Unerfreuliche Geheimnisse - Ute Dombrowski - E-Book

Unerfreuliche Geheimnisse E-Book

Ute Dombrowski

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Beschreibung

Zwei Jahre später dürfen Nelly und Paolo im Weingut zusammenleben. Sie sind glücklich, aber langsam schleicht sich die Routine ein. Paolo wacht eifersüchtig über seine Freundin. Da trifft sie auf Marius, der neu an ihrer Schule ist und sich sehr um sie bemüht. Auch Gabriel, der Bruder ihrer neuen Freundin Juliette, wirbt um sie. Wird Nelly bei Paolo bleiben oder treibt seine Eifersucht sie in die Arme eines anderen? Die Liebe spielt manchmal mit den Menschen und bringt sie in verzwickte Lagen, obwohl sie das schönste Gefühl der Welt ist. Wieder gerät Nelly in Gefahr. Wer kann ihr helfen?

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Ute Dombrowski

Unerfreuliche Geheimnisse

Wenn Liebe zum Verhängnis wird

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Impressum neobooks

Unerfreuliche Geheimnisse

Wenn Liebe zum Verhängnis wird

Ute Dombrowski

1. Auflage 2017

Copyright © 2017 Ute Dombrowski

Umschlag: Ute Dombrowski

Lektorat/Korrektorat: Julia Dillenberger-Ochs

Satz: Ute Dombrowski

Verlag: Ute Dombrowski Niedertiefenbach

Druck: epubli

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors und Selbstverlegers unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

„Ich komme heute erst später zu euch, denn ich muss noch etwas für deinen Geburtstag vorbereiten“, erklärte Paolo, nachdem er Nelly telefonisch ge­weckt hatte.

Wenn Paolo keine Berufsschule hatte, holte er seine Freundin oft von der Schule ab und brachte sie heim. Meistens aßen sie dann noch zusammen mit Katja, bevor er wieder auf dem Weingut arbeitete.

Morgen hatte Nelly Geburtstag und war dann siebzehn Jahre alt. Seit knapp eineinhalb Jahren war sie mit Paolo zusammen, der nach dem Abitur eine Ausbildung zum Weinbautechniker in Geisenheim begonnen hatte. Vor einem Jahr hatte er ein Zimmer bei Benjamin bezogen und machte bei ihm den betrieblichen Teil der Ausbildung. An den Wochenenden durfte Nelly bei ihm oder Paolo bei ihr übernachten.

„Vergiss es!“, hatte Christian rigoros gerufen, als Nelly ihren Vater gefragt hatte, ob sie auch unter der Woche bei Paolo bleiben durfte.

Sein Tonfall hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass eine Diskussion vollkommen sinnlos war. Christian liebte seine Tochter sehr und war stets darauf bedacht, sie vor den Fallen des alltäglichen Lebens zu beschützen. Katja, Nellys Mutter, wusste immer, wann es etwas nützte, noch einmal mit dem strengen Vater zu reden und wann man es besser sein ließ.

„Wenn du dein Abitur in der Tasche hast, dann kannst du machen, was du willst“, hatte Christian als Erklärung hinzugefügt, „bis dahin geht hier alles in geregelten Bahnen. Das heißt: Du schläfst unter der Woche hier und triffst deine Freundin Simona und Paolo, wenn du deine Aufgaben erledigt hast. Punkt.“

Nelly hatte zwar die Augen verdreht, aber sie gehorchte, denn sie wusste, wie ihre Eltern tickten. Dass sie ihr die Vorkommisse um Ricardo und die Clique nicht mehr vorhielten, rechnete sie ihnen hoch an.

„Ja, Papa, ich weiß, erst die Schule, dann das Vergnügen. Ich mache alles, wie du sagst. Aber du weißt, dass ich gut in der Schule bin und euch keinen Ärger mache. Außerdem passt Paolo auch auf, dass ich genug lerne.“

Nun saß Nelly mit Katja am Frühstückstisch. Paolo weckte sie jeden Morgen per Telefon, so benötigte sie keinen Wecker. Nelly war aufgestanden und im Bad gewesen, bevor sie zu ihrer Mutter hinuntergegangen war. Wie Paolo war Christian schon auf der Arbeit.

„Darf ich am Freitag mit Paolo für zwei Tage wegfahren? Morgen werde ich doch siebzehn und dann bin …“

„Wohin denn?“, fragte Katja, die heute später zur Schule musste.

„Zu seinem Cousin nach Eltville.“

„Ist Eltville wegfahren? Unter Wegfahren würde ich eine etwas weitere Reise verstehen. Hast du Papa schon gefragt?“

Christian war morgens meistens schon weg und so schüttelte Nelly den Kopf. Sie hatte gehofft, dass ihre Mutter direkt ja sagte, aber Katja grinste nur.

„Du weißt, wie es läuft: Frag Papa. Ich denke, er wird nichts dagegen haben.“

„Ach Mann, ja, Mama, ich frage ihn. Ich bin echt froh, wenn ich nächstes Jahr achtzehn werde. Dann muss ich nicht wegen jedem … jedem Kleinkram fragen. So, ich muss los. Bis später.“

Nelly küsste Katja auf die Wange, griff nach ihrer Schultasche und lief zum Bus, wo Simona schon ungeduldig wartete.

„Na, wie fühlt man sich so kurz vor seinem Geburtstag?“

Nelly winkte ab.

„Auch nicht anders als sonst. Hast du gelernt?“

„Was gelernt?“

„Englisch“, sagte Nelly mit vorwurfsvollem Blick.

