Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 476 - Wera Orloff - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 476 E-Book

Wera Orloff

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Immer wird die Liebe siegen

Ein Liebesroman für frohe Stunden

Der letzte Bewerber auf Sigrids Heiratsanzeige ist soeben gegangen. Berthold Matthiesen hat Wort gehalten und jeden der ausgewählten Kandidaten auf seine Qualitäten hin geprüft. Das Ergebnis ist negativ. Keiner kommt für Sigrid infrage.
Dabei braucht sie dringend einen fleißigen, klugen und ehrlichen Ehemann an ihrer Seite, denn allein kann sie die geerbte Fabrik nicht leiten!
Nachdenklich sitzt Berthold an seinem Schreibtisch und kommt schließlich zu dem Schluss, dass eigentlich nur ein Einziger infrage kommt, der Sigrid aus der misslichen Lage heraushelfen kann: Er selbst!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 138

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Immer wird die Liebe siegen

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: fotosipsak / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8849-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Immer wird die Liebe siegen

Ein Liebesroman für frohe Stunden

Der letzte Bewerber auf Sigrids Heiratsanzeige ist soeben gegangen. Berthold Matthiesen hat Wort gehalten und jeden der ausgewählten Kandidaten auf seine Qualitäten hin geprüft. Das Ergebnis ist negativ. Keiner kommt für Sigrid infrage.

Dabei braucht sie dringend einen fleißigen, klugen und ehrlichen Ehemann an ihrer Seite, denn allein kann sie die geerbte Fabrik nicht leiten!

Nachdenklich sitzt Berthold an seinem Schreibtisch und kommt schließlich zu dem Schluss, dass eigentlich nur ein Einziger infrage kommt, der Sigrid aus der misslichen Lage heraushelfen kann: Er selbst!

„Bei diesem Wetter möchte ich nicht begraben werden“, sagte Hella Gerlach und warf ihrer Kollegin Sigrid Willhusen über den Büroschreibtisch hinweg einen lächelnden Blick zu.

„Onkel Arthur wird sich seinen Tod auch nicht gerade gewünscht haben. Ich kenne ihn zwar kaum, aber ich weiß, dass er gern gelebt hat.“

„Wer lebt nicht gern?“, gab Hella schmunzelnd zurück. „Hat dein Onkel eigentlich noch Angehörige?“

„Ja, einen Sohn. Das letzte Mal habe ich ihn vor rund zehn Jahren gesehen. Ein hoch auf geschossener Rüpel.“

„Das kann sich inzwischen geändert haben.“ Hella beugte sich über den Schreibtisch. „Vielleicht erbst du ja etwas. Hatte dein Onkel Geld?“

„Onkel Arthur war sehr, sehr reich.“

Hellas Augen wurden groß.

„Du, vielleicht fallen ja auch ein paar Hunderttausend für dich ab. Also, wenn ich mir vorstelle, dass ich hier vielleicht mit einer reichen Erbin zusammenarbeite … Mir wird ganz anders vor Ehrfurcht“, fügte sie lachend hinzu.

Sigrid stimmte in ihr Lachen ein. Arthur Matthiessens Tod ging ihr nicht nahe. Sie hatte ihren Onkel – er war nur ein Stiefonkel – kaum gekannt, und die wenigen Male, die sie sich gesehen hatten, waren nicht dazu angetan gewesen, ihr ein günstiges Bild seines Charakters zu verschaffen.

Auch ihre verstorbene Mutter hatte nicht viel von ihm gehalten.

„Er ist brutal und rücksichtslos, ein krasser Egoist“, hatte sie ihn Sigrid geschildert.

„Ich denke, ich muss bald aufbrechen“, äußerte Sigrid mit einem Blick auf die Uhr. „Hoffentlich dauert die ganze Geschichte nicht zu lange. Ich muss nachher unbedingt noch die Briefe für den Chef fertig machen …“

In diesem Augenblick kam der Chef, Herr Kiefert, mürrisch herein. Anders als schlecht gelaunt kannten ihn seine Mitarbeiterinnen nicht.

„Entweder hat er eine böse Frau oder ein Magengeschwür“, hatte Hella seine ewige Verdrossenheit einmal begründet.

„Sie können dann gehen, Fräulein Willhusen“, erlaubte Herr Kiefert grämlich. „Halten Sie sich bitte nicht unnötig auf.“

Herr Kiefert beobachtete Sigrid, als sie den schwarzen Mantel über ihr buntes Sommerkleid streifte. Eigentlich hätte seine Miene sich erhellen müssen, denn es gab keinen bezaubernderen Anblick, als das junge Mädchen mit dem schönen Gesicht und dem seidenen hellblonden Haar.

