Geheimnisse in Nastätten - Ute Dombrowski - E-Book

Geheimnisse in Nastätten E-Book

Ute Dombrowski

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Beschreibung

Ganz Nastätten sucht nach den verschwundenen zwei Millionen Euro, die man nach dem Tod von Dimita Doromowski nicht hatte finden können. So kommt es zu zahlreichen Einbruchsversuchen. Natürlich können auch Undine und Lene nicht die Finger von den Ermittlungen lassen. Bringt ihre Neugier sie in Gefahr? Dann wird ein Toter am Schwimmbad gefunden. Reiner und Jennifer haben mehr und mehr Probleme mit dem Fall, denn sie können den Täter nicht fassen, obwohl es Fingerabdrücke in Hülle und Fülle gibt. Es folgen weitere Tote, denn das ganze scheint außer Kontrolle zu geraten. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.

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Ute Dombrowski

Geheimnisse in Nastätten

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

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Impressum neobooks

1

Geheimnisse in Nastätten

Der sechste Fall

Ute Dombrowski

Die Personen und die Handlung des Buches sind frei erfunden.

Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

1. Auflage 2022

Copyright © 2022 Ute Dombrowski

Umschlag: Ute Dombrowski mit www.canva.com

Lektorat/Korrektorat: Julia Dillenberger-Ochs

Satz: Ute Dombrowski

Verlag: Ute Dombrowski Niedertiefenbach

Druck: epubli

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors und Selbstverlegers unzulässig.

Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

„Zwei Millionen Euro. Dafür könnte man viele Leckerlis kaufen, nicht wahr, Zorro?“

Undines Hund, der unter dem Tisch gelegen hatte, hob aufmerksam den Kopf.

„Man sollte sich glatt auf die Suche danach machen. Das Geld muss ja irgendwo sein.“

Sie kraulte Zorro den Nacken.

„Hilfst du mir?“

Der Hund stand auf und lief mit der Nase auf dem Boden hin und her. Undine lachte. Sie rief Zorro zu sich und sah zur Tür. Hinter dem Vorhang erschien Reiners gerötetes Gesicht.

„Fertig?“

„Eine halbe Stunde Holz hacken reicht doch wohl, oder? Es tut mir auch gar nichts mehr weh.“

Zur Bekräftigung bewegte er den Kopf und seinen Arm. Der Killer hatte ihn angeschossen und zusätzlich war Reiner mit dem Kopf auf die Steine gefallen, wonach er ein paar Tage im Krankenhaus gewesen war und hinterher von Undine gepflegt wurde. Seine Mutter, die sie im neuen Jahr besucht hatten, hatte nur gesagt, dass er immer schon hart im Nehmen gewesen sei.

„Danke, mein Lieber. Schön, dass es dir wieder richtig gut geht. Zorro sucht das Geld.“

„Welches Geld?“

„Die zwei Millionen.“

Der Hund lief zu Reiner und setzte sich vor ihn. Reiner kraulte ihn hinter den Ohren.

„Das musst du nicht suchen, denn dafür ist die Polizei zuständig. Lass dich nicht von deinem Frauchen zu irgendeinem Mist überreden.“

Undine stellte lachend eine Tasse Kaffee auf den Tisch und schob Reiner auf die Bank.

„Ich habe schon verstanden. Natürlich sucht nur die Polizei nach dem Geld. Geht es dir wirklich gut nach der Anstrengung?“

„Mir brummt der Schädel, aber nicht von der Arbeit, sondern von Jasmins Ratschlägen, wie man Holz hackt.“

„Sie meint es doch nur gut, schließlich warst du vor drei Wochen noch im Krankenhaus. Aber mal im Ernst: Gibt es das Geld wirklich?“

„Keine Ahnung. Die Leute aus Frankfurt halten sich da sehr bedeckt. Und wenn ich es wüsste, würde ich dir sowieso nichts sagen.“

Undine setzte sich zu ihm und nippte an ihrem heißen Cappuccino. Als sie Reiner ansah, hatte sie einen Milchschaumbart auf der Oberlippe. Er küsste ihn weg und grinste.

„Stell dir doch einfach vor, das Geld war nur eine Behauptung, um die Sache spannender zu machen. Davon bin ich nämlich überzeugt.“

„Aber man schickt doch keinen Killer nur so aus Spaß in eine kleine Stadt wie Nastätten. Überleg mal: Robert alias Ruben hat den Verbrechern Geld gestohlen, die suchen dann nach ihm und bringen ihn sogar um. Also bitte, das tun die nicht, wenn kein Geld existieren würde.“

Reiner wünschte sich sehr, dass es die zwei Millionen nicht gab, schon gar nicht hier in Nastätten, aber er wusste: Undine würde wieder Detektiv spielen, um ihm, wie sie es immer ausdrückte, zu helfen. Dabei würde sie sich in eine schlecht einschätzbare Gefahr begeben, denn auch wenn der Verbrecher bei dem Unfall ums Leben gekommen war, würden dessen Leute vielleicht einen neuen Mann schicken, der ihnen das viele Geld zurückbringt. Und wenn es nicht existierte, war so eine Situation noch gefährlicher.

