1,99 €
Nathalie Schubert und ihr Mann Oliver können ihr Glück nicht fassen. Sie erwarten endlich ein Baby! Als Nathalie aber zum dritten Mal einen Termin vergisst, hakt Dr. Frank nach. Die werdende Mutter gibt zu, dass sie schon immer ein wenig unaufmerksam und vergesslich war. Sie bezeichnet sich als etwas schusselig. Ihr Mann sieht darin eine liebenswerte Macke. Doch in letzter Zeit fällt ihr auf, dass sie zunehmend unkonzentrierter wird. Auch ihre Vergesslichkeit hat sich verschlimmert. Sie hat Wortfindungsstörungen und ist daher beunruhigt. Dr. Frank vermutet eine vorübergehende Schwangerschaftsdemenz. Ein Hormonspiegel bestätigt seinen Verdacht.
Aber Nathalies Gedächtnisstörungen halten auch nach der Geburt und nach der Stillzeit an. Dr. Frank bespricht sich mit seinem Freund Dr. Ulrich Waldner und der Chefärztin der Gynäkologie, Dr. Gabriele Bayer-Horn. Ist dies überhaupt noch eine Schwangerschaftsdemenz? Oder leidet Nathalie unter einer seltenen Form einer frühen Demenz? In der Waldner-Klinik werden umgehend verschiedene Tests durchgeführt - mit einem erschütternden Ergebnis ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 124
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Der Kampf gegen das Vergessen
Vorschau
Impressum
Der Kampf gegen das Vergessen
Leidet Nathalie unter Schwangerschaftsdemenz oder steckt doch mehr dahinter?
Nathalie Schubert und ihr Mann Oliver können ihr Glück nicht fassen. Sie erwarten endlich ein Baby! Als Nathalie aber zum dritten Mal einen Termin vergisst, hakt Dr. Frank nach. Die werdende Mutter gibt zu, dass sie schon immer ein wenig unaufmerksam und vergesslich war. Sie bezeichnet sich als etwas schusselig. Ihr Mann sieht darin eine liebenswerte Macke. Doch in letzter Zeit fällt ihr auf, dass sie zunehmend unkonzentrierter wird. Auch ihre Vergesslichkeit hat sich verschlimmert. Sie hat Wortfindungsstörungen und ist daher beunruhigt. Dr. Frank vermutet eine vorrübergehende Schwangerschaftsdemenz. Ein Hormonspiegel bestätigt seinen Verdacht.
Aber Nathalies Gedächtnisstörungen halten auch nach der Geburt und nach der Stillzeit an. Dr. Frank bespricht sich mit seinem Freund Dr. Ulrich Waldner und der Chefärztin der Gynäkologie, Dr. Gabriele Bayer-Horn. Ist dies überhaupt noch eine Schwangerschaftsdemenz? Oder leidet Nathalie unter einer seltenen Form einer frühen Demenz? In der Waldner-Klinik werden umgehend verschiedene Tests durchgeführt – mit einem erschütternden Ergebnis ...
Das Erste, was Oliver Schubert sah, als er das Wohnzimmer betrat, war der liebevoll gedeckte Couchtisch mit den zwei abgebrannten Kerzen. Dann bemerkte er seine Frau Nathalie, die zusammengerollt auf dem Sofa schlief.
Nachdenklich betrachtete der Mann den Tisch und die Kerzen. Hatte er ein wichtiges Datum vergessen? Etwa den Hochzeitstag? Fieberhaft dachte er nach, konnte sich aber an nichts erinnern. Nathalies Geburtstag war erst in zwei Monaten, und der dritte Hochzeitstag lag sechs Monate zurück.
Erleichtert setzte sich der Mann neben seine Frau und streichelte ihr sanft über den Arm. Dann erhob er sich und betrat die angrenzende Küche. Im Backofen befand sich ein leckerer Auflauf, der allerdings längst kalt war. Nathalie hatte es offensichtlich aufgegeben, auf ihren Mann zu warten und den Ofen ausgestellt. Auf dem Küchentisch entdeckte Oliver eine ungeöffnete Sektflasche und eine Karaffe mit Orangensaft. Was hatte das zu bedeuten?
Oliver kehrte ins Wohnzimmer zurück und versuchte, Nathalie mit einem Kuss zu wecken. Dann bemerkte er die kleine Schachtel, die auf einem der Essteller lag. Er griff nach ihr und öffnete sie neugierig.
