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Mein Herz schlägt im Dreivierteltakt
Wie Lisa ihre Lebensfreude wiederentdeckte
Niedergeschlagen starrt Lisa vor sich hin. Ihre Träume sind gerade mit einem Schlag zerplatzt, und alles, was sie sich für eine glückliche Zukunft erhofft hatte, wird sich nicht erfüllen. Zumindest nicht mit ihrem Verlobten, denn der hat ihr gerade allzu deutlich zu verstehen gegeben, dass er an einer dauerhaften Verbindung mit ihr nicht länger interessiert ist.
Zu ihrem quälenden Liebeskummer gesellen sich in den nächsten Tagen zunehmend auch starke Herzbeschwerden. Immer wieder setzt ihr Herz aus, um dann plötzlich loszurasen. Außerdem verspürt sie öfter schmerzhafte Stiche in der Brust. Doch Lisa nimmt ihre Symptome nicht ernst, viel zu sehr ist sie mit ihrem übrigen Kummer beschäftigt. Bis es dann fast zu spät ist und Lisa während eines Tanzkurses zusammenbricht ...
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Seitenzahl: 127
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Mein Herz schlägt im Dreivierteltakt
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: StockLite / shutterstock
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar
ISBN 9-783-7325-8451-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Mein Herz schlägt im Dreivierteltakt
Wie Lisa ihre Lebensfreude wiederentdeckte
Niedergeschlagen starrt Lisa vor sich hin. Ihre Träume sind gerade mit einem Schlag zerplatzt, und alles, was sie sich für eine glückliche Zukunft erhofft hatte, wird sich nicht erfüllen. Zumindest nicht mit ihrem Verlobten, denn der hat ihr gerade allzu deutlich zu verstehen gegeben, dass er an einer dauerhaften Verbindung mit ihr nicht länger interessiert ist.
Zu ihrem quälenden Liebeskummer gesellen sich in den nächsten Tagen zunehmend auch starke Herzbeschwerden. Immer wieder setzt ihr Herz aus, um dann plötzlich loszurasen. Außerdem verspürt sie öfter schmerzhafte Stiche in der Brust. Doch Lisa nimmt ihre Symptome nicht ernst, viel zu sehr ist sie mit ihrem übrigen Kummer beschäftigt. Bis es dann fast zu spät ist und Lisa während eines Tanzkurses zusammenbricht …
„Schau mal, Maren, sind die nicht herzallerliebst?“ Begeistert hielt Lisa Sommerfeld ein Paar Babyschühchen in die Höhe, während sie sich zu ihrer Freundin umwandte. „Und so winzig! Gott, sind die süß!“
Gerührt drehte sie die Schühchen in der Hand, während sie sie betrachtete. Mit einem Mal glühten ihre Wangen. Ein paar Strähnen des hochgesteckten brünetten Haares waren ihr in die Stirn gefallen. Sie schüttelte sie mit einer kurzen Kopfbewegung zurück.
„Himmel, ich kann mich gar nicht wieder losreißen. Nun sag doch auch mal was, Maren. Sind die nicht niedlich?“
Ihre Freundin nickte lächelnd. Natürlich fand sie die Schühchen auch süß. Noch entzückender war allerdings in diesem Moment Lisa selbst anzusehen, wie sie begeistert im Laden stand und die winzigen Füßlinge hochhielt, als hätte sie einen Goldschatz gefunden. Aber wahrscheinlich fühlte es sich für sie im Augenblick wirklich so an.
Seit Tagen schon war Lisa in diesem Ausnahmezustand. Genaugenommen seit jenem Moment, in dem sie ihrem Freund Florian endlich das Hochzeitsversprechen abgerungen hatte. Vor genau zwei Wochen war das passiert. Seither sprach Lisa von nichts anderem mehr als von der kommenden Hochzeitsfeier.
Riesengroß und unvergesslich sollte sie werden, obwohl Lisa Florian erst dazu hatte überreden müssen – jedenfalls war das Marens Eindruck, seit Lisa ihr am Telefon die freudige Nachricht mitgeteilt hatte. Maren selbst konnte Lisas Begeisterung nicht recht teilen, denn machte nicht normalerweise der Mann der Frau den Antrag – und nicht umgekehrt?
