Anhaltender Schmerz - Ute Dombrowski - E-Book

Anhaltender Schmerz E-Book

Ute Dombrowski

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Beschreibung

Im idyllischen Eltville tötet jemand scheinbar wahllos Menschen. Schnell hat die Polizei einen Verdächtigen im Visier, aber er ist unschuldig. Bianca ermittelt voller Energie, doch sie ist abgelenkt, weil sie anonyme Drohungen erhält. Haben die Fälle miteinander zu tun? Wie viele Opfer wird es noch geben? Kann die Kommissarin den Täter finden und hinter Gitter bringen? Als Hintergrund der Taten offenbart sich ein schreckliches Schicksal und auch Biancas eigenes Schicksal hängt am seidenen Faden.

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Seitenzahl: 257

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Ute Dombrowski

Anhaltender Schmerz

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

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Impressum neobooks

1

Anhaltender Schmerz

Ute Dombrowski

1. Auflage 2020

Copyright © 2020 Ute Dombrowski

Umschlag: Ute Dombrowski mit www.canva.com

Lektorat/Korrektorat: Julia Dillenberger-Ochs

Satz: Ute Dombrowski

Verlag: Ute Dombrowski Niedertiefenbach

Druck: epubli

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors und Selbstverlegers unzulässig.

Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

„Es ist nicht, und es wird auch nimmer gut.“

William Shakespeare

Hamlet, 1. Akt, 2. Szene / Hamlet

„Du wirst sterben!“

Bianca starrte auf ihr Handy und wusste nicht, was sie von der SMS halten sollte. Sie las die Nummer, konnte sie aber nicht zuordnen. Schulterzuckend stellte sie das Handy aus und betrat das Büro, das in staubige Sonnenstrahlen getaucht war.

Der Frühling war mit Macht gekommen und hatte den Winter aus dem Rheingau gejagt. Morgen war der erste Mai, Ostern hatten Eric und sie in einem kleinen Hotel in der Nähe verbracht. Es war ruhig geworden, die Verbrecher ließen sie durchatmen, die Beziehung mit dem Staatsanwalt, der in fünf Wochen geschieden sein würde, lief sehr gut und auch Ferdinand war ausgeglichen und locker, traf er sich doch immer noch mit Cornelia Plienick.

„Guten Morgen!“, schmetterte die Kommissarin in den Raum hinein, doch Ferdinand war nicht da.

Er hatte heute seinen letzten Tag als ihr Kollege, ab morgen würde er ihr Chef sein. Bianca setzte sich an den Schreibtisch. Sie fuhr den Computer hoch und schickte Eric einen digitalen Kuss. Sie wusste, dass er bereits im Gericht war. Jetzt öffnete sich die Tür und Ferdinand kam herein. Er balancierte einen Tortenkarton vor sich her und setzte ihn sanft auf dem Schrank neben der Kaffeemaschine ab.

„Guten Morgen“, rief er mit einem herzlichen Lächeln. „Heute wird gefeiert.“

„Dir auch einen guten letzten Morgen mit deiner nervigen Kollegin.“

„Ach Bianca, du bist doch nicht nervig. Höchstens ein bisschen …“

„He, Herr Chef, ganz dünnes Eis.“

Sie kam um den Schreibtisch herum und dann nahmen sich die beiden fest in den Arm.

„Du wirst mir fehlen, mein Lieber. Wer weiß, wer nach dir kommt.“

„Er wird sich heute noch vorstellen. Kommt aus Brandenburg, heißt Robin Hinschler, hat drei Jahre lang in einer brandenburgischen Polizeistation gearbeitet und schien bei unserem Telefonat gestern hochmotiviert.“

„Ein Streber also.“

„Seit wann bist du denn oberflächlich?“

„Bin ich nicht. Nein, alles gut, ich bin gespannt.“

„Er machte einen sympathischen Eindruck. Blond, blauäugig, dreißig, ledig, Sunnyboy.“

„Und hochmotiviert. Dabei wollte ich Hannes.“

„Er steht dir ein bisschen bei, wenn du mit dem Neuen nicht zurechtkommst.“

„Ich werde ihm ganz offen gegenübertreten und ihm eine Chance geben. Versprochen.“

Sie lachten und setzten sich an den Schreibtisch. Bianca hatte die SMS vergessen. Da hat sich bestimmt jemand einen Scherz erlaubt, war ihr nochmal kurz durch den Kopf gegangen. Ein Kollege kam herein und warf einen Zettel auf den Tisch.

„Arbeit!“

Ehe sie antworten konnten, war der junge Mann wieder verschwunden. Bianca zog das Blatt zu sich heran und begann zu lesen.

„Ach du meine Güte!“

Sie schob es über den Tisch und auch Ferdinand bekam große Augen. Ihre entsetzten Blicke trafen sich.

„Ein Messerstecher in Eltville?“

„Es sieht fast so aus“, murmelte Bianca.

