Dr. Stefan Frank 2528 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2528 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Schau mich bitte wieder an
Roman um eine verzweifelte Mutter und ihr traumatisiertes Kind

Unglücklich schaut Finja Teichmann auf ihren Sohn. Marius sieht so traurig und zerbrechlich aus. Wie gerne würde sie ihn einfach in den Arm nehmen und an sich drücken. Doch sie weiß, dass er das nicht zulassen würde. Seit dem schrecklichen Autounfall vor zwei Jahren, bei dem der inzwischen Fünfjährige mit ansehen musste, wie sein Vater starb, lebt Marius völlig in sich zurückgezogen. Er spricht nicht mehr, verweigert jeden Körperkontakt und sieht seine Mutter nicht einmal mehr an. Besuche bei verschiedenen Therapeuten haben keine Verbesserung gebracht.
Durch ihren Hausarzt Dr. Stefan Frank lernt Finja den Kinder- und Jugendpsychologen Felix Berger kennen. Dr. Frank hat über den attraktiven Mediziner bisher nur Gutes in Erfahrung gebracht, in der Münchner Waldner-Klinik schwört man auf ihn. Aber kann er wirklich ein Wunder vollbringen und den kleinen Marius aus seiner Isolation zurückholen?

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Inhalt

Cover

Impressum

Schau mich bitte wieder an

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Ann in the uk / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8958-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Schau mich bittewieder an

Roman um eine verzweifelte Mutter und ihr traumatisiertes Kind

Unglücklich schaut Finja Teichmann auf ihren Sohn. Marius sieht so traurig und zerbrechlich aus. Wie gerne würde sie ihn einfach in den Arm nehmen und an sich drücken. Doch sie weiß, dass er das nicht zulassen würde. Seit dem schrecklichen Autounfall vor zwei Jahren, bei dem der inzwischen Fünfjährige mit ansehen musste, wie sein Vater starb, lebt Marius völlig in sich zurückgezogen. Er spricht nicht mehr, verweigert jeden Körperkontakt und sieht seine Mutter nicht einmal mehr an. Besuche bei verschiedenen Therapeuten haben keine Verbesserung gebracht.

Durch ihren Hausarzt Dr. Stefan Frank lernt Finja den Kinder- und Jugendpsychologen Felix Berger kennen. Dr. Frank hat über den attraktiven Mediziner bisher nur Gutes in Erfahrung gebracht, in der Münchner Waldner-Klinik schwört man auf ihn. Aber kann er wirklich ein Wunder vollbringen und den kleinen Marius aus seiner Isolation zurückholen?

„Die nächste Patientin wäre dann Frau Teichmann“, teilte Marta Giesecke ihrem Chef mit.

„Ist gut, Schwester Martha, schicken Sie sie herein.“ Dr. Stefan Frank nahm die dicke Akte entgegen, die ihm seine Arzthelferin reichte.

Schon seit einigen Jahren betreute der Hausarzt Finja Teichmann. Bei einem Autounfall hatte die Frau ihr rechts Bein verloren. Seitdem lebte sie mit einer Prothese, mit der sie jedoch nur mittelmäßig zurechtkam. Oftmals führten Schmerzen oder ein wunder Stumpf die junge Frau zu ihm in die Praxis.

Als die schlanke, groß gewachsene Frau das Behandlungszimmer betrat, erkannte Dr. Frank sofort die dunklen Schatten unter ihren Augen. Er wusste, dass Finja seit dem Unfall viele Sorgen hatte und immer wieder auch mit psychischen Problemen zu kämpfen hatte. Denn Finja hatte damals nicht nur ihr Bein verloren, auch ihr Lebensgefährte Ralf war dabei ums Leben gekommen. Seitdem schlug sie sich mit ihrem fünfjährigen Sohn Marius alleine durch.

„Hallo, Frau Teichmann“, grüßte Dr. Frank sie freundlich. „Bitte, setzen Sie sich. Was führt Sie heute zu mir?“

Finja nahm mit einem schwachen Lächeln, das jedoch ihre Augen nicht erreichte, auf der anderen Seite des Schreibtischs Platz.