Im Moment bummelten Maren und Lisa durch die Münchner Innenstadt. Es war ein sonniger Samstag im August. Überall waren die Leute unterwegs und genossen das schöne Wetter, während sie ihren Geschäften nachgingen. Sie kauften ein, drängten sich auf den Märkten um die Stände oder versuchten, mit vollgepackten Tüten und Taschen noch ihre Busse oder Bahnen zu erwischen.
Einige saßen aber auch einfach nur in einem der vielen kleinen Cafés am Straßenrand und ließen sich die Sonne ins Gesicht scheinen, so wie Maren und Lisa das später auch noch vorhatten.
An den Sommerwochenenden gingen sie öfter gemeinsam shoppen. Dabei waren sie bisher allerdings immer in Modegeschäften unterwegs gewesen. Seit dem Hochzeitsversprechen aber zog es Lisa fast nur noch in Läden, in denen entweder Babysachen oder Hochzeitskleider verkauft wurden.
Dabei war Lisa noch gar nicht schwanger. In knapp drei Monaten würde sie erst einmal ihren Freund Florian heiraten – kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag. Vor Jahren hatte sie es sich mal in den Kopf gesetzt, ihren Dreißigsten auf keinen Fall mehr als ledige Frau zu begehen. Seither hatte sie hart an diesem Ziel gearbeitet. Jetzt war sie neunundzwanzig Jahre alt, es blieb also nicht mehr viel Zeit.
Maren war ebenfalls neunundzwanzig und lebte mit ihrem Freund Sebastian schon ziemlich lange sehr glücklich ohne Trauschein zusammen. Wenn sie ehrlich war, verstand sie Lisas Eile nicht. Heutzutage musste man sich doch nicht mehr an irgendwelche überkommenen Standards halten.
Allerdings befand sich Marens Freund Sebastian auch seit einem knappen halben Jahr beruflich in Südafrika, wo seine Firma eine neue Filiale aufbaute. Vielleicht hörte sie deshalb die Uhr noch nicht so laut ticken.
Lisa jedenfalls war seit einiger Zeit völlig von dem Gedanken besessen, endlich mit der Einrichtung ihres trauten Heims zu beginnen. Eventuell lag das daran, dass sie ein Scheidungskind gewesen war und ihren Kindheitswunsch nach einer intakten Familie jetzt auf ihre derzeitige Situation projizierte.
Maren konnte das gut verstehen. Sie selbst arbeitete als Grundschullehrerin in Grünwald und bekam oft hautnah mit, was eine Scheidung bei den betroffenen Kindern manchmal anrichtete. Vor allem, wenn die Trennung der Eltern mit viel Gezänk und Streit ablief.
Trotzdem, Lisa übertrieb es nach Marens Meinung. Schließlich war sie eine wunderbare junge Frau, aufgeweckt, intelligent und mit ihrer kleinen Töpferei auch beruflich erfolgreich. Hübsch war sie außerdem. Lisas freundliches Gesicht wurde von brünetten Haaren umrahmt, die in der Sonne manchmal einen leicht rötlichen Schimmer zeigten, was fantastisch zu ihren hellen blauen Augen passte.
Es gab überhaupt keinen Grund für diese ganze Hektik. Aber Lisa sah das offensichtlich anders.
Belustigt zuckte Maren mit den Schultern.
„Dann nimm sie doch mit, wenn sie dir so sehr gefallen“, forderte sie ihre Freundin auf. „Ich meine, lange wird es dann ja sowieso nicht mehr dauern, oder?“
Lisa lachte. „Na, das will ich doch hoffen! Aber erst einmal bin ich froh, dass ich nicht als alte Jungfer enden muss.“
Maren blies empört die Wangen auf.