Sie sah zum Verlieben aus, und es gab auch genug junge Männer, die sich schon in sie verliebt hatten. Allerdings ohne jede Aussicht auf Gegenliebe. Sigrid behielt immer einen klaren Kopf und dachte nicht daran, den ersten Besten zu nehmen, nur um nicht mehr im Büro arbeiten zu müssen.

„Also, bis nachher dann.“ Sigrid nickte den beiden freundlich zu und ging beschwingt hinaus.

Sie hatte sich für diese Beerdigung nicht extra ein Trauerkleid gekauft. Onkel Arthur war ihr letzter lebender Verwandter gewesen, und er hatte es nie für nötig gehalten, sich um sie zu kümmern.

Viele gaben dem Toten das letzte Geleit. Die Herren sahen in ihren Zylindern sehr würdig aus, man vermutete in ihnen Generaldirektoren und hohe Staatsbeamte.

Sigrid überlegte, wer von den Herren wohl Berthold sein mochte. Sie kannte eigentlich niemanden. Ein wenig hilflos stand sie in der Nähe des offenen Grabes.

Da wandte sich einer der Herren an sie.

„Sind Sie Fräulein Willhusen?“

„Ja.“

„Mein Name ist Berthold Matthiessen. Wir sind die nächsten Angehörigen meines Vaters. Darf ich Sie deshalb bitten, an meiner Seite zu bleiben? Übrigens, Fräulein Jordan, Fräulein Willhusen“, machte er Sigrid mit einer sehr eleganten Dame bekannt, die ein paar Schritte von Berthold entfernt stehen geblieben war.

Sigrid neigte den Kopf. Die Fremde machte keine Anstalten, ihr die Hand zu bieten, dafür aber verstärkte sich der Zug des Hochmuts auf ihrem Gesicht.

„Meine herzlichste Anteilnahme“, murmelte sie.

Alles an ihr war sehr sorgfältig zurechtgemacht, Fräulein Jordan wirkte dadurch, jedenfalls für Sigrids Geschmack, ein wenig künstlich.

Ob ich Berthold mein Beileid aussprechen muss?, fragte sich Sigrid während der Rede des Pfarrers. Eigentlich gehörte es sich ja, aber andererseits … Ihr Vetter machte nicht den Eindruck, als hätte er sonderlich an seinem Vater gehangen. Er wirkte völlig unbewegt.

Entweder hat er kein Herz, oder aber er kann sich unwahrscheinlich gut beherrschen, dachte Sigrid. Sie fand es übrigens nicht nett von ihm, dass er sie mit dem förmlichen Sie angeredet hatte. Schließlich waren sie ja Verwandte, wenn auch nur um ein paar Ecken herum.

„Darf ich Sie bitten, in mein Haus zu kommen?“, wandte sich Berthold Matthiessen nach der Beerdigung förmlich an seine kleine, unbekannte Verwandte.

„Danke. Ich kann leider nicht. Ich muss gleich ins Büro zurück.“

„Ich verstehe.“ Berthold neigte den Kopf. „Mein Vater hat Ihnen auch nicht sonderlich nahegestanden. Ich danke Ihnen für Ihr Kommen …“

♥♥♥

Der Brief des Notars, in dem Sigrid Willhusen aufgefordert wurde, sich zwei Tage später zur Testamentseröffnung in seinem Büro einzufinden, war für sie eine Überraschung.

Da hat Hella recht behalten. Ich werde tatsächlich etwas erben, dachte sie. Wenn ich Glück habe, reicht es für eine kleine Wohnung.

Im Augenblick bewohnte sie ein möbliertes Zimmer, und Frau Heuer, ihre Wirtin, war gerade kein Engel.

Der Anwalt, Dr. Tonder, residierte in einem Hochhaus. Der sehr vornehm wirkende Mann versicherte, sich zu freuen, sie persönlich kennenzulernen, und bat sie dann um ihren Ausweis.

„Herr Matthiessen wird wahrscheinlich in wenigen Minuten eintreffen.“

Er bot Sigrid eine Zigarette an, und schon meldete die Vorzimmerdame Herrn Matthiessen.

Dr. Tonder begrüßte den jungen Mann eine Spur herzlicher als Sigrid.

Berthold verneigte sich vor seiner Cousine und nickte ihr, so schien es Sigrid jedenfalls, ein wenig herablassend zu.

