Diebe in Nastätten - Ute Dombrowski - E-Book

Diebe in Nastätten E-Book

Ute Dombrowski

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Beschreibung

In Nastätten verschwinden auf unerklärliche Weise Schuhe, auch die von Undine. Bis zum alljährlichen Oktobermarkt finden Undine und Lene weitere Opfer. Widerwillig beginnt Reiner zu ermitteln, als plötzlich eine Leiche auf dem Mordbriggelchen liegt. Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Schuhdieb und dem Mord? Reiner und Jennifer gehen auf die Suche nach dem Täter und stoßen dabei auf eine Familientragödie. Undine ist wieder einmal sehr neugierig, was Reiner gar nicht gefällt. Wer wird den Täter finden?

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Seitenzahl: 255

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Ute Dombrowski

Diebe in Nastätten

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

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Impressum neobooks

1

Diebe

in Nastätten

Der vierte Fall

Ute Dombrowski

Die Personen und die Handlung des Buches sind frei erfunden.

Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

1. Auflage 2020

Copyright © 2020 Ute Dombrowski

Umschlag: Ute Dombrowski mit www.canva.com

Lektorat/Korrektorat: Julia Dillenberger-Ochs

Satz: Ute Dombrowski

Verlag: Ute Dombrowski Niedertiefenbach

Druck: epubli

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors und Selbstverlegers unzulässig.

Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Es war Herbst geworden. Die Sonne schien und der Oktober war im wahrsten Sinne des Wortes golden. Undine und Reiner hatten einen schönen Sommer miteinander verbracht, auch der Umzug des Kommissars nach Nastätten war vollzogen und nun stand ein wichtiger Termin an: der Oktobermarkt.

Undine hatte Reiner von ihren Plänen berichtet und war seit mehreren Tagen in der Werkstatt beschäftigt. Die Verbrecher hatten einen großen Bogen um Na­stätten gemacht und so konnte Reiner Undine unterstützen, denn Undine wollte an einem eigenen Stand ihre Keramik verkaufen.

Die Nastätter konzentrierten sich auf das bevorstehende Ereignis. Es wurde geputzt und geschmückt, Pavillons und Hütten aufgebaut und überall herrschte ausgelassene Stimmung. Übermorgen war es soweit, am Nachmittag würde der Bürgermeister das Fest eröffnen.

„Kommst du mal, Reiner?“, rief Undine in den Hof.

Es dauerte einen Moment, dann erschien der Kommissar in der Tür der Werkstatt, eine Tasse Kaffee in der Hand und ein Lächeln im Gesicht.

„Was gibt es denn? Bist du fertig?“

„Ja! Endlich. Jetzt habe ich Hunger, kannst du mich bitte zum Essen ausführen?“

Sie trat zu ihm, stellte sich auf ihre Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange.

„Meinst du, das reicht, um mich zu überzeugen?“

Undine nahm ihm die Tasse aus der Hand, schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn auf den Mund. Dabei zwinkerte sie verführerisch. Reiner musste lachen, denn sie war verschwitzt, die Haare wirr und ihre Arbeitskleidung war mit Ton- und Farbflecken bedeckt. Ihre Füße steckten in unförmigen alten Arbeitsschuhen.

„He, lach nicht, wenn ich mich wie eine Elfe an dich schmiege und dir mein zauberhaftestes Lächeln schenke.“

„Elfe, ah, ich wusste nicht, was du mir damit sagen wolltest“, meinte Reiner, immer noch lachend, und ging in Deckung.

Undine knuffte ihn in den Bauch und lief hüftschwingend ins Haus. Reiner setzte sich auf die Bank vor der Remise, trank die Tasse leer und freute sich seines Lebens. Er war zufrieden und entspannt, denn auch seine strenge Mutter war Undines Charme erlegen, wenn auch auf den zweiten Blick.

Sie waren im August für ein verlängertes Wochenende an die Nordsee gefahren. Johanna Nickich feierte samstags ihren fünfundsiebzigsten Geburtstag im Kreis ihrer Freundinnen und es war ihre ganz besondere Sensation, die Neue ihres Sohnes zu präsen­tieren. Die beiden Frauen hatten so den gesamten Freitag dazu nutzen können, sich zu beschnuppern. Zuerst war Johanna neugierig, aber distanziert, jedoch hatte Undine mit ihrer Leichtigkeit und Offenheit in kürzester Zeit das Herz der alten Dame erobert.

Johanna ließ sich sogar bei den Geburtstagsvorbereitungen helfen.

„Solange du kein Knäckebrot backst“, hatte Reiner grinsend gesagt.

„Vorsicht, ganz dünnes Eis, mein Lieber“, war Undines Reaktion.

Johanna hatte sich ganz selbstverständlich neben sie gestellt und genickt.

„Knäckebrot ist gesund, ich esse es jeden Tag.“

Reiner hatte nur abgewinkt und war am späten Abend noch mit Undine am Strand entlanggeschlendert. Es war Ebbe und keine Nordsee weit und breit zu sehen.

