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Ihr Job ist alles, was Annalena Rensmann interessiert, denn nichts will die junge Journalistin mehr als endlich den begehrten Posten der Chefredakteurin der renommierten Zeitschrift "Welt der Frau". Oft schon hat ihr Chef ihr signalisiert, dass er sie sich als seine Nachfolgerin vorstellen kann, weiß er doch um Annalenas unbedingten Einsatzwillen, ihr Talent und nicht zuletzt ihre Beliebtheit bei den Leserinnen. Annalena, die von klein auf als Mädchen im Vergleich zu ihren älteren Brüdern von ihren Eltern nie ernst genommen, geschweige denn gefördert wurde, muss einfach sich selbst und allen anderen beweisen, dass es für eine Frau trotzdem möglich ist, eine Führungsposition zu besetzen. Doch ausgerechnet jetzt, wo sie sich nicht den kleinsten Fehler erlauben darf, macht ihr ihr Körper einen Strich durch die Rechnung: heftige Regelschmerzen, quälendes Hämmern im Kopf, Konzentrationsschwäche sowie eine nie gekannte Müdigkeit hemmen Annalenas Alltag. Gut gemeinte Ratschläge von Freunden und einen Arztbesuch lehnt sie als Zeichen von Schwäche, die ihre Beförderung gefährden könnte, aber vehement ab ...
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Seitenzahl: 121
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Grenzenloser Ehrgeiz
Vorschau
Impressum
Grenzenloser Ehrgeiz
Eine Redakteurin droht am Konkurrenzkampf zu zerbrechen
Ihr Job ist alles, was Annalena Rensmann interessiert, denn nichts will die junge Journalistin mehr als endlich den begehrten Posten der Chefredakteurin der renommierten Zeitschrift »Welt der Frau«. Oft schon hat ihr Chef ihr signalisiert, dass er sie sich als seine Nachfolgerin vorstellen kann, weiß er doch um Annalenas unbedingten Einsatzwillen, ihr Talent und nicht zuletzt ihre Beliebtheit bei den Leserinnen. Annalena, die von klein auf als Mädchen im Vergleich zu ihren älteren Brüdern von ihren Eltern nie ernst genommen, geschweige denn gefördert wurde, muss einfach sich selbst und allen anderen beweisen, dass es für eine Frau trotzdem möglich ist, eine Führungsposition zu besetzen.
Doch ausgerechnet jetzt, wo sie sich nicht den kleinsten Fehler erlauben darf, macht ihr ihr Körper einen Strich durch die Rechnung: heftige Regelschmerzen, quälendes Hämmern im Kopf, Konzentrationsschwäche sowie eine nie gekannte Müdigkeit hemmen Annalenas Alltag. Gut gemeinte Ratschläge von Freunden und einen Arztbesuch lehnt sie als Zeichen von Schwäche, die ihre Beförderung gefährden könnte, aber vehement ab ...
»Das haben Sie ja wieder mal großartig hinbekommen, Annalena!«, rief Martin Ackermann, der Chefredakteur der Zeitschrift Welt der Frau begeistert. »Dieser Artikel über die Tierschutzorganisation – genau das ist es, was unsere Leserinnen in unserem Blatt lesen wollen, was ihnen ans Herz geht, was sie aufrüttelt – aber das wissen Sie ja selbst mindestens genauso gut wie ich.«
Annalenas Herz vollführte einen Satz. Nichts bereitete ihr so viel tiefe Befriedigung wie ein Lob ihres Vorgesetzten. Martin hielt große Stücke auf sie, das sagte jeder in der Redaktion. Annalena hatte lange Zeit daran gezweifelt, hatte einfach nicht glauben können, dass jemand ihre Fähigkeiten anerkannte. Seit Martin sie im letzten Herbst jedoch zu seiner Stellvertreterin ernannt hatte, war selbst sie von seiner Wertschätzung überzeugt.
