Feuer in Nastätten - Ute Dombrowski - E-Book

Feuer in Nastätten E-Book

Ute Dombrowski

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Beschreibung

In Nastätten brennt eine Mülltonne. War es Brandstiftung oder waren die Menschen nur unvorsichtig? Als kurze Zeit später ein Auto in Flammen steht, werden die Nastätter unruhig. Reiner und Jennifer ermitteln, aber nicht nur sie. Auch Undine und Lene sind wieder als Hobby-Detektivinnen unterwegs. Ist die Stadt in Gefahr? Wird die Polizei den Brandstifter verhaften können, ehe Schlimmeres geschieht? Als dann auch noch eine Leiche auftaucht, droht die Sache zu eskalieren. Kann die ganz große Katastrophe noch abgewendet werden?

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Seitenzahl: 256

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Ute Dombrowski

Feuer in Nastätten

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

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Impressum neobooks

1

Feuer in

Nastätten

Der siebente Fall

Ute Dombrowski

Für Andrea

Die Personen und die Handlung des Buches sind frei erfunden.

Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

1. Auflage 2023

Copyright © 2023 Ute Dombrowski

Umschlag: Ute Dombrowski mit www.canva.com

Lektorat/Korrektorat: Julia Dillenberger-Ochs

Satz: Ute Dombrowski

Verlag: Ute Dombrowski Niedertiefenbach

Druck: epubli

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors und Selbstverlegers unzulässig.

Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Es war Frühling geworden und Nastätten war wieder eine liebenswerte, quirlige Stadt. Undine und Lene hatten die zwei Millionen Euro der Frankfurter Verbrecher natürlich nicht behalten, sondern sie der Polizei übergeben. Sie hatten über das Versteck des Koffers in Undines Schuppen lange den Kopf geschüttelt, hatten die Millionen doch direkt vor ihrer Nase gelegen.

„Reiner?“

Undine kam die Treppe hinunter und freute sich auf das Frühstück. Heute war ihr Geburtstag und sie vermutete, dass Reiner eine Überraschung geplant hatte, denn er hatte sogar Urlaub genommen.

Hinter einem riesigen Rosenstrauß klang Reiners kratzige Bassstimme hervor. Er sang „Happy Birthday“ für Undine und rührte damit ihr Herz an. Sie blieb stehen und lauschte, bis der letzte Ton verklungen war. Dann trat sie näher und spähte durch das Blütenmeer. Sie sah Reiners freundliche Augen, der den Strauß herunternahm und sie küsste.

„Das ist ja mal eine Überraschung. Du hast noch nie für mich gesungen.“

Reiner schien einen bestimmten Plan zu verfolgen und ließ sich nicht aus dem Konzept bringen.

„Alles Gute zum Geburtstag. Ich wünsche dir Freu­de, Liebe und Gesundheit. Diese Rosen sind ein Zeichen meiner Liebe. Und einmal ist immer das erste Mal, zumindest, was das Singen betrifft. Ich hätte auch getanzt oder Geige gespielt, aber das kann ich noch weniger.“

„Du hast toll gesungen und diese Rosen sind unübertrefflich schön. Ich danke dir. Auch für deine Liebe und das Verständnis, was du solch einer verrückten Frau entgegenbringst. Und jetzt lass uns frühstücken.“

Undine stellte den Strauß in eine große Vase, dann nahm sie die Kaffeekanne mit an den Tisch und schenkte ein. Auf dem Holz des alten Tisches hatte Reiner Rosenblätter verteilt, auf den Tellern lagen Servietten, bedeckt mit glitzernden Herzchen. Eine goldene Plastikblütenranke wand sich um Tassen und Butterdose. Undine schnippte ein Blütenblatt zu Reiner. Für einen Moment saß sie ganz still und ihr Blick wanderte über den Tisch.

„Mann, du hast dich aber ins Zeug gelegt. So langsam mache ich mir Sorgen. Gibt es irgendetwas, was du mir sagen willst?“

„Ähm, ich wollte es nur schön machen. Gefällt es dir nicht? Juliano hat gesagt, dass …“

„Juliano also. Aha. Was hat er denn gesagt?“

„Dass Frauen Romantik mögen.“

„Ah ja.“

„Ich weiß, du legst nicht so viel Wert drauf, aber er meinte, du wirst jetzt älter und da …“

Reiner merkte, dass er sich auf immer dünner werdendes Eis manövrierte und sah schuldbewusst zu Undine.

„Entschuldige, ich habe mich bequatschen lassen. Ich weiß, du bist noch jung und brauchst solch ein Gedöns nicht.“

Er wollte die Blütenblätter schon wegräumen, als ihm Undine eine Hand auf den Arm legte.