„Ich habe schon wieder Probleme mit dem Stumpf“, erklärte sie. „Ich weiß nicht, wieso, aber es zwickt einfach die ganze Zeit, seitdem ich diese andere Prothese habe.“

Dr. Frank nickte. „Dann sehe ich mir das doch gleich mal an.“ Er bedeutete Finja mit einer Handbewegung, auf der Untersuchungsliege Platz zu nehmen.

Finja, die die Prozedur schon kannte, zog ihre lange Hose aus und setzte sich auf die Liege.

Dr. Frank kniete sich vor sie, nahm vorsichtig die Unterschenkelprothese ab und betrachtete den geröteten Stumpf.

„Leicht geschwollen“, stellte er nach einer kurzen, eingehenden Untersuchung fest. Dann betrachtete er die Prothese. „Hmm, wie ich es mir gedacht habe, reibt hier der Ansatz. Ich gebe Ihnen eine schmerzlindernde Salbe mit und schreibe Ihnen noch ein Rezept für Stumpfstrümpfe auf. Die können Sie dann über ihr amputiertes Bein ziehen, damit die Prothese nicht so auf den Stumpf drückt.“

Finja seufzte leise.

„Ich hatte so gehofft, dass es irgendwann einmal besser wird“, gab sie traurig zu.

„Haben Sie Geduld, Frau Teichmann. Es ist völlig normal, dass sich Ihr Stumpf verändert und man die Prothesen anpassen muss. Wir werden sicherlich irgendwann eine Lösung finden, bei der Sie schmerzfrei sind.“

Dr. Frank ging zu seinem Medizinschrank und holte eine Salbe heraus, die er vorsichtig auf Finjas entzündete Stelle rieb.

„So, und den Rest nehmen Sie mit und cremen die Stelle zweimal täglich damit ein. Einmal morgens und einmal abends.“

Finja steckte die Creme in ihre Handtasche.

„Es ist tatsächlich schon ein bisschen besser“, sagte sie mit einem erleichterten Gesichtsausdruck, als sie sich wieder anzog.

„Das freut mich.“ Stefan Frank machte eine kurze Notiz in ihrer Akte. „Aber auf Dauer ist das keine Lösung. Wenn es für Sie nicht besser wird, werde ich Ihnen eine Überweisung zum Orthopäden ausstellen. Dann muss noch einmal ein Fachmann ran und sich das genauer ansehen. Wir wollen doch schließlich, dass Sie wieder uneingeschränkt am Leben teilnehmen können.“ Er lächelte sie aufmunternd an, aber Finja erwiderte das Lächeln nur knapp.

„Ich wünschte, das wäre so einfach“, gab sie zu.

Dr. Frank wartete, bis sie wieder vor seinem Schreibtisch Platz genommen hatte.

„Wie geht es Ihnen denn sonst?“, fragte er behutsam. „Ist alles in Ordnung mit Ihrem Sohn?“ Jetzt schien die Miene der Frau endgültig zu verhärten. Stefan Frank hatte wohl einen wunden Punkt berührt.

Betrübt schüttelte Finja den Kopf. Sie brauchte eine Weile, bis sie die richtigen Worte fand.

„Seit dem Unfall komme ich einfach nicht mehr an Marius heran“, murmelte sie. „Egal, was ich tue, er blockt völlig ab.“

„Für ihn war der Tod seines Vaters ein schlimmer Schock“, entgegnete Dr. Frank mitfühlend. „Es ist nur normal, dass er sich da zurückzieht und das Geschehene verarbeitet. Auch Sie haben dafür Ihre Zeit gebraucht.“

„Ja, aber ich habe den Eindruck, dass es für mich irgendwie … einfacher war.“ Finja sah den Hausarzt hilflos an. „Es klingt so gemein, wenn ich das sage. Aber dadurch, dass Ralf und ich uns ja nur noch gestritten haben, konnte ich mit dem Verlust anscheinend besser umgehen als Marius.“

„Es ist nur natürlich, dass der Junge seinen Vater vermisst“, gab Dr. Frank zu bedenken.

„Das verstehe ich ja auch, und ich weiß, dass ich ihm den Vater nicht ersetzen kann.“ Finja klang jetzt ernstlich verzweifelt. „Aber Marius spricht kaum noch. Er isst nicht mehr richtig, er spielt nicht mit anderen Kindern, und mittlerweile sieht er mich nicht einmal mehr an. Das ist das Schlimmste …“

Dr. Frank bemerkte, wie Tränen in die Augen seiner Patientin schossen. Er sah, wie verzweifelt die Mutter war und wie groß ihre Sorgen um ihr Kind waren.