»Danke, Martin«, sagte sie. »Ich habe den Artikel sehr gern geschrieben. Die beiden Schwestern, die die Organisation begründet haben, waren nur zu gern bereit, mir meine Fragen zu beantworten, und die Tiere waren einfach bezaubernd.«
»Ja, ich weiß, Sie mögen Tiere gern«, erwiderte Martin. »Sie sollten sich ein Haustier anschaffen, Annalena. Dann haben Sie wenigstens jemanden, der Sie abends begrüßt, wenn Sie nach Hause kommen.«
»Dazu fehlt mir leider die Zeit«, erklärte Annalena. »Sie wissen ja, ich nehme meist Arbeit mit nach Hause und könnte mich mit dem Tier gar nicht beschäftigen.«
Sie liebte Tiere wirklich und hätte furchtbar gern eine Katze oder ein Kaninchen gehabt, um sich in ihrer Wohnung abends nicht so allein zu fühlen. Aber es wäre dem Tier gegenüber nicht fair gewesen. Sie hatte sich nun einmal dafür entschieden, all ihre Kraft in den Aufbau ihrer Karriere als Journalistin zu stecken, und daneben war für nichts anderes Platz.
»Immer nur arbeiten ist nicht gut für die Seele«, mahnte Martin. »Sie brauchen ein bisschen Ausgleich, Annalena.«
»Nun, die Zeitschrift profitiert schließlich von meiner Arbeit«, konterte Annalena. »Und ich liebe sie – meine Arbeit ist alles, was ich brauche.«
Tatsächlich war es von klein auf ihr Traum gewesen, Journalistin zu werden. Noch ehe sie überhaupt lesen konnte, hatte sie bereits in Zeitschriften geblättert, und seit der ersten Klasse schrieb sie ihre eigenen kleinen Geschichten.
Ihre Eltern hatten sie nie in ihrem Berufswunsch unterstützt. In den Augen ihres Vaters zählten nur Söhne, und so hatte er sich ganz darauf konzentriert, Annalenas zwei Brüder zu fördern und ihnen während ihres Studiums finanziell unter die Arme zu greifen.
Annalena hatte sich alles allein erkämpfen müssen. Sie war immer eine Musterschülerin gewesen und hatte weit bessere Noten als ihre Brüder gehabt, doch sie konnte sich nicht daran erinnern, dass ihre Eltern sie auch nur einmal dafür gelobt hatten. Als junge Berufsanfängerin war sie deshalb viel unsicherer gewesen als ihre Kolleginnen und Kollegen und hatte es nicht fassen können, dass ein so renommiertes Blatt wie die Welt der Frau ausgerechnet ihr einen Job anbot.
Die Zeitschrift war genau das, was Annalena gewollt hatte. Sie war auf die Interessen von Frauen ausgerichtet und berichtete auf ansprechende, unterhaltsame Weise über eine breite Palette von Themen. Die Arbeit in der Redaktion erfüllte Annalena und gab ihr zugleich das Gefühl, etwas für ihre Geschlechtsgenossinnen zu tun.
Gute Zeitschriften für Männer gab es wie Sand am Meer. Aber das Konzept der Welt der Frau war einzigartig und füllte auf dem Markt eine echte Lücke.
Annalena hatte sich vom ersten Tag an ins Zeug gelegt, hatte ihr Bestes gegeben und sich mit noch nicht dreißig Jahren zur stellvertretenden Chefredakteurin hochgearbeitet. Und nun stand der nächste, der bedeutendste Karriereschritt vor der Tür.
Martin Ackermann machte kein Geheimnis daraus, dass er mit seinen knapp sechzig Jahren demnächst in den Ruhestand gehen wollte. Und er hatte in den letzten Monaten mehrfach angedeutet, dass er sich als seine Nachfolgerin niemanden so gut vorstellen konnte wie seine Stellvertreterin Annalena Rensmann.
Die gesamte Redaktion ging davon aus, dass Annalena den Posten bekommen würde.
