weg.
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Seitenzahl: 191
Veröffentlichungsjahr: 2023
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»Dieses Buch habe ich für euch liebes Fränzi, lieber René geschrieben. Ich wünsche euch so sehr, dass göttliche Wesen euch und alle eure Lieben immer und überall beschützen, begleiten und unterstützen«
»Meine grosse Liebe zu euch ist bedingungslos und kommt ganz tief aus meinem Herzen. Ihr seid ein göttliches Geschenk. Ich wünsche euch auf eurem Lebensweg Gottes reichen Segen«
Als in mir so einige Fragen über mein Schicksal aufgetaucht sind, war von meinen Lieben niemand mehr da, der hätte antworten können. Diese unbeantworteten Fragen haben mich dazu bewegt, meine Geschichte für unsere Kinder und Enkelkinder aufzuschreiben.
Es kann sein, dass beim Lesen von den ersten Seiten meiner Geschichte, dort wo es um meine Kindheit und Jugend geht, die Frage aufkommt, wo denn bei dem einen oder anderen Erlebnis die unsichtbare göttliche Hilfe war. Ich glaube, dass sie immer da war und mir geholfen hat, diese traumatischen Erfahrungen zu verkraften und nicht daran zu zerbrechen. Wenn ich heute zurückschaue, denke ich, dass es mir nur dank dieser unsichtbaren göttlichen Hilfe möglich war, trotz der zum Teil sehr, sehr schwierigen Erfahrungen, ein „normales“ Leben zu führen. Ein Psychotherapeut hat in Anwesenheit von Peti zu uns gesagt, es laufe ihm kalt den Rücken hinunter und er könne sich nicht vorstellen, wie man mit dieser Geschichte überleben könne. Ich habe nicht nur überlebt. Ich habe sogar zu einer der wichtigsten, für mich der wichtigsten Quelle gefunden. Ich habe zu Gott gefunden.
Mein Leben begann durch einen Zufall
Ein prägendes Ferienerlebnis
Gebetsheilung
Bei meinen Grosseltern in Gams
Daheim in Pontresina
Die Operation, ein Albtraum
Ein grausamer Abschied
Mein Nuggi verschwindet für immer
Besuchsverbot im Spital
Der Wunsch von einer weissen Haube
Über Gefühle sprach man nicht
Die schlimme Drohung
Ohne Talent
Vision vom Haus am Hang
Der schreckliche Traum, er wird Wirklichkeit
Ich durfte bei meinen Schwestern bleiben
Eine Erinnerung geht verloren
Worte helfen den Schmerz zu lindern
Eine schwere Zeit
Joli wird unsere Stiefmutter
Sekunden, die nicht enden wollten
Ich darf die Mutter von Jesus spielen
Das Lehrerzimmer, ein Ort der Angst für mich
Mit l5½ Jahren, Beginn der Lehre in Lugano
Dieser Mann, er war ein Täter
Vertrauen, ein unbekanntes Gefühl
Ich erkenne meinen zukünftigen Mann
Unsere Zeit in Luzern
Der Traum wird Wirklichkeit
Unser Wunschkind besucht mich im Traum
Ein Wunsch änderte alles
Unser Büblein besuchte mich im Traum
Mitten in der Nacht
Positiver Schwangerschaftstest
Der Mohrenkopf, ein Heilmittel
Wir dürfen uns auf ein Eigenheim freuen
Meine erste und letzte lange Töfftour
Anfrage für einen Modelauftrag
Kira kommt zurück
Mimi und ihre zwei jungen, herzigen Kätzlein
Ein Buch gibt mir Antworten auf Fragen von damals
Der kleine Muck erobert mein Herz im Sturm
Ich habe die Seele gespürt
Abschied von Papi, für immer