Reiner hatte Undine geküsst und gesagt: „Das läuft ja super mit meiner Mutter und dir. Danke, dass du so nett bist.“

„Oh ja, das bin ich. Immer. Jeden Tag. An jedem Ort. Hast du das jemals angezweifelt?“

Als sie am Sonntag zurückfuhren, war Johanna glücklich, Reiner zufrieden und Undine wusste, dass sie wieder einen Teil aus dem Leben ihres Freundes erobert hatte.

Jetzt kam sie frisch geduscht und mit gekämmten Haaren auf ihn zu.

„Es kann losgehen. Ich habe gerade schnell noch im Bucher Hof angerufen. Man erwartet uns.“

Reiner reichte ihr seinen Arm und sie verließen das Grundstück durch den Garten, um auf dem Bucher Pfädchen in den Nachbarort zu laufen. Die wenigen Leute, die ihnen begegneten, grüßten freundlich zurück. Im Restaurant wurden sie an ihren Tisch geleitet und aßen das wunderbar frische Essen. Und wie immer, wenn sie hier saßen, kamen die Erinnerungen an ihren ersten gemeinsamen Abend zurück.

Undine dachte an den knurrigen Brummbären, der nur wenig sprach. Reiner dachte an Undine, die hinter der Speisekarte abgetaucht war, weil sie sich wie ein Teenager beim ersten Date fühlte.

„Weißt du noch …“, sagten beide gleichzeitig und fingen an zu lachen.

„Oh ja, wie immer“, erklärte Reiner. „Ich muss sagen, dass wir heute viel lockerer geworden sind.“

„Wir?“

„Jaja, ich. Ich bin lockerer geworden.“

„Und netter.“

Undine prostete Reiner zu.

„Und netter“, wiederholte er.

„Und gesprächiger.“

„Auch das.“

„Wo übernachtest du denn heute?“

„Bei mir, ich muss morgen früh raus. Es gibt irgendeine Versammlung beim Chef.“

„Ui, vielleicht wirst du befördert.“

„Nein, das glaube ich nicht. Eher Jennifer, sie hat es verdient.“

Sie tranken aus und liefen langsam heim. Das Gartentor stand offen und Undine stutzte.

„Hast du es nicht zugemacht?“

Reiner zuckte mit den Schultern.

„Das ist komisch“, sagte Undine und ging durch den Garten, in dem vereinzelte Lichter aufflammten, zum Haus.

Reiner folgte ihr, verließ den Hof aber nach einem Kuss wieder durch das große Tor.

„Gute Nacht und bis morgen.“

Undine war aufgedreht und beschloss, noch einmal in die Werkstatt zu gehen, um den letzten Brand des Ofens zu kontrollieren. Sie zog sich um, doch als sie in ihre Arbeitsschuhe schlüpfen wollte, waren die nicht da, wo sie sie ausgezogen hatte. Kurz entschlossen klopfte sie bei Jasmin.

Die Freundin saß vor dem Fernseher und lachte gerade laut.

„Hallo Undine, komm und setz dich zu mir. Magst du ein Glas Wein?“

Undine trat näher und setzte sich, lehnte den Wein aber ab.

„Sag mal, Jasmin, warst du noch draußen, nachdem Reiner und ich zum Essen gegangen sind?“

„Nein. Ich habe Kartoffelsuppe gekocht.“

„Hm, ich bin mir sicher, dass wir das Gartentor geschlossen hatten, aber als wir zurückgekommen sind, stand es weit offen. Wie gut, dass Zorro im Haus war.“

„Merkwürdig“, sagte Jasmin, sah aber weiter auf das Fernsehbild.

„Und dann will ich jetzt in die Werkstatt, aber …“

„Aber sie ist nicht mehr da?“

„Ähm, Jasmin, wie viel Wein hast du schon getrunken?“

Undine lachte, denn sie wusste, dass Jasmin immer locker und redselig wurde, wenn sie etwas getrunken hatte.

„Meine Liebe, die Werkstatt war noch da, aber meine Arbeitsschuhe sind weg.“

„Und nun denkst du, die hat ein furchtbarer Einbrecher gestohlen?“

Jasmin sah Undine jetzt das erste Mal direkt an und grinste. Sie nahm die Freundin nicht ernst.

„Die hat jemand geklaut. Hast du etwas gehört oder gesehen?“

„Nein, ich sagte doch schon, dass ich hier drin war. Diese ollen vergammelten Dinger klaut doch keiner.“

„Doch! Wo sollten sie denn sonst sein?“

„Nun mach mal halblang. Die hast du sicher irgendwo hingestellt, wo du nicht mehr dran denkst.“

Undine winkte ab. Sie würde hier umsonst auf Unterstützung hoffen, also winkte sie Jasmin zu und ging hinaus. Sie wollte zuerst in die Werkstatt und dann ins Bett. Nochmal suchte sie das Haus nach den Schuhen ab, aber sie blieben verschwunden.