„Jetzt lass es schon liegen. Danke, dass du dich sogar hast beraten lassen. Es sieht sehr hübsch aus.“

Reiner strahlte und griff nach einem Brötchen. Sie frühstückten, lachten und trödelten noch lange herum. Und das war es, was Undine große Freude machte. Sie waren zusammen und das war wichtig. Dass sich Reiner in Sachen Dekoration so bemüht hatte, obwohl er wusste, dass sie solche Dinge nicht brauchte und wollte, hatte Undines Herz berührt. Dass er über ihr Alter gesprochen hatte, nahm sie ihm nicht übel, denn Reiner hatte recht: Sie wurden beide älter und gesetzter. Irgendwann würde er in Rente gehen und immer zuhause sein und noch freute sich Undine darauf.

Die Freundinnen hatten oft Witze darüber gemacht, wie ihnen die Männer auf die Nerven gingen, weil sie als Rentner keine sinnvolle Beschäftigung mehr hat­ten. Undine hatte eine Weile in sich hineingehorcht und herausgefunden, dass sie sich davor nicht fürchtete, sondern eher davor, dass sie irgendwann keine Ideen für die Keramik mehr haben könnte. Rasch schob sie den Gedanken beiseite, denn heute war ihr Geburtstag, heute würde sie feiern und sich hochleben lassen.

„Was hast du denn geplant?“

Reiner legte das Brötchen auf den Teller und holte tief Luft.

„Wir gehen nach dem Frühstück mit Zorro spazieren. Ich habe extra gutes Wetter bestellt. Danach bereiten wir uns auf eine kleine Feier vor, denn ich habe alle eingeladen. Juliano wird kochen, Jennifer ist unterwegs und holt Wein aus dem Rheingau. Am Abend, wenn alle weg sind, setzen wir uns in den Garten und gucken uns die Sterne an.“

Reiner hob seine Tasse und Undine stieß mit ihm an.

„Das ist eine wunderbare Planung. Ich freue mich jetzt schon. Wer kommt denn alles?“

„Alle!“

Reiner machte eine ausladende Handbewegung, um zu zeigen, wie viele Menschen er eingeladen hatte. Vor vier Wochen hatte er sich bei Undine dafür stark gemacht, ihren Geburtstag zu organisieren. Und als sie lachte und abwinkte, wusste er, dass es ein besonderer Tag werden musste.

Undine half Reiner nach dem Frühstück beim Aufräumen und dem Abwasch, obwohl er dagegen protestiert hatte.

„Ach Schatz“, hatte Undine gesagt, „ich lasse dich doch nicht allein schuften. Schließlich haben wir dann mehr Zeit für uns.“

„Da hast du recht.“

„Ich weiß.“

Undine küsste Reiner auf die Wange.

2

Sie wanderten heute mit Zorro nicht nur nach Buch, sondern fuhren ein Stück hinaus. Der Hund war fröhlich in den Kofferraum gesprungen und machte jetzt einen großen Satz wieder hinaus. Er lief voraus und Undine hakte sich bei Reiner ein.

Als sie auf dem Rückweg zum Auto waren, kam ihnen Silke Rösbert, die Stoffkünstlerin entgegen. Sie sah abgehetzt aus, was eigentlich nicht üblich war.

„Hallo, mein liebes Geburtstagskind!“, rief sie schon von weitem.

Die Frauen umarmten sich, Reiner schüttelte Silke die Hand.

„Ach, ich würde gern mit euch schwätzen, aber ich habe es eilig. Wir sehen uns ja später. Dann erzähle ich dir von meiner großen Reise.“

„Stimmt, du fliegst ja am Ende der Woche nach Kreta.“

Das war schon immer Silkes Traum gewesen, der sich jetzt erfüllt hatte. Sie würde für einen längeren Zeitraum auf die griechische Insel ziehen. Sie konnte stundenlang darüber reden, wie schön es dort war, wie sehr sie die Farben mochte, wie gut das Essen war. Jetzt war es ihr im Rahmen ihrer Arbeit möglich geworden, dorthin zu fliegen, Stoffe zu kaufen, Land, Menschen und Kultur kennenzulernen und in der Boutique einer deutschen Auswanderin ihre Kleidung zu verkaufen. Sie wollte vor Ort nähen und sich so inspirieren lassen.

Zuhause angekommen setzte sich Undine in den Garten und sah zu, wie Reiner Tassen und Teller in die Remise trug. Sie hatte ihm Hilfe angeboten, aber er hatte abgelehnt.

„Du hast Geburtstag, ruh dich aus. Ich schaffe das.“

Einen Moment später eilte ihm Jasmin zu Hilfe und bald war alles bereit. Nach und nach trudelten die Gäste ein. Undine staunte, an wen Reiner alles gedacht hatte. Ihre „Gondola“-Runde kam mit Blumen und Kuchen, selbst Ulrica war dabei und hatte Tiramisu im Gepäck. Anna und Frank hatten sich für eine riesige Topfpflanze entschieden, Herbert für einen Büchergutschein. Silke schenkte ihr ein selbstgenähtes Kissen.

