Dr. Stefan Frank 2559 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2559 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Das neuartige Corona-Virus COVID-19 hat München erreicht. Das öffentliche Leben steht still. Atemmasken und Desinfektionsmittel werden rar. Das spürt auch die Praxis von Dr. Frank. Die letzte Lieferung Masken ist fehlerhaft, teilweise sind die Gummis schlecht angenäht. Dr. Frank arbeitet seit Tagen am Limit. Seine Freundin Alexandra warnt ihn vor einer Überanstrengung und dem damit verbundenen erhöhten Infektionsrisiko. Doch Stefan Frank gibt alles für seine Patienten.
So auch für Sandra Habenschaden. Mit einem der letzten Flieger ist sie aus Amerika zurückgekommen. Dort hat sie ihren einzigen Sohn beerdigen müssen. Auf dem Heimweg macht sie einen Abstecher in die Praxis. Sie möchte ein Rezept für Schlaftabletten. Dr. Frank kennt das Schicksal seiner Patientin und beäugt diese kritisch. Auf Nachfrage bestätigt Sandra, dass sie sich nicht gut fühle. Ihre Symptome passen zu denen von COVID-19. Dr. Frank ordnet eine sofortige Quarantäne an und nimmt der Patientin Blut ab. Da passiert es: Der Gummi seines Mundschutzes löst sich in dem Moment, als Sandra niesen muss ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Unsichtbare Gegner

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Dragana Gordic / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9898-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Unsichtbare Gegner

Der Kampf gegen ein gefährliches Virus verlangt Dr. Frank alles ab

Das neuartige Corona-Virus COVID-19 hat München erreicht. Das öffentliche Leben steht still. Atemmasken und Desinfektionsmittel werden rar. Das spürt auch die Praxis von Dr. Frank. Die letzte Lieferung Masken ist fehlerhaft, teilweise sind die Gummis schlecht angenäht. Dr. Frank arbeitet seit Tagen am Limit. Seine Freundin Alexandra warnt ihn vor einer Überanstrengung und dem damit verbundenen erhöhten Infektionsrisiko. Doch Stefan Frank gibt alles für seine Patienten.

So auch für Sandra Habenschaden. Mit einem der letzten Flieger ist sie aus Amerika zurückgekommen. Dort hat sie ihren einzigen Sohn beerdigen müssen. Auf dem Heimweg macht sie einen Abstecher in die Praxis. Sie möchte ein Rezept für Schlaftabletten. Dr. Frank kennt das Schicksal seiner Patientin und beäugt diese kritisch. Auf Nachfrage bestätigt Sandra, dass sie sich nicht gut fühle. Ihre Symptome passen zu denen von COVID-19. Dr. Frank ordnet eine sofortige Quarantäne an und nimmt der Patientin Blut ab. Da passiert es: Der Gummi seines Mundschutzes löst sich in dem Moment, als Sandra niesen muss …

Es hätte ein Tag wie jeder andere sein können in einer ganz normalen Zeit.

Mit geschlossenen Augen lag Dr. Stefan Frank im Bett und lauschte, wie das Leben draußen begann. Die Geräusche klangen nach Wochenende. Kaum ein Auto, das an der Villa in der Münchner Gemeinde Grünwald vorbeifuhr. Im Apfelbaum im Garten zwitscherten die Vögel. Die nahe Kirchturmuhr schlug sieben Mal.

Im Halbschlaf tastete Stefan hinüber auf die andere Bettseite. Das war das Beste am Wochenende: Seine Freundin Alexandra an sich zu ziehen, um gemeinsam mit ihr noch ein bisschen zu träumen.

Doch seine Hand griff ins Leere. Er fragte sich noch, wo Alexa war, als der Wecker klingelte. Gab es einen besseren Beweis, dass es ein ganz normaler Wochentag war? Aber warum dann die gespenstische Ruhe vor dem Haus?