Darum sollte sie auch lieber denken, dass es nicht existierte. Punkt. Aber er kannte seine Freundin. Sie und Lene würden so lange bohren, bis sie die Wahrheit herausfanden.

Undine kannte Reiner auch zu gut, um jetzt weiter zu fragen. Er würde nichts mehr sagen. Sie ahnte, dass er sie nur beschwichtigen wollte.

„Na, dann hoffen wir mal, dass es jetzt mit den Verbrechen gut ist. Es sollte lieber noch ein bisschen schneien in Nastätten.“

Als sie von der Nordsee zurückgekehrt waren, war der ganze Schnee weg gewesen und es hatte bei ungemütlichen vier Grad über Null geregnet. Die Stadt sah auch heute grau und trist aus, die Leute waren schlecht gelaunt und den Freundinnen schlug das Wetter auf das Gemüt. Die einzigen Lichtblicke waren ihre Treffen in der „Gondola“, wo sie gut aßen und tranken, über Gott und die Welt sprachen und sich köstlich amüsierten. Sabine hatte sich von allen Schrecken erholt und nahm nun wieder regelmäßig teil. Sie hatten die Treffen von donnerstags auf dienstags verlegt, weil Anna sonst nicht mehr hätte kommen können. Am kommenden Dienstag war es wieder soweit und dann hatten sie schon beinahe einen ganzen Monat im neuen Jahr hinter sich.

Undine hatte sich um Sabine und Michelle gekümmert, Reiner hatte viel Bürokram erledigt, weil Jennifer auch eine Weile im Urlaub in Italien gewesen war und weil die Verbrecher sich zurückhielten, was alle sehr begrüßten. Die Zeit um Weihnachten war kräftezehrend gewesen, auch bei seinem Krankenhausaufenthalt hatte Reiner sich kaum erholt. Erst bei seiner Mutter, wo Undine und sie die perfekte Harmonie hinbekommen hatten, konnte er abschalten und neue Energie tanken.

Heute Abend musste er zum Dienst, aber der Rest des Wochenendes war frei.

„Wollen wir morgen essen gehen, liebe Undine?“

„Wohin denn, lieber Reiner?“

„Wie wäre es mit dem Bucher Hof?“

„Da sage ich nicht nein. Dort waren wir lange nicht, also rufe ich gleich mal an, ob wir unseren Tisch bekommen können.“

Er hörte sie reden und lachen, als sie die Treppe hinaufgegangen war. Reiner lächelte. Irgendwie hatten sie noch nicht wieder über den Heiratsantrag geredet und Undine sah auch nicht so aus, als ob sie die Absicht hatte, sich auf diese Art an ihn zu binden. Vielleicht war es auch gar nicht wichtig, denn so, wie es jetzt war, lief es doch gut. Musste man denn heiraten, um sich zu lieben? Nein, die Liebe hatte nichts damit zu tun, dass man den gleichen Namen trug oder sich bei der Hochzeit sonst was schwor, die Liebe war im Herzen und nicht auf dem Papier. Darum hatte er auch an der Nordsee den Antrag nicht wiederholt. Undine trug den Ring nicht, er lag in seinem Kästchen, das offen auf ihrem Nachtschrank stand.

Undine kam die Treppe herunter und sagte: „Morgen acht Uhr abends haben wir ein Date. Wir werden an unserem Tisch sitzen, fein essen und uns liebevoll in die Augen sehen, wenn du damit einverstanden bist.“

„Ich bin zu jeder Schandtat bereit“, erklärte Reiner, stand auf und küsste Undine. „Ich muss mich noch ein bisschen hinlegen, damit ich heute Nacht nicht einschlafe. Was hast du vor?“

„Ich wollte mal bei Sabine vorbeischauen und ein bisschen einkaufen. Danach verschwinde ich in der Werkstatt.“

Reiner ging zum Schlafen nach oben und Undine schaute in den Kühlschrank, um schnell eine Einkaufsliste zu schreiben.

„Milch, Käse, Brot, Tomaten oder eine Gurke. Äpfel und Himbeermarmelade für die Kreppel.“

Sie hatte von Reiners Mutter ein Rezept für Kreppel bekommen und es schien wenig aufwendig, darum hatte sie beschlossen, in den nächsten Tagen welche zu backen. Sie nickte der Liste zu und ging hinüber zu Jasmin. Die saß mit einer dampfenden Tasse Kaffee über der Zeitung, ein Morgenritual, das zu ihrem Leben gehörte, wie Zähne putzen und duschen. Ihre übliche müde Laune am Morgen schien heute nur wenig ausgeprägt zu sein, denn sie grüßte Undine freundlich zurück.

„Was ist denn los? Warum bist du schon so munter?“

„Komm, setz dich, ich muss dir mal was vorlesen.“

Undine war gespannt.