Verschlafen richtete sich Nathalie Schubert auf und sah sofort, dass Oliver die Schachtel in der Hand hielt. Sie lächelte geheimnisvoll.
»Ich bin wohl eingeschlafen«, sagte sie.
»Was ist in der Schachtel? Darf ich hineinsehen?«, fragte Oliver.
»Es ist eine kleine Überraschung für dich«, erwiderte Nathalie mit einem sanften Glanz in den Augen.
Neugierig blickte Oliver Schubert in die kleine Pappschachtel und holte nacheinander einen rosafarbenen und einen hellblauen Babyschuh heraus. Überrascht blickte er seine Frau an.
»Ist es das, was ich denke?«, fragte er mit heiserer Stimme. Seine Augen leuchteten vor Freude.
»Ja, ich bin schwanger, Olli. Wir bekommen endlich unser Baby.« Nathalie gab ihrem Ehemann einen zärtlichen Kuss.
»Und warum zwei Schuhe in verschiedenen Farben?«, erkundigte sich Oliver lachend. »Es sind doch nicht etwa Zwillinge?«
Nathalie schüttelte den Kopf. »Ich weiß ja noch nicht, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird. Daher habe ich mich für zwei Babyschühchen entschieden. Ich bin so unendlich glücklich.«
Oliver nahm seine junge Frau in den Arm und drückte sie an sich. Er liebte sie in diesem Augenblick noch mehr als zuvor.
»Warst du bei Doktor Frank?«, fragte er. »Hat dein Arzt die Schwangerschaft festgestellt?«
»Ich habe einen Test gemacht«, erklärte Nathalie. »Und er war eindeutig positiv. Bei Doktor Frank habe ich einen Termin morgen früh. Magst du mich begleiten?«
Oliver sackte in sich zusammen. Er dachte an sein anstrengendes Projekt, das keinen Aufschub duldete. Seit Tagen machte er deshalb schon Überstunden.
Der junge Mann arbeitete in einer Werbefirma und war für das Webdesign großer Kunden verantwortlich. Gerade hatte sein Chef einen neuen Auftrag ergattert.
Auf Oliver Schubert wartete daher sehr viel Arbeit, um den Kunden zufrieden zu stellen und ihn für seinen neuen Internetauftritt zu begeistern. Oliver war ein Profi auf seinem Gebiet, trotzdem empfand er immer eine Art Lampenfiber, wenn er sein fertiges Projekt einem Kunden vorstellte. Oftmals forderten die Kunden spontane Veränderungen der Website, die Oliver noch in letzter Minute umsetzen sollte.
Schon seit längerer Zeit hatte sich Oliver darüber hinaus nach einer anderen Werbeagentur umgesehen, bei der er sein ganzes Talent einbringen konnte. In seiner jetzigen Agentur hatte er schon während seines Studiums gearbeitet. Jetzt wurde es für ihn Zeit, die Arbeitsstelle zu wechseln.
Was sein bisheriger Chef nicht wusste, war die Tatsache, dass Oliver in zwei Tagen ein Vorstellungsgespräch bei der Werbeagentur Wirtz hatte. So hätte er die Möglichkeit, in drei Monaten die Stelle zu wechseln. Und Oliver wünschte sich nichts mehr als das.
Die Werbeagentur Wirtz verfügte über einen hervorragenden Ruf in der Werbebranche. Da Oliver Grafikdesign studiert hatte und bereits einige Arbeitserfahrung im Webdesign sammeln konnte, brachte er alles an Wissen und Kreativität mit, was die neue Firma sich von ihm wünschte.
Und nun wurde er auch noch Vater! Sein Glück war perfekt.
»Woran denkst du?«, fragte Nathalie lachend und knuffte ihrem Mann in die Seite. »Hörst du mir nicht zu?«
»Verzeih mir, ich war mal wieder in Gedanken bei meinem Vorstellungsgespräch«, gestand Oliver und streichelte seiner Frau über das Haar. »Natürlich begleite ich dich.« Dann fiel sein Blick auf den gedeckten Couchtisch. »Du wolltest mich mit einem romantischen Essen überraschen, nicht wahr? Und mein Zuspätkommen hat jetzt alles verdorben«, stellte Oliver betrübt fest.