Mein Weg nimmt eine andere Richtung
Wuschel und das Gebet
Vision vom Abendmahl
Ein kleines Hündchen berührt unser Herz
Gebet um einen Wunsch zu erfüllen
Meine Nichte findet eine Lehrstelle
Traum von einer Kapelle am Waldrand
Wieder „sah“ ich im Traum die Zukunft
Ein Buch zieht mich stark an
Eine wertvolle Weiterbildung
Keine „weisse Weste“
Ein schmerzhafter Abschied
Ein Engel berührt mein Herz
Meine Schutzengelerfahrung
Turbulenzen
Muck führt mich telepathisch in die Tierkommunikation
Norina und Nastasia, ein göttliches Geschenk
Mein Mami meldet sich
Vater geht am 11. September in die geistige Welt
Die Feder als Bestätigung
Kurs Tierkommunikation
Ich lerne Brunia kennen
Kai Elvin, ein göttliches Geschenk
Eine Entscheidung die ich nicht hätte treffen wollen
Über dem Berg
Tage der Stille im Kloster Namen Jesu
Gebet um etwas wieder zu finden
Bobby erobert unsere Herzen
Eine „Erscheinung“ bewegt mich weiter zu schreiben
Die Katze im Baumhaus
Abschied von Joli, meinem Stiefmami
Wieder geht eine Erinnerung verloren
Ich lebe
Ein Tag im Leben von Muck im April 1995
Ein Tag im Leben von Alphetta im Herbst 1998
Abschiedsbriefe an unsere geliebten Tiere
Meine Ankunft in dieser Welt war nicht geplant. Mein Mami wurde ungewollt schwanger. Als ob das für Mami und Papi nicht schon schwierig genug war, gab es da noch eine andere Frau, die behauptet hat, sie sei ebenfalls von meinem Papi schwanger. Papi hat immer gesagt, das stimme nicht, aber die Frau gab nicht auf. Meine Grosseltern, also die Eltern von meinem Papi, haben bestimmt, dass mein Papi jene Frau heiraten soll, welche mit mir schwanger war. Sie hat ihnen einfach einen besseren Eindruck gemacht. Der anderen Frau haben meine Grosseltern Fr. 10‘000.- dafür gegeben, dass sie alleine für das Kind sorgen werde.
Wenige Tage nach meiner Geburt vom 10.11.1950 wurde ich auf den Namen Myrta getauft. Ich glaube, diesen Namen habe ich auf Wunsch von meinen Grosseltern, also den Eltern von meinem Papi, bekommen. Sie haben ihr erstes Kind, ein Mädchen mit Namen Myrta, als dieses 4 Jahre alt war, durch Ersticken verloren. Es litt an Asthma und diese Krankheit war damals unheilbar. Besonders mein Grosi hat den Tod von ihrem so sehr geliebten Mädchen bis an ihr Lebensende nicht verkraftet. Sie hat mir als Kind oft das Foto von der toten Myrta im kleinen Bettchen gezeigt. Das Bild von diesem kleinen leblosen Kind hat in mir immer ganz starke Gefühle der Angst und der Trauer ausgelöst. Ich hätte viel darum gegeben, es nicht anschauen zu müssen. Mein Grosi sagte dann zu mir, es gebe Leute die glauben, dass Verstorbene wieder auf die Erde zurückkehren. Ich glaube heute, sie hat mich als eine Wiedergeburt von ihrer geliebten Myrta gesehen, oder sehen wollen. Vielleicht hoffte sie auch, dass beim Anschauen von diesem Photo in mir eine Erinnerung an dieses frühere Leben aufkommen würde.
Mir wurde erzählt, ich weiss nicht mehr von wem und auch nicht wie alt ich war, dass mein Grosi kein Kind mehr wollte, der Arzt aber meinen Grosseltern geraten habe, möglichst schnell wieder ein Kind zu bekommen.