„Ach Englisch, naja … nur ein bisschen. Ich habe gestern lange mit Noah telefoniert.“

„Oh Mann“, stöhnte Nelly, „mit Noah. Wenn ich schon diesen Namen höre! Was willst du mit dem?“

„Mensch Nelly, du Spießerin! Noah ist ein Goldschatz und er singt so gut! Wenn er Gitarre spielt, dann schmelze ich weg. Schade, dass er nur die Musik im Kopf hat. Er ist so, so, so süß!“

Simona hatte die Augen geschlossen und seufzte jetzt theatralisch. Nelly schüttelte den Kopf. Simona hatte seit der Sache mit Martin, die sie beinahe das Leben gekostet hatte, keinen Jungen mehr angesehen, sondern nur für ihren Englischlehrer geschwärmt. Als Moritz Klövert dann mit seiner Chantal nach Paris zog, brach für sie eine Welt zusammen.

In den Weihnachtsferien waren Nelly und Simona in Eltville auf dem Weihnachtsmarkt gewesen. Dort stand ein junger Mann mit Gitarre und hatte vor sich einen Hut aufgestellt. Er hatte extrem blonde Haare, die absolut nicht echt sein konnten, dazu bildeten seine schwarzen Augenbrauen einen seltsamen Kon­trast. Als er nach dem ersten Lied, dem die Mädchen gelauscht hatten, die leuchtend blauen Augen öffnete und Simona ansah, war es um sie geschehen. Sie legte ihm zehn Euro in den Hut und dann wollten die beiden weitergehen.

„Halt, wartet mal!“, hatte der Musiker gerufen.

Simona und Nelly drehten sich um. Der junge Mann übersah Nelly völlig und küsste Simona charmant die Hand, um ihr zu danken. Dann schrieb er ihr seine Handynummer auf den Handrücken. Simona war entzückt. Als sie später noch einmal an der Stelle vorbeikamen, wo er gespielt hatte, war niemand mehr zu sehen. Am nächsten Tag hatte sie die Nummer auf ihrer Hand angerufen.

„Ich bin Noah Friesert. Wenn ich mal berühmt bin, dann heirate ich dich“, hatte er zu Simona gesagt und sofort hatte sie ihr Herz verloren.

Aber Noah hatte wirklich nur seine Musik im Kopf und weiter, als mit ihm zu telefonieren und zuzuhören, wenn er musizierte, war Simona noch nicht gekommen.

„Er ist ein großer Musiker“, hörte Nelly sie im Bus munter weiterplappern. „Bei seinem ersten Konzert werde ich an seiner Seite sein. Wenn ihr Lust habt, könnt ihr ja mitkommen.“

„Wann ist denn sein erstes Konzert?“

„Kein Ahnung, irgendwann eben. Ach, wenn er mich endlich mal küssen würde.“

„Dann küss du ihn zuerst. Sonst fackelst du doch auch nicht so lange.“

Simona sah ihre Freundin von der Seite an.

„Was hast du denn heute für eine Laune? Klemmt es mit Paolo? Fällt dein Geburtstag aus oder was ist los?“

„Paolo will mich übers Wochenende mitnehmen nach Eltville zu seinem Cousin. Mama sagt, ich soll Papa fragen. Aber der ist in letzter Zeit so streng, dass er das sicher nicht erlaubt.“

„Na und? Warum erzählst du nicht einfach, du pennst bei mir?“

Jetzt platzte Nelly der Kragen.

„Sag mal, hast du eine Macke? Weißt du nicht mehr, was passiert ist, als ich meine Eltern hintergangen habe? Ich habe mir geschworen, sie nicht mehr zu belügen, also rede nicht so einen Mist!“

Simona war erschrocken. So wütend hatte Nelly sie ewig nicht mehr angefahren. Vielleicht hatte sie ja recht: Der Stress, den die beiden damals wegen ihrer Lügengeschichten hatten, war heftig gewesen. Simona hatte eine Weile gebraucht, um zur Vernunft zu kommen, aber dann war sie ganz brav und hatte sich nur noch auf die Schule konzentriert. Alles lief gut und sie war froh, dass sie sich wieder für die normalen Männer interessierte. Nach dem Weggang von Moritz hatte sie tagelang geheult und war sogar eine Woche krankgeschrieben. Erst der Besuch auf dem Weihnachtsmarkt und der Kontakt zu Noah hatten sie wieder aufleben lassen.

„Entschuldige, ich habe es nicht so gemeint. Komm, wir gucken uns nochmal Englisch an. Frieden?“

Sie streckte Nelly die Hand hin. Die schlug ein und lächelte nun wieder freundlich.

„Ach, ich weiß auch nicht, was mit mir los ist. Ich wollte dich nicht so anmotzen, tut mir leid. In den letzten Tagen habe ich Paolo kaum gesehen. Er plant eine Überraschung. Das macht mich ganz wirr im Kopf.“

Paolo hatte für Nelly eine Kette gekauft, dazu einen Strauß roter Rosen und er hatte einen Gutschein für ein Abendessen gebastelt. Er hatte außerdem mit Benjamin und Christian eine Überraschung vorbereitet. Paolo hatte sein Zimmer neu gestrichen. Es gab nun in der einen Ecke neben dem Fenster einen Schaukelstuhl. Das schmale Bett war verschwunden. In Nellys altem Kinderzimmer nebenan hatten die Männer ein Schlafzimmer eingerichtet. Ein neues, breites, weißes Bett und zwei weiße Kleiderschränke standen auf einem weichen Teppichboden, am Fenster gab es einen großen Spiegel. Bilder an den zartgrünen Wänden machten alles rundum gemütlich. Zu guter Letzt hatten Benjamin und Christian eine Verbindungstür, die immer zugestellt war, wieder ihrem Zweck zugeführt, nachdem sie sie abgeschliffen und gestrichen hatten.