Sie setzten sich, wo Platz war, und als alle ein Stück Kuchen auf dem Teller hatten, stand Undine auf und klopfte mit der Kuchengabel an ihr Sektglas.

„Ihr Lieben, ich freue mich, dass ihr alle zu mir gekommen seid, um meinen Geburtstag mit mir zu feiern. Ich danke auch meinem lieben Reiner, der alles so romantisch vorbereitet hat.“

Dabei grinste Juliano wie ein Honigkuchenpferd. Reiner hatte ihm wohl schon berichtet. Jennifer und Juliano hatten drei Kartons Wein mitgebracht und eine Kiste mit Zutaten für die abendliche Koch-Aktion. Reiner setzte sich zu Undine.

„Lasst es euch schmecken“, rief Undine und hob ihr Glas.

Dann küsste sie Reiner und lehnte sich für einen Moment an ihn.

„Das hast du fein gemacht. Ich bin stolz auf dich.“

Er küsste sie auf die Stirn.

„Bis jetzt klappt es wunderbar. Genieße deinen Ehrentag!“

Lene prostete ihr zu und löffelte ein Stück Erdbeersahnetorte. Karla hatte sich wieder einmal übertroffen. Anna hatte ihre berühmte Eierlikörtorte beigesteuert. Lene hatte Schoko-Muffins gebacken, in deren Inneren eine Praline schmolz. Irgendwer hatte einen Marmorkuchen mitgebracht und jemand anderes Schmandkuchen mit Mandarinen.

Undine sah in die fröhlichen Gesichter ihrer Gäste und fühlte sich rundum wohl. Reiner an ihrer Seite und dazu die besten Freunde, die man sich nur wünschen konnte – was wollte sie mehr? Es war alles gut so, wie es war. So konnte es weitergehen, bis sie alt und hutzelig waren.

Sie aßen, tranken, redeten, schlenderten durch den Garten, genossen den Sonnenschein. Bald verabschiedete sich Ulrica, denn sie musste ins Restaurant. Juliano und seine Schnippel-Hilfe Jennifer zogen sich in die Küche zurück und nach kurzer Zeit duftete es verführerisch nach italienischen Kräutern. Am Abend setzten sie sich ins Haus und aßen Pasta, drei verschiedene Soßen und Salat. Dazu gab es Mini-Pizza, die man sich selbst belegen konnte.

Nach dem Essen lehnte sich Undine zurück und schnaufte.

„Ich platze, wenn ich auch nur noch einen Bissen sehe. Juliano, du bist ein Meisterkoch. Da verzeihe ich dir sogar den Romantik-Kram, den du Reiner eingeredet hast.“

Undine beschrieb den Frühstückstisch und alle lachten, denn sie wussten genau, was sie meinte. Bald danach machten sich die Gäste auf den Heimweg. Reiner und Undine begleiteten sie zum Gartentor, das auf das Bucher Pfädchen hinausging. Es war still, als sie noch einen Augenblick dort standen. Nastätten war zur Ruhe gekommen. Es war kein Ort mehr, an dem die Leute nach zwei Millionen Euro suchten, es war kein Ort mehr, an dem man sich nachts fürchten musste. Die Menschen hatten ihren Frieden wieder zurückbekommen und das war gut so.

„Wenn du mir jetzt noch verrätst, wie du das mit dem tollen Wetter hinbekommen hast, kriegst du einen Kuss.“

Reiner lachte.

„Ähm, ich habe da oben angerufen und Sonnenschein bestellt. Das war ganz einfach, aber ziemlich teuer.“

Sie küssten sich und gingen ins Haus, wo sie noch ein Glas Wein tranken und dann gut gelaunt, aber erschöpft ins Bett fielen. Reiner schnarchte bald, Undine jedoch lag noch eine Weile wach und ließ den schönen Tag Revue passieren. Es ging allen gut, sie waren gesund, Sabine war aufgeblüht und hatte alles hinter sich gelassen.

Undine schlief bald ein und schreckte hoch, als Reiners Handy klingelte. Sie rüttelte an seiner Schulter, bis er knurrend die Augen öffnete. Er nahm das Handy ans Ohr und bellte hinein. Es war halb drei.

„Was? Ich habe frei! Weißt du, wie spät es ist?“

Er lauschte, sah dann kurz zu Undine hinüber.

„So eine Scheiße. Ist die Feuerwehr schon vor Ort?“

Jetzt saß Undine aufrecht im Bett und platzte fast vor Neugier. Reiner hörte weiter zu und legte dann auf.

„Ich muss weg. Es brennt bei deiner Freundin Silke.“

„Oh nein, was ist passiert?“

„Keine Sorge, nur die Mülltonnen, aber es war wohl Brandstiftung. Die Kollegen sind zu einem großen Verkehrsunfall raus, also muss ich zum Feuer. Schlaf du mal ein bisschen. Ich berichte später.“

Undine wollte protestieren, aber Reiner sah sie mit erhobenem Zeigefinger an.