„Frau Teichmann“, begann er vorsichtig. „Ich weiß, dass Sie eine starke Frau sind, und ich weiß, dass Sie das Beste für Ihren Sohn wollen. Aber Sie müssen auch Geduld mit ihm haben. Marius war bei dem Unfall noch sehr klein. Die kindliche Seele verarbeitet anders als wir Erwachsenen es tun.“

Finja seufzte tief.

„Wenn ich ihm doch nur irgendwie helfen könnte“, flüsterte sie. „Der letzte Therapeut, bei dem wir waren, ist überhaupt nicht an ihn herangekommen. Da saßen wir uns nur die komplette Stunde schweigend gegenüber und haben gewartet, bis die Zeit verstrichen ist. Marius nimmt keine Spielsachen an, er antwortet dort überhaupt nicht auf Fragen, er verweigert sich völlig, dreht sich in seinem Sessel zur Seite und igelt sich ein.“

„Ein Zeichen dafür, dass er dem Therapeuten nicht vertraut“, sagte Dr. Frank nachdenklich.

„Aber was soll ich denn machen?“ Finja sah den Hausarzt verzweifelt an. „Mittlerweile haben wir alle renommierten Kinder- und Jugendtherapeuten aus der Gegend aufgesucht, und keiner ist auch nur ansatzweise an Marius herangekommen. Ich kann meinen Sohn doch nicht einfach sich selbst überlassen.“

Dr. Frank betrachtete die Frau mitleidig. Er wusste, wie verzweifelt seine Patientin war, und er nahm sich fest vor, ihr und ihrem Sohn zu helfen.

„Frau Teichmann, ich werde mich noch einmal mit meinen Kollegen kurzschließen und hören, ob sie vielleicht noch einen Tipp für mich haben. Ich bin mir sicher, dass wir den richtigen Therapeuten finden, der an Marius herankommt. Geben Sie ihren Jungen jetzt nicht auf, und seien Sie für ihn da, soweit er es zulässt.“

„Aufgeben werde ich ihn ganz bestimmt nicht“, sagte Finja mit entschiedener Stimme. „Aber wissen Sie, wie weh es tut, wenn einen das eigene Kind nicht mehr anschaut? Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, dass Marius mich für den Tod seines Vaters verantwortlich macht. Sehen Sie mal, was er neulich gemalt hat.“ Sie kramte in ihrer Handtasche und zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier heraus.

Dr. Frank faltete es auseinander und betrachtete es lange. Das komplette Kinderbild war mit schwarzen, dunkelblauen und braunen Buntstiften gemalt und zeigte eine Familie, die in einem Auto saß, das gegen einen Brückenpfeiler gekracht war. Es musste die Szene des Unfalls sein, die Marius da zu Papier gebracht hatte. Die kleine Kinderseele hatte das Geschehene offensichtlich noch nicht verarbeitet.

Auffallend war, dass die Frau auf der Beifahrerseite mit groben Kritzeleien übermalt worden war.

Stefan Frank konnte sich nur zu gut vorstellen, wie es in Finjas Innerem aussehen musste und wie sie sich bei so einer Zeichnung wohl fühlte. Dennoch wiegte er bedächtig den Kopf hin und her.

„Wir sollten auf keinen Fall zu voreilige Schlüsse ziehen“, sagte er schließlich. „Ich weiß, wie sehr Sie sich um Ihren Sohn sorgen, Frau Teichmann, aber ich bin mir sicher, dass Marius und Sie das schaffen können. Seien Sie jetzt einfach, so gut es geht, für ihn da. Tun Sie das, was er zulässt, kochen Sie ihm einen Kakao, setzen Sie sich neben ihn, wenn er allein in seiner Spieleecke ist, damit er merkt, dass Sie da sind.“

Er blickte seine Patientin aufmunternd an.