2

„Jennifer! Frühstück ist fertig.“

Juliano hatte den Frühstückstisch gedeckt und goss gerade Kaffee ein, als Jennifer in die Küche kam.

„Oh, womit habe ich denn das verdient?“

Sie stieg über die Schultasche, die Juliano in der Tür abgestellt hatte und küsste ihn zärtlich.

„Das hast du immer verdient. Ich mag es, wenn ich morgens neben dir aufwachen darf, weil ich gleich gute Laune habe.“

Jennifer lächelte. Es war noch sehr früh und Juliano musste erst zur dritten Stunde in die Schule, trotzdem ließ er es sich nicht nehmen, den Morgen mit Jennifer zu beginnen.

„Wie lange hast du heute?“

„Bis vier. Heute ist die Fußball-AG. Und du?“

„Mal sehen, wenn nichts Schlimmes passiert, dann mache ich pünktlich Feierabend. Ich wollte dann zu Undine und sie fragen, ob sie noch Hilfe braucht.“

„Ich habe noch Klausuren auf dem Schreibtisch. Dann sehen wir uns eher morgen, oder?“

„Ja, es ist zwar schade, ohne dich einzuschlafen, aber ich werde die eine Nacht überleben.“

Sie sahen sich jetzt fast jeden Tag, nachdem sie es im Sommer hatten langsam angehen lassen. Seitdem sich Jennifer klar geworden war, dass Juliano der Mann war, mit dem sie alt werden wollte, hatte sie ihm mehr und mehr Platz in ihrem Leben eingeräumt. Jetzt schaute sie auf die Uhr.

„Oh, schon so spät. Ich muss los.“

Jennifer sprang auf, küsste Juliano noch einmal und eilte zum Auto. Im Büro war sie noch allein. Seit Reiner in Nastätten wohnte, trödelte er morgens gerne ein bisschen, aber seine Laune war erheblich besser geworden. Undine hatte ihn umgekrempelt, obwohl Reiner das niemals zugeben würde.

„Guten Morgen!“, rief er fröhlich, als er die Tür aufriss.

Er lief leichtfüßig zu seinem Platz und ließ sich auf den Stuhl fallen.

„Na, was machen die Verbrecher?“

„Nichts und das ist gut so. Ich habe gestern noch den Bericht von dem Unfall fertig getippt. Der Mann, der mit Absicht in den Sportwagen gefahren ist.“

„Du bist toll. Danke. Ich hätte es sonst heute gemacht.“

In dem Moment klingelte das Telefon. Reiner ging dran.

„Undine! Was gibt es denn?“

Er lauschte in den Hörer und ein Grinsen machte sich in seinem Gesicht breit.

„Das ist sicher ein Zufall. Hast du die irgendwo anders hin geräumt?“

Es wurde gesprochen.

„Nein, ich halte dich nicht für senil.“

Reiner zwinkerte Jennifer zu.

„Ja, ich komme heute Abend und wir können in Ruhe darüber reden. Bis später.“

Er legte auf und schüttelte den Kopf.

„Was ist passiert?“

„Undines Werkstatttreter sind verschwunden. Sie vermutet Einbrecher.“

„Was sind das für Treter?“

„Na so gammelige, ausgelatschte. Die hat sie zum Töpfern an.“

„Ich glaube, ich weiß, welche du meinst. Aber wer klaut denn solche Schuhe?“

„Eben keiner. Ich verstehe nicht, warum sie so ein Geschiss drum macht. Naja, ich höre mir das um des lieben Friedens willen heute Abend mal an.“

„Vielleicht hat sie die Dinger an einem anderen Platz ausgezogen und erinnert sich nicht mehr.“

„Das sagst du ihr aber“, erwiderte Reiner, immer noch mit einem breiten Grinsen.

Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie Undine der lieben Jennifer den Kopf waschen würde, wenn sie ihr das sagte. Undine war schon genug aufgebracht gewesen, weil er ihre Idee vom Diebstahl vor ein paar Minuten angezweifelt hatte.

„Lieber nicht. Aber nehmen wir mal an, sie hat recht. Wer klaut Schuhe und warum?“

„Fängst du jetzt auch noch an zu spinnen?“

„Nein, mein Lieber, es ist mir ernst. Auf dieser Welt passieren die merkwürdigsten Dinge, warum nicht auch ein Schuhdiebstahl? Nehmen wir mal an, einem Obdachlosen wurden seine Schuhe gestohlen und jetzt läuft er los und sucht neue. Da es jetzt auffallen würde, wenn er zum Beispiel teure Sportschuhe mitnehmen würde, nimmt er alte Dinger, die ihm zufällig ins Auge fallen.“

„Quatsch!“, rief Reiner und schlug die Faust auf den Tisch. „Das ist doch an den Haaren herbeigezogen. Woher sollte er denn wissen, dass genau solche Schuhe bei Undine an der Werkstatt stehen?“

„Manchmal steht das Tor offen.“

„Und woher wusste er, dass die Größe passt?“

„Er hat einen Blick dafür.“

„Warum hat er keine Männerschuhe gesucht?“

„Er kennt Undine und findet sie nett.“

„Ich finde sie auch nett und würde trotzdem keine Frauenschuhe anziehen.“

Jennifer winkte ab. Es hatte keinen Sinn, Reiner von etwas überzeugen zu wollen, was er für sich schon abgehakt hatte. Sie beschloss, das Thema zu wechseln.