Sie standen auf und verließen das Büro, um hinüber auf den Rhein-Parkplatz am Ortsausgang nach Erbach zu fahren. Hier hatte ein Tourist im dichten Gebüsch die Leiche eines jungen Mannes entdeckt. Es herrschte viel Trubel, denn außer den Kollegen von der Spurensicherung hatten sich zahlreiche Schaulustige vor Ort versammelt.

„Eigentlich hättet ihr auch zu Fuß gehen können“, sagte Herrmann zur Begrüßung.

Neben der Leiche, die zwei Kollegen mit einem Laken abschirmten, damit keiner Fotos für seine sozialen Medien machen konnte, hockte Dr. Jonn. Er stand kurz auf, als Ferdinand zu ihm kam.

„Zahlreiche Messerstiche auf der Vorderseite. Der Täter muss frontal vor ihm gestanden und mit Kraft auf ihn eingestochen haben. Mindestens zwei Stiche waren tödlich. Ich habe ihn aber noch nicht umgedreht.“

„Da war wohl jemand wütend. Wissen wir schon, wer das Opfer ist?“

„Er hatte keine Papiere bei sich, vielleicht ergibt die Auswertung des Handys etwas. Das ist schon beim Kollegen und wird untersucht.“

„Wie lange ist er schon tot?“

„Eine Stunde plus minus, du weißt ja, wie das ist. Ich melde mich, wenn ich etwas habe.“

Bianca hatte inzwischen mit dem Touristen gesprochen, der die Leiche gefunden hatte.

Sie trat zu Ferdinand und erklärte: „Der Zeuge hat niemanden in der Nähe gesehen. Er hat extra hier hinten geparkt, weil er Probleme mit dem Einparken hat und immer ein bisschen mehr Platz braucht, aber außer ihm war kein Mensch auf dem Parkplatz oder Weg.“

„Es wäre ja auch zu schön, wenn der Täter am Tatort auf uns warten würde“, sagte eine tiefe Männerstimme hinter ihr.

Bianca drehte sich um und schaute in die blauen Augen eines jungen Mannes, der seine blonden Locken in einem Knoten auf dem Kopf gebändigt hatte.

„Sie sind ja ein richtiger Schlauberger. Wie kommen Sie dazu, an einem Tatort herumzutrampeln?“

„Ich darf das“, rief der Mann strahlend und hielt Bianca seine Hand hin. „Ich bin Robin, der Neue, frisch aus Brandenburg angeliefert und bereit, die Verbrecher im Rheingau zu fangen.“

Ferdinand begann zu lachen und sie gingen auf den Parkplatz, um sich ordentlich zu begrüßen.

„Ah, dann sind Sie der Chef.“

„Aber erst morgen, Herr Hinschler. Das ist meine Kollegin und Partnerin Bianca Verskoff, die Frau mit dem größten Instinkt weit und breit.“

„Super, dann ahnt sie ja sicher schon, wer den Typen abgestochen hat.“

Bianca schnaufte und kniff die Augen zusammen. Der neue Kollege war forsch und frech, am liebsten hätte sie ihn direkt in die Schranken gewiesen, doch Ferdinand drückte sanft ihren Oberarm. Das sollte wohl heißen: Du hast versprochen, ihm eine Chance zu geben. Sie schnaufte erneut und ergriff die hingestreckte Hand. Ihr neuer Kollege hatte einen festen Händedruck, was sie wieder wohlwollender stimmte, denn sie mochte keine Männer, deren Handschlag sich anfühlte, als würde man einen Spülschwamm drücken.

„Ich bin Bianca. Und nein, ich ahne noch gar nichts. Aber das kann sich schnell ändern. Wenn Sie schon mal hier sind, können Sie auch gleich mit der Arbeit beginnen: Lassen Sie sich von der Spusi erzählen, welche Spuren es gibt.“

Der junge Mann drehte sich auf dem Absatz um und lief hinüber zu Herrmann, um sich vorzustellen und nach Ergebnissen zu fragen. Bianca knuffte Ferdinand in die Seite.

„Ich hätte ihm sofort die Meinung gegeigt! Was denkt der sich?“

„Was wohl? Der denkt, er will einen guten ersten Eindruck machen.“

Bianca sah sich zu Robin um.

„Pffft, das kann ja heiter werden.“

Ferdinand hob ihr Kinn an und sah ihr in die Augen.

„Sei nett zu ihm.“

Jetzt mussten beide lachen. In diesem Moment kam Robin zurück zu ihnen.

„Was ist denn so lustig? Also, es gibt nichts weiter als das Handy, das nach dem Überfall heruntergefallen war, aber er muss wohl damit beschäftigt gewesen sein, als er erstochen wurde.“

„Ausweis?“

„Hat er nicht dabei, nur einen Autoschlüssel.“

„Und welches?“

Statt einer Antwort drückte der Kollege auf den Knopf der Fernbedienung und zwei Blinklichter flammten auf.