Paolo und Benjamin saßen nun auf der Couch und betrachteten durch die offene Tür das Ergebnis ihrer Bemühungen. Sie waren zufrieden.

„Nelly war schon sauer, dass sie nicht zu mir durfte“, sagte Paolo. „Sie ist aber auch zu neugierig. Das hätte mir fast die Überraschung versaut.“

„Tja, so sind die Frauen. Und Nelly und Katja sind besonders. Besonders neugierig, besonders ungeduldig und besonders unvernünftig.“

Paolo und Benjamin lachten und erhoben sich. In der Küche aßen sie zu Abend und dann machte sich Paolo auf den Weg zu Nelly, die nach der Runde mit dem Hund nun ungeduldig auf ihren Freund wartete.

„Du kommst aber spät“, begrüßte Nelly ihn missmutig an der Tür. „Papa wirft dich bestimmt gleich wieder raus.“

„Süße, hör auf zu schmollen, ich habe dir doch gesagt, es hat mit deinem Geburtstag zu tun. Darf ich vielleicht mal reinkommen?“

Er schob Nelly zur Seite und lief an ihr vorbei in die Küche, um Katja und Christian zu begrüßen.

„Na endlich“, sagte Nellys Vater und hob die Hände, als würde er dem Himmel danken. „Meine Tochter nervt uns schon die ganze Woche, dass du so viel unterwegs bist und sie nicht zu dir darf. Jetzt sag mir bloß, dass du endlich fertig bist!“

Paolo lachte, nickte und legte den rechten Zeigefinger auf seine Lippen. Christian hatte den Schaukelstuhl besorgt und nichts verraten. Katja saß daneben und lächelte still vor sich hin. Wenn sie an die vielen spannenden Geburtstage dachte, an denen sie von ihren Mitmenschen überrascht worden war, überkam sie ein bisschen Wehmut. Nelly schien nicht in ihre Fußstapfen zu treten.

„Ich hasse Überraschungen. Ihr mit eurer Heimlichtuerei. Ich bin froh, wenn der Geburtstag endlich vorbei ist. Könnt ihr mir nicht einen kleinen Tipp geben? Einen ganz, ganz kleinen nur! Ich kann sonst nicht schlafen.“

Die drei anderen schauten sich an und grinsten.

„Nein, auf keinen Fall“, erklärte Paolo. „Hast du gefragt?“

„Was gefragt?“

„Unser Wochenende bei meinem Cousin.“

„Ich habe Mama gefragt.“

„Ach ja?“, mischte sich nun Christian ein. „Was ist denn mit dem Wochenende?“

Katja wollte Nelly einen Gefallen tun und sagte sachlich: „Die jungen Leute wollen nach Eltville verreisen und Paolos Cousin besuchen.“

„Verreisen?“, fragte Christian grinsend.

„Papa! Hör auf zu lachen. Mann, wir wollen einfach Freitag losfahren und Sonntag wiederkommen. Die Entfernung ist doch egal. Und ich bin dann schon ganz alt.“

Katja nickte Christian zu, dem es nicht leichtfiel, sein kleines Mädchen in die große Welt loszulassen. Ihm fielen dann immer wieder die Dummheiten ein, die Nelly mit ihrer Freundin vor eineinhalb Jahren angestellt hatte. Er hatte davon noch genug. Darum begann er eine Befragung mit Paolo.

„Wie heißt dein Cousin?“

„Leon. Er ist der Sohn meines Onkels, der die Pizzeria hat.“

„Wie alt?“

„Zweiundzwanzig.“

„Beruf?“

„Polizeischüler. Er macht ein Praktikum in Eltville.“

„Wo wohnt er?“

„In einer kleinen Wohnung in der Nähe der Polizeistation.“

„Papa! Das ist total unangenehm. Hör mit dem Verhör auf!“, rief Nelly jetzt erbost.

Paolo winkte ab. Er kannte Christian und fand es völlig in Ordnung, dass er sich um seine Tochter Sorgen machte. Und nachdem, was Nelly über das wilde Leben ihrer Mutter angedeutet hatte, war das wohl auch berechtigt. Nicht, dass Nelly noch genauso viel Quatsch machte. Er legte einen Arm um seine Freundin und küsste sie.

„Dann wünsche ich euch viel Spaß“, sagte Christian.

„Danke Papa, toll!“

Nelly fiel ihrem Vater um den Hals. Katja lächelte. Sie dachte: Eigentlich haben wir unsere pubertäre Tochter doch ganz gut hinbekommen, auch wenn wir schon so alt sind. Sie würde im Sommer drei­undsechzig Jahre alt werden, Christian neunundfünfzig. Es war ein langer Weg gewesen, bis sie hier so glücklich und zufrieden mit ihm und Nelly leben konnte. Sie hoffte, Nelly würde ihr Lebensglück früher finden und immer glücklich sein.

Paolo folgte Nelly in ihr Zimmer, wo er sie sanft auf das Bett schob und sich neben sie legte. Zärtlich küsste er sie und ließ eine Hand unter ihr T-Shirt wandern. Sie presste gierig ihren Körper an seinen.