Das sei das Beste um den Schmerz durch den Tod ihres Mädchens zu verkraften. Ich kann diesen Rat mit keiner Faser meines Herzens verstehen. Ich glaube, dass sie schon beim ersten Kind gehofft hat, dass es ein Mädchen wird und als ihr ein gesunder Knabe geschenkt wurde, sie mit einer weiteren Schwangerschaft dringend auf ein Mädchen gehofft hat. Als die Hebamme ihr den zweiten, gesunden Knaben, meinen Papi, in die Arme legen wollte, hat sie das abgelehnt. Sie wollte ihn nicht sehen. Der Wunsch von einem Mädchen, blieb für mein Grosi unerfüllt. Mein Papi konnte das Herz von seiner Mutter nie gewinnen. Es könnte deshalb auch sein, dass mein Papi mit dem Namen Myrta so etwas wie ein Geschenk an seine Mutter gemacht und so versucht hat, ein bisschen Liebe von ihr zu bekommen. Ihr Herz aber blieb für ihn verschlossen, die erhoffte Liebe, er bekam sie nicht.
Kaum das Licht der Welt erblickt, musste man sich schon grosse Sorgen um mich machen. Ich konnte die Muttermilch nicht vertragen und man musste um mein Leben bangen. Ich bekam Pulver Milch und weil diese sehr teuer war, haben meine Grosseltern die Kosten übernommen. Oft schon habe ich mir Gedanken darüber gemacht, warum wohl mein Mami mich nicht nähren konnte. Eine sichere Antwort gibt es vermutlich nicht.
Ich glaube, dass mein Mami gespürt hat, dass mein Grosi wahrscheinlich Muttergefühle für mich hatte und vielleicht war es ihr deshalb nicht möglich, eine tiefe Mutterliebe zu mir aufzubauen.
Als ich 15 Monate alt war, kam meine Schwester Astrid zur Welt und meine zweite Schwester Carmen erblickte das Licht der Welt als ich sieben Jahre alt war. In meiner Kindheit war ich oft, sehr oft, bei meinen in Gams wohnhaften Grosseltern in den Ferien. Meistens alleine, ohne meine fast gleichaltrige Schwester Astrid. Ich kann mich nur an ein einziges Mal erinnern, dass Astrid und ich zusammen in den Ferien waren und es ist eine traurige Erinnerung. Wir beide spielten draussen Federball, bis mein Grosi mich in die Küche rief und sagte, Astrid könne draussen auf mich warten. In der Küche gab mir mein Grosi Erdnüsse und sagte, ich solle diese gleich essen, sie seien gut für meine Gesundheit, Astrid aber brauche diese nicht. Das machte mich unglaublich traurig. Ich verstand diese Ungerechtigkeit nicht, getraute mich aber nicht zu widersprechen. Astrid ist, durch die wahrscheinlich von mir aus Versehen offen gelassene Türe, leise in den Gang geschlichen und hat alles mit angehört. Als wir wieder draussen waren , hat sie mich gefragt, weshalb nur ich diese Nüsse bekam. Ich konnte es ihr nicht erklären, wir verstanden es beide nicht. Astrid getraute sich genau so wenig wie ich, unser Grosi danach zu fragen. Heute denke ich, dass mein Grosi Angst hatte, dass auch ich durch eine Krankheit sterben könnte und sie dann auch mich, wie damals ihr 4 jähriges Mädchen Myrta, verlieren könnte. Diese mögliche Angst aber hätte es nicht verhindern müssen, dass sie die gleiche Menge Nüsse auch meiner Schwester Astrid hätte geben können. Das Verhalten von meinem Grosi erinnert mich sehr an ihre ungleiche Behandlung von meinem Papi und seinem älteren Bruder. Diese Ungerechtigkeit hat auf jeden Fall mit dazu beigetragen, dass meine Schwester und ich bis heute ein fast krankhaftes Bedürfnis haben, bis ins kleinste Detail gerecht zu sein.