Dr. Frank kämpfte noch gegen die Erschöpfung an, als sich die Erinnerung langsam wieder in seinen Kopf schlich. Das Corona-Virus, das seit ein paar Wochen sein Unwesen trieb. Ein unsichtbarer Gegner mit dem medizinischen Namen COVID-19, der die ganze Welt in Atem hielt. Wegen der Ausgangsbeschränkungen waren die Straßen wie leer gefegt. Kontakte zu Personen außerhalb des eigenen Haushalts waren auf Eis gelegt. Restaurants und Cafés hatten geschlossen. Geschäfte waren ebenfalls nicht geöffnet. Lediglich die Supermärkte und Drogerien durften geöffnet haben. Wer konnte, erledigte seine Arbeit zu Hause im Homeoffice.

Doch es gab auch Menschen, die in diesen schweren Zeiten besonders hart arbeiteten. Dr. Stefan Frank war einer von ihnen. Seit Ausbruch der Pandemie belagerten die Patienten seine Praxis. Oft war der Andrang so groß, dass Dr. Franks Mitarbeiterinnen mit rot-weiß-gestreiftem Klebeband Abstandsmarkierungen auf den Praxisboden geklebt hatten. Menschen mit verdächtigen Symptomen waren angewiesen worden, sich telefonisch bei ihrem Hausarzt zu melden und nicht einfach in die Praxis zu kommen. Für die Unbelehrbaren hatte Dr. Frank ein eigenes Wartezimmer eingerichtet. So gerüstet hätte er eigentlich zufrieden sein können. Doch es gab zwei, nein, eigentlich drei Probleme.

Durch den Ansturm der Patienten arbeitete Dr. Frank oft rund um die Uhr und war auch nachts für seine Patienten da. Langsam aber sicher stieß er an die Grenzen seiner Belastbarkeit. Außerdem litt er, wie alle Kollegen im Land auch, unter einem eklatanten Mangel an Schutzausrüstung wie Atemschutzmasken und Schutzbrillen.

Am allerschlimmsten fiel ihm aber die Trennung von seiner Freundin, der Augenärztin Dr. Alexandra Schubert. Sie waren noch nicht lange ein Paar, doch schon jetzt wussten beide, dass sie nach tragischen und bitteren Erfahrungen noch einmal das ganz große Glück erleben durften. Leider rächte sich nun ihre Entscheidung, noch nicht zusammenzuziehen, und Stefan litt sehr unter der unfreiwilligen Trennung. Statt wie sonst beim Frühstück die Zeitung zu lesen, griff er zum Telefon.

„Guten Morgen, mein Schatz, wie geht’s dir?“

Am anderen Ende der Leitung zog Alexandra eine Augenbraue hoch.

„Besser als dir offenbar.“

Selbst Augenärztin hatte sie viel Verständnis, wenn ihn seine Arbeit bis weit in die Nacht hinein beschäftigte. Mit ihrer bodenständigen Art und ihrem besonderen Sinn für Humor hatte sie Stefan sofort bezaubert. Wenn er aber so müde klang wie an diesem Tag, verging auch Alexandra das Lachen.

„Du wirkst furchtbar erschöpft.“

„Dabei hat mich ausnahmsweise mal niemand aus dem Schlaf geklingelt. Ich habe acht Stunden geschlafen wie ein Stein.“

Das war die Wahrheit. Wenn Stefan nach zehn, zwölf Stunden in der Praxis nach oben in seine Wohnung kam, machte er sich noch schnell einen Happen zu essen, ehe er ins Bett und sofort in einen komatösen Schlaf fiel. In den letzten Tagen war es allerdings auch schon vorgekommen, dass er ohne Essen auf direktem Weg ins Schlafzimmer gestolpert war.

„Du arbeitest zu viel“, stellte Alexa fest.

„Ich weiß, aber mir bleibt keine Wahl. Ich kann die Patienten nicht nach Hause schicken.“

„Natürlich nicht. Aber es hat auch keiner was davon, wenn du selbst krank wirst.“ Ihre Stimme vibrierte vor Sorge um den geliebten Mann.

„Ich schütze mich, so gut ich kann. Dummerweise sind uns gestern endgültig die Masken ausgegangen“, berichtete Stefan zwischen zwei Schlucken Kaffee.