„Ich eröffne jetzt das Testament und werde den letzten Willen des Erblassers vorlesen. Ich stelle fest, dass der mir von Person bekannte Herr Berthold Matthiessen und die durch Personalausweis ausgewiesene Sigrid Willhusen anwesend sind.“

Dr. Tonders Stimme war monoton und erinnerte Sigrid an eine hässliche graue Farbe. Aber was er sagte, war alles andere als grau.

Arthur Matthiessen hatte seinen eigenen Sohn enterbt.

„Es tut mit leid, meinem Sohn Berthold den Pflichtteil des Erbes überlassen zu müssen. Es gibt keine gesetzliche Möglichkeit, ihn ganz zu enterben. Ich bedaure das sehr. Mein gesamtes Vermögen und die Werke hinterlasse ich deshalb meiner Nichte Sigrid Willhusen. Ich weiß zwar, dass sie nicht fähig sein wird, es zu erhalten, aber das kümmert mich nicht.“

Berthold Matthiessen hatte sich verfärbt. Unter seiner gebräunten Haut spielten die Wangenmuskeln. Er schien Mühe zu haben, die Ruhe zu bewahren.

Aber er schaffte es. Als er sich eine Zigarette anzündete, zitterte das Streichholz in seiner Hand nicht.

„War das alles?“

„Ja. Ich möchte nur noch darauf hinweisen, dass Ihr Herr Vater dieses Testament in einem Anfall blinden Zornes abgefasst hat. Er hatte keine Zeit, es wieder zu ändern. Ihnen ist sicherlich bekannt, dass Ihr Herr Vater seine Testamente häufiger zu ändern pflegte. Ich halte es für einen tragischen Zufall, dass ausgerechnet das mir vorliegende Testament nun sein letztes ist.“

Der Mann hüstelte und wandte sich der Erbin zu.

„Ihnen, Fräulein Willhusen, möchte ich selbstverständlich gratulieren. Ihre Erbschaft beläuft sich außer den Werken nach Abzug der Steuern auf …“ Er öffnete einen Aktendeckel und nannte einen unvorstellbaren Millionenbetrag.

Sigrid war wie vor den Kopf geschlagen Die Summe war einfach zu groß, als dass sie im Moment imstande gewesen wäre, sich darüber zu freuen.

„Ich frage Sie jetzt, ob Sie bereit sind, die Erbschaft anzunehmen?“

„Natürlich. Ich meine, so viel Geld … Es tut mir nur leid um Sie, Herr Matthiessen“, wandte sie sich nun an ihren Vetter.

„Ich bin keineswegs arm. Auch der Pflichtteil ist schließlich kein Trinkgeld. Sie verschwenden Ihr Mitleid, Fräulein Willhusen.“ Der Mann musterte sie ironisch. „Gestatten Sie mir, dass auch ich Ihnen Glück wünsche.“

Er neigte den Kopf. Die Hand gab er ihr nicht.

„Es tut mir leid. Ich meine, dass Sie so benachteiligt werden.“ Sigrid fuhr sich mit ihren schlanken Händen über ihr silberblondes Haar. „Wie ist es denn nur möglich, dass Onkel Arthur …?“

„Wir hatten ab und zu kleine Meinungsverschiedenheiten. Aber das dürfte Sie ja nicht interessieren. Sie haben das Geld und die Werke. Und die Verantwortung für achttausend Menschen.“

„Wieso? Ich verstehe Sie nicht.“

„Herr Matthiessen spricht vom Werk des Verstorbenen“, schaltete sich der Anwalt ein. „Ich hoffe doch, dass Sie nach wie vor die Leitung behalten werden, Herr Matthiessen“, wandte er sich an den Sohn des Toten. „Sie wissen selbst, dass man Sie im Werk nicht entbehren kann.“

„Man wird sich an den Gedanken gewöhnen müssen“, gab Berthold spöttisch zurück. „Ich habe nicht die Absicht, dort Angestellter zu sein, wo ich bisher Chef war. Sie sind sicherlich tüchtig, Fräulein Willhusen.“

„Onkel Arthur schien nicht viel von meiner Tüchtigkeit zu halten“, erinnerte sie ihn. „Ich weiß gar nicht, was ich zu allem sagen soll.“

„Am besten gar nichts“, gab ihr Vetter kühl zurück. „Ich verstehe, dass Sie überrascht sind. Dieses Testament ist auch für mich eine Überraschung, das muss ich zugeben. Hatten Sie sonst noch etwas zu besprechen, Herr Rechtsanwalt?“, wandte er sich an den Anwalt.

Er stand auf, ohne eine Antwort abzuwarten.