Als ich ca. 4 Jahre alt war, hatte ich einen Ausschlag im Gesicht und kein Arzt konnte mir helfen. Meine Grosseltern, ob meine Eltern auch dabei waren, weiss ich nicht mehr, gingen mit mir zu einem alten Mann in Gams. Wir wurden von ihm in die Stube geführt. Nach einem kurzen Gespräch mit meinen Grosseltern, durften sie in ein Nebenzimmer gehen, um auf mich zu warten und ich blieb bei dem Mann in der Stube. Ich hatte schon ein bisschen Angst, allein bei dem Mann zu bleiben. Ich kannte ihn ja nicht. Er hat dann meinen Kopf ganz sanft berührt und gebetet. Meine Angst löste sich schnell auf. Ich spürte, dass dieser Mann mir helfen wollte. Mein Ausschlag ist durch dieses Gebet vollkommen verschwunden und kam nie wieder. Noch heute ist mir diese Gebetsheilung in sehr guter Erinnerung. An mir wurde die Kraft vom Gebet sichtbar gemacht, Beten sollte später in meinem Leben eine ganz grosse Bedeutung haben.
Meine Grosseltern haben mich sehr geliebt und verwöhnt, aber ich hatte trotzdem oft Heimweh nach meiner Familie. Als mein Grossvater wieder einmal ein Paket mit Gemüse aus ihrem Garten für meine Eltern gerichtet hat, durfte ich einen Gruss von mir auf den Brief schreiben. Ich hatte die Gelegenheit benutzt und wie ich dachte, ganz klein am Rand um den Brief geschrieben, ich hätte Heimweh, sie sollen mich bitte holen. Mein Grosi kam dann später mit dem Brief zu mir und hat mich gefragt, ob ich das geschrieben hätte, was ja offensichtlich so war. Meine Antwort aber war ein Nein. Der Brief wurde zerrissen und neu aufgesetzt. Es war und ist für mich immer noch schwer zu verstehen, warum mein Grosi so reagiert hat. Es war ganz schlimm für mich, erwischt worden zu sein. Ich hätte Verständnis und Hilfe gebraucht, ich kam mir ausgeliefert vor. Nie hätte ich zu meinem Grosi sagen können, dass ich Heimweh hatte, ich hätte ihr diesen Schmerz einfach nicht zufügen können.
Mein Grossvater war Posthalter in Gams und mein Grosi hat bei ihm in Teilzeit gearbeitet, um das Studium vom älteren Bruder von meinem Papi mit zu finanzieren. Ich durfte oft mit ihnen im Postbüro sein und zuschauen, wie die Pöstler Briefe und Pakete in ihre Fächer verteilt haben und wie die Leute am Postschalter bedient wurden. Mein Grossvater hat jedes Paket gut angeschaut und oft musste jemand sein Paket wieder nach Hause nehmen, weil es nicht gut zugeschnürt war. Darauf hat er immer enorm viel Wert gelegt. Noch heute denke ich sehr oft an ihn, wie er mir wie ein Lehrer gezeigt hat, wie ein Paket richtig zugeschnürt werden muss. Beim Zeitungsbündeln mache ich das heute noch genauso. Sehr stark eingeprägt hat sich bei mir auch sein Spruch „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“. Jedes Mal wenn ich etwas hinausschieben möchte, kommt mir dieser Spruch mahnend in die Quere. Es gelingt mir wirklich selten, etwas auf die, wenn schon sehr kleine Bank zu schieben. Meinem Grosvater sei Dank.
Am Mittag gingen wir jeweils in den oberen Stock. Dort war die Wohnung von meinen Grosseltern. Mein Grosi hat in der Küche gekocht und wir haben dann zusammen gegessen. Weil ich oft sehr wenig gegessen habe und mein Grosi sich Sorgen gemacht hat deswegen, durfte ich hie und da zu den Nachbarn essen gehen. Dort hatte ich viel mehr Appetit, vielleicht auch deshalb, weil es eine Familie mit Kindern war. Ich freute mich sehr, wenn ich zu ihnen gehen durfte. Das Essen war fein. Es gab, wenn ich bei ihnen eingeladen war, Kaiserschmarren und den habe ich so sehr gemocht. Heute, fast 60 Jahre später, haben wir das grosse Glück, dass wir von unserer lieben Schwiegertochter Sandra einen wunderbaren Kaiserschmarren, den sie mit so viel Liebe und Können zubereitet, geniessen dürfen.