„Wir wollen am Sonntag den Gutschein von meinem Geburtstag einlösen.“

„Welchen Gutschein?“

„Den für das Essen im Bucher Hof. Du und Undine habt mir den zu meinem Geburtstag geschenkt.“

„Ach den, sehr gut. Die machen nun mal das beste Essen in der Umgebung, wir waren gestern Abend dort.“

Gerade, als Jennifer den Stuhl zurückgeschoben hatte, um Kaffee zu kochen, klingelte das Telefon. Sie nahm ab.

„Hallo, hier Herbert Nusel. Ich … ich … bin mir nicht … ich weiß nicht, wie ich es sagen soll …“

„Ich bin es, Jennifer. Kommen Sie bitte auf den Punkt. Ist etwas passiert?“

„Nun ja, mir wurden drei Paar Schuhe gestohlen.“

„Aha. Moment bitte, Herr Nusel. Ich gebe Sie mal an den Chef weiter.“

Sie hielt Reiner den Hörer hin, der nahm ihn widerwillig in die Hand nahm, nachdem er den Namen gehört hatte. Jennifer ging schnell hinüber zur Kaffeemaschine, damit Reiner ihr Lachen nicht sehen konnte.

„Nickich!“, rief der Kommissar laut, denn er hoffte, Herbert Nusel direkt einzuschüchtern.

Der war ganz aufgeregt.

„Hallo Reiner, ich weiß nicht, ob es in eure Abteilung fällt, aber ich wurde bestohlen, heute Nacht.“

„Was wurde gestohlen?“

„Drei Paar Schuhe.“

Reiner schnaufte und sah Jennifer wütend an. Die zuckte jedoch nur mit den Schultern und stellte zwei Tassen auf den Tisch.

„Die hast du sicher nur woanders hingestellt.“

„N … n … nein! Ich habe sie gereinigt und zum Trocknen auf das Fensterbrett gestellt.“

„Und nun sind sie weg?“

„Alle drei.“

„Und was erwartest du von der Polizei?“

„Dass du den Täter … den Dieb findest. Das gab es noch nie! Diebe in Nastätten. Und das zum Oktobermarkt!“

„Herbert, für so einen Unsinn haben wir keine Zeit. Sicher haben irgendwelche Spaßmacher deine Schu­he woanders hingestellt. Zieh einfach andere an!“

Reiner wollte auflegen, da kam vom anderen Ende der Leitung Widerspruch, den er nicht erwartet hatte.

„Nein! Das waren keine Spaßmacher. Schuhe sind wichtig und manche Leute haben nicht so viele zum Wechseln. Also möchte ich dich bitten, diesen Fall zu klären, so!“

„Pah! Was für ein Blödsinn. Undine hat mich eben auch schon genervt, weil ihre alten Werkstatttreter weg sind. Gestohlen! Kein Mensch klaut olle Schuhe. Ende der Durchsage!“

Jetzt legte er tatsächlich auf und knurrte Jennifer an.

„Die spinnen doch alle und du machst da auch noch mit?“

„Wenn es wirklich jemanden gibt, der in Nastätten Schuhe klaut, dann müssen wir den Täter finden. Soweit kommt es noch, dass einer von uns bestimmt, was einen Wert ausmacht und was nicht. Ich trinke aus und fahre mal zu Herbert. Was du machst, ist mit egal. Meinetwegen sitz hier rum und schmolle weiter. Ich gehe meiner Arbeit nach. Außerdem musst du hoch zum Chef!“

Sie setzte die Tasse an und trank sie leer. Dann knallte sie sie auf den Tisch und verließ erhobenen Hauptes das Büro. Reiner blieb zurück und rubbelte sich das Gesicht.

„Dann fahre ich eben zu Undine und ermittle. Pah!“

3

„Ja, sie sind einfach weg. Ich habe überall gesucht.“

Lene und Jasmin saßen mit Undine vor der Remise und lauschten gebannt dem Bericht vom Diebstahl der Schuhe.

Jasmin sagte: „Vielleicht hast du ja doch recht und jemand hat sie gestohlen.“

„Das habe ich dir schon gestern gesagt, aber du hast nur gelacht. Wenn du magst, kannst du gerne nochmal alles absuchen. Sie sind und bleiben weg.“

„Was denkt Reiner?“

„Ich habe ihn vorhin angerufen und ich sage euch: Er glaubt mir nicht. Heute Abend wollen wir drüber reden, aber ich kann mir schon vorstellen, was er sagt.“

„Da gibt es nur eines!“, rief Lene und sprang voller Energie auf. „Wir müssen wieder selbst ermitteln.“

Jasmin sah sie erschrocken an.