„Gut gemacht“, lobte Bianca, „dann geh und sieh nach, ob du etwas findest.“

„Hat jemand Handschuhe für mich?“

Ferdinand kramte in der Jackentasche und gab Robin ein Paar Gummihandschuhe, die dieser überstreifte. Danach ging er hinüber zum Auto des Opfers. Herrmann trat zu Bianca und Ferdinand.

„Eifrig, eifrig, der junge Kollege. Der wird dein neuer Partner?“

Bianca nickte.

„So ein bisschen frischer Wind wird dir guttun.“

„Was soll das denn heißen?“, brummte Ferdinand.

„Tja, alter Mann, du musst ja unbedingt die Karriereleiter raufklettern.“

Sie lachten und machten sich auf den Weg ins Büro. Robin versprach, noch am Tatort zu bleiben, falls es Neuigkeiten gab.

2

Bianca und Ferdinand waren zu der Adresse gefahren, die sie über das Handy des Toten herausgefunden hatten. Er hieß Eick Bern und war achtundzwanzig Jahre alt. In seiner Handyhülle war ein kleines Foto gewesen, das ihn mit einer hübschen jungen Frau zeigte. Es war ein Hochzeitsfoto.

„Oh nein, ich will ihr gar nicht sagen, dass ihr Mann tot ist. Sie sind doch noch so jung!“

„Bianca, wenn du willst, bleib im Auto und ich mache das allein.“

„Nein, ich schaffe das schon, es ist nur so deprimierend. Sie stehen am Anfang ihres Lebens, wollen eine Familie gründen und Spaß haben … und dann wird er erstochen.“

„Vielleicht war er gar nicht nett und sie hat ihn aus dem Weg geräumt.“

Bianca zuckte zusammen, denn die junge Frau, die Ihnen jetzt öffnete, war hochschwanger. Sie lächelte und die Kommissarin wünschte sich ans Ende der Welt. Sie sah Ferdinand an und er verstand: Sie mussten einen Arzt rufen.

„Frau Bern? Ich bin Bianca Verskoff von der Kriminalpolizei und das ist mein Kollege Ferdinand Waldhöft, dürfen wir Sie einen Moment sprechen?“

Als sie Biancas Blick sah, verschwand das Lächeln aus Tiana Berns Gesicht. Ihre Augen weiteten sich.

„Ist Eick etwas passiert?“

Bianca nickte und führte sie am Arm ins Haus. In der Küche zog sie einen Stuhl heran und suchte nach einer Tasse oder einem Glas, um der Frau, die blass geworden war, Wasser zu geben. Ferdinand telefonierte mit dem Notarzt.

Bianca setzte sich zu Tiana und sagte leise: „Frau Bern, Ihr Mann ist vor zwei Stunden tot aufgefunden worden.“

„Er wollte doch nur joggen … sie irren sich … nein, nein …“

Bianca strich ihr über den Arm.

„Es tut mir sehr leid, aber es ist die Wahrheit. Mein Kollege hat einen Arzt gerufen. Wann ist es denn soweit?“

Sie zeigte auf den sehr großen runden Bauch.

„In … in zwei Wochen. Oh nein, hatte er einen Herzinfarkt? Einen Unfall?“

„Er wurde erstochen.“

Jetzt begann Tiana den Kopf zu schütteln und Bianca hatte Sorge, dass diese Bewegung die Frau vom Stuhl reißen würde. Sie stand auf und legte einen Arm um die Schwangere.

„Wer tut so etwas?“, flüsterte Tiana.

Dann wurde sie bewusstlos, Bianca und Ferdinand konnten sie gerade noch auffangen, um sie auf dem Boden abzulegen. In dem Moment hörten sie den Notarzt und schauten sich an.

„Was für eine Scheiße.“

Bianca nickte und setzte sich auf den Boden. Es tat immer weh wie beim ersten Mal, wenn sie jemandem die Nachricht vom Tod eines Angehörigen überbrachte. Man gewöhnte sich nie daran, aber heute war es besonders furchtbar.

„Sie sollten Eltern werden und ihr Kind aufwachsen sehen, nun ist sie allein, weil irgendein Idiot ihren Mann töten musste. Sie war es ganz sicher nicht.“

Jetzt kam Tiana wieder zu sich und ein irrer Schrei entfloh ihrer Brust.

„Wer tut so etwas? Er war nur joggen! Wie jeden Morgen! Er will doch den Marathon laufen!“

Bianca versuchte sie zu beruhigen, aber Tiana rappelte sich hoch.

„Wie soll ich denn ohne Eick leben?“, schrie sie hysterisch.

„Bitte, Frau Bern, Sie müssen sich beruhigen, bitte!“, flehte Bianca. „Denken Sie an das Baby. Es braucht Sie.“

Tiana legte ihre Hände auf den Bauch und wurde vom Weinen geschüttelt.