„Vielleicht kann er dann irgendwann ihre Fürsorge wieder zulassen. Ich melde mich auf alle Fälle bei Ihnen, sobald ich einen geeigneten Kollegen ausfindig gemacht habe, und wenn Sie selbst Hilfe benötigen, zögern Sie nicht, und kommen Sie zu mir in die Praxis.“

„Vielen Dank, Herr Dr. Frank.“ Über Finjas Gesicht huschte ein schwaches Lächeln. „Es tut gut, zu wissen, dass ich damit nicht alleine bin und Sie für mich da sind.“

Auch wenn Dr. Frank wusste, dass er im Moment nicht viel für seine Patientin tun konnte, so freute er sich dennoch darüber, dass er der Mutter wenigstens etwas Mut gemacht hatte. Er überreichte ihr noch das Rezept für die Stumpfstrümpfe, und Finja stand schwerfällig auf.

Ihre Prothese bereitete ihr sichtliche Probleme. Hoffentlich würde bald alles wieder abheilen, dachte Dr. Frank bei sich. Dann begleitete er Finja zur Tür und verabschiedete sich von ihr.

„Noch immer keine Veränderung bei dem Jungen?“, fragte Schwester Martha mit ihrem Berliner Akzent, der eindeutig ihre Herkunft verriet.

Der Hausarzt schüttelte den Kopf.

„Auch bei dem renommierten Kinder- und Jugendtherapeuten Dr. Emmer hat Marius komplett dichtgemacht.“

„Die arme Mutter“, murmelte Martha Giesecke betrübt. „Frau Teichmann macht wirklich was mit. Erst verliert sie ihren Lebensgefährten bei dem Unfall – und dann auch noch ihren Sohn. Ein Jammer, det der Kleene nicht mehr spricht.“

„Sie sagen es“, seufzte Dr. Frank. „Ich werde Ulrich heute Abend fragen, ob er vielleicht noch einen Therapeuten kennt.“

Ulrich war Klinikleiter der Waldner-Klinik am Englischen Garten und seit ewigen Jahren mit Stefan befreundet. Die beiden kannten sich vom Studium, und auch nachdem sie beide erfolgreich ihr Studium abgeschlossen hatten, war der Kontakt zwischen ihnen erhalten geblieben.

Oft und gerne verabredeten sie sich, gemeinsam mit ihren Partnerinnen, zu einem Abendessen in Ulrichs Penthouse über der Klinik. So auch heute Abend.

„Da fällt mir ein, Ihre Freundin hat angerufen, Chef. Sie wollte wissen, ob Sie sie in ihrer Praxis abholen oder ob sie selbst zur Waldner-Klinik fahren soll.“

Auf Stefans Lippen breitete sich ein Lächeln aus, wie so oft, wenn er an seine Freundin Alexandra Schubert dachte. Die beiden waren erst seit einigen Monaten ein Paar, und noch immer kribbelte es bei beiden, wenn sie sich sahen.

Alexandra war Augenärztin und hatte daher großes Verständnis, wenn Stefan seine Verabredungen nicht immer pünktlich einhalten konnte, weil sein Wartezimmer unerwartet voll war oder kurz vor Feierabend doch noch ein Notfall hereinkam. Auch sie kannte solche unvorhergesehenen Zwischenfälle aus ihrem Berufsalltag.

„Haben wir denn noch viele Patienten?“, erkundigte sich Dr. Frank.

Martha Giesecke schüttelte den Kopf.

„Noch drei Stück sind im Wartezimmer, und Herr Rudolf hat auf Band gesprochen, ob Sie einen kurzen Hausbesuch zum Verbandswechsel bei ihm machen könnten.“

Der ältere Herr war vor einigen Tagen aus der Klinik entlassen worden, und Dr. Frank hatte zugesichert, die Nachsorge der OP-Wunde zu übernehmen.

„Das sollte kein Problem sein“, sagte der Hausarzt. „Das liegt ja quasi auf dem Weg. Ich schreibe Alexa noch schnell, dass ich sie abhole und den Nachtisch mitbringe, und dann können Sie mir den nächsten Patienten hereinschicken.“

Stefan zog sein Smartphone aus seiner Kitteltasche und tippte rasch die Nachricht an Alexa. Er wollte sein Handy gerade wegstecken, als er es noch einmal aufnahm und einen Kuss-Smiley hinterherschickte.

Gleich darauf summte das Smartphone, und Alexandra bestätigte die Uhrzeit. Dann klingelte es erneut, und ein Herzchen von Alexa erschien auf dem Display.

