Dr. Stefan Frank 2518 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2518 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Plötzlich krank
Nach einem Zahnarztbesuch ändert sich Kerstins Leben dramatisch

Schon seit Wochen hält sich die junge Lehrerin Kerstin nur noch mit Schmerzmitteln aufrecht. Ihre Weisheitszähne verursachen ihr furchtbare Schmerzen und müssten dringend gezogen werden. Trotzdem zögert die Sechsundzwanzigjährige den nötigen Eingriff immer wieder hinaus. Zu groß ist ihre Angst davor, dem Kieferchirurgen in solch einer beängstigenden Situation ausgeliefert zu sein.
Als die Schmerzen dann aber gar nicht mehr auszuhalten sind, fasst sich Kerstin endlich ein Herz und vereinbart einen OP-Termin. Sie möchte sich alle vier Zähne gleichzeitig und unter Vollnarkose ziehen lassen. So kann sie die gefürchtete Prozedur wenigstens an einem Vormittag hinter sich bringen und das meiste verschlafen.
Doch es kommt alles noch viel schlimmer, als gedacht. Als Kerstin nach der Narkose aufwacht, spürt sie gleich, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Und nach einigen Minuten weiß sie mit erschreckender Klarheit: Ab sofort wird nichts mehr so sein, wie es war. Fortan wird sie nicht mehr ein normales Leben führen können, sondern nur noch dahinvegetieren. Es sei denn, irgendein Wunder geschieht ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Plötzlich krank

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Squaredpixels / iStockphoto

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8668-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Plötzlich krank

Nach einem Zahnarztbesuch ändert sich Kerstins Leben dramatisch

Schon seit Wochen hält sich die junge Lehrerin Kerstin nur noch mit Schmerzmitteln aufrecht. Ihre Weisheitszähne verursachen ihr furchtbare Schmerzen und müssten dringend gezogen werden. Trotzdem zögert die Sechsundzwanzigjährige den nötigen Eingriff immer wieder hinaus. Zu groß ist ihre Angst davor, dem Kieferchirurgen in solch einer beängstigenden Situation ausgeliefert zu sein.

Als die Schmerzen dann aber gar nicht mehr auszuhalten sind, fasst sich Kerstin endlich ein Herz und vereinbart einen OP-Termin. Sie möchte sich alle vier Zähne gleichzeitig und unter Vollnarkose ziehen lassen. So kann sie die gefürchtete Prozedur wenigstens an einem Vormittag hinter sich bringen und das meiste verschlafen.

Doch es kommt alles noch viel schlimmer als gedacht. Als Kerstin nach der Narkose aufwacht, spürt sie gleich, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Und nach einigen Minuten weiß sie mit erschreckender Klarheit: Ab sofort wird nichts mehr so sein, wie es war. Fortan wird sie nicht mehr ein normales Leben führen können, sondern nur noch dahinvegetieren. Es sei denn, irgendein Wunder geschieht …

Feurige Salsa-Rhythmen füllten den Tanzsaal. Eine samtige Männerstimme sang von Nächten voller Sehnsucht, unerfüllter Liebe und betörenden Frauen. Die Musik fuhr durch die Ohren geradewegs in die Beine.

Sechzehn Frauen wirbelten über das Parkett, folgten den Bewegungen des Kursleiters, kreisten mit den Hüften und tippten die Füße vor und zurück. Der Zumba-Kurs war stets ausgebucht, was nicht zuletzt an dem Trainer lag. Fabio war ein stets gut gelaunter Italiener, der mit seinem Charme auch den letzten Tanzmuffel mitriss.

„Eine Runde schaffen wir noch“, verkündete er vergnügt.

„Oder die Runde schafft uns“, murmelte Alexandra Schubert, während sie sich mit dem Handrücken über die verschwitzte Stirn strich.

„Wobei ich Letzteres für wahrscheinlicher halte.“ Kerstin japste nach Luft. Bisher hatte sie sich für ziemlich fit gehalten. Immerhin joggte sie seit ihrer Studienzeit ein- oder zweimal in der Woche. Aber das hier, das war noch eine ganz andere Liga. Fabio trieb sie gehörig an. Dazu die Hitze! Obwohl der Kalender schon September anzeigte, waren die Temperaturen so hoch wie im Sommer.