„Ich freue ich auf morgen. Denk nicht, ich mag deine Überraschung nicht. Aber es macht mich verrückt, dass ich so gar keine Ahnung habe.“

„Das hältst du nun auch noch eine Nacht aus. Ich komme morgen früh gleich her, die richtigen Geschenke bekommst du dann am Mittag, wenn ich dich von der Schule abgeholt habe. Lade bitte deine Freundinnen zum Kaffee auf das Weingut ein. Wer wird denn kommen?“

„Simona, Ina, Norma, Becky, mehr nicht. Wir fahren alle zusammen mit dem Bus, also musst du nicht kommen. Vielleicht Simonas neuer Freund. Er ist Musiker. Noah heißt er und hat Simona noch nicht geküsst. Ich wünschte, er würde es endlich tun, damit sie nicht mehr die ganze Zeit davon redet.“

Lachend erwiderte Paolo: „Eure Probleme möchte ich haben! Wenn er morgen mitkommt, gebe ich ihm einen Tipp.“

„Bloß nicht! Dann bekomme ich Ärger, weil ich dir davon erzählt habe. Musst du schon weg?“

Paolo war aufgestanden und zog Nelly mit hoch. Er schloss sie in die Arme, nickte und küsste sie. Nelly begleitete ihren Freund, der Katja und Christian zugewinkt hatte, noch an die Tür.

„Geh schlafen, wenn du wieder aufwachst, hast du Geburtstag. Bis morgen, meine Süße. Gute Nacht.“

Nelly wartete an der Tür, bis er ins Auto eingestiegen war, und seufzte. Sie sagte ihren Eltern Gute Nacht und ging schlafen.

„Alles Gute, liebe Nelly, alles Gute für dich …“, schmetterten Katja und Christian am nächsten Morgen an Nellys Bett.

Kurze Zeit später klingelte es und Paolo erschien mit dem großen Rosenstrauß an der Badezimmertür, wo Nelly gerade ihre Haare bürstete. Er gratulierte, küsste sie leidenschaftlich und trug seine Freundin auf den Armen in ihr Zimmer. Unter wilden Küssen förderte er ein kleines Kästchen hervor, in dem die Kette lag. Nelly nahm sie heraus und legte sie sich um den schlanken Hals. Paolo lächelte und küsste sie in den Nacken, als er den Verschluss zumachte. Sie betrachtete das kleine goldene Herz.

„Danke Schatz, ich freue mich sehr. So eine schöne Kette. Und die Rosen erst!“

Die Kette von Tante Marie hatte Nelly im letzten Sommer verloren. Darüber war sie lange sehr traurig gewesen und wollte absolut kein neues Schmuckstück. Jetzt lächelte sie. Als die beiden in die Küche kamen, war der Frühstückstisch schön gedeckt und neben Katja und Christian hatte sich auch Benjamin eingefunden. Ein kleiner Tulpenstrauß stand vor Nellys Platz. Sie setzten sich gemeinsam an den Tisch. Es war gut, dass Nelly heute erst zur dritten Stunde hatte. Also konnten sie den Morgen genießen. Wuschel, der schon ein wenig ergraut war, lag unter dem Tisch. Der kleine Hund ging meist mit auf das Weingut, wenn Nelly in der Schule war. Er hatte ihr zärtlich über das Gesicht geleckt, als wüsste er, dass sie heute Geburtstag hatte.

Paolo fuhr die Mädchen heute in die Schule. Simona wartete schon am Auto. Sie gratulierte Nelly und zeigte ihr ein Foto von einem Geschenk.

„Das ist ja toll“, sagte Nelly. „Jetzt bekomme ich schon keine Geschenke mehr, sondern nur noch Fotos von Geschenken.“

„Es war so schwer zu tragen, Süße, das bekommst du heute Nachmittag. Die Mädels und ich haben zusammengelegt. Aber ich verrate erstmal noch nichts, sonst bekomme ich Ärger mit Ina.“

„Es ist doch nicht schlimm. Ich freue mich so auf heute Nachmittag, das könnt ihr euch nicht vorstellen. Diese ganzen Geheimnisse machen mich total fertig.“

Sie waren ausgestiegen und zum Unterricht geeilt, wo auch die anderen Mitschüler Nelly gratulierten. Sie hatte für alle Süßigkeiten mit, denn das war schon immer so üblich gewesen. Die neue Englischlehrerin war locker und fröhlich und ließ sie zu Beginn der Stunde zehn Minuten lang naschen. Dafür verlangte sie nur ein Geburtstagslied für Nelly und der Englischkurs gab sich redlich Mühe.

Die Mädchen konnten es kaum erwarten, dass der Unterricht vorbei war. Gott sei Dank war heute Freitag und die Schule endete um zwei Uhr. Mit dem Bus fuhren Nelly, Simona, Ina, Norma und Becky in den Rheingau. Dort angekommen, standen Paolo und Benjamin mit zwei Autos, um sie zum Weingut zu bringen.

„Oh, es ist wieder so schön hier“, schwärmte Becky, die immer noch die Romantischste von ihnen war.

Simona war ein bisschen zur Seite gegangen, um mit Noah zu telefonieren. Die anderen Mädchen begrüßten jetzt auch Katja und Christian. Im Wohnzimmer war der Tisch gedeckt. Kerzen und Blumen standen zwischen verschiedenen Kuchen.

„Er kommt später“, flüsterte Simona und strahlte. „Noah bringt seine Gitarre mit und macht für uns Musik.“

„Prima!“, rief Nelly. „Dann können wir ja jetzt Kaffee trinken.“

„Nein!“

Alle schauten Paolo an.

„Was nein?“, fragte Nelly ihren Freund.

„Erst hast du uns so genervt und jetzt willst gar nicht wissen, was dein Geschenk ist?“

„Doch, klar. Entschuldige.“

„Dann kommt alle mit.“

Die Tür zu Paolos Zimmer war geschlossen und an der Türklinke war ein roter Luftballon festgebunden. Alle stellten sich feierlich im Halbkreis auf. Paolo legte Nelly einen Schal um die Augen und öffnete die Tür. Er schob sie in die Mitte des Zimmers. Dort entfernte er die Augenbinde wieder. Nelly sah sich um.