„Mein Kleiner, ich bin bei dir“, flüsterte sie, „ich liebe dich so sehr. Wir waren glücklich.“

Sie schaute Bianca an und es schien, als hätte sie die Berührung des Bauches aus ihrer Panik gerettet.

„Sie schaffen das, Sie beide. Es wird ein Junge?“

Tiana nickte nur und rieb weiter den Bauch.

Jetzt liefen eilig der Notarzt und zwei Rettungssanitäter in die Küche und Bianca trat zur Seite. Der Arzt kontrollierte den Zustand der Frau, runzelte die Stirn und wies die beiden Rettungssanitäter an, die Trage zu holen.

„Wir nehmen Sie mit ins Krankenhaus, Frau Bern, wo haben Sie Ihre Tasche?“

Die Frau zeigte in Richtung Flur und Bianca fand dort eine kleine Reisetasche. Sie griff nach den Papieren, die daneben auf dem Schrank lagen und steckte sie mit ein. Ihre Karte legte sie obenauf. Tiana nickte nur, als sie das sah.

„Frau Bern, wenn Sie irgendetwas brauchen, melden Sie sich. Sollen wir jemanden anrufen?“

„Ja, am Kühlschrank hängt eine Liste. Danke, Frau Verskoff.“

Die Sanitäter legten die Schwangere auf die Trage und brachten sie in den Rettungswagen. Der Notarzt erklärte, wohin sie gebracht wurde und dann fuhren sie auch schon weg. Bianca fotografierte die Liste, zog die Haustür zu und setzte sich draußen auf die Treppe. Sie legte den Kopf auf die Arme und stöhnte. Ferdinand hockte sich zu ihr und streichelte sie sanft.

„Es ist so schrecklich. Wir müssen den Täter finden. Ich hoffe nur, der Tote war ein guter Mann und ich muss ihr nicht auch noch sagen, dass er etwas Schlimmes gemacht hat.“

„Ja, meine Liebe, ich hoffe, wir finden den Typen schnell, der ihnen das angetan hat. Wir können sie in ihrem Zustand aber unmöglich befragen. Lassen wir ihr ein wenig Ruhe.“

Jetzt straffte sich Bianca und stand auf. Sie umarmte Ferdinand, nickte zuversichtlich und dann machten sie sich auf den Weg ins Präsidium.

Eine halbe Stunde später rief Dr. Jonn an.

„Der Täter muss sehr wütend gewesen sein, der arme Kerl wurde von vierzig Messerstichen getroffen. Der Mörder hat noch auf ihn eingestochen, als er schon längst tot war. Das Opfer muss im Todeskampf versucht haben, sich wegzurollen, darum gibt es hinten auch Einstiche. Ich möchte nicht wissen, welches Motiv dahintersteckt, aber es muss etwas Schlimmes sein.“

Ferdinand legte auf und gab das Gesagte wieder. Bianca starrte ihn an.

„Oh mein Gott, was hat Eick getan, dass er so sterben musste?“

Jetzt fiel ihr die Nachricht ein, die sie am Morgen auf dem Handy gelesen hatte. Sie schüttelte sich, um diesen Gedanken wieder loszuwerden, denn im Mo­ment hatten sie etwas Wichtigeres zu tun, als nach diesem Witzbold zu suchen: Sie mussten den Mörder des Joggers finden.

„Wir brauchen das Motiv, dann haben wir den Täter.“

„Denkst du, es war ein gezielter Anschlag auf Eick Bern?“

Bianca zuckte mit den Schultern.

„Denkst du, es wird nochmal passieren?“

„Glaubst du … an einen …“

„Serientäter? Nein, ich weiß nicht. Es kann ja nicht sein, dass sich alle Serienkiller in Eltville niederlassen. Aber ausschließen können wir es zurzeit nicht. Lass uns Eric informieren.“

„Worüber? Den Mord am Rheinparkplatz?“

Der Staatsanwalt hatte nicht geklopft, sondern nur die Tür aufgedrückt, denn er balancierte einen Blumentopf herein und unter seinem Arm klemmte ein Geschenk.

„Ferdinand, kannst du mir das mal abnehmen? Das ist für dich zum Neustart als Chef. Du darfst es aber erst morgen aufmachen.“

Eric grinste, weil er wusste, dass der Kommissar sich freuen würde. Es war eine Tasse. Auf gelbem Grund prangte die Aufschrift: Boss!

3

Am ersten Mai strahlte die Frühlingssonne mit Ferdinand um die Wette. Er hatte schon gestern sein neues Büro bezogen und seine Freunde, die heute extra ins Präsidium gekommen waren, wünschten ihm alles Gute für den Chef-Posten. Der offizielle Teil würde am Montag kommen.

Bianca hatte vorgeschlagen, schön essen zu gehen, aber Ferdinand lehnte ab.

„Ich bin froh, dass ich das hier gemacht habe und ich fühle mich hier wohl. Wenn etwas dazwischen kommt, sind wir direkt vor Ort.