„Ich schmelze gleich“, wandte eine der Frauen ein.

Doch Fabio ließ keine Ausrede gelten.

Die Musik begann von vorn, und die Gruppe tanzte mit.

Schwitzend und keuchend brachte kaum noch jemand mehr als einen kurzen Applaus zustande, als Fabio die Stunde schließlich beendete. Matt wankten die Frauen zu ihren Sachen, zu erschöpft zum Reden.

Lediglich Romy strahlte über das ganze Gesicht, während sie neben Kerstin und Alexandra zu der Bank mit ihrer Wechselgarderobe ging.

„Ist unser Fabio nicht ein Schatz?“, schwärmte sie. „Ich schwöre es, wenn ich in seine braunen Augen sehe, vergesse ich alles um mich herum. Er ist wie ein wunderschöner Schmetterling, findet ihr nicht?“

„Dieser Schmetterling liebt vermutlich alle Blüten auf der großen Wiese, nicht nur eine“, gab Alexandra zu bedenken. „Fabio hat bestimmt schon etliche Herzen gebrochen.“

„Er könnte trotzdem eine Sünde wert sein. Oh, seht euch nur an, wie er sich bewegt. Ich wette, er besteht aus nichts als Muskeln und Kraft.“ Romy folgte dem Kursleiter mit den Augen, während sie sich mit den Fingern über das Gesicht fuhr.

„Wenn du dich abtrocknest, solltest du ein Handtuch dazu nehmen“, mahnte Alexandra und drückte ihr eines in die Hand.

„Ups.“ Die Mittvierzigerin rubbelte über ihr Gesicht.

Kerstin nahm derweil einen Schluck aus ihrer Wasserflasche. Ah, das tat gut! Nach der Stunde fühlte sie sich so ausgetrocknet, als hätte sie eine Wüste durchquert.

Sie vertauschte ihre schwarzen Leggins und das Tanz-Top mit einem luftigen gelben Kleid. Ihre langen braunen Haare waren zu einem Pferdeschwanz gebunden, der bei jeder Bewegung fröhlich wippte.

Neben ihr schlüpfte Alexandra Schubert in eine hübsche rote Leinenhose und ein weißes Shirt, das am Kragen mit Lochstickereien verziert war. Darin sah sie bildhübsch aus – beinahe wie eine Studentin und nicht wie eine Augenärztin mit eigener Praxis.

Romy streifte ihr Tanz-Top ab und strich sich bekümmert über den runden Bauch, ehe sie eine Bluse anzog. „Die Tanzerei bringt leider nicht viel mehr als verschwitzte Sachen für die Waschmaschine. Ich hatte gehofft, endlich abzunehmen, aber ich kann machen, was ich will, es funktioniert einfach nicht.“

„Hältst du dich denn an deine Diät?“

„Mehr oder weniger schon. Zugegeben, meistens weniger. Seitdem Tim in der Pubertät ist, stehe ich die Tage ohne einen Zuckerschub einfach nicht mehr durch. Ich meine – ist das zu fassen? Eines Tages steht dein Sohn vor dir, und du denkst: Er war eben noch ein Baby, und jetzt klaut er Vaters Rasierwasser und ist ständig stinkig. Wann ist das bloß passiert?“

„Stinkig? Du meinst, er ist schlecht gelaunt?“

„Das auch, aber er müffelt. Und zwar so richtig. Wenn ich in sein Zimmer gehe, dann riecht es, als hätten wir da drin eine Leiche versteckt.“

„Warum lüftet er denn nicht?“

„Weil dann Mücken oder andere Brummer reinkommen könnten.“ Romy verdrehte die Augen. „Außerdem hat er seit Kurzem eine seltsame Wasserallergie, die alle Kinder in der Pubertät zu befallen scheint. Früher hat er mir jeden Tag beim Abwasch geholfen. Jetzt würde er ohne unser Eingreifen ständig von schmutzigen Tellern essen, und es würde ihn kein bisschen stören. Ich mache drei Kreuze, wenn diese Phase überstanden ist.“

„Und du meinst, es wird besser, wenn er älter wird?“, warf Eva skeptisch ein, während sie in ihrer Umhängetasche nach einer Wasserflasche kramte.