„Nein! Lieber nicht, ihr wisst, was Reiner darüber denkt. Detektivspielen ist viel zu gefährlich.“

Undine winkte ab.

„Ach was. Hier geht es nicht um Mord und Totschlag, sondern ums Prinzip. Wenn der Herr Kommissar mir nicht glaubt, ermitteln wir selbst. Basta. Lene, ich hole Papier und Stift und dann machen wir einen Plan.“

Jasmin stand wortlos auf und ging auf ihre Wohnung zu.

„Wo willst du hin?“, rief ihr Lene hinterher.

Jasmin drehte sich um.

„Ich bin raus. Ich vertraue der Polizei und wenn ihr da rum mengt, dann gibt das nur Ärger. Ich muss Wäsche waschen.“

Damit verschwand sie im Haus und die Tür fiel ins Schloss.

„Lass sie“, meinte Undine, die mit Block und Stift zurück war. „Du kennst doch Jasmin, sie macht ja nie bei sowas mit, also dann.“

Noch einmal schilderte sie den Ablauf des Abends, nachdem sie vom Essen gekommen waren.

„Bist du dir sicher, dass das Tor zu war, als ihr gegangen seid?“

„Natürlich. Ich schließe es schon wegen Zorro, weil der spazieren gehen würde.“

„Gut. Wo hattest du die Schuhe ausgezogen?“

„Vor der Werkstatt. Ich bin duschen und mich umziehen gegangen, weil wir ja los wollten.“

„Wo war Reiner zu diesem Zeitpunkt?“

„Er hat draußen gewartet.“

„Aha!“

„Wie aha?“

„Könnte es sein, dass er sie versteckt hat?“

Undine sah Lene nachdenklich an.

„Dann hätte er es doch heute Morgen aufgelöst, als ich ihn angerufen habe.“

„Nicht unbedingt. Schau mal, jetzt ist gerade nicht viel los in Sachen Verbrecher. Entweder ihm ist langweilig oder …“

Lene hob den Zeigefinger.

„Oder es ist ganz anders und er will dir zum Oktobermarkt neue Schuhe schenken, weil er weiß, wie wichtig dir die Arbeit ist.“

„Nein. Nein, nein. Wie sollte das denn mit dem offenen Gartentor zusammenpassen?“

Die beiden saßen jetzt ratlos vor dem noch weißen Blatt Papier und grübelten. Zorro kam unter dem Tisch hervor und bellte, als sich das große Eichentor öffnete und Bea ihren Kopf hineinsteckte.

„Hallo Mädels!“

„Guten Morgen, setz dich.“

„Kein Kaffee?“

„Nein, wir arbeiten an einem neuen Fall“, erklärte Lene mit Verschwörerblick.

„Erzähl! Und du mach mir bitte einen Kaffee.“

Undine rollte mit den Augen und ging in die Küche, während Lene berichtete.

„Wer klaut denn alte Arbeitsschuhe?“, fragte auch Bea.

„Niemand. Aber sie sind weg.“

„Undine hat sie verbummelt.“

„Nein, wir haben das gesamte Grundstück inklusive Häuser und Schuppen auf den Kopf gestellt: Sie sind und bleiben weg.“

„Das ist merkwürdig.“

„Da hast du recht“, sagte Undine und stellte eine Tasse vor Bea ab, „es muss ein Diebstahl sein.“

„Und wenn ein paar Jugendliche die Dinger aus Spaß versteckt haben?“

„Nein. Die hätten andere Sachen versteckt, aber nicht meine Schuhe.“

„Wo war denn dein Wachhund?“

„Als wir los sind, lag er im Korb vor dem Sofa.“

„Warum hat er nicht gebellt?“

„Keine Ahnung. Er hat vielleicht gebellt, aber Jasmin hatte den Fernseher so laut, dass sie nichts gehört hätte und Zorro bellt auch mal, wenn auf der Straße etwas ist.“

„Dann weiß ich auch nicht weiter.“

Lene nickte zustimmend.

„Wir sind schon alle Möglichkeiten durchgegangen und haben im Moment keine Idee. Aber ich schlage vor, dass wir mal in die Stadt gehen und uns umhören. Vielleicht gibt es noch weitere Opfer.“

„Das ist eine gute Idee. Wir fragen uns durch und wenn irgendwo in Nastätten etwas gestohlen wurde, dann finden wir das heraus.“

Bea trank aus und wünschte ihnen gutes Gelingen. Sie selbst machte sich auf den Weg nach Buch, wo sie sich mit einer Freundin treffen wollte. Lene und Undine verließen den Hof durch das große Eichentor.

Vor der Apotheke stießen sie auf Silke, die gerade mit einem Lächeln auf ihr Handy schaute. Sie streckte Undine und Lene ihr Handy entgegen, nachdem sie einen Korb mit Obst und Gemüse auf die Bank gestellt hatte.