„Hier ist es: Auch wenn der Fall abgeschlossen ist, wird immer wieder die Frage laut: Wo sind die zwei Millionen Euro, um die es bei dem Verbrechen kurz vor Weihnachten schließlich ging? Existiert dieses Geld wirklich oder ist es nur eine Erfindung? Hatte Ruben W. es schon ausgegeben? Liegt es auf einem anonymen Konto auf einer Insel jenseits der Zivilisation?“

Jasmin sah auf und nickte Undine zu.

„Was denkst du?“

„Wir hatten heute früh dieses Thema, aber Reiner hält sich sehr bedeckt. Ich glaube, er sagt mir nur nichts, damit ich nicht auf die Idee komme, nach dem Geld zu suchen. Dabei wäre es toll, denn es gibt bestimmt eine angemessene Belohnung.“

„Ich denke, das Geld existiert nicht. Das ist mir auch deswegen lieber, weil es nur mit Aufregung und Stress verbunden wäre, es zu finden. Das ist nicht so mein Ding.“

„Ach was, Stress. Aber nun Schluss damit! Kommst du mit zum Einkaufen oder soll ich dir etwas mitbringen?“

Jasmin wollte auf keinen Fall mitkommen, weil sie noch im Morgenmantel dasaß, also gab sie Undine eine kleine Liste. Dann widmete sie sich wieder der Zeitung und ihrem Kaffee.

Undine marschierte los. Im Augenblick regnete es mal nicht, also ging sie zu Fuß zum Supermarkt. Unterwegs musste sie an den Zeitungsartikel denken. Sie war also nicht die Einzige, die sich über die zwei Millionen Gedanken machte. Sie würde nachher Lene einladen und das mit ihr besprechen. Man konnte doch ganz unverbindlich danach suchen. Man konnte sich unauffällig umhören. Man konnte mal mit Bekannten reden, ob sie ähnlich dachten.

Reiner musste ja nichts davon erfahren.

2

Lene kam am Nachmittag und brachte Kuchen mit. Sie hatte vor kurzem an einem Back-Kurs teilgenommen und nun waren Undine, Reiner und Jasmin ihre Versuchskaninchen. Sie fand Undine in der Werkstatt, wo diese sich um den Brennofen kümmerte. Die Stücke, die sie im neuen Jahr gebrannt hatte, standen nun auf dem Tisch und warteten auf die Weiterverarbeitung. Meistens waren es Schalen, Tassen oder Teller, die einzelne Kunden vorbestellt hatten.

Undine kochte erneut Kaffee und reichte Lene einen flachen blauen Teller, auf den die Freundin leckere Schoko-Muffins anordnete und sie mit feinem Glitzer bestäubte.

„Die sehen aber hübsch aus. Wir lassen Reiner noch was übrig, der mag die nämlich auch sehr gerne. Hast du schon den Zeitungsartikel über das verschwundene Geld gelesen?“

Lene schüttelte den Kopf. Dafür hatte sie noch keine Zeit gehabt, denn ihr neues Hobby brachte viel Arbeit mit sich.

„Was steht denn drin?“, fragte sie mit vollem Mund.

Undine wiederholte, was Jasmin ihr vorgelesen hatte.

„Glaubst du, das Geld gibt es wirklich?“

Lene dachte nach. Eigentlich konnte sie sich gut vorstellen, dass Ruben irgendwo in Nastätten einen Koffer versteckt hatte, andererseits war er ein Lügner und Betrüger und könnte das Geld auch auf irgendein Konto im Ausland überwiesen haben.

„Lass uns danach suchen. Einfach so, ohne großen Aufwand, nur ein bisschen umhören und herumfragen.“

„Das wird Reiner aber nicht gefallen“, sagte Jasmin, die eben in die Werkstatt gekommen war.

Sie nahm sich einen Muffin, lobte dessen guten Geschmack und sah dann Undine böse an.

„Eines Tages ist er weg, weil du die Schnüffelei nicht lassen kannst oder noch schlimmer: Du liegst tot im Wald.“

„Warum denn ausgerechnet im Wald?“

„Das habe ich nur so gesagt, es kann auch in der Stadt sein oder hier im Garten. Ich will jedenfalls nichts davon hören. Und Lene, du solltest auch nicht mitmachen.“

„Jasmin, du siehst immer gleich kohlrabenschwarz. So ein bisschen Detektiv spielen hält die grauen Zellen auf Trab. Nimm dir doch noch einen Muffin und lies etwas Schönes. Ich glasiere jetzt die Keramik und räume sie zurück in den Ofen. Reiner wird bald wach sein. Er muss ja noch zum Dienst.“

Der hohe Krankenstand im Polizeirevier machte es nötig, dass Reiner und Jennifer ständig Dienste für ihre Kollegen übernehmen mussten. Bei dem miesen Wetter war es auch noch Nachtdienst, sicher würde Reiners Laune nicht die Beste sein, wenn er morgen früh wieder daheim war, darum wollte Undine auch nicht nochmal mit dem Thema Geld anfangen.