Sie arbeitete als Übersetzerin in einem Verlag.

„Darauf würde ich lieber nicht spekulieren. Meiner Erfahrung nach, hören Männer noch schlechter als pubertierende Teenager. Meinem Mann habe ich, zum Beispiel, monatelang in den Ohren gelegen, dass ich mir zu meinem fünfzigsten Geburtstag eine romantische Reise wünsche. Und womit kam er an? Mit zwei Tickets für eine Monstertruck-Show!“

Romy kicherte. „Da hattest du noch Glück. Ich habe einen Staubsauger bekommen. Weil der alte Sauger allmählich zu schwer für meinen Rücken wird. Schließlich werde ich ja auch nicht jünger.“

„Ist nicht wahr“, prustete Eva.

„Leider doch.“

„Hattest du danach zufällig eine langwierige Form von Migräne, du Ärmste?“

„Oh, damit hätte ich mich bloß selbst bestraft. Nein, aber die Ohrringe, die ich mir gewünscht hatte, habe ich mir einfach selbst gekauft.“

„Und was hat dein Mann dazu gesagt?“

„Gebrummt hat er, aber letztlich haben sie ihm auch gefallen. Wie war es denn bei deinem Geburtstag, Alexandra? Was hast du bekommen?“

„Oh, Stefan hat mich mit einem Kurzurlaub überrascht. Wir sind in die Berge gefahren. In eine romantische Hütte. Es war wunderschön.“

„Du hast so ein Glück. Dein Freund ist wirklich ein Schatz.“

„Ich weiß.“ Die Wangen der Augenärztin röteten sich, und ein inniges Leuchten trat in ihre Augen. Sie war seit längerer Zeit mit Dr. Stefan Frank, einem beliebten Allgemeinmediziner aus Grünwald, zusammen – und das überaus glücklich.

Kerstin hatte schweigend zugehört. Was Männer anging, so konnte sie zurzeit nicht mitreden. Privat herrschte bei ihr eine Liebesflaute. Hin und wieder ging sie aus, aber etwas Ernstes wurde nie aus ihren Bekanntschaften. Das lag allein an ihr. Sie blockte ab, sobald ein Kontakt enger wurde.

Ihr voriger Freund war leider ein Totalausfall gewesen. Ronald hatte sie nicht nur monatelang betrogen, nein, er hatte sie auch noch mit allerlei Erregern angesteckt, die er sich bei seinen wechselnden Bekanntschaften eingefangen hatte.

Als ein hartnäckiger Juckreiz im Intimbereich Kerstin zu ihrem Hausarzt geführt hatte, war alles ans Licht gekommen. Kerstin hatte wochenlang Antibiotika einnehmen müssen. Inzwischen war sie wieder gesund, aber von ihrem neu erwachten Misstrauen hatten die Medikamente sie nicht heilen können. Nein, sie war fest entschlossen, vorerst Single zu bleiben.

„Du bist ja so still.“ Alexandra sah sie forschend an. „Ist alles gut bei dir?“

„Nicht wirklich.“ Kerstin rieb sich über die rechte Wange. Schon seit Stunden pochte es in ihrem Kiefer. Schon wieder! Manchmal würde sie den verflixten Backenzahn am liebsten packen und sich selbst rausreißen, so weh tat es.

„Wieder die Weisheitszähne?“, hakte Alexandra mitfühlend nach.

„Leider ja. Allmählich könnte ich die Decke hochgehen. Kaum gibt einer Ruhe, zwackt ein anderer für ihn. Zu allem Überfluss habe ich noch alle vier – und von denen ist jeder nicht mehr gut.“ Kerstin seufzte leise.

Ihre Weisheitszähne waren ihre Achillesferse. Ihr Zahnarzt predigte schon seit Monaten, sie sollte sie sich endlich ziehen lassen, aber davor hatte sie schlichtweg Panik. Schon wenn sie eine Zahnarztpraxis betrat, wurde ihr schlecht. Der Gedanke, sich auf den Behandlungsstuhl zu setzen und vier Zähne ziehen zu lassen, war einfach nur schrecklich.