„Du weißt …“

„Du bist die Polizei“, beendete Undine seinen Satz. „Ich weiß, aber ich könnte Silke trösten. Wir kennen uns doch gut und vielleicht benötigt sie seelischen Beistand.“

„Dann schicke ich sie zu dir. Du bleibst hier und basta.“

Damit schlüpfte er aus dem Bett und Undine legte sich hin. Er hatte ja recht, sie hatte an einem Tatort nichts zu suchen. Aber, aber, aber …

3

Es stank fürchterlich und schwarze Wolken waberten die Webergasse entlang. Alles war in das flackernde Blaulicht des Löschfahrzeuges getaucht. Die Feuerwehr war schnell vor Ort gewesen, trotzdem hatten sie nicht verhindern können, dass das Feuer aus der umgekippten großen Papiertonne, die neben den beiden anderen am Tor gestanden hatte, die Gartenblumen in Mitleidenschaft gezogen hatten.

Nach zwanzig Minuten war alles gelöscht. Silke stand im Nachthemd und Morgenmantel auf dem Gehweg und ihr Gesicht war tränenüberströmt. Reiner trat zu ihr und legte einen Arm um sie.

„Mensch, das tut mir leid.“

Silke schniefte.

„Der schöne Flieder, hoffentlich wird der wieder.“

„Der wächst nach, Silke. Sag mal, warum hast du denn so viel Zeug in den Mülltonnen? Der Müll wurde doch gerade erst abgeholt.“

„Ich verreise doch am Samstag, da habe ich bei der Suche nach den Koffern gleich noch aufgeräumt. Ich wollte doch, dass alles ordentlich ist, wenn ich so lange weg bin. Mein Nachbar wollte den Müll rausstellen. Und ich schwöre: Es war nichts Gefährliches dabei, nur Verpackungszeug, Styropor, Pappe und solch ein Kram eben.“

„Wer hat die Feuerwehr gerufen?“

„Ich selbst!“

„Wie hast du denn mitbekommen, dass es brennt?“

„Ich habe geschlafen, aber dann waren die Hühner plötzlich in Aufruhr. Mitten in der Nacht! Ich habe rausgeguckt, ob womöglich der Marder da ist, aber es war nichts zu sehen. Aber so ein Gegacker … Dann bin ich ins Bad und habe durch das halb geschlossene Küchenrollo so ein komisches Licht gesehen. Als ich aus der Tür sah, brannte alles lichterloh, da habe ich die Feuerwehr gerufen. Die war nach einer Minute hier.“

„Gut, hast du jemanden gesehen, als du das mit den Hühnern bemerkt hast?“

„Nein, niemanden.“

„Aber ich!“, sagte eine Stimme hinter Reiner. „Ich konnte nicht schlafen wegen meinem Rücken, der tut weh, wenn ich liege. Da wandere ich manchmal herum. Ich bin Konrad Bliesker.“

Reiner nickte und notierte sich den Namen des Mannes.

„Was haben Sie denn gesehen?“

„Einen Mann, der kam von links und ist hier stehengeblieben. Ich weiß nicht, was er gemacht hat. Und dann kamen auch schon die Flammen rausgeschossen. Er ist um die Straßenecke weggerannt. Ich war zu weit weg, da hinten auf dem Parkplatz.“

Er zeigte in die Richtung.

„Ich habe meine Brille vergessen, darum kann ich nichts Genaues sagen, nur dass es eine große dünne Person war. Dunkel angezogen, Mütze.“

„Was für eine Mütze? Kappe? Bommelmütze?“

„Keine Ahnung, eine dunkle Mütze. Sie stand vom Kopf ab.“

„Zeigen Sie mir bitte, wohin er verschwunden ist!“

Die beiden Männer gingen ein Stück, bis sie die Paul-Spindler-Straße einsehen konnten, aber weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Nicht einmal Schaulustige trauten sich aus dem Haus. Kein Wunder, denn um diese Zeit schlief man bekanntlich.

„Danke, ich melde mich, wenn ich noch Fragen habe.“

„Tun Sie das, Herr Kommissar, das war auf jeden Fall Brandstiftung. Der hat an den Mülltonnen hantiert.“

Einer der Feuerwehrmänner trat zu Reiner, der wieder neben Silke stand.

„Sie können wieder ins Haus gehen. Wir halten noch einen Moment Brandwache, aber es kann nichts mehr passieren.“

„Ich kann doch jetzt nicht schlafen!“

„Dann komm mit zu uns“, schlug Reiner vor. „Undine sitzt eh in der Küche und kriegt sich vor Neugier kaum ein. Die macht dir einen Kaffee und dann bist du nicht allein.“

Silke nickte und ging ins Haus, um sich etwas anzuziehen. Der Kommissar wendete sich dem Feuerwehrmann zu und grinste.