Stefan lächelte glücklich. Er war sehr froh, dass er Alexandra kennengelernt hatte. Durch sie erlebte er noch einmal, was es bedeutete, zu lieben. Er steckte das Smartphone weg und wandte sich dann seinem nächsten Patienten zu, der jetzt das Behandlungszimmer betrat.

***

Am Abend saßen Alexa, Ulrich, seine Frau Ruth und Stefan zusammen im Esszimmer des Penthouses, von dem man einen atemberaubenden Blick über den Englischen Garten hatte, und genossen den herrlichen Rinderbraten mit Klößen und Rotkohl, den Ruth Waldner zubereitet hatte.

„Das schmeckt wirklich köstlich“, lobte Alexa. „Du musst mir unbedingt das Rezept geben, Ruth!“

Ruth lachte. „Danke, meine Liebe. Das mache ich gerne. Ich freue mich, dass es euch so gut schmeckt.“

„Bei so einem Abendessen macht es überhaupt nichts, wenn das Mittagessen ausfällt“, stimmte Ulrich zu.

„Dann hast du schon wieder so viel gearbeitet?“, erkundigte sich seine Frau besorgt, aber Ulrich Waldner legte ihr beruhigend eine Hand auf den Arm.

„Keine Angst, Liebes. Es war nur eine Ausnahme. Ich hatte heute in der Mittagspause ein kurzes Personalgespräch mit Dr. Berger. Ich habe ihn an seinem ersten Arbeitstag willkommen geheißen und ihm die Klinik gezeigt. Auf mich macht der Kollege einen ausgesprochen guten Eindruck, da kann ich meine Pause ruhig mal ausfallen lassen.“

„Ich wusste gar nicht, dass du eine Stelle ausgeschrieben hattest“, wunderte sich Stefan Frank. „Auf welches Fachgebiet ist Dr. Berger denn spezialisiert?“

„Ach, das war tatsächlich Zufall. Ich habe den Kollegen auf einem Psychologiekongress kennengelernt, bei dem es um die emotionalen Folgen bei Patienten nach Operationen ging. Für mich als Chirurg war das sehr spannend, und Dr. Berger, der übrigens auf Kinder- und Jugendpsychologie spezialisiert ist, konnte mir vieles berichten, was es bei unseren kleinen Patienten zu beachten gilt.“

Stefan horchte auf.

„Er ist Kinder- und Jugendpsychologe?“

„Ja, wieso fragst du?“, wunderte sich Ulrich Waldner.

„Weil ich genau so jemanden gerade suche!“ Jetzt war Stefan auf einmal Feuer und Flamme. „Ich habe im Moment eine Patientin, um die ich mir große Sorgen mache.“

„Meinst du Finja Teichmann?“, unterbrach ihn Alexa sanft. Auch sie hatte die nette Mutter schon bei Stefan im Wartezimmer kennengelernt und ein paar Worte mit ihr gewechselt. Da hatte sie auch grob von ihren Sorgen und ihrem Leiden, vor allem was ihren Sohn betraf, erfahren.

Stefan Frank nickte. „Frau Teichmann hatte vor zwei Jahren einen schrecklichen Autounfall, bei dem ihr Lebensgefährte ums Leben kam. Sie selbst hatte eine schwere Beinverletzung, die eine Unterschenkelamputation zur Folge hatte.“

„Ich erinnere mich an sie.“ Ulrich nickte nachdenklich. „Sie war doch bei uns einige Zeit lang in psychologischer Betreuung.“

„Ja“, stimmte Stefan seinem Freund zu. „Ihr selbst geht es so weit auch wieder ganz gut. Aber sie macht sich große Sorgen um ihren Sohn, der bei dem Unfall damals mit im Auto saß. Auch wenn Marius äußerlich unverletzt war, die kleine Kinderseele muss es ganz schön hart getroffen haben. Der Junge spricht nicht mehr und ist seiner Mutter gegenüber sehr abweisend.“

„Oh, der arme Kleine.“ Ruth sah mitleidig in die Runde. „Wie schlimm, dass er seine Mutter nicht mehr an sich heranlässt. Wo er sie doch jetzt am meisten bräuchte.“

Stefan nickte mit zusammengepressten Lippen.