„Für die Regelung der notwendigen Formalitäten schlagen Sie mir doch gelegentlich einen passenden Zeitpunkt vor. Auf Wiedersehen.“

Er ging hinaus, den Kopf erhoben, die Schultern ungebeugt. Ein Mann, den das Schicksal um ein großes Vermögen gebracht hatte.

Mit brennenden Augen starrte Sigrid ihm nach. Am liebsten hätte sie ihn zurückgerufen und ihn um nähere Informationen gebeten. Von den Werken ihres Onkels wusste sie nur, dass man dort irgendwelche Kunststoffe herstellte.

„Ich würde Ihnen vorschlagen, sich mit Herrn Matthiessen irgendwie zu einigen“, riet der Anwalt ihr. „Er war maßgeblich an der Entwicklung der Werke in den letzten Jahren beteiligt. Ich fürchte, er ist nicht ohne Weiteres zu ersetzen.“

„Was soll ich denn tun?“, fragte Sigrid hilflos. „Ihn etwa kniefällig bitten?“ Die etwas herablassende Art ihres Vetters fiel ihr wieder ein. Sympathisch war ihr der Mann nicht gerade. „In den Werken gibt es sicherlich Direktoren, die mir behilflich sein können.“

Dr. Tonder zuckte die Achseln.

„Die Betriebe gehören Ihnen, niemand hat das Recht, Ihnen hineinzureden. Darf ich Sie bitten, mir diese Vollmacht zu unterschreiben? Ich werde dann alle notwendigen Formalitäten für Sie erledigen.“

Sigrid setzte ihren Namen gehorsam auf die punktierte Linie. Sie war jetzt ungeheuer reich und konnte es noch nicht fassen.

♥♥♥

Sigrid fühlte sich noch ganz benommen, als sie eine halbe Stunde später ins Büro trat. Sie war wie immer mit der Straßenbahn gefahren.

„Du siehst aus, als brauchtest du ein großes Glas Wasser oder einen dreistöckigen Cognac“, stellte Hella besorgt fest. „Hast du vielleicht sogar zehntausend geerbt? Setz dich erst einmal, mein Kind. Und dann schieß los.“

„Es ist unglaublich. Ich bin seine Alleinerbin.“

„Sag das noch mal“, bat Hella. „Dein Onkel war doch einige Millionen schwer. Du wirst doch nicht behaupten, dass du jetzt …“

„Doch. Er hat mir alles hinterlassen. Es sind … es ist wirklich ungeheuer viel Geld.“

„Mehr als eine Million?“, fragte Hella in verständlicher Neugierde.

„Viel mehr“, bestätigte Sigrid. „Was mache ich nur mit all dem vielen Geld?“

„Ich würde sagen ausgeben. Mein Gott, eine Millionenerbin! Wer hätte das gedacht. Wie kommt es denn, dass bei deinem Onkel so plötzlich die Liebe ausgebrochen ist? Du hast ihn mir immer als Ekel geschildert.“

Sigrid hob den Blick, und ihr Blick war traurig.

„Er hat seinen Sohn zu meinen Gunsten enterbt. Er muss jähzornig gewesen sein, Onkel Arthur, und aus solch einer Wallung heraus hat er meinen Vetter enterbt.“

„Gelobt sei die Wallung“, sagte Hella fromm. „Was hast du nun vor? Du kannst doch hier nicht länger sitzen und langweilige Geschäftsbriefe tippen, das gehört sich nicht für eine Millionenerbin.“

„Auf keinen Fall lasse ich Herrn Kiefert im Stich, bevor er eine Nachfolgerin gefunden hat. Mir ist immer noch, als träumte ich. Wie mag Onkel Arthur nur ausgerechnet auf mich verfallen sein?“

„Wahrscheinlich, weil er sich mit allen anderen verfeindet hatte“, schlug Hella als Erklärung vor.

Sie ahnte nicht, wie genau sie damit den Nagel auf den Kopf traf.

„Habe ich dir eigentlich schon Glück gewünscht? Verzeih mir, Sigrid, wenn ich es nicht getan habe. Du weißt, dass ich dir das Geld von ganzem Herzen gönne. Wenn jemand es verdient hat, dann du. Dir wird es nicht zu Kopf steigen.“

„Das wird es nicht, hoffe ich. Mein Onkel hat eine Fabrik mit mehreren Werken hinterlassen, irgendetwas mit Kunststoffen, glaube ich. Achttausend Mann sind doch beschäftigt. Und mein Vetter hat sie bisher geleitet, so weit ich den Notar verstanden habe.“

„Dann behalte ihn doch. Gib ihm ein anständiges Gehalt und biete ihm Familienanschluss. Eine Chefin wie dich kann sich jeder Mensch nur wünschen. Falls du einmal eine Sekretärin brauchen solltest …“

„Daran habe ich noch gar nicht gedacht. Natürlich brauchst du nicht mehr zu arbeiten. Ich gebe dir Geld ab. Ich habe ja genug.“

Hella begann schallend zu lachen.