„Wow! Das ist aber toll. Und ein Schaukelstuhl. Den habe ich mir schon so lange gewünscht. Wo ist dein Bett hin? Was ist das denn für eine Tür?“

„Mach sie auf!“

Nelly trat an die Tür und öffnete sie langsam. Dahinter kam das Schlafzimmer zum Vorschein. Paolo legte einen Arm um seine Freundin und küsste sie.

„Das habt ihr also in den letzten Wochen gemacht. Schön … sehr schön.“

„Moment!“, rief nun Christian von der Tür her.

Er bahnte sich einen Weg durch die neugierigen Mädchen und zog Katja hinter sich her.

„Nelly, du hast dich sicher gewundert, warum du keine verpackten Geschenke bekommen hast. Das hier haben wir, Paolo, Benjamin und ich renoviert und vergrößert. Das Geschenk von deiner Mutter ist, dass sie mich davon überzeugt hat, dass du nun doch schon sehr erwachsen und verantwortungsvoll bist.“

Nelly starrte ihren Vater an. Sie fasste ganz fest Paolos Hand. Christian räusperte sich und küsste seine Tochter auf die Wange.

„Schatz, wir denken, also deine Mutter und ich, dass es dich vielleicht glücklich macht, wenn du mit Paolo hier wohnen kannst.“

Nelly liefen Tränen der Rührung über die Wangen. Sie fiel ihren Eltern um den Hals und freute sich. Es war ein großer Vertrauensbeweis ihres Vaters, sie jetzt loszulassen.

„Papa, ich werde euch nicht enttäuschen, ich freue mich wie verrückt. Danke, danke. Ich kann dir gar nicht sagen, wie gut ich mich fühle. Danke, Mama, du bist die beste Mama der Welt.“

Katja sagte: „Es wäre natürlich toll, wenn ihr ab und zu bei uns sein würdet, aber wir haben beschlossen, dir ein großes Stück Freiheit zu schenken. Du hast dich in der letzten Zeit gut entwickelt. Das hast du dir verdient.“

„Sehr gut!“, mischte sich nun Simona ein. „Meine Mutter hat heute Vormittag unser Mädchen-Geschenk hergebracht. Es steht dort unter dem Fenster.“

Nelly ging zu dem breiten, flachen Karton. Sie entfernte das Geschenkpapier und ans Tageslicht kam ein großes, gemütliches Hundekörbchen. Schließlich sollte Wuschel hier mit einziehen. Nelly umarmte nacheinander die Freundinnen und bedankte sich.

„Ihr habt das alle gewusst?“

„Ja, meine Liebe“, sagte Ina. „Wir können eben dichthalten.“

„Paolo hat uns eingeweiht und das Geschenk vorgeschlagen“, erklärte Norma. „Er ist doch viel netter, als wir am Anfang dachten.“

„Das hoffe ich doch“, sagte nun Paolo und küsste Nelly noch einmal zärtlich.

„Oh Mann, ich darf mit dir zusammenziehen!“

Völlig aus dem Häuschen sprang Nelly die Treppe wieder hinunter und setzte sich mit den Gästen an den Kaffeetisch. Benjamin hatte eine Flasche Wein geöffnet, allen eingeschenkt und erhob nun sein Glas.

„Auf Nelly! Und jetzt habe ich Hunger.“

Als es klingelte, schaute Simona auf.

„Das wird Noah sein. Darf ich zur Tür?“

Nelly nickte. Die anderen Mädchen hatten schon viel von diesem Noah gehört, ihn jedoch noch nicht persönlich kennenlernen dürfen. Aber statt eines Musikers mit Gitarre stand nun ein junger Mann mit dunklen Locken und einem charmanten Lächeln im Zimmer.

„Ich bin Leon Safarello, der Cousin von Paolo. Ich habe gehört, hier hat jemand Geburtstag.“

Die Mädchen betrachteten den hübschen Italiener interessiert. Seine braunen Augen waren sanft wie seine wunderbaren Lippen. Er kam um den Tisch herum und gratulierte Nelly herzlich. Eine Orchidee wechselte den Besitzer. Dann reichte Leon allen die Hand und setzte sich zwischen Norma und Ina, die ihn sofort ausfragten. Es war eine lustige Runde, die spät am Abend auseinanderging. Die Mutter von Ina hatte ihre Tochter, Norma und Becky abgeholt. Die anderen standen noch vor der Tür. Simona wollte sich traurig auf den Heimweg machen. Noah hatte angerufen, dass er den Bus verpasst hatte.

„Kopf hoch“, sagte Nelly zum Abschied zu ihr. „Dann seht ihr euch eben morgen. Ruf ihn an und verabrede dich. Paolo kann dich sicher hinfahren, oder?“

Sie schaute Paolo an, der neben seinem Cousin stand. Er nickt. Dann küsste Nelly Simona auf die Wange.

„Wo wohnst du denn?“, fragte Leon das Mädchen.

„Hier im Ort.“

„Wenn du magst, fahre ich dich heim. Ich muss jetzt auch los. Wir sehen uns ja am kommenden Wochenende.“

Leon war gekommen, damit die Familie ihn einmal kennenlernen konnte. Alle waren begeistert von dem höflichen, gut erzogenen Mann, der viel zu erzählen hatte, besonders von seiner Ausbildung zum Polizisten. Die Mädchen hatten an seinen Lippen gehangen.

„Gerne, dann muss ich nicht im Dunkeln herumlaufen“, erklärte Simona und stieg zu Leon ins Auto.