»Im Grunde ist es ja ein Unding, dass eine Zeitschrift für Frauen schon so lange von einem Mann geleitet wird«, hatte Meike Thaler, die Redaktionssekretärin, gesagt, mit der Annalena sich angefreundet hatte. »Aber bei Frauen weiß man eben nie, wie lange sie voll verfügbar bleiben, wenn sie heiraten und Kinder kriegen und so weiter.«
Annalena hatte Mühe gehabt, auf diese Bemerkung hin nicht empört zu schnauben. Sie mochte Meike von Herzen gern. Im Grunde genommen war die fröhliche, gleichaltrige Frau die einzige echte Freundin, die sie bei ihrem nicht vorhandenen Privatleben hatte. In Sachen Gleichberechtigung der Frau lebte Meike aber ein bisschen hinter dem Mond und ließ manchmal Sachen vom Stapel, die auch von Annalenas Eltern hätten stammen können.
Für Annalenas Ehrgeiz brachte sie zwar jede Menge Bewunderung, aber kein Verständnis auf.
»Ich begreife einfach nicht, wie du Tag und Nacht nur an die Arbeit denken kannst«, bekundete sie mit schönster Regelmäßigkeit. »Du hast ja überhaupt keine Zeit für die Liebe – das muss dir doch fehlen.«
Nein, dachte Annalena, das ist das Allerletzte, was mir fehlt. Was die Liebe mit dem Leben einer Frau machte, hatte sie oft genug erlebt, und sie wollte ganz bestimmt nicht enden wie ihre Mutter. Diese hatte ihr Studium der Tiermedizin aufgegeben, um Geld für das Studium ihres Verlobten zu verdienen. Als Annalenas Vater dann seinen Abschluss hatte und gut verdiente, hatte sie jegliche Berufstätigkeit aufgegeben und hintereinander drei Kinder bekommen.
Annalena würde so etwas nicht passieren. Sie war mit ihrer Arbeit verheiratet. Als ihre Eltern sie zu Weihnachten gefragt hatten, wann sie denn endlich mit dem ersten Enkelkind rechnen durften, hatte sie ihnen ein rigoroses »Fragt doch meine Brüder« zur Antwort gegeben.
»Dann wünsche ich Ihnen jetzt einen schönen Feierabend«, ließ sich wieder Martin vernehmen. »Auch wenn Sie ja im Grunde gar nicht wissen, was das ist, und ihn mit Arbeit verbringen werden.« Er grinste breit. »Wir sehen uns morgen.«
»Ja, bis morgen«, verabschiedete sich Annalena und winkte kurz, ehe sie sich wieder den Artikeln zuwandte, die sie für die morgige Drucklegung in die richtige Reihenfolge brachte.
Sie liebte diese Zeit, wenn die Redaktion sich leerte und Ruhe einkehrte. Nie schaffte sie so viel, wie wenn sie hier allein war. Zwei Stunden hatte sie bestimmt noch zu tun, und für die neue Ausgabe wollte sie alles besonders gut machen. Dass Martin sich für sie als Nachfolgerin entschieden hatte, stand inzwischen ja wirklich fest, aber er würde seine Wahl ja auch vor den Direktoren der Zeitung begründen müssen. Deshalb wollte Annalena einmal mehr beweisen, wie gut sie in ihrem Job war.
Gerade wollte sie beginnen, einen allzu ausufernden Artikel über Frauenfußball zu kürzen, als sich ein scharfer, ziehender Schmerz in ihrem Unterleib bemerkbar machte.
O Gott, nicht schon wieder das!
Annalena gehörte wahrlich nicht zu den Frauen, die sich wegen jeder Kleinigkeit krankschreiben ließen, sondern erschien noch mit der dicksten Erkältung zur Arbeit. Einmal im Monat fiel ihr das jedoch wirklich schwer: Sie litt unter extrem heftigen Regelblutungen, die mit Kopfschmerzen, Übelkeit und diesem furchtbaren Ziehen im Unterleib einhergingen.
Am unangenehmsten war, dass kein Tampon, keine Binde dieser sturmflutartigen Blutung gewachsen war. So peinlich es ihr war, musste Annalena während dieser Tage auf Windeln für Inkontinenz zurückgreifen, die sie zum Glück vorsorglich in der Tasche trug. Wie so oft kam ihre verhasste Periode also auch in diesem Monat zu früh. Widerwillig machte Annalena sich auf den Weg zur Toilette, denn den weißen Rock ihres Business-Kostüms wollte sie sich auf keinen Fall verderben.