„Schaut mal, ist der nicht süß?“

Undine sah einen Hundewelpen, der auf einem Sessel saß und in die Kamera bellte.

„Ja, der ist süß. Deiner?“

„Nein, den hat eine Freundin seit vorgestern. Wo wollt ihr denn hin? Deinen Pavillon für den Oktobermarkt habe ich schon gesehen, schade, dass du nicht neben mir stehst.“

Lene sah sich um und flüsterte: „Wir ermitteln.“

Silke beugte sich hinüber und flüsterte zurück: „Oh, gibt es einen neuen Mord?“

„Nein“, sagte Undine jetzt laut und berichtete von ihren gestohlenen Schuhen.

„Ach du meine Güte, wie gut, dass bei uns da draußen kaum Leute vorbeikommen. Woher wisst ihr denn, dass sie gestohlen wurden? Vielleicht hast du sie verloren? In unserem Alter kann so etwas schon mal vorkommen.“

Undines Lächeln verschwand und sie wurde wütend.

„Nein, es ist keine Altersschwäche und ich habe sie nicht verloren oder verbummelt.“

„Ach Undine, sei doch nicht sauer, es tut mir leid, natürlich denke ich nicht, dass du altersschwach bist. Ich dachte ja nur … kann ich helfen?“

„Wenn du von jemandem hörst, dem seine Schuhe gestohlen wurde, melde dich.“

Undine war versöhnt, denn sie wusste, dass Silke eine Menge Leute kannte und sich auf jeden Fall umhören würde. Sie verabschiedeten sich und liefen weiter. Beim Bäcker Krinkmann auf dem Hof hörten sie Geschrei.

„Du spinnst doch!“, rief Kornelia.

„Was ist denn passiert?“, fragte Lene, als sie die Bäckersfrau sah, die mit geballten Fäusten in der Luft herumfuchtelte.

„Irgendein Hammel hat unsere Schuhe versteckt. Die standen immer hier am Eingang zur Backstube.“

Undine und Lene wurden hellhörig.

„Wie viele denn?“

„Meine und die von Fred. Joshua hat seine an. Mein Mann sagt, ich habe sie irgendwo anders hingestellt, aber das habe ich nicht.“

Undine nickte verständnisvoll.

„Liebe Kornelia, eure Schuhe wurden gestohlen. Lene und ich haben eine Ermittlung begonnen, denn meine Werkstattschuhe sind auch weg. Alle halten mich für senil und selbst Reiner hat nur gelacht.“

„Siehst du!“, rief Kornelia ihrem Mann zu.

Der winkte ab und ging auf Socken in die Backstube. Seine Frau lief ins Haus und kam mit zwei Paar Hauspantoffeln wieder, dann machte auch sie sich an die Arbeit. Undine und Lene sahen sich an.

„Wie sollen wir das nur Reiner klarmachen?“

„Der glaubt uns das niemals. Kornelia muss eine Anzeige machen, ganz offiziell.“

Lene betrat die Backstube und rief nach der Bäckersfrau, die versprach, nach Feierabend die Polizei einzuschalten.

„Die werden sich freuen“, hörten sie Fred im Hintergrund, „wenn ihr sie mit so einem Quatsch belästigt.“

„Nein, du hast unrecht, hier geht es ums Prinzip. Ich kann doch nicht einfach hingehen und den Leuten ihre Schuhe wegnehmen. Schluss, aus. Undine, ich habe gesehen, dass du einen Pavillon hast, und werde mal vorbeikommen.“

Undine und Lene verabschiedeten sich und liefen mit einer großen Brötchentüte, die ihnen Kornelia in die Hand gedrückt hatte, weiter durch die Stadt. Immer, wenn sie Bekannte trafen, erzählten sie die Geschichte der verschwundenen Schuhe. Einige gaben erstaunt an, dass auch ihnen Schuhe abhanden­gekommen waren, andere lachten nur und winkten ab. Als sie wieder vor der Remise saßen, nahm Undine Block und Stift und hielt die Erkenntnisse fest.

„Jetzt können wir in etwa sagen, in welchem Zeitraum das alles passiert.“

„Ja, ich schreibe mal: seit zwei Wochen.“

„Stimmt, aus diesem Zeitraum gibt es sieben Fälle. Mal sehen, was dein Reiner jetzt sagen wird!“

„Aber weißt du, was schwierig wird?“

„Nein. Was denn?“

„Ein Motiv zu finden.“

Die beiden Frauen sahen sich an und nickten verschwörerisch.

4

Am nächsten Morgen war Undine früh auf und fieberte dem Oktobermarkt entgegen. Reiner war gestern Abend heimgegangen, nachdem sie sich wegen der verschwundenen Schuhe gestritten hatten.

„Macht euch nicht lächerlich!“, hatte er gerufen, als Undine und Lene ihm von den anderen Betroffenen berichtet hatte.