„Ich dachte, Schwester Martha hätte noch eine Quelle aufgetan, über die ihr welche beziehen könnt.“

„Die sollten schon vor ein paar Tagen geliefert werden. Ich fürchte, wir sind einem Betrüger aufgesessen. Wie so viele Kollegen in diesen unsicheren Zeiten.“

Adrenalin flutete Alexas Blut.

„Was sind das nur für Menschen, die Kapital aus der Not anderer zu schlagen versuchen?“

Stefan steckte ein letztes Stück Käsebrot in den Mund und spülte mit einem Schluck Kaffee nach.

„Reg dich nicht auf, Süße. Wir brauchen unsere Kräfte für Wichtigeres.“

„Da hast du recht.“ Alexa seufzte leise. In ihrer Praxis ging der Betrieb ganz normal weiter, und sie und ihre Kollegin Helene Braun hatten alle Hände voll zu tun, wenn auch nicht so viel wie Stefan. „Bitte pass auf dich auf. Und gönn dir eine Pause, wenn es gar nicht mehr geht. Du weißt doch, ein geschwächter Körper ist anfälliger für Infektionen. Und ich möchte dich nicht das nächste Mal auf der Intensivstation wiedersehen.“

„Ich passe auf. Versprochen!“

Sie wussten beide, dass das eine Lüge war. Wenn es um das Wohl seiner Patienten ging, vergaß Dr. Stefan Frank alles andere. So blieb Alexandra nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass alles gut gehen würde. Dass sie sich eines Tages wieder wohlbehalten in die Arme schließen konnten. Eine ziehende Sehnsucht erfüllte ihr Herz. Sie hauchte einen Kuss in den Hörer und legte auf.

Auch Stefan war in sehnsüchtige Gedanken vertieft, während er das Geschirr in die Spülmaschine räumte. In das Klappern hinein hörte er, wie unten die Tür aufgesperrt wurde. Wahrscheinlich Martha Giesecke, die gerne früher kam, um sich in aller Ruhe auf die Sprechstunde vorzubereiten. Das war auch das Zeichen für Dr. Frank, den Arbeitstag in Angriff zu nehmen.

***

Sanft setzte die Maschine auf der Landebahn auf. In das Zischen der Bremsen knackte der Lautsprecher.

„Willkommen in München. Bitte bleiben Sie angeschnallt, bis das Flugzeug seine endgültige Parkposition erreicht hat. Folgen Sie den Anweisungen unseres Sicherheitspersonals. Um unsere Mitbürger zu schützen, wird empfohlen, sich vom Flughafen auf direktem Weg nach Hause in häusliche Quarantäne zu begeben.“

In normalen Zeiten wäre so ein Hinweis verstörend gewesen. An diesem Morgen atmeten die dreihundertachtzig Passagiere auf.

„Jessas, Maria und Josef!“ Die Frau, die schon seit mehr als sechs Stunden neben Sandra Habenschaden saß, bekreuzigte sich. „Diesen Flug werde ich mein Lebtag nicht vergessen.“

Wie aus tiefem Schlaf erwacht sah Sandra ihre Sitznachbarin an, die sich anschickte, ihre Siebensachen zusammenzusuchen.

„Wieso? Was war denn mit dem Flug?“

Gut, die Umstände der Abreise aus New York waren etwas abenteuerlich gewesen. Doch davon hatte Sandra kaum etwas mitbekommen. Genauso wenig wie von der Aufregung in den Tagen zuvor. Weltweit schlossen Länder ihre Grenzen, und es war nur Sandras Freundin Nina zu verdanken, dass sie einen Platz in einer der letzten Maschinen ergattert hatte, die die Bundesrepublik Deutschland zur Evakuierung deutscher Staatsbürger aus New York entsandt hatte.

So viel Aufregung wegen eines winzigen Virus! Sandra konnte es kaum glauben. Seit sie wusste, dass ihr einziger Sohn Kevin nicht von seinem Abenteuerurlaub zurückkehren würde, fühlte sie sich wie unter einer Glasglocke. Die Geräusche der Außenwelt drangen nur noch gedämpft zu ihr, die Farben waren verblasst, genau wie ihre Gefühle. Nichts schien mehr von Bedeutung zu sein.