„Hey, und was bin ich dann? Ich bin schließlich auch schon neunundzwanzig. Aber ich werde dieses Jahr bestimmt nicht mehr heiraten.“
„Ach, bei dir ist das doch was anderes. Du und Sebastian, ihr seid doch praktisch schon kurz vor der Rosenhochzeit. Euch kann man sich sowieso nicht mehr als Singles vorstellen.“
Das stimmte in gewisser Weise. Maren und Sebastian waren bereits seit fast zehn Jahren zusammen. Sie hatten sich mit Anfang Zwanzig kennengelernt und sofort ineinander verliebt. Kurz darauf waren sie schon zusammengezogen.
Seither lebten sie in ihrer wunderschönen Grünwalder Wohnung ganz in der Nähe des Forstes in wilder Ehe, wie man früher gesagt hätte. Lediglich die letzten Monate hatte Maren als „Strohwitwe“ zubringen müssen. Allerdings hatte sie Sebastian zwischendurch schon mal für mehrere Wochen in Südafrika besucht und war ganz begeistert aus Kapstadt zurückgekehrt.
„Stimmt“, sagte sie jetzt und schaute Lisa an. „Vielleicht sollten wir das wirklich feiern, wenn Sebastian wieder da ist. Schließlich sind zehn Jahre Beziehung mehr, als manche Paare heutzutage mit Trauschein schaffen.“
Der Satz hatte scherzhaft klingen sollen. Aber ein bisschen Wahrheit enthielt er doch, denn eine Heirat war keine Absicherung gegen schlechte Zeiten. Lisa, fand Maren, machte sich da gehörig etwas vor. Außerdem hatte sie viel zu romantische Vorstellungen im Kopf, was das Eheleben betraf. Zumal sie erst seit einem knappen Jahr mit ihrem Freund zusammenwohnte.
Wenn Maren ganz ehrlich war, konnte sie mit Florian nicht allzu viel anfangen. Er war ihr einfach zu überheblich. Zwar verdiente er als Immobilienmakler sehr gut, aber das war noch lange kein Grund, auf Leute mit bescheidenerem Verdienst herunterzuschauen. Zumal sich diese Menschen ihr Geld oft viel härter erarbeiten mussten.
Florian Neugebauer war in Marens Augen einfach ein Schnösel, ein Emporkömmling, der lediglich sehr gute Voraussetzungen gehabt hatte, um in seinem Beruf erfolgreich Fuß zu fassen. Soweit Maren das beurteilen konnte, versuchte er nun, den Lebensstil der Superreichen zu kopieren, indem er mit Geld nur so um sich warf.
Vielleicht hatte er einfach zu viele entsprechende Filme gesehen. Champagner jedenfalls ließ er bei allen möglichen Gelegenheiten fließen. Manchmal hatte Maren ein Bild vor Augen, bei dem Florian haufenweise von Groupies oder sonst irgendwelchen Sternchen umringt wurde – aber das sagte sie ihrer Freundin Lisa natürlich nicht.
Allerdings konnte sie nicht nachvollziehen, was Lisa an Florian fand, denn sie war völlig anders als er. Lisa war freundlich, bescheiden und hatte ein unglaublich großes Herz. Aber okay, es stand Maren nicht zu, über das Gefühlsleben ihrer Freundin zu urteilen. Das Wichtigste war sowieso, dass sich Lisa durch das Zusammenleben mit Florian nicht verändert hatte.
Obwohl Maren schon bemerkt zu haben glaubte, dass ihre Freundin in letzter Zeit deutlich ernster geworden war. Sie lachte weniger und hatte manchmal auch einen ziemlich angespannten Ausdruck im Gesicht. Vor allem, seit sie bei ihm in Schwabing wohnte und dafür ihre eigene, zugegebenermaßen sehr kleine Wohnung in Grünwald aufgegeben hatte.
Maren bedauerte den Umzug sehr, denn nun musste sie immer einen viel längeren Weg zurücklegen, wenn sie Lisa mal besuchen wollte. Außerdem fühlte sie sich in Florians abgehobener Designerwohnung nicht wohl, selbst wenn der bei ihren Besuchen nicht anwesend war.