„Du Ärmste.“ Romy warf ihr einen mitfühlenden Blick zu. „Mit den Weisheitszähnen habe ich auch einiges hinter mir. Zum Glück bin ich sie längst los. Eine Kollegin meines Mannes musste sich vor einigen Monaten auch einen ziehen lassen. Ein Routineeingriff, hieß es. Von wegen! Die Wunde hat sich entzündet, und die Erreger wanderten zu ihrem Herzen. Zack. Tot.“

„Du machst mir ja Mut!“

„Tut mir leid. Ich wollte dich nicht ängstigen. Mein großes Mundwerk ist mal wieder mit mir durchgegangen. Entschuldige. Das ist aber auch eine ganz seltene Komplikation. Für dieses Jahr ist sie nun auch schon durch in der Statistik. Du kannst dich also ganz beruhigt behandeln lassen.“

Beruhigt? Kerstin stöhnte leise. Von nichts hätte sie gerade weiter entfernt sein können. Sie empfand blanke Panik vor jeder Zahnbehandlung. Außerdem hatte sie gar keine Zeit, um tagelang auszufallen. Immerhin machte sie gerade eine Weiterbildung zur Lehrerin!

Als gelernte Chemikerin hatte sie sich entschlossen, als Quereinsteigerin etwas gegen den Lehrermangel zu unternehmen. In Bayern war der zwar noch nicht so schlimm wie in anderen Bundesländern, aber durchaus schlimm genug. Außerdem liebte sie Kinder und war dankbar für die Chance, zu lehren. Und das wollte sie sich auf keinen Fall von ihren verflixten Zähnen nehmen lassen!

Vier Stück von den Biestern hatte sie. Zwei der Weisheitszähne waren stark vom Karies befallen, und einer wuchs so schief und krumm, dass er auf die Wurzel des Nachbarzahns drückte und diesem schadete. Da half alles nichts: Sie mussten raus!

„Die Menschen haben es inzwischen erfolgreich geschafft, auf dem Mond zu landen“, murmelte sie, „aber eine Zahnbehandlung als erfreuliche Erfahrung zu gestalten, haben sie noch nicht hinbekommen.“ Sie tastete in ihrer Umhängetasche nach den Schmerztabletten, bremste sich nach der Einnahme der dritten und spülte mit Wasser nach.

„Du, sag mal: Wie viele hast du heute schon davon genommen?“ Alexandra deutete auf den Blister und krauste die Stirn.

„Einige“, wich Kerstin aus, weil sie die genaue Zahl nicht einmal sich selber eingestehen mochte.

„Diese Tabletten können einem leicht auf den Magen schlagen. Hör mal, ich kann gut verstehen, dass du nicht gern zum Zahnarzt gehst, aber besser als die vielen Tabletten ist die Behandlung allemal. Vielleicht wäre Lachgas für dich eine Möglichkeit? Das kann die Angst lindern.“

„Ich glaube nicht, dass mir das viel nutzen wird. Ich bin schon Tage vor dem Termin ein Wrack.“ Kerstin schüttelte kaum merklich den Kopf. „Irgendwann werde ich mich schon zu der Behandlung aufraffen.“

„Wenn du möchtest, begleite ich dich zu dem Termin. Sag mir einfach, wann und wo, und ich werde da sein.“

„Das überlege ich mir. Vielen Dank, Alexa. Du – dein Freund ist doch Dr. Frank, nicht wahr?“

„Ja, aber er ist Allgemeinmediziner, kein Zahnarzt.“

„Ich weiß. Ich frage wegen einer anderen Sache. Glaubst du, er würde mir einen großen Gefallen tun?“

„Sicherlich. Worum geht es denn?“

***

Wenige Tage später

„Kein Puls!“ Stefan Frank blickte sich im Klassenzimmer um. „Eine junge Frau liegt vor euch auf dem Boden. Ihr tastet nach ihrem Herzschlag und findet keinen. Was tut ihr jetzt?“

Die Schüler sahen sich ratlos an. Niemand von ihnen sagte ein Wort. Nur das Rauschen des Verkehrs draußen war zu vernehmen.