Lene hatte Undines Gesicht gesehen und sich schnell verabschiedet, denn sie wusste, dass jetzt eine Diskussion beginnen würde. Und hierbei wollte sie nicht zwischen die Fronten geraten.

Das Ganze hatte mit Undines Satz geendet: „Du nimmst mich nie ernst!“

Reiner war wortlos vom Tisch vor der Remise aufgestanden und einfach gegangen. Undine wollte nicht nachgeben, also schmollte sie seitdem und konzentrierte sich auf ihren Marktstand. Sie nahm einen Lappen und einen Eimer, füllte Wasser in einen Kanister und machte sich auf den Weg zu ihrem Pavillon, um nochmal zu putzen.

Um sieben würde das große Feuerwerk zur Eröffnung sein und eigentlich hatte sie sich vorgestellt, Arm in Arm mit Reiner dem Lichtermeer zuzuschauen. Dazu müssten sie sich aber noch heute wieder vertragen. Doch wer sollte nachgeben? Undine schrubbte die Tischplatte und grübelte. Wenn sie einlenken würde, dann wäre es zwar taktisch gut, allerdings wären die Schuhe dann immer noch verschwunden und auch die der anderen Nastätter. Darum wäre es besser, Reiner gäbe nach und würde die Opfer befragen.

Als sie über die Stangen des Pavillons wischte, hörte sie ein Räuspern hinter sich. Dort stand tatsächlich Reiner mit einer Rose.

„Was willst du denn hier?“, knurrte Undine.

„Ich wollte dir nur sagen, dass ich es blöd finde, wenn wir uns wegen so einem unwichtigen Kram streiten.“

„Unwichtig?“

In diesem Moment wusste Reiner, dass er es falsch angefangen hatte.

„Ach Mensch, dir kann man aber auch gar nichts recht machen. Du willst dich also nicht vertragen?“

„Doch, ich will mich vertragen. Aber in erster Linie möchte ich, dass du mich ernstnimmst. Ich bin ja schließlich nicht die einzige Nastätter Bürgerin, die bestohlen wurde.“

„Ich weiß.“

„Du weißt?“

„Ja, gestern war jemand da und hat eine Anzeige gemacht.“

„Weil ihm jemand Schuhe gestohlen hat?“

„Ja.“

„Ach nein, und das sagst du so ganz nebenbei?“

„Es ist dienstlich. Ich darf dir das eigentlich nicht sagen.“

„Und warum tust du es dann? Mir glaubst du nicht, aber einem Fremden?“

„Können wir das Thema vielleicht auf nächste Woche vertagen? Ich gebe dir jetzt diese Rose, küsse dich und wir freuen uns auf den Oktobermarkt?“

„Unter einer Bedingung.“

„Welche?“, fragte Reiner und rollte mit den Augen.

„Du kümmerst dich um den Fall.“

„Es ist kein …“

„Reiner!“

„Ja, in Ordnung, ich kümmere mich.“

Zufrieden kam Undine hinter der Verkaufstheke hervor und nahm Reiner die Rose aus der Hand. Dann reckte sie sich und küsste ihn auf die Wange.

„Gehen wir dann um sieben zum Feuerwerk?“

„Gerne, ich fahre jetzt ins Büro und hole dich später ab.“

Er winkte und war fort, ehe Undine etwas erwidern konnte.

„Na also, geht doch.“

Sie zog die Wände des Pavillons zu und lief heim. Dort nahm sie ihre Liste mit den Exponaten, die sie am Nachmittag einräumen wollte und kontrollierte auch nochmal die Preisschilder, als Jasmin die Werkstatt betrat und fragte, ob sie etwas helfen konnte.

„Nein, ich bin soweit fertig. Vielleicht kannst du später beim Einladen helfen.“

„Mach das doch jetzt. Fahr das Auto her und wir packen.“

Das war eine gute Idee, denn wenn sie alles im Auto hatte, könnte sie nochmal zu Lene gehen und mit ihr besprechen, wie sie weiter ermitteln wollten. Reiner sollte davon nichts erfahren. Erst, wenn sie ein Motiv gefunden und den Täter überführt hatten, würde sie es ihm auf dem Silbertablett präsentieren. Sie ahnte, dass er den Fall einfach in eine Ecke schieben würde, denn wer interessierte sich schon für ein paar verschwundene alte Schuhe.

Gesagt, getan. Undine fuhr rückwärts in den Hof, damit sie und Jasmin Kiste für Kiste in den Kofferraum stellen konnten. Als sie fertig waren, machte sie Kaffee und lud ihre Mitbewohnerin dazu ein.

Zorro bellte und das Tor öffnete sich. Es war Herbert, der sich vorsichtig an Undines Hund vorbeidrückte. Er ließ sich auf die Bank fallen und seufzte. Undine und Jasmin sahen ihn neugierig an. Irgendetwas war geschehen, denn Herbert sah bedrückt aus.