Sie würde trotzdem wie geplant weiterarbeiten und sich von diesem blöden Frauen-Übel nicht ins Handwerk pfuschen lassen. Für die Kopfschmerzen gab es Tabletten, und das brutale Ziehen, gegen das kein Kraut gewachsen war, würde sie, so gut es ging, ignorieren.
Kaum betrat sie die Toilette, überfiel sie die vertraute Übelkeit mit nie gekannter Wucht. Normalerweise würgte sie nur, doch diesmal musste sie sich übergeben. Gleichzeitig spürte sie, wie die rote Flut aus ihr herausschoss. Zu spät. Den weißen Rock würde sie vermutlich nur noch mit größter Mühe sauber bekommen.
In ihrem Beruf hatte Annalena ständig mit Menschen zu tun und wusste, dass sie grundsätzlich aussehen musste, wie aus dem Ei gepellt. Als Frau wurde man auch heute noch nach seinem Äußeren beurteilt, weshalb sie sich damit die größte Mühe gab. Sie achtete strikt auf ihre Ernährung, um nicht zuzunehmen, war stets perfekt frisiert, obwohl ihre Haare ihr in letzter Zeit Probleme bereiteten, und hatte immer Kleidung zum Wechseln dabei.
Auch wenn so spät vermutlich niemand mehr in die Redaktion kam, wusch sie sich und zog sich sorgfältig um, ehe sie an ihren Arbeitsplatz zurückkehrte. Auf einmal fühlte sie sich zu Tode erschöpft. Und dabei wartete doch noch so viel Arbeit auf sie!
Wenigstens das Interview, das sie morgen Mittag führen würde, musste sie fix und fertig vorbereiten. Es ging um das Thema »Frauen im Arztberuf«, und Annalena würde eine Ärztin in ihrer Praxis aufsuchen, um ihr Fragen zu ihrem Berufsalltag zu stellen. Es war sehr nett von der Ärztin, dass sie ihre Mittagspause dafür opferte, und Annalena wollte wenigstens gut vorbereitet sein.
Sie versuchte, sich zu konzentrieren, doch die Schmerzen hämmerten an ihren Schläfen, und ihr Kopf fühlte sich an, wie mit Watte gefüllt. Sie betrachtete ihre Hände. Der Nagellack, den sie aufgetragen hatte, um ihre brüchigen Fingernägel zu verbergen, platzte ab, weil die Nägel so trocken waren. Sie musste wirklich dringend Zeit für eine Maniküre finden. Diese Aspekte ihres Berufslebens waren ihr zuwider – aber ihr war klar, dass von einer Chefredakteurin ein makelloses Aussehen verlangt wurde.
Für ihren Beruf hätte sie alles getan. Sie liebte ihn so sehr und ließ sich von nichts und niemandem abbringen, ihren Weg zu verfolgen. Schon gar nicht von den albernen Problemen mit ihrer Periode.
Über solche peinlichen Dinge konnte man mit niemandem sprechen. Annalenas Mutter hatte ihr beigebracht, dass man seine Periode und Ähnliches vor niemandem erwähnte. Das hatte sich in ihr tief verwurzelt, selbst wenn das Thema eigentlich in der Öffentlichkeit kein Tabu mehr war, auch nicht in Frauenzeitschriften.
»Solche Frauengeschichten ekeln andere Leute«, hatte ihre Mutter ihr immer wieder gesagt. »Deshalb stellen die Arbeitgeber auch lieber Männer als Frauen ein.«
Nun, Annalenas Arbeitgeber würde ganz bestimmt keinen Grund haben, sich vor ihren »Frauengeschichten« zu ekeln, und auch ansonsten würde ihm dadurch kein Nachteil entstehen. Annalena biss die Zähne zusammen und zog die Mappe mit dem Material für den Ärztinnen-Artikel zu sich. Sie hatte ihre Arbeit immer geschafft, und sie würde sie auch heute schaffen.
***
»Wundervoll, dich zu sehen«, begrüßte Dr. Stefan Frank seine Lebensgefährtin, Dr. Alexandra Schubert, stand auf und nahm ihr zuvorkommend den Mantel ab.