Mein Grosi hatte immer wieder Überraschungen für mich. Ganz besonders gefreut habe ich mich, wenn ich einen Wunderwollknäuel bekommen habe. Dieser war ziemlich gross und beim Stricken kam immer wieder ein Spielzeug oder sonst etwas zum Vorschein. Das hat das Stricken so spannend gemacht. Es war überhaupt die einzige Motivation, mich zum Stricken zu bewegen. Weniger schön war es, wenn mein Grosi keine Zeit für mich hatte und ich von jemandem gehütet werden musste. Einmal war es mir so langweilig bei den Leuten die mich hüten mussten und es gefiel mir auch nicht besonders bei ihnen, da bin ich einfach davongelaufen. Meine Grosseltern waren natürlich sehr erschrocken und haben mit mir geschimpft, aber ich musste nicht mehr dorthin gehen. In der Nähe von der Post wohnte die Familie von einem Pöstler mit mehreren Kindern. Mit diesen habe ich dort sehr oft und gerne gespielt.
An sonnigen Sommertagen hat mir mein Grossvater im wunderschönen Garten vom neu gebauten Haus, welches sie nach der Pensionierung bezogen haben, ein selbstgemachtes Tipi aufgestellt. Es bestand aus drei riesigen, natürlich aus meiner Sicht riesigen, Holzstangen und einem schwarzen Stoff. Ich habe dieses Zelt geliebt, es war mein „Haus“ und ich habe es ganz alleine bewohnt, Besuch von Kindern hatte ich nie, aber irgendwie war das Tipi wie meine „Freundin“. Einmal hatte ich mich in einem Restaurant mit der Tochter des Wirte-Paares angefreundet. Das Mädchen und ich waren uns einfach sofort sehr sympathisch, aber mein Grosi fand, die Tochter von einem Wirte-Paar sei kein guter Umgang für mich. Dieses Mädchen aber ging mir nie aus dem Sinn. Sie ist bis heute immer mal wieder in meinen Gedanken. Manchmal habe ich Stoffe und Kleider aus der alten, wunderschönen Truhe genommen und mich verkleidet. Diese „Schatztruhe“ steht heute in unserem Wohnzimmer, mein Grosi hat sie mir geschenkt. Ich fühlte mich, wenn ich so verkleidet war, wie in einem Märchen. Diese Truhe ist für mich ein Schatz, voll von unsichtbaren Erinnerungen, ich liebe sie. Das Tipi wurde an sonnigen Tagen recht aufgeheizt. Das schwarze Tuch vom Zelt und meine märchenhafte Verkleidung, haben das Ihre dazu beigetragen. An solchen Tagen durfte ich meine Badesachen packen und zusammen mit meinem Grossvater im nahen, gestauten Fluss, der Simmi, baden gehen. Mein Grossvater hat vom Ufer aus zugeschaut und immer wieder gerufen, ich solle die Beine und die Arme wie ein Frosch bewegen und dazu hat er mir mit seinen Armen die Bewegungen vorgemacht. Das war mir dann schon recht peinlich, ich war ja nicht alleine im Wasser. Aber es kam der Tag, an dem ich wirklich selber schwimmen konnte, dem Frosch sei Dank. Mein Grosi hat mich immer liebevoll Müsli genannt. Für meinen Grossvater war ich der Frosch. Ob ich diesen Kosenamen von ihm schon vor dem erfolgreichen Schwimmunterricht oder erst nach der bestandenen „Prüfung“ bekommen habe, weiss ich nicht mehr.