Nelly und Paolo winkten, ehe sie wieder ins Haus gingen, wo Katja schon fast alle Spuren der Feier beseitig hatte. Christian und Benjamin waren in den Weinkeller gegangen.

„Mama, kann ich dir noch etwas helfen?“

„Wenn du magst, räume das Geschirr in den Schrank. Paolo, bring doch bitte die leeren Flaschen hinaus.“

Paolo verschwand, Nelly stellte Tassen und Teller in den Schrank und pfiff fröhlich vor sich hin.

„Der Cousin deines Freundes ist sehr nett.“

„Ja, Mama, das finde ich auch. Die beiden verstehen sich schon immer sehr gut. Ich mag die ganze Familie gern. Mama?“

„Ja, Nelly?“

„Es war ein wunderbarer Geburtstag. Danke für alles, vor allem für euer Vertrauen. Ich bin sehr glücklich.“

Katja trat zu ihrer Tochter, legte einen Arm um ihre Schulter und küsste sie auf die Wange.

„Wir sind stolz auf dich und vertrauen dir, dass alles klappt und gut läuft. Aber vergiss nie: Auch wenn du jetzt bei Paolo wohnen darfst, du hast immer ein Zuhause, wo du gerne gesehen bist. In Ordnung?“

Katja nickte und drückte ihre Tochter fest. Als die Männer wieder dazukamen, verabschiedeten sich Katja und Christian. Nelly blieb bei Paolo und schlief in seinen Armen ein.

In der nächsten Woche war Nelly damit beschäftigt, die meisten ihrer Sachen zum Weingut zu transportieren. Nebenbei half sie Benjamin in der Vinothek und kümmerte sich um die Schule. Sie hatte Benjamin umarmt und sich bedankt, dass sie hier wohnen durfte.

„Ich verspreche dir, mich um die Frauensachen zu kümmern und werde lernen zu kochen.“

„Es ist alles gut, mein Engel. Ich freue mich, dass ihr beiden jungen Leute mein Haus belebt. Und Wuschel wohnt eh gerne hier.“

Der kleine Hund sprang an Benjamin hoch, als er seinen Namen gehört hatte. Nelly nahm seine Leine und ging mit ihm durch die Weinberge.

Als sie am Donnerstag mit Simona aus der Schule kam, wartete Noah vor der Tür. Er hatte gehofft, dass Simona noch da war. Er saß auf der kleinen Mauer und spielte versonnen eine Melodie auf der Gitarre.

„He, Süße, da bist du ja!“, rief er und sprang von der Mauer. „Ich hoffe, du bist nicht böse, dass ich letzte Woche nicht auf der Feier war. Alles Gute noch nachträglich, Nelly.“

Noah griff nach Simonas Hand und küsste sie. Dann küsste er Nelly auf die Wange. Neben ihnen hupte ein Auto. Es war Paolo.

„Hallo Ladys, ich war die Post wegbringen und dachte, ich nehme euch mit zurück. Du bist Noah, oder?“

Die beiden jungen Männer schauten sich durch die heruntergelassene Scheibe an und Noah nickte. Er sah zu Simona.

„Kann ich mitkommen?“

„Ja, natürlich. Ich freue mich.“

Nelly setzte sich neben Paolo, Simona und Noah stiegen hinten ein, die Gitarre stellte der junge Mann zwischen seine Beine. Als sie im Ort angekommen waren, setzte Paolo Simona und Noah bei ihr zuhause ab und wollte dann in Richtung Weingut starten.

„Komm, lass uns noch bei Mama und Papa reinschauen. Dann musst du heute nicht kochen.“

„Ich muss trotzdem kochen, sonst verhungert Benjamin. Aber gut, wir besuchen deine Eltern, schließlich geht das am Wochenende ja nicht.“

Er parkte nach wenigen Minuten vor Katjas Haus. Paolo folgte Nelly hinein. Katja und Christian saßen in der Küche und tranken gerade Kaffee.

„Hallo, ihr zwei Hübschen“, rief Nelly übermütig. „Wir wollten euch mal besuchen.“

Sie küsste ihre Mutter und ihren Vater auf die Wange. Paolo umarmte Katja und nickte Christian zu. Katja holte wortlos eine Tasse aus dem Schrank und goss für Paolo Kaffee ein. Nelly schnatterte fröhlich drauflos.

„Noah hat heute Simona abgeholt. Sie ist sehr glücklich. Ich hoffe, er küsst sie heute endlich.“

„Warum hat er sie denn noch nicht geküsst? Ich denke, die beiden sind zusammen?“

Katja sah ihre Tochter aufmerksam an. Seit den Vorkommnissen im vorletzten Sommer hatte sich Simona erst im letzten halben Jahr wieder öfter bei ihnen blicken lassen. Sie schien sich immer noch für die Ereignisse zu schämen.

„Mama, sie sind kein Paar in dem Sinne, Simona ist total verliebt in ihn, aber Noah steht in erster Linie auf Musik. Er singt ihr was vor oder spielt Gitarre. Mal sehen, wie das weitergeht. Ich bin froh, dass ich meinen Schatz habe.“

Dabei sah sie voller Liebe zu Paolo. Der zwinkerte nur. Katja lächelte, wie immer, wenn sie ihrer Tochter die Liebe zu Paolo so deutlich ansah.

„Nelly, misch dich nicht ein. Simona hat ihren eigenen Kopf. Halte dich raus, sonst gibt es nur wieder Stress. Was ist denn Noah für ein Typ? Ist er einer von den Guten?“

Katja musste lachen, weil Nelly nickte und Paolo den Kopf schüttelte.

