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Als dieses Buch 1990 zum ersten Mal erschien, wurde es als ein ungeheuer genauer, gelassener und ironisch-skeptischer Blick auf die Tage der Wende und die Monate danach begrüßt. In einer Zeit, als die Stimmung zwischen schriller Einheitseuphorie und Verklärung der DDR schwankte, schaute Thomas Rosenlöcher genauer hin und verließ sich allein auf sein unabhängiges Urteil. Liest man sein Tagebuch der Wendezeit heute, dann wird klar: Es ist eines der hellsichtigsten Bücher, die wir über das vereinte Deutschland lesen können. Mit großer Glaubwürdigkeit, radikaler Ehrlichkeit und klugem Humor beschreibt Rosenlöcher ein Land, in dem wir bis heute leben.
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Seitenzahl: 92
Veröffentlichungsjahr: 2015
Als dieses Buch 1990 zum ersten Mal erschien, wurde es als ein ungeheuer genauer, gelassener und ironisch-skeptischer Blick auf die Tage der Wende und die Monate danach begrüßt. In einer Zeit, als die Stimmung zwischen schriller Einheitseuphorie und Verklärung der DDR schwankte, schaute Thomas Rosenlöcher genauer hin und verließ sich allein auf sein unabhängiges Urteil. Liest man sein Tagebuch der Wendezeit heute, dann wird klar: Es ist eines der hellsichtigsten Bücher, die wir über das vereinte Deutschland lesen können. Mit großer Glaubwürdigkeit, radikaler Ehrlichkeit und klugem Humor beschreibt Rosenlöcher ein Land, in dem wir bis heute leben – auch wenn er, wie er in seiner neuen Vorbemerkung schreibt, »das neuerliche Verdummungspotential bei weitem unterschätzt« hat.Thomas Rosenlöcher, geboren 1947 in Dresden, lebt in Beerwalde/Erzgebirge und Dresden.
Thomas RosenlöcherDie verkauften Pflastersteine
Dresdener Tagebuch
eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2015
Der vorliegende Text folgt der 4. Auflage der Ausgabe des suhrkamp taschenbuchs 4072.
© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1990
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Satz: Satz-Offizin Hümmer GmbH, Waldbüttelbrunn
Umschlag: Göllner, Michels, Zegarzewski
Umschlagfoto: Werner Lieberknecht
eISBN 978-3-518-74384-3
www.suhrkamp.de
Anlaß zu diesem Tagebuch war die Tatsache, daß ich im Sommer 1989 nun aber auch nach dem Westen wollte, um hier nicht als letzter das Licht ausmachen zu müssen. Doch weil ich mir sicher war, daß mir da drüben sowieso nichts mehr einfallen würde, wollte ich mir wenigstens noch ein paar Notizen machen. Und als dann die Dresdner Tageszeitung Die Union ihren Fortsetzungsroman zum Thema Alkoholmißbrauch unterbrach und den Anfang des Tagebuchs unzensiert druckte, mußte ich weiterschreiben; weit über den 8. Oktober hinaus, der für mich bis heute das wichtigste Datum jener Herbsttage ist: fiel an diesem Tag doch auch eine Mauer, indem die Macht zurückwich und für einen Augenblick der Geschichte das Versprochene einlösbar schien.
Freilich hat es auch seine Nachteile, wenn ein Utopist als Chronist fungiert. Manches damals Aufgeschriebene kam mir auch damals schon blauäugig vor. Doch Tagebuch ist Tagebuch und darf hernach nicht mehr geändert werden. Besser, ein irrendes Hoffnungspartikel als die Allgemeine Zeitung zu sein. Nicht umsonst gibt es in diesen Aufzeichnungen erste Versuche, sich selber in Frage zu stellen. Glaubte mich damals nur möglichst kurz fassen zu müssen, weil sicherlich bald alle Welt in Sachen Vergangenheitsbewältigung in Sack und Asche einhergehen würde.
Nein, habe damals wirklich nicht geahnt, daß auch diesmal wieder nur die anderen dabeigewesen sind. Und daß sich Selbstabrechnung im Westen erst recht nicht rechnet. Zumal Opportunismus hier weitgehend abgeschafft und eine Form der Freiheit ist. Denn falls geschäftlich vorteilhaft, ist Anpassung immer okay. – Kurz: auch wenn ich in dieser Chronik der gemischten Gefühle – bei aller Freude über das Geschenk des Neuanfangs, das der Westen für den Osten auch bedeutet – einiges richtig vorauszubefürchten vermochte, so habe ich das neuerliche Verdummungspotential bei weitem unterschätzt. Doch halt, hier sollte ich besser einen Schlußpunkt setzen. Vielleicht schreibe ich wieder einmal ein Untergangstagebuch.
Dresden, November 2008
8. 9. 1989
Besuch U. Hegewald. Reden die halbe Nacht über Infantilität und Unterwürfigkeit der hier Aufgewachsenen. Selbst Wolfgang, er ist nun schon fünf Jahre hier weg, wäre dergleichen fortwährend anzumerken.
Zerknirschungsgesichter.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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