Schnaubend schüttelte die Nachbarin den Kopf.

„Sie kann wohl gar nichts erschüttern, was?“

Erleichtert hörte Sandra das Ping!, mit dem die Anschnallzeichen erloschen. Das Flugzeug hatte seine endgültige Parkposition erreicht. Zeit zum Aussteigen.

Statt einer Antwort verabschiedete sich Sandra mit einem vagen Lächeln. Zusammen mit den anderen Passagieren drängte sie hinaus auf den schmalen Gang. Sie bedankte sich bei der Flugbegleiterin und passierte die Tür.

Auf dem Weg durch die Gangway schaltete sie das Handy ein. Vier Anrufe in Abwesenheit und drei Nachrichten. Sie stammten allesamt von Ingo Hacke, ihrem Jugendfreund, den sie kurz vor Kevins Tod zufällig in München wiedergetroffen hatte. Seither waren nur ein paar Wochen vergangen. Trotzdem fühlten sich die Erinnerung an die verliebten Stunden an wie ein Film, den sie vor Jahren im Kino gesehen hatte und an dessen Ende sie sich nicht erinnern konnte. Einen Moment lang haderte Sandra mit sich, ob sie ihn zurückrufen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Was hätte sie ihm auch sagen sollen? Dass sie ihn nicht wiedersehen wollte, weil das Leben ohne Kevin keinen Sinn mehr machte? Das würde Ingo schon selbst merken, wenn sie sich nicht mehr bei ihm meldete.

Sandra steckte das Handy zurück in die Jackentasche und bog Richtung Gepäckausgabe ab. Vor dem Förderband wischte sie sich den Schweiß von der Stirn. Erstaunlich, wie schnell sich die Kondition verabschiedete. Vor Kevins Tod hatte sie regelmäßig Sport getrieben. Joggen, Paddleboard fahren, Cross Fit, allesamt Ideen, die sie ihrem unternehmungslustigen Sohn zu verdanken hatte.

Seit dem Flugzeugabsturz standen die Sportschuhe im Schrank und das Board im Keller. Nie mehr würde sich Kevin über ihren Laufstil lustig machen. Nie mehr würden sie gemeinsam vom Board ins Wasser fallen und lachen, bis sich das Wasser in ihrem Gesicht mit Lachtränen vermischte. Nie mehr Kevin. Ein Glück, dass Sandras Koffer mit bunten Blumen bedruckt war, sonst hätte sie ihn durch den Schleier vor ihren Augen nicht erkannt. Sie hievte das Gepäckstück vom Band und machte sich auf den Weg nach draußen.

Ihre Schritte hallten auf dem Marmorboden. Nur noch wenige Maschinen landeten auf dem Flughafen, die langen Gänge waren fast menschenleer, die Geschäfte geschlossen. Draußen vor dem Gebäude warteten Taxis, um einen der wenigen Fluggäste zu einer Fahrt zu überreden. Die meisten Reisenden wurden abgeholt. Doch bei Sandra hatte einer der Fahrer Glück.

„Grünwald, bitte. Almrauschstraße.“ Sie kletterte auf den Rücksitz und schnallte sich an.

Der Fahrer schaltete das Taxameter ein und fuhr los. Sandra lehnte sich zurück und sah nach draußen. Sie fühlte sich müde, leer, ausgelaugt, erschöpft, und das alles auf einmal. Die Scheibe kühlte ihre erhitzte Stirn. Sie sehnte sich nach Schlaf und Vergessen und wusste doch, dass dieser Wunsch auch in dieser Nacht nicht in Erfüllung gehen würde. Seit Wochen schlief sie nur ein, zwei Stunden am Stück und lag dann wieder wach, sah Kevins Gesicht an der Zimmerdecke, hörte sein Lachen nebenan und den Klang seiner Schritte, unter denen das Parkett ächzte. Nein, so konnte es nicht weitergehen!

Sandra hob den Kopf.