„Das sieht dir ähnlich“, brachte sie mühsam hervor. „Kaum hast du ein paar Mark auf der Hand, da bist du bereit, sie zu verschenken. Nein, Mädchen, ich will von dir keinen Pfennig. Vergiss meinen Vorschlag, man könnte sonst im Betrieb von Günstlingswirtschaft sprechen.“

„Ich werde dich aber brauchen, Hella. Mein Vetter will nicht bleiben.“

„Wieso, hat er denn etwas Besseres gefunden?“, forschte Hella interessiert.

„Das vielleicht nicht. Er ist nur zu stolz, dort Angestellter zu sein, wo er bisher Herr war. Und dann … eine Frau als Chefin …“

„Wenn sie ist wie du, könnte ihm doch gar nichts Besseres passieren“, fiel ihr Hella ins Wort. „Das überlegt er sich noch einmal. So dumm ist kein Mann, auf solch eine Chance zu verzichten. Biete ihm ein vernünftiges Gehalt, dann beißt er bestimmt an.“

„Ich weiß nicht. Jedenfalls ist er sehr höflich geblieben, obwohl der Inhalt des Testamentes ein Schlag für ihn gewesen sein muss. Er ahnte ja nicht, dass sein Vater ihn enterben würde.“

„Wahrscheinlich hatte der Alte seine Gründe dafür“, mutmaßte Hella. „Ich würde mein Mitleid an keinen Mann verschwenden.“

Sigrid zuckte die Achseln. So leicht, wie Hella glaubte, ließ sich der Fall Berthold Matthiesen nicht lösen. Ja, wäre er ein Dutzendtyp gewesen oder hätte er sich zu bösen Worten hinreißen lassen, sie hätte sich keine Gedanken mehr um ihn gemacht.

So aber war alles anders. Sie brauchte ihn im Betrieb, weil sie selbst nicht das Geringste von allem verstand. Man würde sie nicht ernst nehmen, wenn sie dort erschien.

„Ich denke, wir arbeiten weiter. Lass uns nach Feierabend alles besprechen. Die Post muss fertig werden.“

Es war, als wolle Sigrid sich am gewohnten Alltag festhalten. Dies Büro war ihr vertraut, hier kannte sie alles, und wenn sie jetzt nach Hause kam, dann war sie die Erbin eines ungeheuren Vermögens.

♥♥♥

„Da ist einer, der auf Sie wartet“, empfing Frau Heuer ihre Untermieterin. „Ich habe es nicht gern, wenn meine Damen Herrenbesuche auf ihrem Zimmer empfangen. Das gefällt mir ganz und gar nicht.“

Von Hella nahm Sigrids Wirtin überhaupt keine Notiz.

„Danke“, murmelte Sigrid.

„Sie sollten etwas höflicher sein, meine liebe Frau Heuer“, mischte sich Hella temperamentvoll ein. „Es könnte Ihnen nämlich sonst leicht passieren, dass Sie eine gute Mieterin verlieren.“

Als die beiden jungen Damen in Sigrids Zimmer verschwunden waren, schlurfte Frau Heuer näher heran und presste ihr Ohr an die Tür. Sie musste schließlich wissen, was im Zimmer gesprochen wurde.

„Mein Name ist Passinger. Ich komme im Auftrag des Anwaltsbüros Doktor Tonder. Ich habe die angenehme Pflicht, Ihnen eine ausführliche Aufstellung Ihres Vermögens zu übergeben, dazu den Schlüssel der Villa, die Wagenschlüssel und die dazugehörigen Papiere.“

„Nehmen Sie doch erst einmal Platz, junger Mann“, bat Hella und wies mit dem Daumen auf ein Sesselungetüm. „Sagen Sie mal, wie groß ist denn die Villa?“

„Sehr groß, die Bezeichnung Schloss wäre vielleicht passender. Es handelt sich um ein Haus mit zweiundzwanzig Zimmern, einem entsprechenden Park und selbstverständlich einem großen Schwimmbad.“

„Selbstverständlich“, murmelte Hella erschlagen. „Und wann kann man das Schloss besichtigen?“

„Jederzeit, Fräulein Willhusen. Es wird mir eine Freude sein, es Ihnen zu zeigen.“