Eine Stunde später verabschiedete sie sich von Lene und lief hinüber. Zorro trottete hinter ihr her. Er war im Garten auf und ab gegangen und hatte einmal gebellt. Undine hatte sich gewundert.

„Was ist denn los, mein Junge? War dort ein Hase, den du anbellen musstest?“

Er legte sich neben den Ofen und hob nur kurz den Kopf, bis Reiner gähnend die Treppe hinunterkam.

„Jetzt bin ich noch müder als vorher. Gibt es etwas zum Essen?“

„Ich habe dir ein paar Brote und eine Kanne Tee für die Nacht gemacht und hier sind noch ein paar leckere Muffins, die Lene gebacken hat.“

Er nahm einen vom Teller, biss hinein und stöhnte.

„Oh Mann, sie sollte das mit dem Schreiben lassen und Konditorin werden, ein unentdecktes Talent.“

Reiner aß direkt noch einen zweiten Muffin und ging ins Bad, um sich frisch zu machen. Nachdem er noch schnell einen Kaffee getrunken hatte, machte er sich auf den Weg, um Jennifer abzuholen. Sie hatten sich für sieben Uhr verabredet.

„Hallo, Kollegin! Hast du auch so viel Lust?“

Jennifer brummte nur.

„Mein Schatz macht sich einen schönen Abend vor dem Fernseher und ich muss raus in die Kälte. Dafür gehen wir morgen ins Kino.“

„Wir gehen in den Bucher Hof essen.“

„Oh, schön. Wir können ja nach dem Kino zu euch stoßen.“

Reiner druckste ein wenig herum, sodass Jennifer sofort merkte, dass er sie nicht dabei haben wollte.

„Was ist denn los? Habt ihr Krach?“

„Nein, haben wir nicht, ich wollte nur nochmal das Thema heiraten ansprechen. Sie hat sich immer noch nicht geäußert und ich hänge irgendwie in der Luft.“

„Bist du denn sicher, dass sie das mit dir diskutieren will?“

Reiner sah Jennifer nachdenklich an. Er war sich vorhin sicher gewesen, dass das eine gute Idee war, doch jetzt kamen ihm Zweifel.

„Hör mal auf eine Frau. Du hast ihr einen Antrag gemacht und wartest auf ein Ja oder Nein. Sie will nicht Nein sagen, aber womöglich auch nicht Ja, weil sie es so, wie es ist, gut findet. Ich glaube, dass Undine nicht die Frau ist, die für die Bestätigung der Liebe einen Trauschein braucht. Du weißt doch selbst, dass sie anders, ja besonders ist. Sie ist ein freier Vogel und ihr seid doch glücklich, oder nicht?“

Reiner wackelte mit dem Kopf. Was Jennifer sagte, hörte sich logisch und vernünftig an.

„Du meinst, ich soll warten? Wie lange denn?“

„Bis … ach, das weiß ich auch nicht. Wenn es dir so wichtig ist, sprich es an. Und dann gehen wir woanders essen.“

„Ich denke nochmal drüber nach.“

Sie waren in Sankt Goarshausen angekommen und gingen in ihr Büro. Dort war es stickig und übermäßig warm, darum öffnete Jennifer erstmal das Fenster, bevor sie den Wasserkocher in Gang setzte, um Tee zu kochen.

„Stopp, liebe Kollegin, Undine hat mir eine große Kanne Tee mitgegeben, hol nur zwei Tassen.“

Sie tranken Früchtetee und fuhren den Computer hoch. Im Moment war alles so ruhig, dass sie hofften, es würde so bleiben. Gegen Mitternacht wurde die Ruhe jäh beendet.

„Einbruchsversuch in einem Hotel in Nastätten.“

Der Kollege legte ihnen einen Zettel mit der Adresse auf den Tisch und war wieder verschwunden.

„Ach schade, konnte der Typ nicht am Tage einbrechen?“

Jennifer schlüpfte in ihre Jacke und Reiner nahm seine über den Arm. Im Auto schwiegen sie, jeder hing seinen Gedanken nach. Vor dem kleinen Familienhotel in Nastätten stand bereits ein Streifenwagen. Zusammen mit Reiner und Jennifer bog ein Rettungswagen auf den Parkplatz.

Sie gingen zur Treppe, wo eine Frau saß und jammerte. Alles war hell erleuchtet, als auch Rudolf Gronker von der Spurensicherung das Geschehen erreichte.

„Ich bin Kommissar Reiner Nickich von der Polizei in Sankt Goarshausen, das ist meine Kollegin Jennifer Fonnach. Wer sind Sie und was ist passiert?“

Der Hotelchef stellte sich vor und zeigte auf seine Frau, die gerade von den Sanitätern versorgt wurde.