»Ich wollte dich tatsächlich überraschen. Aber ich weiß auch, wie hart du jeden Tag arbeitest, damit es uns an nichts fehlt, Olli. Mein Einkommen als Versicherungskauffrau ist zwar nicht gering, aber ich verdiene längst nicht so viel wie du. Und hätten wir uns ohne deine Arbeit so eine schöne Wohnung leisten können? Ich denke nicht. Es ist nicht so schlimm, dass du spät nach Hause gekommen bist. Ich hätte dir zumindest von dem geplanten Essen etwas sagen sollen.«
Nathalie erhob sich vom Sofa und holte den Sekt und den Orangensaft. Sie öffnete die Flasche und goss Oliver ein Glas Sekt ein. Für sich selbst wählte sie den Orangensaft.
»Lass uns auf unser Baby anstoßen«, forderte sie Oliver mit einem zärtlichen Blick auf. »Ich kann es kaum erwarten, wenn das Kind endlich da ist.«
»Ich auch nicht«, erwiderte Oliver und lächelte. »Und wenn ich die neue Stelle bekommen habe, werde ich mir mehr Zeit für dich nehmen, Liebes.«
***
»Sie können Frau Eggert jetzt zu mir bitten«, sagte Dr. Stefan Frank zu seiner Sprechstundenhilfe Martha Giesecke. »Ich glaube, sie ist wegen ihrer ständigen Magenbeschwerden hier.« Freundlich blickte er von seinem Schreibtisch auf.
»Frau Eggert hat gestern abgesagt, Chef. Ick schick Ihnen daher jetzt Frau Schubert«, erwiderte Martha Giesecke.
»Das ist mir auch recht«, erwiderte Dr. Frank und warf einen Blick in seinen Computer. »Können Sie mir in etwa einer halben Stunde einen Kaffee bringen? Ich fühle mich etwas müde heute Morgen.«
»Das mach ick doch gerne, Chef«, antwortete Martha mit einem vielsagenden Lächeln. Sie fand überhaupt nicht, dass ihr Chef müde aussah. Im Gegenteil. Seit seine Freundin Alexandra bei ihm lebte, sah er glücklich und erholt aus.
Das Zusammenleben mit einer Frau tut ihm gut, dachte die Sprechstundenhilfe und verließ das Arztzimmer, um Nathalie Schubert aufzurufen.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte Dr. Stefan Frank, nachdem er Nathalie und ihren Mann begrüßt hatte. »Haben Sie irgendwelche konkreten Beschwerden?« Er sah auf den Computerbildschirm. »Sie waren schon länger nicht mehr bei mir in Behandlung«, stellte er fest.
»Ich habe gestern einen Schwangerschaftstest gemacht«, erklärte Nathalie mit leuchtenden Augen. Kurz blickte sie ihren Mann Oliver an. »Der Test war positiv. Ich glaube, ich bin schwanger.«
Stefan Frank hob den Kopf und lächelte erfreut. Er wusste, dass Nathalie und Oliver Schubert sich schon seit längerer Zeit ein Kind wünschten.
»Dann möchte ich Sie bitten, in das Behandlungszimmer nebenan zu gehen. So erhalten wir in Kürze Gewissheit.«
Nach einer Weile kehrten Dr. Frank und seine Patientin in das Arztzimmer zurück. Ungeduldig hatte Oliver auf das Ergebnis der Untersuchung gewartet.
»Ich gratuliere Ihnen, Herr Schubert«, sagte Dr. Frank.
»Nathalie ist tatsächlich schwanger?«, fragte Oliver.
»Ja. Ihre Frau ist in der sechsten Woche«, erklärte Dr. Frank.
Gerührt drückte Oliver die Hand seiner Frau.
»Dann ist es also wahr, ich werde Vater!«, stellte er mit einem glücklichen Lachen fest.
»Ich weiß, wie sehr Sie sich ein Kind gewünscht haben«, bemerkte Dr. Frank. »Und ich bin froh, dass ich Ihnen endlich eine positive Nachricht übermitteln kann. Nochmals herzlichen Glückwunsch!«
Benommen vor Glück verließen Nathalie und Oliver kurze Zeit später die Praxis von Dr. Stefan Frank in Grünwald. Zuvor hatte der Arzt Ihnen noch ein paar Ratschläge gegeben und dringend geraten, regelmäßig zu weiteren Untersuchungen zu kommen.