Weil mein Grosi die Reinigungsarbeiten im Haus nicht mehr alleine besorgen konnte, sie hatte oft Rückenschmerzen, kam jede Woche für einen Tag eine „Putzfrau“, um meine Grosseltern bei diesen Arbeiten zu unterstützen. Ich habe mich gerne mit dieser Frau unterhalten, aber mein Grosi hat mir das verboten, weil sie ja im Stundenlohn bezahlt wurde und ich sie nicht von der Arbeit abhalten durfte. Das machte mich immer ganz traurig, aber am meisten litt ich, wenn diese Frau ganz alleine in der Küche zu Mittag essen musste und meine Grosseltern und ich im Esszimmer assen. Die Frau hat mir so leidgetan.
Mein Grosi hat immer wieder kontrolliert, ob ich ihrem Bild von einem schönen Mädchen gerecht werde. Einem Mädchen, das einmal einen reichen und seriösen Mann heiraten sollte. Das war ein grosser Wunsch von ihr. Ich musste darauf achten, dass meine Füsse beim Gehen nach aussen geschaut haben und dass mein Rücken beim Essen gerade war. Einmal hat sie mich angeschaut und gesagt, meine Nase gefalle ihr, sie hätte einen schönen Bogen. Ein anderes Mal hat sie meine Fingernägel angeschaut und die Daumen als zu breit empfunden. Mein Grosi hat das alles sicher gut gemeint, sie wollte einfach nur das Beste für mich. Ich aber wusste nie ganz sicher, was an mir gut oder nicht gut war. Zum Glück bekam ich schon als Kind Komplimente. Ein Mädchen aus unserem Dorf hat mir einmal gesagt, meine Schwester und ich, man hielt uns oft für Zwillinge, seien die schönsten Mädchen vom Ort. Trotz all diesen guten Erfahrungen haben die Kontrollen von meinem Grosi in mir immer wieder grössere Unsicherheiten ausgelöst.
Einmal habe ich zu ihr gesagt, dass ich auch einen Strassenwischer heiraten würde, wenn er mich gern habe. Ich wollte das mit dem reichen, seriösen Mann nicht mehr hören. Gefühle waren mir wichtig, nicht wie reich jemand war. Es war dann kein Strassenwischer, der später mein Herz erobert hat, aber es war der beste Mann der Welt, meine ganz grosse Liebe und er ist es bis heute geblieben.
Seit vielen Jahren, mein Grosi war schon längst in der geistigen Welt, sagt mein Mann Müsli zu mir. Wer weiss, vielleicht hat mein Grosi ja etwas damit zu tun. Ich glaube, dass die geistige Welt uns viel näher ist als wir uns das vorstellen können. Es könnte doch sein, dass sich mein Grosi auf diese Weise bei uns bemerkbar gemacht hat.
In Pontresina wohnten meine Eltern und wir drei Mädchen in einer günstigen Bähnler-Wohnung. Mein Papi war Chefmonteur bei der Rhätischen Bahn (RhB). Er hatte eine Gruppe von Arbeitern unter sich. Diese haben ihn sehr gemocht, er war immer einer von ihnen, sehr hilfsbereit und mit einem starken Sinn für Gerechtigkeit. Gerechtigkeit, die er in seiner Kindheit und Jugend, von seiner Mutter, nie erfahren durfte. An seiner gebückten Haltung wurde diese schwere Last sichtbar. Papi konnte ihre Ablehnung nie verkraften. Ich glaube er hätte viel dafür gegeben, von ihr geliebt zu werden. Der Alkohol und die Zigaretten waren schon sehr früh seine Stossdämpfer, aber der Schmerz blieb.
Papi war ein sehr guter Handwerker. Wie haben unsere Augen geleuchtet, als an einer Weihnacht zwei wunderschöne Wiegen für unsere Puppen unter dem Weihnachtsbaum standen. Eine für Astrid und eine für mich. Sogar die kleinen Vorhangstangen hat er selber geschmiedet. Es war ein Geschenk, das nicht schöner hätte sein können.