„Nanu? Wo ist denn das Problem?“

„Es gibt kein Problem“, sagte Nelly.

„Sie ist doch nur sein Spielzeug“, sagte Paolo. „Ich glaube, er mag sie nur, weil sie ihn bewundert.“

Nelly hatte die Stirn gerunzelt. Hatte Paolo recht? Dann würde Simona sicher wieder schnell unglücklich werden. Katja wiederholte die Bitte, dass sie sich nicht einmischen sollten. Nelly und Paolo versprachen es und machten sich auf den Heimweg, wo sie zuerst Benjamin halfen, dann machte Nelly ihre Schulaufgaben und setzte sich später zu Paolo, der in der Küche das Abendessen vorbereitete. Es war zu einer angenehmen Pflicht geworden und die Drei aßen abends immer zusammen. Nach dem Essen legte sich Nelly auf die Couch, aber Paolo trug sie bald ins Bett, wo sie sich zärtlich liebten, ehe sie einschliefen.

Ein paar Straßen weiter kuschelte sich Simona an Noah. Er hatte ihr etwas auf der Gitarre vorgespielt, während sie Hausaufgaben machte. Simonas Eltern waren auf einer Dienstreise, also hatte sie nichts dagegen, dass Noah anschließend die Gitarre weglegte, Simonas Gesicht in seine Hände nahm und sie liebevoll küsste. Nachdem sie sich stundenlang dem Küssen hingegeben hatten, zog Simona sich aus und Noah in ihr Bett. Sie schliefen eng umschlungen ein.

Am nächsten Morgen im Bus war Simona ganz entspannt. Sie schaute aus dem Fenster und wartete darauf, dass Nelly sie nach dem Nachmittag mit Noah fragte. Nelly gähnte.

„Warum guckst du denn so verklärt? Hat dir Noah einen Song gewidmet?“

„Nein, das hat er nicht“, war die ungewohnt knappe Antwort.

Jetzt war Nelly ganz munter und sah ihre Freundin an.

„Was dann? Verdammt, rede! Hat er dich endlich geküsst?“

„Oh Mann, ich dachte schon, du fragst gar nicht mehr! Er hat mich nicht nur geküsst, wir haben mit­einander eine wunderbare Nacht verbracht.“

„Ach du Scheiße, das ist ja krass. Ich dachte immer, er macht nur Musik für dich.“

„Tja, was du immer so denkst. Wir sind jetzt zusammen. Als ich heute früh aufgestanden bin, war er noch da.“

„Was macht er eigentlich beruflich?“

„Kein Ahnung. Aber er hatte sicher heute frei, denn er hat sich ganz süß von mir verabschiedet. Ach, Nelly, er ist so toll. Ganz anders als die anderen Jungs.“

„Er ist schon ein bisschen schräg, oder?“

Nelly sah förmlich, wie ihre Freundin einschnappte. Schnell wollte sie das Gesagte abmildern.

„Ich meine, er ist wirklich anders als alle anderen Männer. Du hast recht.“

Simona entspannte sich wieder. Sie seufzte.

„Ich bin so verliebt, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Oder doch, dein Paolo ist auch ein ganz toller Mann. Und sein Cousin auch. Er war sehr charmant, als er mich heimgefahren hat.“

„Gefällt er dir?“

„Mir gefällt nur Noah. Und jetzt sind wir ja ein Traumpaar.“

„Wann seht ihr euch wieder?“

„Ich hoffe doch, er ist noch da, wenn ich heimkomme.“

„Ich drücke dir die Daumen, Süße. Wenn du glücklich bist, bin ich es auch.“

Simona lächelte huldvoll. Nun hatte sie endlich wieder einen festen Freund und der war noch dazu etwas Besonderes. Nelly machte sich Sorgen, dass diese Nacht vielleicht die einzige bleiben würde, aber sie sagte nichts. Simona würde sich sonst nur aufregen.

„Habt ihr den Neuen in der zwölften gesehen?“, fragte Ina, als sie sich an der Bushaltestelle trafen.

„Welchen Neuen?“, fragte Nelly.

„Er heißt Marius oder Marcus oder so, ist seit drei Tagen hier. Ich glaube, er würde dir gefallen, liebe Nelly.“

„Hast du vergessen, dass ich Paolo liebe?“

„Ich meine ja nur … schau ihn dir einfach mal an. Er ist um Welten spannender als Paolo.“

Nelly wollte noch etwas erwidern, aber Ina war schon weg. Dieses Mädchen hatte wohl keine eigenen Probleme und dass sie hier solche Sachen sagte, fand Nelly sehr unangenehm. Sie lief zu Chemie, wo sie in letzter Sekunde in den Raum huschen konnte. Der strenge Lehrer schloss immer ab, wenn es klingelte und dann hatten Schüler, die zu spät kamen, das Nachsehen.

In der Pause war dann endlich wieder Simona wichtig, die alles von ihrer Liebesnacht mit Noah berichtete. Nelly stand schweigend daneben. Als sie wieder hineingehen wollte, wurde sie grob angerempelt. Hinter ihr stand ein großer, junger Mann und beachtete sie gar nicht.

„Aua! Kannst du nicht aufpassen? Was soll das denn?“

Der dunkelblonde Sportler überholte sie, drehte sich kurz um und fragte arrogant: „Was willst du denn jetzt? Steh hier nicht im Weg rum, dann passiert das nicht.“

„Blöder Affe! Hau bloß ab!“

Nelly rieb sich den Ellbogen, mit dem sie gegen die Tür gestoßen war. Die anderen Mädchen, die sie jetzt eingeholt hatten, schauten sie verwundert an.

„Ich denke, du interessierst dich nicht für den neuen Schüler, weil du nur Paolo liebst?“, fragte Ina gehässig.