Aber auch Lisa schien Marens Wohnung mehr zu mögen als ihr eigenes neues Zuhause, denn sie kam neuerdings viel öfter bei Maren in Grünwald vorbei. Allerdings befand sich ihre Töpferei in der Nähe der Bavaria Filmstudios, sie musste den Weg also sowieso jeden Tag fahren. Heimlich bedauerte sie es wohl auch, aus Grünwald weggezogen zu sein, denn hier lebte es sich wirklich sehr angenehm.
„Und, was ist nun? Nimmst du sie?“, fragte Maren, die langsam etwas ungeduldig wurde, denn es zog sie hinaus in die Sonne. Außerdem wollten sie nach ihrem Einkaufsbummel noch irgendwo einen Kaffee trinken, bevor sich Maren am Abend wieder an ihre Bastelarbeiten setzen musste. In weniger als zwei Wochen fing das neue Schuljahr an, und Maren übernahm eine neue erste Klasse, was immer besonders viel Arbeitsaufwand bedeutete.
„Soll ich sie nun kaufen oder nicht?“, überlegte Lisa laut, während sie die Schühchen weiterhin in den Händen drehte. Nachdenklich schürzte sie die Lippen. Dann sah sie Maren an. „Eigentlich kann ich da doch nichts falsch machen, oder? Die Farbe ist ja fast neutral. Und notfalls ziehe ich einfach andere Bändchen ein. Weißt du was: Ich nehme sie!“
Mit leuchtenden Augen legte sie die Schühchen in den Korb und eilte zur Kasse, während Maren ihr schmunzelnd folgte. Wenn man sie gefragt hätte, dann hätte sie diesen Ausgang schon vor zehn Minuten prophezeien können.
***
Am Montag darauf schien die Sonne schon am frühen Morgen in die Zimmer der Arztpraxis in der Gartenstraße und malte dort helle Reflexe auf die Tapete.
Beschwingt schob Martha Giesecke ringsum die Vorhänge beiseite und öffnete die Fenster, sodass frische Morgenluft in die Räume strömen konnte. In der Teeküche verharrte die resolute Arzthelferin einen Augenblick und nahm einen tiefen Atemzug.
Sie liebte diese Minuten am frühen Morgen, in denen sie alles für den anstehenden Tag vorbereitete. Meist war sie die Erste hier, häufig sogar noch vor ihrem Chef Dr. Frank, der im ersten Stock der Villa gleich über den Praxisräumen wohnte. Auch ihre andere Kollegin, Marie-Luise Flanitzer, kam oft erst etwas später.
Martha Giesecke war die gute Seele der Praxis, die alles im Blick hatte und sich um alles kümmerte, was mit der Praxis – und oft genug auch mit dem Privatleben ihres Chefs – zu tun hatte.
Eigentlich aus Berlin stammend, wohnte die korpulente Mittsechzigerin schon seit vielen Jahren in München und hatte sich inzwischen bestens hier eingelebt. Trotzdem klang der Heimatdialekt bei ihr noch durch, und die manchmal recht burschikose Art der Berliner hatte sie ebenfalls beibehalten.
Genau das schätzte Stefan Frank an seiner zuverlässigen Mitarbeiterin, denn Martha nahm kein Blatt vor den Mund, egal, ob sie mit ihm oder seinen Patienten sprach. Trotzdem hatte sie immer ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Patienten, wobei sie manchmal ein überraschendes Feingefühl an den Tag legte. Allerdings tat sie mindestens genauso gern ihre eigene Meinung kund.
So auch heute, denn es war ihr erster Arbeitstag nach dem Sommerurlaub. Martha Giesecke hatte sich von einer langjährigen Freundin zu einer dreiwöchigen Schiffsfahrt an Norwegens Küste entlang überreden lassen. Nun gab es viel zu erzählen.