„Ich schreibe ein Protokoll. Was könnt ihr mir sagen?“

„Ich tippe auf Benzin. Kommt noch die Spurensicherung?“

„Ich weiß nicht. Grober Unfug? Es waren doch nur Mülltonnen.“

„Brandstiftung ist nichts Lustiges!“, fuhr ihn der Feuerwehrmann an.

„Entschuldigung, so habe ich das nicht gemeint“, brummte Reiner und rief Rudolf Gronker an, der sich schlaftrunken meldete.

Der Kriminaltechniker versprach schnell zu kommen. Reiner legte auf.

„Ihr seid ja noch eine Weile hier, oder? Ich bringe die Frau zu uns nach Hause, dann komme ich wieder.“

Er sah, dass der Feuerwehrmann nickte, dann kam auch schon Silke aus dem Haus und er hielt ihr die Autotür auf. Nachdem er sie bei Undine abgeliefert hatte, fuhr er zurück und kam gleichzeitig mit Rudolf dort an.

„Ei, was für eine Sauerei. Wenn Kunststoff brennt, wird es besonders eklig. Ich rede mal mit dem Feuerwehrhäuptling.“

Reiner lief die Straße bis zum Kreisel hinauf und wieder zurück bis zur Paul-Spindler-Straße, aber noch war es ruhig. Wie kommt man denn auf solch eine Schnapsidee, mitten in der Stadt Mülltonnen anzuzünden? War es ein gezielter Anschlag auf Silke? Das konnte sich Reiner beim besten Willen nicht vorstellen.

Undines Freundin war Künstlerin, nähte viel: Kleidung, die modisch war und sich gut verkaufte, aber sie fertigte auch Decken an und vieles mehr. So war sie auch als „Stoffkünstlerin“ bekannt geworden. Nein, nein, das musste ein Witzbold gewesen sein, der Spaß am Zündeln hatte.

Rudolf untersuchte die Tonnen, den Zaun und die Umgebung, aber es gab keine brauchbaren Spuren. Er kam zu Reiner und seufzte.

„Ich bin für nichts aufgestanden. Wusstest du, dass es in den letzten Monaten einige solcher unbedeutenden Feuerchen gegeben hat?“

„Sagt wer?“

„Der Feuerwehrmann.“

„Gab es denn keine Anzeigen?“

„Nein, es waren oft Papierkörbe, Mülltonnen oder mal eine Hecke. Die Besitzer, wenn es denn welche gab, wussten nicht genau, ob sie selbst nur unvorsichtig gewesen waren.“

„Vielleicht hat Silke auch irgendwas in die Tonne geworfen …“

„Quatsch“, unterbrach Rudolf den Kommissar, „jemand hat eine Menge Benzin in die Tonnen geschüttet. Das wird deine Bekannte wohl kaum selbst getan haben.“

„Entschuldige, ich hatte es vergessen. Irgendwie weiß ich gar nicht, was ich nun ermitteln soll. Ich rede mal mit Jennifer und dann entscheiden wir, was wir machen. Kommst du mit auf einen Kaffee?“

„Nein, lass mal, ich gehe wieder in mein Bett. Ich brauche unbedingt mal Urlaub. Ich bin nur noch müde.“

Er gähnte, um seine Aussage zu untermauern. Auch Reiner spürte plötzlich die Müdigkeit in seinen Knochen. Er verabschiedete sich von Rudolf und der Feuerwehr, dann fuhr er heim.

Undine und Silke saßen am großen Küchentisch, hatten Kaffee und Kekse vor sich und schnatterten, als wäre es ein gemütlicher Kaffeeklatsch.

„Ich habe Silke gesagt, sie solle sich nicht verrückt machen wegen der blöden Mülltonnen“, begrüßte ihn Undine.

„Schließlich bin ich bald auf Kreta. Das lasse ich mir nicht verderben.“

„Aha“, sagte Reiner müde, „und was ist, wenn es ein gezielter Anschlag auf dich war?“

Das Schweigen, das jetzt im Raum hing, ließ Silke erschauern. Sie sah Reiner mit großen Augen an und knetete die Finger.

„Du meinst, man wollte mir etwas antun?“

Undine haute mit der Faust auf den Tisch.

„Wie kannst du nur solch einen Unsinn verbreiten und Silke Angst machen?“, fuhr sie Reiner an. „Silke wohnt in einer Ecke von Nastätten, wo es ständig irgendwelchen Unfug gibt. Dieses Feuer war eine dämliche Aktion, aber kein Anschlag!“

„Und das weißt du woher?“

„Das sagt mein gesunder Menschenverstand.“

„Ich habe niemandem etwas getan!“, rief Silke, um sich zu beruhigen.