„Jemand hat versucht ins Haus zu kommen und als er mich sah, ist er abgehauen. Meine Frau wollte noch hinterherlaufen, aber dann ist sie umgeknickt. Wir wollten gerade unseren Rundgang machen und danach schlafen gehen.“

Der Sanitäter sagte mitleidig: „Der Knöchel ist hin, es tut mir sehr leid, Sie müssen mitkommen.“

„Ach du je“, klagte die Frau. „Dieser Mistkerl wollte uns sicher ausrauben.“

„Können Sie ihn beschreiben?“

„Groß, schlank, schwarzer Mantel mit Kapuze über dem Gesicht. Es ging alles so rasch, ich konnte kaum etwas erkennen vor Schreck. Aber er konnte rennen wir ein Verrückter.“

„Wie gut, dass er nicht reingekommen ist. Aber Ihre Aktion war gefährlich, gute Frau!“

Reiner sah sie ernst an.

„Er hätte bewaffnet sein können und dann wären Sie jetzt tot.“

„Ach was, ich kenne Sie, Herr Kommissar. Sie sind der Freund von Undine Nithritz. Die hat auch keine Angst vor solchen Halunken. Die hätte dasselbe getan wie ich.“

Reiner seufzte.

„Da haben Sie vermutlich recht. Rudolf, hast du was?“

„Ja, ein paar Fingerabdrücke am Rahmen. Ich lasse die mal durch unsere Datei laufen. Ihr hört von mir, wenn ich was habe.“

Die Aufregung hatte sich gelegt. Es waren im Moment nur drei Gäste im Haus, die im Schlafanzug und Bademantel die Sache vom Foyer aus verfolgt hatten. Jetzt trotteten sie zur Treppe und waren einen Moment später in ihren Zimmern verschwunden. Auch Reiner und Jennifer machten sich auf den Weg zurück nach Sankt Goarshausen.

3

Rudolf hatte die Ergebnisse der Spurensicherung persönlich vorbeigebracht. Es war beinahe sechs Uhr morgens. Samstag. Wochenende. Nachdem Reiner alles gelesen hatte, warf er Jennifer die Akte über den Tisch. Er war müde, aber Gott sei Dank war die Nachtschicht bald zu Ende.

„Na prima. Das nennt man, glaube ich, Beschäftigungstherapie.“

„Ich will das nicht lesen, also sag mir, von wem die Fingerabdrücke stammen.“

„Von einem Mann.“

„Wow, wie spannend. Und sonst?“

„Nichts. Die Abdrücke sind in keiner Datei, also legen wir den Fall zu den Akten. Ich ermittle doch nicht gegen Unbekannt.“

Jennifer war einverstanden und schlug vor, Feierabend zu machen. Sie fuhren die Computer herunter und räumten auf.

„Kommst du noch mit zu uns? Undine macht Bratkartoffeln.“

„So sehr ich die auch mag, muss ich zu Hause essen. Du denkst doch nicht, dass Undines Bratkartoffeln gegen Julianos Kochkünste ankommen? Wenn ich ausgeschlafen habe, gibt es Penne mit Garnelen.“

„Oh, das klingt lecker.“

„Es ist ein Rezept seiner Nonna. Komm, auf geht’s!“

Reiner brachte Jennifer heim, weil sie das immer so machten, wenn es möglich war, denn wozu sollten sie mit zwei Autos fahren? Als er bei Undine angekommen war, stellte er das Auto am Lohbach ab und blieb noch einen Moment sitzen. Er müsste mal wieder nach Hause fahren und nach dem Rechten sehen und hätte es beinahe sofort getan, aber dann dachte er an Undine, das Feuer im Ofen und einen schönen Kaffee. Ob Undine schon aufgestanden war? So langsam würde es Sinn machen, wenn er bei ihr einziehen würde, denn eigentlich war er ja doch immer hier. Vielleicht konnte er dieses Thema heute Abend beim Essen auf den Tisch bringen.

Fest entschlossen, ihre Zweisamkeit zu vertiefen, stieg er aus und ging hinein, wo Zorro ihn herzlich begrüßte. Undine stand in der Küche und nahm gerade eine große Tasse aus dem Regal. Er umfasste sie von hinten und vergrub sein Gesicht an ihrem Nacken.

„Nanu, du bist ja wie ein Kätzchen.“

„Ja, so fühle ich mich auch: müde und kuschelig. Wir mussten raus zu einem versuchten Einbruch.“

„Habt ihr den Täter erwischt?“

„Nein, den werden wir auch nicht kriegen. Fingerabdrücke gab es, aber leider gibt es keine zum Vergleich. Wer weiß, vielleicht war das ein Spaß oder eine Mutprobe. Es war im Hotel und die Chefin hat sich verletzt.“

„Ach du je, wie geht es ihr denn jetzt?“

„Die Besitzer haben das zufällig mitbekommen, die Frau rannte hinterher und jetzt ist sie im Krankenhaus. Knöchel kaputt.“

„Das ist ja blöd.“

„Ja, die Frau war blöd.“

„So meinte ich das nicht.“

Undine hatte die Augenbrauen hochgezogen und sah Reiner streitlustig an. Er hielt dem Blick stand, ließ sich aber nicht provozieren, denn er wollte sich nicht streiten, sondern Kaffee trinken und schlafen.