Bianca hatte gehofft, am Feiertag ungestört zusammensitzen zu können, aber dann war tatsächlich etwas dazwischen gekommen. Der Mord hatte ihnen leider einen Strich durch die Rechnung gemacht.

„Natürlich hast du mehr Verantwortung“, sagte Hannes jetzt, der auch gekommen war, um sich den neuen Kollegen anzuschauen.

„Das kriege ich schon hin. Als Chef wird es ruhiger und das finde ich gut. Das letzte Jahr war aufregend genug.“

„Tja, aber du bist jetzt immer schuld, wenn deine Untertanen etwas verbocken.“

Bianca lachte laut.

„Wir verbocken nichts, mein Freund, wir bringen die Verbrecher zur Strecke.“

„Ich höre Verbrecher?“, kam eine freundliche Stimme von der Tür her.

Alle drehten sich um und sahen den sportlich gekleideten jungen Mann, um dessen blonde Locken ihn sicher so manche Frau beneidete. Robin kam herein, gratulierte Ferdinand und baute sich vor Bianca auf.

„Ich bin bereit, was liegt an?“

Jetzt lachte Hannes und fing sich einen bösen Blick von Bianca ein.

„Ach, das hast du gemeint mit hoch motiviert.“

„Ähm … ich … aber…“, stammelte Robin plötzlich und errötete.

Hannes trat zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schultern. Er stellte sich vor und erklärte, was er hier machte.

„Ich bin nun mal Biancas Traumpartner, da musst du dir echt Mühe geben, um meinen Charme zu toppen.“

Bianca erwiderte: „Pah, das schafft niemand.“

„Dann gehe ich mal joggen und halte die Augen offen.“

Robin wusste nicht, wie er reagieren sollte, also wollte er flüchten.

„Stopp, Kollege, hier redet man miteinander. Wer etwas auf eigene Faust macht, kann schon mal erschossen werden. Komm, bleib locker, nimm dir eine Bretzel und trink eine Tasse Kaffee mit.“

Robin grinste jetzt und entspannte sich sichtbar. Er tat, wie ihm geheißen und setzte sich. Bianca nahm ihre Tasse und als sie neben ihm saß, sah sie ihn streng an.

„Du kannst gerne deine eigenen Wege gehen, aber ich bitte dich, mich in deine Pläne einzuweihen. Hier machen wir das so und ich habe keine Lust, dich in Eltville zu suchen. Also, was hast du vor?“

„Ich dachte, ich laufe ein bisschen und schaue mich um, ob ich irgendwo jemanden sehe, der verdächtig sein könnte. Vielleicht hat der Täter es gezielt auf Jogger abgesehen.“

„Wie kommst du darauf?“

Robins blaue Augen strahlten. Er war begeistert, dass sich jemand für seine Gedanken interessierte. In seinem alten Polizeipräsidium war es langweilig gewesen, denn im kleinen brandenburgischen Bereich gab es wenige Verbrechen. Schlägereien, Diebstähle und Zwischenfälle beim Fußball waren schon das aufregendste gewesen, was er erlebt hatte. Und hier hatte er direkt einen Mord auf dem Tisch!

„Es kann ja sein, dass sich jemand von Joggern gestört fühlt. Sie haben meist Kopfhörer auf den Ohren und nehmen wenig Rücksicht.“

„Hm, mich würden ja eher andere Sachen stören.“

„Zum Beispiel?“

„Radfahrer auf dem Fußweg, Leute, die ständig auf ihr Handy starren und …“

Robin zuckte zusammen, er selbst hielt sein Handy ständig in der Hand.

„Entschuldige, wenn ich so oft …“

„Ich meinte nicht dich.“

„Ja, aber ich sage es lieber sofort. Ich will nicht, dass du schlecht von mir denkst. Wundere dich nicht, wenn ich öfter auf mein Handy sehe. Ich bin von zuhause weg, weil ich von meiner Ex-Freundin fort musste. Wir haben uns vor einem Jahr getrennt, doch sie wollte sich nicht damit abfinden und stalkt mich seitdem Tag und Nacht. Es hat auch nichts gebracht, eine geheime Nummer zu beantragen, denn die hat sie immer irgendwie rausgefunden. Also bin ich weg.“

„Und sie stalkt noch weiter?“

Robin nickte verzweifelt.

„Darf ich jetzt joggen gehen?“

Bianca lachte.

„Ja, darfst du, aber sei vorsichtig.“

„Klar, Chefin.“

Er winkte kurz in die Runde und verschwand eilig. Ferdinand setzte sich an seinen neuen Schreibtisch und rückte die Schale mit den Stiften zurecht. Zufrieden nickte er allen zu.

„Tja, dann findet mal den Mörder! Ein bisschen flott, wenn ich bitten darf.“

Alle starrten ihn an.