Das Immanuel-Kant-Gymnasium stand am Rand von Grünwald, einem hübschen Vorort im Süden von München. An den weißen Flachbau schlossen sich eine Turnhalle und ein Schulgarten an. Hummeln brummten über den Rosen vor dem Eingang. Das Wetter zeigte sich an diesem Septembertag ungewöhnlich mild, deshalb standen die Fenster weit offen.

Dr. Frank hatte sich auf Kerstins Wunsch hin bereit erklärt, nach dem Unterricht einen Erste-Hilfe-Kurs zu geben.

Der Anlass für ihre Bitte war ein Zwischenfall, bei dem ein Schüler mit einer Insektenstich-Allergie beinahe gestorben wäre, als er auf dem Schulhof von einer Wespe gestochen worden war. Seine Freunde waren außer sich vor Angst gewesen und hatten nicht gewusst, was sie tun sollten. Dieser Schrecken sollte sich nicht wiederholen.

Kerstin war die neu ernannte Klassenlehrerin der 10b. Sie saß zusammen mit ihren Schülern im Halbkreis um den Arzt herum.

Dr. Frank hatte ihnen bereits einige wichtige Grundlagen erklärt und ihnen gezeigt, wie sie Verletzungen nach einem Sturz vom Fahrrad behandeln konnten und was zu tun war, wenn jemand einen Fremdkörper in die Lunge bekommen hatte. Zum Abschluss kam nun also das Thema „Herzstillstand“.

Kerstin schaute sich unter ihren Schülern um. Die 10b war ihre erste eigene Klasse. Sie führte sie noch unter der Aufsicht ihres Kollegen Alexander Kießling, aber der Sportlehrer überließ ihr die Entscheidungen und wollte lediglich im Notfall zur Stelle sein. Der sicherlich nicht eintreten wird, hatte er betont.

Noch immer hatte sie Herzklopfen bei dem Gedanken, dass man ihr wirklich eine Klasse anvertraut hatte. Sie war stolz darauf, machte sich jedoch auch Sorgen, ob sie der Verantwortung gerecht werden konnte. Als Chemikerin wusste sie zwar alles über das Periodensystem, Gifte und chemische Reaktionen, aber über Kinder? War sie wirklich schon so weit, eine Klasse zu führen? In ihrem ersten Jahr an der Schule?

In ihrem Inneren flatterte die Anspannung spürbar. Die Unsicherheit wurde sie nie ganz los.

„Hat niemand eine Idee?“, brachte sich Dr. Frank in Erinnerung. „Die Zeit läuft der jungen Frau davon. Jede Sekunde ohne Puls macht es schwerer, sie ins Leben zurückzuholen. Also: Was würdet ihr tun, um ihr zu helfen?“

Niklas trat vor.

„Ich würde die Luft aus der Gummipuppe herauslassen und meinem Kumpel sagen, er soll sich lieber eine echte Freundin suchen.“

Etliche Schüler kicherten.

Dr. Frank blieb gelassen.

„Hat jemand von euch eine Allergie?“

„Ja, ich.“ Mina nickte so lebhaft, dass ihre blond-pink gesträhnten Haare flogen. „Ich bin allergisch gegen Erdnüsse. Ganz schlimm. Wenn ich nur daran rieche, schwellen meine Atemwege schon an.“

„Nehmen wir mal an, du hast aus Versehen eine Erdnuss beim Mittagessen erwischt. Dein Körper reagiert mit einem allergischen Schock, und dein Herz bleibt stehen. Was tut ihr, um Mina zu helfen, Kinder?“

Die Schüler sahen sich unsicher an.

„Ich massiere ihr Herz?“, schlug Timo vor.

„Ganz richtig.“ Dr. Frank bat Kerstin, ihm als Modell zu dienen. Er führte vor, wie er ihren Hals überstreckte und sie abwechselnd mit Atemspenden und Herzdruckmassagen wiederbelebte. „Jetzt du, Timo.“

„Ich?“

„Probier es so, wie ich es euch gezeigt habe.“