„Ich aber. Sowas macht man einfach nicht. Zumal nichts gestohlen wurde. Es war auch gar niemand im Haus gewesen. Dass sie dem Kerl hinterhergerannt ist, war purer Leichtsinn. Aber wem sage ich das? Du bist ja die Vorsitzende des Vereins für leichtsinnige Frauen.“

Undine musste lachen.

„Wohl eher des Vereins für dickköpfige Frauen. Ich wäre nie hinterhergerannt.“

„Haha, ich kenne dich zu gut, meine Liebe. Du wärst gerannt, glaube mir.“

„Nein, ich hätte Zorro geschickt. Und im Gegensatz zu mir hätte der den Täter gestellt, das kannst du mir glauben. Setz dich an den Tisch, es gibt Frühstück.“

Reiner gehorchte und rückte ein Stück, damit sich Undine gleich neben ihn setzen konnte. Sie stellte ihm einen Teller mit zwei belegten Brötchenhälften hin und balancierte dann die volle Kaffeetasse zum Tisch. Dann setzte sie sich und sah ihm beim Essen zu.

„Ich dachte, es gibt Bratkartoffeln?“

„Doch erst heute Mittag.“

„Ach so. Ich gehe gleich schlafen. Was hast du geplant?“

„Ich habe doch den kleinen Workshop.“

„Ach ja, das hatte ich vergessen. Wer kommt denn?“

„Sabine, Lene und eine Frau aus Oelsberg.“

„Kenne ich die?“

„Nein, die möchtest du auch nicht kennen.“

„Warum kommt sie dann zu dir, wenn du sie nicht magst?“

„Ich verdiene mein Geld damit und sie zahlt ordentlich. Dazu muss ich sie nicht mögen. Sie ist eine eitle, selbstgerechte Frau ohne Empathie, genau wie ihr Mann. Aber sie haben Wasserhähne aus Gold, so sagen die Gerüchte.“

„Wohnen die in dieser fetten Villa?“

„Ja, ich glaube schon.“

„Oh, dann haben die auch Zahnbürsten aus Gold. Ich habe von denen gehört. Da wurde mal ein Stück Zaun umgefahren und es gab Ärger ohne Ende.“

Reiner frühstückte zu Ende und gab Undine einen Kuss auf die Wange.

„Ich haue mich jetzt aufs Ohr. Macht keinen Lärm, ihr Damen!“

Reiner stieg die Treppe hinauf und kurz nachdem sein Kopf das Kissen berührt hatte, schlief er auch schon. Undine machte den Abwasch und dachte: Eigentlich könnte er ja auch ganz zu mir ziehen, er ist ja sowieso jede freie Minute hier. Sie beschloss, ihm das heute Abend beim Essen vorzuschlagen. Ein kleines Zipfelchen Angst saß in ihrem Herzen, dass er nein sagen könnte, aber sie schüttelte es ab.

Mit frohem Mut ging sie hinüber in die Werkstatt, heizte den Ofen an und dachte über das nach, was sie über die Frau gesagt hatte, die nachher zum Workshop kommen würde.

Resi Bill hatte in eine reiche Familie eingeheiratet und sich sofort den gehobenen Verhältnissen angepasst. Auf andere Leute herabzusehen, machte ihr gar nichts aus, fühlte sie sich schon immer den Besseren zugehörig. Undine hatte sie ein paar Mal in der Stadt getroffen und war sogar eine Woche mit ihr befreundet gewesen, ehe sie darauf gekommen war, dass diese Frau nur an sich dachte. Resi brauchte keine Freunde, sie brauchte Bewunderer und Sklaven. Undine hatte sich rasch wieder entfreundet, aber Resi hatte den Kontakt gehalten.

Nun brauchte sie eine blaue Schale mit goldenen Ornamenten für ihre Schwägerin, die ein Unikat und besonders schön sein sollte, noch dazu handgefertigt. Undine hatte ihr den Preis genannt und Resi hatte sich zum Töpfern angemeldet.

Lene kam zuerst, dann Sabine, ein paar Minuten später parkte eine Limousine vor dem Haus und Resi diskutierte mit ihrem Mann, wann sie wieder abgeholt werden wollte. Dass sie dazu die Straße blockierten, störte sie herzlich wenig. Undine öffnete das Hoftor und winkte die Frau herein, damit sich der Stau auflösen konnte.

„Dass es dieses Volk immer so eilig hat“, wunderte sich Resi, „man wird ja nochmal etwas Wichtiges besprechen dürfen.“

Sie lief an Undine vorbei und grüßte Lene und Sabine mit einem hoheitsvollen Kopfnicken.