„Dann habt ihr bestimmt kein Problem, wenn wir keine große Ermittlung starten.“

„Nein, das ist nicht nötig. Sonst kommt nur noch irgendetwas Blödes zwischen mich und Kreta. Auf keinen Fall lasse ich das zu. Danke, dass du dort warst, aber eine Ermittlung ist nicht nötig.“

Reiner rollte mit den Augen und setzte sich. Undine holte ihm eine Tasse Kaffee und schob ihm die Kekse hin. Dann wendete sie sich Silke zu.

„Ich freue mich so für dich! Deine Reise wird dir guttun und wenn du wieder da bist, kommst du her und berichtest alles. Da fällt mir ein: Ich wünsche euch einen schönen ersten Mai! Reiner, Schatz, was machen wir denn heute?“

„Ach ja, erster Mai. Ich befürchte, ich muss ins Büro und den Bericht schreiben. Am Nachmittag können wir etwas unternehmen. Was denkst du über Eis essen?“

„Gern, ich schlafe noch ein bisschen. Silke, möchtest du dich im Gästezimmer hinlegen? Du kannst schlafen und wir frühstücken dann zusammen?“

Silke schüttelte den Kopf.

„Ich gehe nach Hause. Mal sehen, wie es jetzt aussieht. Nachher räume ich alles auf und dann denke ich nur noch an Kreta.“

4

Zwei Stunden später regnete es, als wollte der Wettergott die Trockenheit der letzten zwei Jahre ausgleichen. Undine hatte sich in die Werkstatt zurückgezogen, Reiner war gegen neun Uhr ins Büro gefahren, nicht ohne vorher zu versprechen, sich zu beeilen. Er hatte Jennifer abgeholt und von seinem nächtlichen Erlebnis berichtet.

„Ich habe gar keine Sirene gehört, dabei habe ich einen leichten Schlaf.“

„Es gibt in Nastätten nur einen stillen Alarm, also konntest du keine Sirene hören.“

„Jetzt, wo du es sagst … ich habe noch nie eine gehört. Eigentlich ist das ja eine gute Sache. Dann wackelt nicht jeder Idiot zum Brandort, um danach Fotos auf Social Media zu posten.“

Sie waren nochmal an Silkes Haus vorbeigefahren, aber es gab nichts Interessantes zu sehen.

„Wollte jemand Silke etwas Böses?“

„Davon wollte sie nichts hören. Schließlich ist ihr die Reise morgen wichtiger. Na, egal, ich schreibe das Protokoll und dann ist es gut. Rudolf hat mir erzählt, dass es schon öfter solch kleine Brände gegeben hatte, aber es wurde nie die Polizei gerufen.“

„Aber was ist, wenn es ein Serientäter ist?“

Reiner sah Jennifer mit einem schiefen Grinsen an.

„Hast du zu viele Krimis geschaut? Ein Serientäter, der Mülleimer anzündet? Uuuh, wie gefährlich.“

Jennifer schüttelte den Kopf. Reiner war in einer merkwürdigen Stimmung. Nichts nahm er ernst. In solchen Momenten unterließ sie jede Diskussion, weil sie wusste, dass sie ihn sowieso nicht umstimmen konnte. Sie nahm sich vor, selbst ein paar Recherchen anzustellen.

Im Büro tippte Reiner den Bericht, heftete ihn ab und wollte sich wieder auf den Heimweg machen.

„Wie kommst du nach Hause?“

„Juliano holt mich nachher ab und wir fahren nach Koblenz.“

„Bei dem Wetter? Was wollt ihr da?“

„Mein Lieber, wir steigen in ein Schiff und fahren nach Rüdesheim, wo wir an einer Weinprobe teilnehmen. Da ist mir das Wetter herzlich egal. Und morgen habe ich frei.“

„Na dann viel Spaß.“

Reiner verließ das Büro und machte sich auf den Heimweg.

Jennifer fuhr den Computer hoch und erkundigte sich telefonisch bei der Einsatzleitstelle in Montabaur nach den letzten Einsätzen der Feuerwehr im Rhein-Lahn-Kreis. Sie notierte sich die Adressen, an denen die kleinen Brände aufgetreten waren, zog sich die Jacke an und machte sich mit einem Dienstfahrzeug auf den Weg. Von unterwegs rief sie Juliano an, um ihm zu sagen, dass er sie nicht abholen müsse.

Sie fuhr von Ort zu Ort und sprach mit den Menschen, bei denen es gebrannt hatte.

„Ich habe wohl die Asche vom Grill nicht ordentlich abkühlen lassen, bevor ich sie in die Mülltonne geschüttet habe. Die Feuerwehrleute haben mir einen langen Vortrag gehalten. Mann, das war peinlich, denn die halbe Nachbarschaft stand daneben“, sagte in Holzhausen ein Mann, dessen Mülltonne gebrannt hatte.

Ebenso war es in Bogel passiert. Eine Frau berichtete von den Löscharbeiten. Sie hatten Glück gehabt, denn die Tonnen standen bereits draußen auf der Straße. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn die im Hof unter dem Schleppdach des Schuppens gebrannt hätten.