„Ich kann das schon ziemlich gut, oder?“

Das schallende Gelächter beflügelte Ferdinand. Eines war ihm heute schon klar: Er hatte alles richtig gemacht. Ein ganz kleines bisschen Wehmut kam auf, als Bianca mit den anderen sein Büro verließ, um an die Arbeit zu gehen. An der Tür drehte sie sich nochmal um und lächelte.

„Du wirst mir fehlen, Freund.“

„Du mir auch, Freundin.“

In ihrem eigenen Büro setzte sie sich an den Computer und tippte an einem Bericht, doch ihre Gedanken flogen immer wieder davon. Die Worte ihres neuen Kollegen Robin ließen sie nicht los. Von jemanden gestalkt zu werden war immer schlimm und es erinnerte sie an den alten Fall.

Luca war damals nicht der einzige Mann gewesen, der Fabienne auf Schritt und Tritt belauert hatte. Die Zeit war aufregend gewesen und hatte sie alle in Gefahr gebracht. Sie hoffte, dass diese Ex-Freundin von Robin nur noch wegen der Trauer nach der Trennung aus der Bahn geraten war. Stalking machte einen mürbe, auch oder besonders, wenn man wusste, wer der Stalker war. Luca hatten sie alle nicht für den Stalker gehalten, aber er hatte sich so in seine Liebe zu Fabienne verrannt, dass es für jeden anderen Menschen aus ihrer Nähe lebensgefährlich gewesen war.

Sie nahm sich vor, noch einmal privat mit dem Neuen zu reden, ganz ohne Zwang, bei einer Currywurst oder einem Glas Wein. Sie nahm sich auch vor, ihm eine reelle Chance zu geben und sich nicht in die Rolle der Ober-Mutti zu begeben. In diesem Augenblick fühlte sie sich alt.

„Der Typ ist dreizehn Jahre jünger als ich“, flüsterte sie. „Oh Mann, die Zeit rennt.“

Kopfschüttelnd ging sie an die Tafel, die noch leer war und auf Informationen wartete. Sie schrieb den Namen des Opfers an und klebte sein Foto dazu. Daneben schrieb sie „Motiv“ und malte ein großes Fragenzeichen. Als die Tür aufgerissen wurde, zuckte sie zusammen. Robin kam verschwitzt herein und öffnete eine Wasserflasche. Er setzt sie an die Lippen und trank sie in einem Zug zur Hälfte leer. Danach schraubte er sie wieder zu, knallte sie auf den Tisch und rülpste ungeniert.

Bianca hatte ihm zugesehen und war sich nicht sicher, ob sie fasziniert oder angeekelt sein sollte. Mit einem breiten Grinsen setzte sich Robin ihr gegenüber an den Tisch, auf Ferdinands Platz, und stützte die Ellbogen auf.

„Gibt es Neuigkeiten?“

„Nein, ich mache mir nur Gedanken über das Motiv. Wie war es beim Joggen? Schon jemanden verhaftet?“

„So schnell geht das nicht. Also, ich bin gelaufen und musste feststellen, dass mich niemand beachtet hat. Ich habe sogar mal einen Typen angerempelt, der wie ein Gangster aussah, doch der hat nur auf sein Handy gestarrt.“

„Wie sieht denn ein Gangster aus?“

Durch den strengen Blick, den Bianca Robin zuwarf, schien er auf einmal verunsichert.

„Ähm … naja … eben halt … wie soll ich sagen …“

Jetzt lachte die Kommissarin und schüttelte den Kopf.

„Weißt du was? Am besten gehst du jetzt duschen und danach machen wir uns gemeinsam Gedanken über das Motiv des Täters.“

Robin nickte und sprang auf.

Als er an der Tür war, rief Bianca: „Vielleicht solltest du nicht so viele Krimis gucken.“

Robin zwinkerte und verschwand. Bianca wendete sich wieder der Tafel zu. Sie knabberte am Ende des Stiftes.

„Eifersucht? Krumme Geschäfte? Raub? Zufall?“

Es klopfte und Eric steckte den Kopf durch die Tür.

„Hallo Schatz, darf ich reinkommen?“

„Seit wann fragst du?“

Der Staatsanwalt kam zu ihr und küsste sie sanft auf die Lippen, die sie ihm entgegenreckte.

„Ich weiß ja nicht, was dein junger Kollege denkt, wenn ich seine Partnerin küsse.“

„Das weiß ich auch noch nicht so genau. Ich kann ihn schlecht einschätzen. Mal ist er forsch und vorlaut, dann wieder druckst er herum und es kommt einem vor, als wenn man ihn bei irgendwas ertappt hat. Robin scheint nicht so cool zu sein, wie er tut.“

„Das hört sich an, als hättest du ihn bereits durchschaut.“

„Nein, ich forsche noch. Er hat eine Ex-Freundin in Brandenburg, vor der er geflüchtet ist. Sie stalkt ihn.“

„Hm, er ist also hier, um sich zu verstecken. Das wird ihm nicht gelingen. Es hat bei mir auch nicht funktioniert. Aber mal etwas anderes: Wie weit seid ihr mit dem Mord an dem Jogger?“

Bianca fasste die mageren Ergebnisse zusammen und äußerte auch ihre Ideen zum Motiv.