„Ach, da sind noch mehr Teilnehmer? Ich dachte, ich bekomme Privatunterricht.“

Undine rollte hinter ihrem Rücken mit den Augen und Lene musste sich das Lachen verkneifen. Sabine hatte die Situation direkt im Griff.

„Wir haben gehört, Sie haben Talent und wollten gern von Ihnen lernen.“

„Ja, ich habe eine kreative Ader und unter diesen Umständen teile ich natürlich gern meine Erfah­rungen. Aber die liebe Undine ist eine Meisterin, ich möchte mich auf gar keinen Fall über sie erheben.“

Lene musste sich jetzt umdrehen, sonst wären ihr böse Worte aus dem Mund geflutscht. Das konnte ja heiter werden.

„Meine Liebe, wo kann ich denn meine Sachen ablegen?“

Undine zeigte auf einen Haken an der Treppe zum Dach.

„Oder wirf deinen Mantel zu Zorro auf die Couch.“

Sie grinste schelmisch.

„Ach nein, dann sind ja überall Hundehaare dran. Ich hänge alles an den Haken. So, meine Lieben, es kann losgehen.“

Sie arbeiteten schweigend, nur Undine erklärte ab und zu einzelne Handgriffe. Nach einer Stunde jauchzte Resi und lobte sich selbst für ihre Arbeit. Dann ging sie um den Tisch und sah huldvoll auf die Schalen von Lene und Sabine.

„Sie haben das auch sehr schön gemacht. Mit ein wenig Übung werden Ihre Objekte bald perfekt sein.“

Dann sprach sie über das viele Geld, das sie und ihr Mann hatten, wie sie es anlegten und dass sie im Moment ihr Anwesen renovierten. Sie hatte tatsächlich „Anwesen“ statt Haus gesagt.

Jetzt war Lenes Geduldsfaden bis aufs Äußerste gespannt, nur Sabine kicherte.

Lene wischte sich die Hände an der Schürze ab.

„Undine, ich geh mal pinkeln. Danach brauche ich einen Schnaps.“

Resi sah entsetzt aus.

„So früh schon Alkohol?“

4

Am Abend hatten Reiner und Undine im Bucher Hof wunderbar gegessen. Zwischen Hauptgang und Dessert hatte Reiner sein Anliegen auf den Tisch gebracht: Er wollte zu Undine ziehen, wenn sie nichts dagegen hatte. Sie freute sich innerlich, wollte aber nicht sofort zustimmen und erst seine Gründe hören. Es sollte nicht wieder so etwas Banales wie beim letzten Heiratsantrag sein, wo Reiner das Schneeschippen in die Waagschale geworfen hatte.

„Ich sehe sowohl praktische als auch romantische Gründe. Zum einen bin ich sowieso ständig bei dir und zum anderen möchte ich nicht länger und öfter von dir getrennt sein als nötig, denn ich liebe dich.“

Undine hatte die Augen zusammengekniffen und tat so, als müsste sie überlegen, aber insgeheim war sie schon wirklich froh, wie galant er das formuliert hatte. Reiner hatte ihre Hand genommen.

„Ich weiß, dass das mit dem Heiraten noch warten kann, aber ich möchte bei dir sein und mein Leben mit dir teilen. Du kannst auch gern zu mir ziehen, aber das wäre Blödsinn. Möchtest du mich für immer bei dir haben?“

Undine lachte und fand ihren Freund in dem Moment einfach bezaubernd.

„Weißt du, ehrlich gesagt hatte ich mir darüber auch schon Gedanken gemacht und wollte dir heute vorschlagen, doch ganz zu mir zu ziehen. Darum wäre ich schön blöd, wenn ich nein sagen würde. Also: Ja, ich will dich ganz in meinem Leben haben. Gib deine Wohnung auf und komm mit Sack und Pack zu mir.“

Sie küssten sich und Reiner orderte zwei Gläser Sekt.

„Was gibt es denn zu feiern?“, fragte Silvia Eckeltz, die Besitzerin des Bucher Hofes.

„Wir werden endlich zusammenziehen!“, rief Reiner und strahlte.

„Na, dann alles Gute! Ich freue mich.“

Sie brachte den Sekt und verschwand wieder. Reiner und Undine stießen an und ließen sich danach das Dessert bringen. Es war wie immer ein schöner Abend gewesen und sie waren Arm in Arm nach Hause geschlendert.

Kurz vor dem Eingang in den Garten hörte Undine Zorros Bellen und Reiner sah eine Gestalt, die über die kleine Brücke rückwärts auf das Bucher Pfädchen zuging. Als sie die beiden kommen sah, rannte die Gestalt los, als ginge es um Leben und Tod.

Reiner rief: „Hey, bleib stehen!“

Dann rannte er hinterher und musste sich eingestehen, dass man das mit vollem Bauch nicht tun sollte. Nach einer Minute stand er schnaufend auf dem Parkplatz der Volksbank und sah die Gestalt im wehenden Mantel in die Römerstraße verschwinden. Er schnaufte wie ein Walross und drehte sich nach Undine um, die ihm langsam gefolgt war.