»Wir müssen unbedingt in der nächsten Buchhandlung halten und ein paar Bücher über Schwangerschaften kaufen«, erklärte Nathalie, als sie in den Wagen stieg.
Oliver startete den Motor und drehte sich zu seiner Frau.
»Ich fürchte, da kommt noch viel auf uns zu.«
»Ich kann es kaum erwarten, die Babymöbel auszusuchen«, schwärmte Nathalie. »Und ich will unbedingt eine Babyparty ausrichten.«
»Die Party hat doch sicher noch Zeit«, lachte Oliver. »Das Kind ist ja noch nicht auf der Welt.«
»Du hast keine Ahnung, Olli«, erwiderte Nathalie und streichelte ihrem Mann über die Wange. »Eine Babyparty feiert man ein paar Wochen vor der Geburt.«
Erstaunt sah Oliver seine Frau an. Er musste zugeben, dass er von Babypartys bislang noch nicht oft gehört hatte.
»Wenn du eine Party haben möchtest, dann bekommst du sie auch von mir«, erklärte er mit einem zufriedenen Lächeln. »Dir soll es an nichts fehlen.«
Begeistert klatschte Nathalie in die Hände. Sie beschloss, sich noch am selben Abend diverse Internetseiten über Babybedarf anzusehen. Die werdende Mutter freute sich schon über die Planung der Erstausstattung für ihr Kind. Und anschließend würde sie eine unvergessliche Babyparty organisieren! Egal, ob es noch einige Wochen dauerte, bis der richtige Zeitpunkt für die Party kam.
Nathalie liebte es, alles zu organisieren.
***
Nachdem das Ehepaar Schubert Dr. Frank verlassen hatte, lehnte sich der Arzt zurück und sah zufrieden aus dem Fenster. Es war noch immer ein ergreifendes Erlebnis für ihn, wenn er hoffenden Paaren bestätigen könnte, dass sie endlich Eltern wurden. Deshalb liebte er seinen Beruf so sehr.
Als es klopfte und seine Sprechstundenhilfe Martha den Raum betrat, drehte er sich zu ihr um.
»Ah, der Kaffee«, bemerkte er mit einem Lächeln. »Ich hoffe er ist ordentlich stark.«
»Ich koche doch immer starken Kaffee«, verteidigte sich Martha und stellte die Tasse und eine kleine Karaffe ab.
»Aber ich habe noch gewartet, bis Sie mit der Untersuchung von Frau Schubert fertig waren. Im Moment sitzen nur zwei Patienten im Wartezimmer. Sie können den Kaffee daher in Ruhe trinken.«
»Danke, Schwester Martha«, erwiderte Stefan Frank.
»Hatten Sie schlecht geschlafen?«, erkundigte sich die Sprechstundenhilfe. »Heute Nachmittag haben sich leider sehr viele Patienten angemeldet.«
»Ich wurde heute Nacht zu einem Notfall gerufen. Erinnern Sie sich noch an Herrn Schwalbert? Er erlitt einen Herzinfarkt. Den dritten in vier Jahren. Zum Glück konnte er in der Waldner-Klinik schnell versorgt werden.«
Martha Giesecke überlegte kurz, dann schüttelte sie missbilligend den Kopf.
»Ick erinnere mich an Herrn Schwalberts letzten Besuch. Da war er sehr kurzatmig, wollte aber unbedingt seine dicken Zigarren weiterrauchen. Und das, obwohl er schwer herzkrank ist! Zum Glück ist er noch am Leben. Ick hoffe, er lebt ab jetzt endlich gesünder und hört mit dem Rauchen auf.«
Dr. Stefan Frank nickte und trank von seinem Kaffee. Amüsiert verzog er das Gesicht. Der Kaffee war tatsächlich sehr stark!
»Sie haben nicht übertrieben, Martha. Der Kaffee wird mich für den Rest des Tages wachhalten! Noch drei weitere Tassen davon und ich kann die folgende Nacht durcharbeiten.«
Stefan Frank lachte und nahm noch einen weiteren Schluck Kaffee.
Die ältere Sprechstundenhilfe lächelte zufrieden. Dann wandte sie sich zum Gehen.