Wie häufig am Freitagabend trafen sie sich nach der Arbeit in einem behaglichen kleinen Bistro zum Abendessen, um das Wochenende gebührlich einzuleiten. Obwohl sie seit Jahren zusammenlebten, empfand Stefan es tatsächlich noch immer als ein wundervolles Glück, seine Traumfrau Abend für Abend wiederzusehen.
»Es ist auch wundervoll, dich zu sehen«, erwiderte Alexandra zärtlich und bot ihm den Mund zu einem Kuss. »Wie war dein Tag?«
»Oh, ich kann nicht klagen«, meinte Stefan gut gelaunt. »Wenn es in einer Arztpraxis keine besonderen Vorkommnisse gab, ist das ja wohl Grund, von einem guten Tag zu sprechen. Und wie steht es mit deinem?«
»Meiner war äußerst interessant«, berichtete Alexandra, während sie sich setzten. »Ich hatte die Journalistin von der ›Welt der Frau‹, von der ich dir neulich erzählt habe, bei mir in der Praxis. Sie hat ein Interview mit mir durchgeführt.«
»Ach ja, das war bestimmt interessant«, bestätigte Stefan. »Lass uns ein Glas Wein und unser Essen bestellen, und dann musst du mir genau erzählen, worum es ging.«
Sie wählten beide ihr Lieblingsgericht, bestellten bei dem freundlichen Kellner, der sie seit Langem kannte, und stießen mit einem leichten, spritzigen Weißwein auf ihr Wochenende an.
Dann kam Stefan auf das Thema zurück: »Also – nun zu deiner Journalistin. Was hat sie von dir wissen wollen? Soweit ich weiß, ist die ›Welt der Frau‹ ja eine seriöse, sehr renommierte Zeitschrift, habe ich recht?«
»Ja, und die Journalistin, die das Interview geführt hat, war auch äußerst seriös«, antwortete Alexandra. »Und sehr nett obendrein. ›Frauen im Arztberuf‹ lautete das Thema, also hat sie mich vor allem nach meinem Berufsalltag gefragt. Aber sie wollte natürlich auch wissen, wie ich meine Arbeit mit meinem Privatleben verbinde und ob mir in meiner Laufbahn Nachteile entstanden sind, weil ich kein Mann bin.«
»Und was hast du darauf geantwortet?«, wollte Stefan wissen.
»Ich habe ihr erklärt, dass ich gut zurechtkomme, weil ich keine Kinder habe und mein Partner ebenfalls Arzt ist«, berichtete Alexandra und sandte ihm ein Lächeln. »Dass ich aber von genug Kolleginnen weiß, die bei ihren Familien auf wenig Verständnis für die speziellen Belastungen des Arztberufs stoßen.«
Stefan nickte. »Aber das ist ein Problem, das Männer ebenfalls betrifft, oder? Ich beispielsweise kann mir auch nicht vorstellen, dass eine Frau, die nicht selbst Ärztin ist, auf Dauer verstehen würde, wie ich meinen Beruf ausübe.«
»Stimmt«, sagte Alexandra. »Du opferst dich für deine Patienten in einer Weise auf, die mit einem herkömmlichen Familienleben schwer zu vereinbaren wäre. Aber es gibt ja noch immer die sehr traditionellen Ehen, in denen die Frau sämtliche häuslichen Aufgaben übernimmt und dem Mann den Rücken freihält. Darüber habe ich mit der Journalistin gesprochen. Und dabei natürlich erwähnt, dass es deshalb auch heute noch meistens Männer sind, die die Chef- und Oberarztpositionen ergattern.«
»Damit hast du leider recht«, stimmte Stefan ihr zu. »In der Waldner-Klinik ändert sich das jetzt ja allmählich. Aber eben immer noch zu langsam.«
»Die Journalistin – sie heißt übrigens Annalena Rensmann – hat erzählt, dass es in ihrem Beruf genauso aussieht. Wir sind noch ein wenig ins Plaudern geraten, als das eigentliche Interview schon vorüber war. Bei ihrer Zeitschrift ist ebenfalls ein Mann Chefredakteur.«