„Kaffee?“

„Gerne.“

Als die Tasse vor ihm stand, richtete Herbert sich auf.

„Ihr werdet mir nicht glauben, was passiert ist!“

„Erzähl!“

„Ich wurde bestohlen!“

„Was du nicht sagst“, murmelte Jasmin, die eine böse Ahnung hatte.

„Ja, es ist furchtbar. Ihr könnt euch nicht vorstellen, worauf es die Diebe angesehen haben.“

„Deine Schuhe?“, fragte Undine und grinste.

„Woher weißt du das? Hat Reiner es dir etwa erzählt? Ist das nicht ein Dienstgeheimnis?“

„Herbert, beruhige dich, Reiner hat mir gar nichts gesagt. Mir wurden auch Schuhe gestohlen und vielen weiteren Bewohnern von Nastätten. Hast du gestern Reiner informiert?“

„Ich habe eine Anzeige gemacht. Es kann doch wohl nicht sein, dass einem die Schuhe gestohlen werden.“

Undine und Jasmin sahen sich an.

„Siehst du? Es werden immer mehr!“

Jasmin schnaufte. Vielleicht hatte Undine doch recht und die alten Werkstattschuhe waren wirklich gestohlen worden.

„Jaja, ich verstehe.“

„Reiner hat mir nicht geglaubt und wollte das als Witz zu den Akten legen, aber ich habe darauf bestanden, dass er eine Anzeige aufnimmt. Jennifer hat dann zu ihm gesagt, ich sei ein besorgter Bürger und diese Anzeige sei mein gutes Recht.“

„Richtig, gutes Mädchen, diese Jennifer. Vielleicht sollte ich auch eine offizielle Anzeige machen. Dann muss er mir glauben. Tja, Herbert, die Diebstähle gibt es seit ungefähr zwei Wochen und es sind wahllos Schuhe verschwunden, egal, ob alt oder neu.“

„Woher weißt du das?“

„Lene und ich ermitteln. Möchtest du uns nicht wieder einmal unterstützen?“

„Ähm … also …“, druckste der Feuerwehrmann herum, „ja also, wenn es nicht sein muss, dann lieber nicht. Ich will der Polizei nicht ins Handwerk pfuschen.“

„Wie du meinst, Lene und ich schaffen das schon. Wir brauchen nur noch ein Motiv. Kannst du deine Schuhe beschreiben? Wo standen die denn? Konnte der Dieb einfach an sie drankommen?“

„Ach, so viele Fragen.“

Herbert sagte genau dasselbe, was er schon bei Reiner angegeben hatte und Undine machte sich Notizen. Sie nickte verständnisvoll, als der arme Mann noch einmal nachdrücklich den Kopf schüttelte.

„Danke für die Informationen und kein Wort zu Reiner, klar?“

Herbert nickte und stand auf.

„Danke für den Kaffee, ich muss wieder los. Viel Glück.“

Undine räumte den Tisch ab und sah Jasmin vorwurfsvoll an.

„Ich wusste, dass es so weitergeht! Wir werden immer mehr Opfer finden. Und jetzt muss ich duschen und auf Reiner warten. Sag ihm ja nicht, dass Herbert hier war. Wir haben unseren Streit vertagt, weil wir den Oktobermarkt genießen wollen.“

Jasmin rollte mit den Augen und ging in ihre Wohnung. Sie wollte mit Undines Eigenmächtigkeiten nichts zu tun haben, denn am Ende gab es nur wieder Ärger.

5

Menschenmassen hatten sich auf dem großen Parkplatz vor dem Supermarkt versammelt, um das Feuerwerk zu erleben, das wie jedes Jahr den Oktobermarkt von Nastätten eröffnete. Einige prosteten sich bereits zu, andere mussten ihre Kinder im Auge behalten, damit sie nicht in der Menge verschwanden.

Undine und Reiner waren mittendrin und nickten den Leuten freundlich zu.

„Na, Herr Kommissar, wie ist Ihre Stimmung?“, fragte die Kindergärtnerin Hanna Mückeltz, die zufällig mit ihrer Freundin neben ihm stand.

„Meine Stimmung ist super“, entgegnete Reiner, „die Verbrecher machen Pause und ich kann den Abend genießen.“

„Na dann drücke ich Ihnen mal die Daumen, dass Sie am Oktobermarkt keine Leiche finden. Ich kriege immer noch eine Gänsehaut, wenn ich an die arme kleine Französin denke.“

„Danke, ich habe auch keine Lust auf solch einen Vorfall. Undine hat ab morgen einen Stand hier und ich muss helfen.“

Undine lachte und Hanna winkte, als sie mit ihrer Freundin in der Menge verschwand. Vor dem Feuerwerk hatte wie immer der Fackelzug stattgefunden und nun war es nur noch ein kleiner Schritt zum offiziellen Start des Marktes. Heute wollte Undine die Zeit mit Reiner genießen, ab morgen würde sie ihre Keramik verkaufen und den ganzen Tag auf den Beinen sein.