Ein weiteres Hobby von meinem Papi waren die Bienen. Die Imkerei hat ihm grosse Freude bereitet. Wenn wir erkältet waren, hat Papi uns immer eine warme Honigmilch gemacht und Honig ist bis heute ein Heilmittel für mich geblieben. Er verbindet mich in Liebe mit Papi.
Ein anderes, sehr schönes Hobby war die Musik. Papi hat gut Klavier gespielt, aber noch lieber hat er im Musikverein Pontresina Trompete gespielt, das war „sein“ Instrument. Diese Trompete hat er dann später, wenige Monate bevor er unsere Welt für immer verlassen hat, Peti geschenkt. Ich erinnere mich noch gut, wie Papi bei einem Besuch bei uns in Dietlikon, es sollte sein letzter Besuch vor seinem Heimgang sein, aus dem Zug stieg, die Trompete in Zeitungspapier gewickelt unter dem Arm trug und diese dann in unserem Haus Peti überreichte. Das war ein sehr berührender Moment, denn dieses Instrument war Papi ans Herz gewachsen und er wusste, wie sehr sich Peti über dieses Geschenk freuen würde, war er doch in seiner Jugend selbst ein sehr guter Trompeter. Jedes Mal wenn ich die Trompete zum Abstauben in die Hände nehme, erinnere ich mich an diesen schönen Moment.
Im Alter von ca. 5 Jahren mussten bei mir die Mandeln operativ entfernt werden. Es war schrecklich! Die Eltern durften im Spital nicht bei mir bleiben, das war damals so. Ich musste einer Krankenschwester auf den Schoss sitzen. Sie hat mich gehalten, so dass ich meine Arme nicht bewegen konnte. Eine andere Schwester hat mir die Sauerstoffmaske ins Gesicht gedrückt. Beim Schreiben von diesem Erlebnis klopft mein Herz, wie wenn es eben erst geschehen wäre.
Nach der OP im Krankenbett brachte mir die Krankenschwester eine Haferschleimsuppe. Weil sie das Wort Schleim gesagt hatte, wollte ich die Suppe nicht essen, aber ich wurde dazu gezwungen. Ich hatte Angst, dieser Schwester zu widersprechen und merkte auch, dass ich gar keine Chance gehabt hätte. Ich hatte so sehr Heimweh nach meiner Familie und fühlte mich so sehr alleine.
Dieses Erlebnis, sowie einige spätere, haben dazu geführt, dass ich noch heute eine unglaubliche Abneigung gegenüber Spitälern und Ärzten habe. Es ist nicht nur eine Abneigung, es ist eine grosse Angst.
Ich war ein stilles und nachdenkliches Kind. Ich weiss nicht mehr, ob ich schon zur Schule gegangen bin, oder noch kleiner war, als wir einen herzigen Dackel, ich glaube dass es ein Dackel war, in unsere Familie aufgenommen haben. Er war lustig und hat gerne mit uns gespielt. Und dann kam dieser schlimme Tag. Auf dem Küchenboden stand eine Kartonschachtel, im Deckel hatte es Löcher und in diese Schachtel wurde unser Liebling verpackt und dann mit dem Zug verschickt. Mein Herz stand für einen Augenblick still.
Ich weiss bis heute nicht, wohin seine traurige Reise ging und was für ein Schicksal ihn dort erwartet hat. Innerlich hat es in mir geschrien, es waren lautlose Schreie und sie taten ganz fest weh. Weshalb uns unser Liebling, er war noch nicht sehr lange bei uns, wieder genommen wurde, weiss ich nicht mit Sicherheit. Uns wurde gesagt, er zerreisse bei seinem wilden Spiel alle unsere Nachthemden. Ich werde seinen traurigen und angstvollen Blick aus dieser Schachtel nie vergessen.