„Na, der kann aber rennen.“

Reiner erinnerte sich daran, dass die Frau im Hotel das auch schon gesagt hatte.

„Ich würde glatt wetten, dass es derselbe Kerl war wie letzte Nacht im Hotel. Geh ins Haus, ich rufe Rudolf an.“

„Meinst du, er war im Garten? Sicher nicht, weil Zorro aufgepasst hat. Niemals hätte der Mann das Haus erreicht. Wenn, dann hat er nur das Gartentor berührt.“

Reiner hatte dann das Handy wieder eingesteckt und war mit Undine zurück gegangen. Sie hatten Zorro für dessen Aufmerksamkeit gelobt und sich kurz umgesehen, bevor sie ins Bett gegangen waren.

Das alles war gestern Abend gewesen und sie hatte Zorro im Windfang vor der Tür gelassen, falls der Einbrecher es nochmal versuchen würde. Aber es war alles ruhig geblieben. Sie sah zu Reiner, der noch schlief. Sie wollten sich nach dem Frühstück überlegen, wie sie den Umzug umsetzen konnten, ohne dass er in zu viel Arbeit ausartete. Außerdem war Undines Haus voll und sie brauchten auf keinen Fall alle seine Möbel. Wenn er an irgendeinem Stück hing, sollte er es gern mitbringen. Aber so Dinge wie Geschirr, Bettwäsche und Handtücher hatte sie zur Genüge.

Draußen war es noch nicht richtig hell, aber es war Sonntag und niemand sollte sie heute hetzen. Sie dachte über den Mann nach, der vor ihnen geflüchtet war. Was wollte der hier? Und wenn es derselbe war wie im Hotel, dann kam die Frage auf: Was hatten beide Beinahe-Tatorte gemeinsam? Plötzlich zuckte ein Blitz der Erleuchtung durch ihr Gehirn. Es könnte doch sein, dass es um die zwei Millionen ging?

Der Verbrecher Dimita Doromowski war damals hier auf ihrem Grundstück gewesen und er hatte im Hotel gewohnt. Diese Verbindung gab es auf jeden Fall. Und was hatte er gesucht? Das Geld.

Hatten die Frankfurter Gangster die zwei Millionen abgeschrieben, nur, weil Dimita sie nicht gefunden hatte? Das war relativ unwahrscheinlich. Undine zog die Decke bis ans Kinn. Kein Mensch würde einfach so auf zwei Millionen Euro verzichten, sondern danach suchen. Was, wenn sie einen neuen Kollegen geschickt hatten, der den Auftrag hatte, die Kohle ranzuschaffen?

Sie fröstelte immer noch, aber nicht vor Kälte, sondern weil der Gedanke, dass das Thema noch nicht vom Tisch war, ihr Sorgen machte. Wenn der Einbrecher hierher kam und auch ins Hotel, dann würde er ebenfalls zu Sabine gehen. Und die war ganz allein in ihrem Haus. Sie musste die Freundin unbedingt warnen.

Undine versuchte noch ein bisschen zu schlafen, aber die Gedanken, die ihr durch den Kopf gingen, gaben keine Ruhe. Also stand sie auf und ging in ihren Bademantel gehüllt hinaus zu Zorro.

„Na, mein Guter, hast du schön aufgepasst? Ich konnte nicht mehr schlafen. Du musst jetzt immer besonders achtgeben, wer zu uns kommt und wenn sich einer anschleicht, musst du bellen.“

Zorro sah sie so an, als würde er die Anweisungen seines Frauchens in seinem Kopf abspeichern, um sie später auszuführen. Er ließ sich kraulen und kam dann mit ins Haus, wo er sich vor den Ofen legte, den Undine jetzt anheizte. Während das Feuer prasselte und sich eine angenehme Wärme in der Nähe des Ofens breit machte, gönnte sich Undine die erste Tasse Kaffee des Tages. Sie wollte Reiner schlafen lassen und schaute auf die Uhr. Es war eben sieben. Wenn sie sich duschte, anzog und loslief, konnte sie frische Brötchen holen.

Gesagt, getan. Als Undine soweit fertig war, legte sie Reiner einen Zettel hin, wo sie war, damit er nicht denken musste, jemand hätte sie entführt. Sie zog sich an und wanderte durch das stille Nastätten zum Bäcker am Supermarkt, der sonntags geöffnet hatte. Eine kleine Schlange stand vor der Tür, Undine grüßte und stellte sich hinten an. Vor ihr sprachen zwei Frauen mittleren Alters über den Einbruch im Hotel. Undine lauschte.

„Die Arme“, hörte sie, „hat sich den Knöchel gebrochen, nachdem der Einbrecher sie töten wollte.“

„So ein Quatsch“, sagte die andere Frau, „niemand sollte getötet werden. Und außerdem, was gibt es denn da zu holen? Noch dazu im Winter?“