„Hattest du denn den Eindruck, seine Frau hätte Probleme?“

„Nein, sie ist schwanger und vollkommen fertig mit den Nerven. Aber weißt du, welche Option mir am meisten Sorgen bereitet?“

Eric sah Bianca fragend an.

Sie sagte ernst: „Was, wenn es Zufall war und jemand wahllos tötet?“

4

Bianca hatte Robin den Staatsanwalt vorgestellt. Als Eric ging, grinste sie, küsste ihn auf den Mund und schob ihn aus der Tür. Robin pfiff durch die Zähne.

„Was denn? Du und der Staatsanwalt?“

„Ja, ich und der Staatsanwalt. Aber denk jetzt bloß nicht, dass wir deshalb bevorzugt werden. Die meisten Diskussionen mit ihm habe ich über die Arbeit, denn wir sind nicht immer einer Meinung. Er ist ein Mann des Rechts und ich bin eine Frau der Gerechtigkeit.“

Jetzt lachte Robin, denn er verstand.

„Du gehst nicht immer Wege, die ihm gefallen?“

„Schlauer Kerl. Also, welches Motiv scheidet aus?“

„Raub.“

„Warum?“

„Er war nur joggen, der Autoschlüssel steckte noch in seiner Tasche und das Handy wurde auch nicht geklaut. Das macht einen Raubüberfall ziemlich unwahrscheinlich.“

Bianca wischte das Wort weg.

„Krumme Geschäfte kann ich mir auch nicht vorstellen.“

„Warum nicht?“, fragte Robin. „Die stillen Typen sind manchmal schlimme Finger.“

„Er ist nicht in der Kartei, es gibt nichts, was auf Drogen oder sowas hindeutet, also schließe ich das aus.“

„Es gibt noch Rache und Eifersucht.“

„Was machte er beruflich?“

Robin blätterte in der Akte.

„Er war Sportlehrer in einer Berufsschule.“

„Und da trifft man viele junge Damen. Also fahren wir mal in diese Schule. Vielleicht hat er schlechte Noten gegeben oder die Schülerinnen angebaggert. Dann lernst du auch gleich ein bisschen den Rheingau kennen. Wo wohnst du?“

„Ich bin seit einer Woche hier und wohne in einer Ferienwohnung.“

„Oh, dann brauchst du erstmal eine richtige Wohnung, oder?“

„Weißt du etwas?“

„Ich rede heute Abend mal mit meinem Freund. Wir wohnen eh zusammen und vielleicht kannst du seine Wohnung übernehmen. Es sei denn …“

„Wo ist der Haken?“

„Sie ist im selben Haus, in dem wir wohnen.“

„Und wenn ich an der Wand lausche, höre ich, was ihr treibt?“

Jetzt begann Bianca zu lachen und konnte sich gar nicht mehr beruhigen. Robin wusste nicht, was er sagen sollte und wurde rot.

„Du bist echt der Knaller. Es war ja nur eine Idee. Ich will dir nicht unser lautes Sexleben antun.“

Bianca nahm Jacke und Autoschlüssel und lief zur Tür. Dort blieb sie stehen.

„Was ist jetzt? Kommst du mit?“

Robin sprang auf und als sie im Auto saßen, entschuldigte er sich wortreich.

„Mann, es tut mir echt leid. Das ist mir so rausgerutscht. Habe ich es jetzt verkackt?“

Sie sahen sich an und Robin entspannte sich, als er Biancas Lächeln sah.

„Wenn du Lust hast, komm heute Abend vorbei, dann zeigen wir dir die Wohnung.“

„Danke … wirklich, ich bin eigentlich nicht so.“

Sie schwiegen und hielten bald vor der Berufsschule in Geisenheim. Sie stiegen aus und fragten sich nach dem Schulleiter durch.

„Kultz, kommen Sie doch herein. Wie ich höre, geht es um Herrn Bern. Furchtbar, was da passiert ist.“

Bianca stellte sich und Robin vor und sie setzten sich an einen großen Konferenztisch.

„Können Sie uns etwas über Eick Bern berichten?“

„Sie suchen doch nicht etwa das Motiv bei uns, Frau Kommissarin?“

„Herr Kultz, wir stehen noch ganz an Anfang unserer Ermittlungen, wir müssen nun mal allen Möglichkeiten nachgehen.“

„Ich verstehe. Also der Kollege Bern war ein korrekter und sehr beliebter Lehrer. Er hat sich nichts zuschulden komme lassen.“

„Manchmal ist ein Lehrer zu nett“, warf Robin ein und Bianca sah sofort, wie sich der vorher offene Schulleiter verschloss.