„Erst dachte ick ja, ick muss von allen guten Geistern verlassen sein, ausgerechnet im Sommer in den Norden zu fahren“, schnatterte sie drauflos und reichte Stefan Frank, der mittlerweile aus seiner Wohnung heruntergekommen war und nun mit ihr in der Teeküche stand, die obligatorische Tasse Kaffee. „Aber die hellen Nächte, det war natürlich was! Det hat für alles entschädigt. Obwohl ick ein bisschen mehr Komfort schon hätte vertragen können. Man ist ja schließlich nicht mehr die Jüngste.“
Dabei knackste sie ein bisschen mit den Gelenken ihrer Finger, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen.
„Det sind nämlich Postschiffe“, erklärte sie weiter. „Die sind nicht so luxuriös wie Kreuzfahrtschiffe. Nee, da tut man direkt ein gutes Werk, wenn man da als Passagier mitfährt“, verkündete sie, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass die Schiffe natürlich auch ohne Martha Giesecke ihre Route absolviert hätten.
Dr. Frank lachte gutmütig. Er kannte seine Sprechstundenhilfe und überließ ihr gern das letzte Wort. Marthas Zuverlässigkeit und ihr großes Herz zählten mehr als ihr manchmal recht ausgeprägter Hang zur Theatralik.
„Wie sieht es denn heute aus?“, fragte er dann aber doch, um sie langsam wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.
Unvermittelt schwenkte Martha in den Dienstmodus um.
„Heute wird‘s ganz schön voll werden, Chef“, gab sie nach einem Blick in das Terminbuch bekannt, welches sie mit in die Teeküche genommen hatte, um sich selbst schon einmal einen Überblick zu verschaffen. „Der Erste ist … nanu? Det ist der Jacob Brenner. Ist der nicht nach Harlaching gezogen?“
Dr. Frank nickte. Er kannte Jacob Brenner von Kindheit an und hatte ihn während seiner gesamten Schulzeit betreut. Irgendwann war der junge Mann dann aus Grünwald weggezogen. Aber er schien seinem alten Hausarzt weiterhin die Treue zu halten, auch wenn Dr. Frank ihn schon recht lange nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte.
Irgendetwas um die Dreißig musste er jetzt sein. In diesem Alter fielen bei den meisten Leuten die Arztbesuche spärlicher aus; da erfreute man sich gemeinhin noch bester Gesundheit.
„Stimmt. Weswegen kommt er denn?“
„Det weiß ick nicht. Ick hab die Anmeldung ja nicht entgegengenommen“, erklärte Martha geduldig und sah Stefan Frank über den Rand ihrer Kaffeetasse an. „Aber det krieg ich natürlich raus, wenn Sie wollen. Noch bevor der junge Mann einen Schritt in Ihr Zimmer getan hat“, schob sie nach und grinste breit.
Stefan Frank schmunzelte. Natürlich würde Martha seinem Patienten in kürzester Zeit alles Notwendige entlockt haben, daran bestand für ihn kein Zweifel. Es war schön, dass sie wieder da war. Obwohl die Zusammenarbeit mit der jungen Marie-Luise Flanitzer natürlich auch gut geklappt hatte. Aber Marthas schnoddrige Redeweise und ihr großes Mundwerk hatten ihm schon ein bisschen gefehlt.
Immer noch lächelnd, ging er in sein Zimmer zurück, um den Computer hochzufahren. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis die ersten Patienten eintrafen.
Der Erste war tatsächlich Jacob Brenner. Der junge Mann war inzwischen genau dreißig Jahre alt, wie sich Stefan Frank anhand des Geburtsdatums auf der Akte schnell ausrechnete. Er sah auf interessante Art viel erwachsener aus als damals, machte aber durchaus noch einen jugendlich frischen Eindruck.
Seine dunklen Augen schauten wach und lebendig, das glänzende schwarze Haar hatte er wachsen lassen und am Hinterkopf zu einem Pferdeschwanz gebunden.
Zusammen mit seiner schlanken, aber muskulösen Statur und der sonnengebräunten Haut machte er sicherlich ganz schön Eindruck auf die Frauen, dachte Stefan Frank und musste schon wieder ein bisschen schmunzeln. Er selbst hätte früher nicht so rumlaufen mögen, schon gar nicht als Arzt. Aber die Zeiten änderten sich.