In Miehlen hatte jemand einen öffentlichen Papierkorb in Brand gesetzt, in dem ein Unbekannter seinen Hausmüll entsorgt hatte. In Welterod hatte eine Hecke gebrannt, nachdem man die Papiertonne angezündet hatte. Das war als Streich abgetan worden.

„Das waren sicher die Buben, die hier immer mit den Fahrrädern herumrasen. Namen kenne ich nicht, aber die kommen bestimmt aus schwierigen Familienverhältnissen. Warum sonst würden die sich den ganzen Nachmittag herumtreiben?“

Die Besitzerin der Hecke fuchtelte noch eine Weile mit den Armen herum und schimpfte auf die Jugend von heute. Jennifer fuhr zwei weitere Orte an, die sie ermittelt hatte und war mehr und mehr davon überzeugt, dass all diese Brände keine Zufälle waren. Hier schien ein Brandstifter sein Unwesen zu treiben und nur, weil es keine spektakulären Brände waren, hatte niemand einen Zusammenhang gesehen.

Jennifer nahm das Telefon und rief Reiner an. Sie berichtete kurz und knapp, stieß aber weiterhin auf taube Ohren.

„Solche Brände gibt es mehr als genug in ganz Deutschland, wenn nicht sogar in der ganzen Welt. Jetzt fahr heim zu deinem Juliano und habt einen schönen ersten Mainachmittag. Morgen sehen wir weiter. Und mach dich nicht verrückt wegen deiner Hirngespinste.“

Beleidigt schaltete Jennifer das Handy ab und warf es auf den Beifahrersitz. Sie hätte es wissen müssen! Reiner war nicht von seiner Meinung abzubringen, die er nun einmal gefasst hatte. Aber sie wollte ihren Ärger nicht mit heim nehmen, darum schob sie den Gedanken an die Arbeit beiseite und machte sich auf den Weg zu Juliano. Jetzt wollte sie sich nur noch auf die Schifffahrt und die Weinprobe freuen. Sollte sich Reiner doch morgen allein damit herumärgern, sie hatte schließlich frei. Und um nichts in der Welt würde sie morgen ins Büro fahren.

Auch Reiner hatte das Handy weggelegt und sah nun Undine an, die eben die Werkstatt aufräumte, damit sie einen langen Spaziergang machen und Eis essen konnten. Er erkannte an ihrem Blick, dass sie genau zugehört hatte und ahnte, was kommen würde.

„Und wenn Jennifer nun recht hat? Sie hatte schon immer einen guten Riecher. Warum wehrst du dich so gegen den Gedanken an einen Brandstifter?“

„Weil das Pillepalle ist. Hier eine Mülltonne, da ein Papierkorb! Das sind Dumme-Jungen-Streiche und nicht gefährliche Brandstifter. Jennifer fantasiert sich gerade einen Serientäter zusammen. Das ist lächerlich!“

„Nur weil es dir nicht in den Kram passt?“

„Willst du dich ausgerechnet heute streiten? Du hattest gestern einen schönen Tag und heute sollten wir das doch auch hinkriegen.“

Undine lachte laut los.

„Was hat das denn mit Streiten zu tun? Wir unterhalten uns doch nur. Es ist maximal eine kleine Diskussion und die musst du aushalten, mein Lieber.“

„Meine Liebe, wenn es um meinen Job geht, muss ich gar nichts aushalten, dann geht es dich nämlich nichts an.“

Sie sahen sich an wie zwei Rivalen auf einer zu schmalen Brücke. Reiner stand auf und verließ die Werkstatt. An der Tür drehte er sich nochmal um und lächelte.

„Ich ziehe mich um. In einer Viertelstunde gehe ich Eis essen, wenn du mitkommen möchtest, dann sei pünktlich draußen.“

Undine antwortete nicht. Reiner wollte nie zugeben, dass er sich irrte. Niemals. Und es störte sie, dass er dieser schönen Auseinandersetzung einfach aus dem Weg ging. Sie hatte sich so auf ein Wortgefecht gefreut. Nun denn, sagte sie sich, gehen wir halt Eis essen. Sie war fest davon überzeugt, dass Jennifer recht hatte, und würde sie auch ohne Reiners Wissen unterstützen. Mit einem Grinsen beeilte sie sich mit dem Aufräumen und hängte sich eine Viertelstunde später in Reiners Arm, um mit ihm in die Stadt zu schlendern.

Der Tag endete sehr harmonisch in der „Gondola“, wo sie sich eine Pizza gönnten. Den Rest packte Ulrica ein und brachte den Karton an den Tisch.

„Na, habt ihr auch schon von den Bränden gehört?“

„Was für Brände?“, fragte Reiner scheinheilig.