„Mein Kollege wollte nur wissen, ob es Schülerinnen gab, die in ihren Lehrer verliebt waren. Er war ja jung und attraktiv.“

„Ich kann es nur nochmal wiederholen, Eick Bern war sehr korrekt und hat nichts getan, wofür man ihn ermorden müsste.“

„Wir möchten jetzt trotzdem mit den Kollegen sprechen, besonders mit den Frauen.“

Bianca hielt seinem Blick stand. Sie dachte: Ist das immer so, dass man sich im Büro eines Schulleiters wie ein Schüler fühlt? Direktor Kultz stand auf und führte die Polizisten widerwillig ins Lehrerzimmer, wo viele Kollegen die Köpfe zusammengesteckt hatten. Eine junge Frau versuchte, ihre Tränen zu verbergen.

„Das sind Frau Verskoff und Herr Hinschler von der Kripo. Wie ihr wisst, wurde unser allseits geschätzter Kollege Bern getötet, ermordet. Das ist grausam und wir müssen helfen, den Täter zu finden.“

Er zeigte in die Runde und trat zurück.

„Wir werden jetzt mit jedem einzeln sprechen“, erklärte Bianca sachlich, „da wir noch keinerlei Hinweise auf das Motiv haben, müssen wir uns ein umfassendes Bild des Opfers machen.“

Zurück im Büro bat Bianca Robin, den Bericht zu tippen, sie selbst ging zu Ferdinand und trat ein, nachdem sie ein Ja vernommen hatte. Der neue Dienststellenleiter trug ein Hemd, eine dunkle Jeans und einen Blazer.

„Oh, du hast dich aber schick gemacht!“

„Die Zeitung war hier, da musste ich mich für das Foto so verkleiden.“

„Du siehst gut aus, schade, dass du mir diesen Ferdinand immer vorenthalten hast.“

„He, du hast einen geschniegelten und gebügelten Staatsanwalt zuhause, drum genieße den Anblick und schweige. Gibt es etwas Neues zu unserem Fall?“

„Leider nicht. Wir waren in der Schule, haben mit den Kollegen und seiner Klasse gesprochen, aber das war alles andere als ergiebig. Er ist sauber. Es muss also ein völlig anderes Motiv geben. Ich bin nur verwirrt wegen der offensichtlichen Brutalität. Egal, was alle sagen: Alles riecht nach Hinrichtung.“

„Dann musst du nochmal mit seiner Frau reden. Vielleicht hat er sie betrogen?“

„Sie ist hochschwanger und bei den beiden ging es in der letzten Zeit nur noch ums Baby.“

„Das kann ihn ja genervt haben und er hat begriffen, dass seine Freiheit nun endgültig vorbei ist. Also rede mit ihr. Es sei denn, er hatte irgendwie Dreck am Stecken, Drogen oder so etwas. Frag sie auch nach Feinden.“

„Das machst du super.“

Bianca grinste.

„Was?“

„Anweisungen geben. Du bist der geborene Chef, mein Freund!“

„So schlimm?“

Ferdinand sah missmutig zu seiner ehemaligen Partnerin.

„Nein, ich meine es ernst.“

„Wie macht sich der Neue?“

„Eifrig, direkt. Alles andere kann ich noch nicht einordnen.“

Ferdinand runzelte die Stirn.

„Was denn anderes?“

„Er hat mir gleich am Anfang erzählt, dass er sich hierher versetzen ließ, um seiner stalkenden Ex-Freundin zu entfliehen. Das fand ich schon sehr ehrlich, aber die Sache scheint ihn doch zu belasten. Per Telefon stalkt sie ihn weiter.“

„Pass ein bisschen auf ihn auf. Das wird schon.“

„Ich gebe mir Mühe.“

Jetzt fiel ihr die Nachricht auf ihrem Handy wieder ein. Sollte sie Ferdinand etwas davon sagen? Seitdem war ihr Telefon stumm geblieben, also war es wohl wirklich nur ein Scherz. Sie seufzte und beschloss, Ferdinand nichts zu erzählen. Nach einer Umarmung lief sie zurück zu Robin, der noch fleißig tippte. Bianca kochte Kaffee und stellte ihm eine Tasse hin.

5

„Nein!“, rief Tiana Bern und weinte ohne Unterlass.

„Frau Bern, bitte beruhigen Sie sich. Wir müssen das alles fragen, denn das Motiv für den Mord ist vollkommen unklar. Bitte denken Sie nochmal nach: Hatte Ihr Mann Feinde? Neider? Gab es Streit mit jemandem?“

Bianca saß im Krankenhaus am Bett der jungen Frau, Robin stellte sich ans Fenster. Jetzt musste die Kommissarin schmunzeln, denn auch Ferdinand hatte immer am Fenster gestanden, wenn sie jemanden befragt hatte.

Tiana schüttelte immer wieder den Kopf, doch sie grübelte, das war zu erkennen. Nein, dachte sie, wenn Eick irgendetwas Böses getan hätte, hätte ich das doch gespürt.