„Was willst du denn?“, fauchte Nelly sie jetzt an. „Der Typ schubst mich gegen die Tür und entschuldigt sich nicht einmal. So ein arroganter Mistkerl kann mir gestohlen bleiben.“

„Das war ER!“

„Wer ER?“

„Du bist ziemlich dämlich, Nelly“, mischte sich nun Becky ein, die sonst niemals redete.

Alle Blicke wendeten sich ihr zu.

„Das war Marius Kopplings, der neue Schüler. Er ist der Sohn vom Direx.“

Ina baute sich vor dem Mädchen auf.

„Woher weißt ausgerechnet du das?“

„Die wohnen neben uns.“

Vollkommen verdutzt sahen alle die stille Becky an. Niemand hatte gewusst, dass sie neben dem Schulleiter wohnte.

„Das ist ja furchtbar! Du arme … siehst du den etwa jeden Tag?“

„Nein … ja … nicht jeden Tag. Aber Nelly hat recht. Der Marius ist ein arroganter Arsch.“

Jetzt klingelte es erneut und alle rannten zum Englisch-Raum, wo eben die Tür zufiel. Simona gelang es, einen Fuß dazwischen zu stellen. Auch hier wurde Zuspätkommen bestraft, allerdings mit dreißig Vokabeln extra.

„Wir haben einen neuen Schüler“, verkündete Nelly beim Abendessen mit Paolo und Benjamin.

Die beiden Männer waren erst spät heimgekommen und hatten einen Bärenhunger. Nelly hatte Nudeln mit Tomatensoße gemacht. Paolo hörte kurz auf zu kauen.

„Aha.“

„Nichts aha. Ich weiß das nur, weil er mich heute angerempelt und sich nicht einmal entschuldigt hat. Schau, mein Ellbogen ist ganz blau geworden.“

Nelly raffte den Ärmel hoch und zeigte den blauen Fleck. Paolo kaute weiter. Es schien ihm zu gefallen, dass Nelly nichts Gutes sagen konnte über diesen neuen Schüler. Benjamin hatte die Stirn gerunzelt und zwischen den beiden hin und her geschaut. Paolo sah auf.

„Sag das doch beim nächsten Mal deinem Lehrer oder dem Direktor.“

„Haha, mein Schatz. Er ist der Sohn vom Direktor. Der wird nichts unternehmen.“

„Wo kommt der denn jetzt so kurz vor Schuljahresende her?“, fragte Benjamin.

„Keine Ahnung, er interessiert mich auch nicht die Bohne. Ich wollte ja nur mal erzählen, dass wir einen neuen Schüler haben, der mir wehgetan hat.“

„Gut, das hast du jetzt gemacht. Was sollen wir denn nun deiner Meinung nach unternehmen?“

Paolo war anscheinend wirklich beunruhigt. Er hatte die Gabel weggelegt und sah seine Freundin zornig an.

„Du bist doch nicht etwa eifersüchtig?“, fragte Nelly ungläubig.

„Nein, das bin ich nicht. Ich frage ja nur: Wie können wir dir helfen?“

„Gar nicht, ihr seid beide doof.“

Nelly räumte beleidigt den Tisch ab und stellte alles in den Geschirrspüler. Benjamin nickte Paolo zu und verließ die Küche. Der junge Mann stand auf und stellte sich direkt hinter Nelly, die wütend mit der Bürste im längst sauberen Topf herum schrubbte.

„Süße, es tut mir leid.“

„Hm.“

„Lass uns nicht streiten.“

Paolo begann, Nelly in den Nacken zu küssen. Dazu hatte er ihre langen, braunen Haare zur Seite gestrichen. Er knabberte zärtlich an ihrem Ohr.

„Kannst du mir verzeihen?“

Seine Arme legten sich um ihre schlanke Taille und mit der rechten Hand fuhr er nun unter ihr T-Shirt, wo er zärtlich ihre Brust berührte. Nelly hatte Gänsehaut und drehte sich nun zu ihm um. Sie schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn sanft. Paolo presste seinen erregten Körper an ihren. Plötzlich schob Nelly ihn weg.

„Ich finde das nicht gut, wenn ich gar nichts über die Schule erzählen darf. Das hat heute echt wehgetan. Also hab ein bisschen Mitleid mit mir und sei nicht eifersüchtig. Ich liebe nur dich. Basta.“

„Ich weiß, mein Engel. Aber ein bisschen Eifersucht gehört doch wohl dazu, oder?“

Paolo nahm Nelly den Lappen aus der Hand, wischte schnell den Tisch ab und zog sie mit sich ins Zimmer, wo sie noch ein bisschen Fernsehen schauten. Er war so müde und erschöpft von dem anstrengenden Tag, dass er auf der Couch einschlief.

Am nächsten Tag war „der Neue“ kein Thema mehr. Simona machte ein verbissenes Gesicht, weil Noah verschwunden war, sich nicht gemeldet hatte und auch nicht ans Telefon ging. Sie war sauer und wusste nicht, was sie denken sollte.

„Nelly, was glaubst du, warum er nicht anruft? Habe ich etwas Falsches gesagt?“

„Ich weiß nicht“, versuchte Nelly die Freundin zu beruhigen, „vielleicht hat er zu tun?“

„Meinst du echt? Dann hoffe ich mal, dass du recht hast. Er meldet sich sicher heute Abend.“

Schon war die Freundin wieder gut gelaunt. Nelly wunderte sich aber nicht darüber, denn sie wusste seit langer Zeit, wie schnell sich Simonas Laune ändern konnte. Lachend gingen sie in den Unterricht.