„Na, die Mülltonnen bei Silke. Und ich weiß von weiteren Feuern in den Dörfern ringsum.“

„Ach, das ist nichts weiter als Zufall. Deine Pizza war wieder ein Genuss. Ich könnte jeden Tag hier essen.“

Undine verkniff sich das Lachen, so sehr war Reiner bemüht, dieses Thema zu umschiffen.

„Danke. Ich muss weiter. Einen schönen Abend noch.“

5

Am nächsten Morgen saß Reiner allein im Büro. Er hatte bis sieben Uhr geschlafen, sich einen Kaffee und ein Brötchen gemacht und wollte gerade losfahren, als Undine im Nachthemd gähnend die Treppe hinuntergekommen war.

„Komm nicht so spät, mein Lieber. Wir wollen ins Kino, vergiss das nicht.“

„Nein, vergesse ich nicht. Bis später.“

Er küsste Undine sanft und lief zum Auto, das wie immer am Bucher Pfädchen parkte. Dort ließ er sich auf den Sitz fallen und sah den Zettel hinter dem Scheibenwischer. Knurrend stieg er aus und nahm das reichlich zerknautschte Papier mit ins Auto.

„Halte dich raus, sonst verbrennst du dir die Finger!“

Wütend knüllte er das nasse Papier zusammen und warf es in den Fußraum auf der Beifahrerseite. Er schüttelte den Kopf. So ein Spinner, dachte er, da wollte sich wohl jemand einen Spaß erlauben. Aber nicht mit ihm, Kommissar Reiner Nickich! Als er in Sankt Goarshausen eintraf, hatte er den Zettel erfolgreich verdrängt und eilte hinauf ins Büro.

Er fuhr den Computer hoch, als Rudolf von der Spurensicherung eintrat.

„Guude, Kollege! Wie war dein Feiertag?“

„Entspannt“, antwortete Rudolf. „Ich habe hier den Bericht von dem Brand der Mülltonnen bei deiner Bekannten.“

„Und?“

„Du kannst doch schon lesen.“

„Ja natürlich, aber du könntest es zusammenfassen, oder?“

Rudolf seufzte. Er kannte Reiner bereits eine halbe Ewigkeit und wusste, dass er ein feiner Kerl mit einer sehr rauen Schale war. Seit er mit Undine zusammen war, hatte sich sein Verhalten von Grund auf verändert, aber manchmal kam noch der polterige Bollerkopp durch.

„Na gut. Es war eine Menge Brandbeschleuniger im Spiel. Ich denke, wer so viel Benzin nachts mit sich herumschleppt, führt etwas im Schilde. Das war Brandstiftung. Jetzt musst du nur noch herausfinden, warum das Feuer bei deiner Bekannten gelegt wurde.“

Reiner winkte ab.

„Ach was, da hat sich jemand einen dummen Scherz erlaubt und Silke als Opfer war Zufall.“

Rudolf runzelte die Stirn.

„Ähm, das kann ich mir nicht vorstellen, aber du bist der Kommissar. Ich an deiner Stelle würde sie nochmal ausführlich befragen.“

Reiner sah auf die Uhr.

„Das kann ich in einem halben Jahr machen. Jetzt ist sie auf dem Weg nach Kreta und erholt sich von dem ganzen Trubel.“

„Aha, na dann. Ich muss weiter.“

Rudolf nickte Reiner zu und verließ das Büro.

Reiner tippte mit dem Kugelschreiber auf den Tisch. Das half ihm beim Denken. Er fand, dass alle übertrieben. Jennifer mit ihrem Serienbrandstifter, Undine mit ihrer Fragerei, Rudolf mit der Idee, dass man Silke etwas antun wollte. Das war doch alles Quatsch. Oder etwa nicht?

Jetzt recherchierte er genau dasselbe, was Jennifer gestern getan hatte und ärgerte sich, dass die Kollegen bei der Feuerwehr Witze darüber machten.

„Ihre Kollegin müsste doch die Liste haben. Wie wäre es denn damit sie zu fragen, ob sie sie rausrückt?“

„Jaja, lacht ihr nur. Jennifer hat heute frei und ich erreiche sie nicht“, log Reiner.

Eine Stunde später war auch er unterwegs, um einige der Brandopfer zu befragen. Er erfuhr auch nur das, was die Leute schon Jennifer erzählt hatten. Und einige grinsten unverschämt, weil sie dachten, er hätte es vergeigt und müsste alles nochmal recherchieren. Als es ihm dann doch zu peinlich wurde, fuhr er zurück ins Büro und machte sich schmollend einen Kaffee.

Fragen über Fragen gingen ihm durch den Kopf. Gab es hier seit längerer Zeit einen Feuerteufel? Oder war das alles doch nur eine Verkettung von Zufällen, die im ersten Moment merkwürdig aussah? Wäre doch Jennifer jetzt da! Sie könnten darüber diskutieren, das würde ihm wie immer helfen, die Dinge klarer zu sehen. Aber Jennifer war nicht da. Mit wem konnte er die Sache noch durchsprechen?