„Ach, ich habe es mir anders überlegt. Könnten Sie mich bitte in die Gartenstraße zur Praxis Dr. Frank bringen?“

„Meinetwegen fahre ich Sie bis ans Ende der Welt und wieder zurück“, antwortete ihr Chauffeur. „Momentan habe ich eh nichts anderes zu tun.“

Im Rückspiegel konnte Sandra sehen, wie sich die Haut um seine Augen über der Maske kräuselte.

Sie erwiderte das Lächeln nicht.

„Nein, vielen Dank. Ich komme gerade vom Ende der Welt. Da ist mir die Gartenstraße wesentlich lieber.“

***

„Die Masken sind endlich angekommen!“

In diesen Zeiten gab es nicht viel Grund zur Freude. Umso fröhlicher hallte Marie-Luise Flanitzers Stimme durch die Praxisräume. Die Menschen in den Wartezimmern reckten die Hälse. Der eine oder andere lächelte sogar.

Zu zweit steckten die Arzthelferinnen die Köpfe in die Schachtel. Schwester Martha fischte eine der Masken heraus und nahm sie unter die Lupe.

„Na ja, für den astronomischen Preis hätte ick schon besseres Material erwartet“, murrte sie.

„Das wäre das kleinere Übel.“ Marie-Luise hielt einen Mund-Nasen-Schutz hoch. Die Gummibänder, die links und rechts angenäht sein sollten, baumelten in der Luft. „So sind die Dinger nicht zu gebrauchen.“

„Ach, du dickes Ei!“, entfuhr es Schwester Martha. „Dat kann doch nicht wahr sein.“

„Ist es aber.“ Marie-Luise Flanitzer holte einen weiteren Mundschutz aus der Schachtel. „Die sind alle fehlerhaft.“ Sie schickte ihrer Kollegin einen ratlosen Blick. „Und was machen wir jetzt?“

„Normalerweise würde ick der Firma aufs Dach steigen. Aber in diesen Zeiten müssen wir wohl in den sauren Apfel beißen und die Masken reparieren.“ Schwester Martha verschwand in der kleinen Kaffeeküche hinter dem Tresen. Eine Weile rumorte sie in den Tiefen irgendwelcher Schubladen. Schließlich tauchte sie wieder in der Tür auf. „Zum Glück sind wir flexibel. Ob wir jetzt Wunden nähen oder Gummibänder an Masken befestigen, ist doch egal.“

Sie reichte ihrer jungen Kollegin Nadel und Faden. Gemeinsam machten sie sich an die Arbeit.

„Gar nicht so einfach mit Handschuhen.“ Eine steile Falte stand auf Marie-Luises Stirn.

Martha Giesecke schnitt eine Grimasse.

„Man wächst mit seinen Aufgaben“, erwiderte sie und legte das erste einsatzbereite Exemplar in eine Plastikbox. „Wenn wir in der Geschwindigkeit weitermachen, sind wir in einer Woche fertig.“

In Begleitung eines Patienten kam Dr. Frank aus seinem Sprechzimmer.

„Haben Sie einen Nebenjob in Heimarbeit angenommen?“, scherzte er beim Anblick von Nähzeug und Masken.

Doch das Lachen verging ihm, als Schwester Martha ihm von dem schadhaften Gesichtsschutz berichtete.

„Verklagen sollte man diese Banditen“, schimpfte sie wie ein Rohrspatz.

„Manche Leute haben einfach keine Skrupel.“ Dr. Frank nahm eine der reparierten Masken aus dem Karton und prüfte sie auf ihre Stabilität. „Ein Glück, dass ich so begabte Helferinnen habe. Sonst könnten wir den Laden hier längst dicht machen.“

Er schickte sein schönstes Lächeln in die Runde, ehe er den Mundschutz wechselte und sich auf den Weg ins Wartezimmer machte, um den nächsten Patienten aufzurufen.

***

„Bleiben Sie gesund!“ Ohne es zu ahnen, verwendete Sandra die Mahnung, die zum geflügelten Wort der Gesundheitskrise geworden war.