»In fünf Minuten rufe ick Ihre nächste Patientin auf, Chef.«
»Sie können die Patientin schon jetzt hereinführen«, erwiderte Dr. Frank und stellte seine leere Kaffeetasse beiseite.
Plötzlich fiel Martha Giesecke etwas ein.
»Einen Moment noch, Chef. Ich habe vorhin zwischen den Zeitschriften im Warteraum ein Handy gefunden. Sie vermissen nicht zufällig Ihres?«
Der Arzt griff in seine Hosentasche und holte sein Mobiltelefon hervor.
»Nein, ich trage mein Handy bei mir. Vermutlich haben es Herr oder Frau Schubert liegen gelassen. Versuchen Sie doch bitte Nathalie Schubert über ihre Festnetznummer zu erreichen. Vielleicht vermisst sie ihr Telefon schon und weiß nicht, wo sie es verloren hatte.«
»Das mache ick jetzt sofort, Chef«, verabschiedete sich Martha Giesecke.
Sie kehrte zum Empfang der Praxis zurück und suchte nach Nathalie Schuberts Kontaktdaten. Nachdem sie sie gefunden hatte, bestellte sie die nächste Patientin in Dr. Franks Arztzimmer.
Die Sprechstundenhilfe wählte alle halbe Stunde Nathalies Festnetzanschluss, doch niemand hob ab. Sie sprach eine kurze Nachricht auf den Anrufbeantworter und legte auf.
Kurz vor Praxisschluss übergab sie einer dankbaren Nathalie Schubert das Handy. Die Patientin hatte es tatsächlich liegen gelassen und erst am späten Nachmittag bemerkt, dass sie es verloren hatte.
»Ich bin so froh, dass Sie es gefunden haben«, erklärte Nathalie. »Es hätte sonst wo liegen können. Leider bin ich in diesen Dingen ein wenig schusselig. Mein Mann schüttelt jedes Mal den Kopf, wenn ich meine Schlüssel nicht finde oder mein Handy vergesse, obwohl er mich dringend erreichen will.«
»Das ist mir auch schon passiert«, beruhigte Martha Giesecke die junge Frau mit einem warmen Lächeln.
»Machen Sie sich deshalb keine Sorgen. Sie haben halt viel um die Ohren, da handelt man schon einmal unkonzentrierter als sonst.«
Nathalie lachte und verabschiedete sich gut gelaunt.
***
»Hast du die Schadensakte Meyerbier gerade zur Hand?«, fragte Sarah Birner ihre Kollegin Nathalie Schubert und blickte sich suchend um.
»Ich habe sie doch heute Morgen noch auf deinen Schreibtisch gelegt. Der Gutachter benötigt die Akte, bevor er heute Nachmittag den Kunden erneut aufsucht.«
Erschrocken blickte Nathalie von ihrem Computerbildschirm auf. Sie hatte die Akte in der Hand gehabt, konnte sich aber nicht erinnern, wo sie die Mappe hingelegt hatte.
Sie erhob sich von ihrem Platz und durchfühlte planlos ihren Aktenberg auf dem Schreibtisch. Warum gibt es noch immer diese Papierakten? Das war doch längst nicht mehr zeitgemäß.
»Die Daten stehen doch sicher auch im Computer«, versuchte Nathalie, die Situation zu entschärfen.
Doch ihre Kollegin reagierte ungehalten.
»Dort helfen sie dem Gutachter nicht, Nathalie! Ich brauche die Akte jetzt sofort und verbringe jetzt sicher nicht kostbare Minuten, um mir alles im PC zusammenzusuchen. Deshalb habe ich die Akte ja auch in unser Büro gebracht. Du solltest überprüfen, ob sie vollständig ist.«
Plötzlich fiel Nathalie das Gespräch wieder ein.
»Warte, ich habe sie ins Regal gelegt«, erklärte die junge Frau und sprang von ihrem Stuhl auf. Sie griff in ein Regalfach hinter ihr und nahm die gesuchte Akte zur Hand.
»Na endlich«, erwiderte Sarah Birner und verdrehte die Augen. Sie hatte genug von ihrer unkonzentrierten Kollegin! Eines Tages würde Nathalie sie noch in ernste Schwierigkeiten bringen. Sollte sie mit dem Bereichsleiter über Nathalie sprechen?