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Als bei der neunundvierzigjährigen Silvia Brustkrebs diagnostiziert wird, fühlt sie sich wie im freien Fall. Der Krebs ist hormonabhängig und sehr aggressiv, und sie muss sofort mit einer Chemotherapie beginnen. Silvia hat Angst vor dem Kommenden, fühlt sich allein und weiß nicht, wie sie sich mitteilen soll. Ihr Mann, den sie jetzt so dringend bräuchte, ist viel zu wenig zu Hause, alles dreht sich um die Arbeit in der Kanzlei. Doch zum Glück findet sie bei ihrem Hausarzt Dr. Frank immer ein offenes Ohr. Der Allgemeinmediziner ermutigt sie, mit ihrer Familie offen über ihren Zustand zu sprechen. Das hilft. Gerald und die beiden Töchter übernehmen fortan viele Aufgaben im Haushalt und unterstützten Silvia wo sie nur können.
Nach drei Monaten Chemo wird die Neunundvierzigjährige operiert. Die betroffene Brust muss komplett abgenommen werden. Das macht der Erkrankten sehr zu schaffen. Jeder Blick in den Spiegel wird zur Tortur. Ihr Mann fasst sie kaum noch an. Silvia fehlt die Nähe, das Vertraute, die Zärtlichkeit. Sie fühlt sich nicht mehr begehrenswert und spürt, wie sie mehr und mehr den Bezug zu ihrer Weiblichkeit verliert ...
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Seitenzahl: 125
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Silvia, 49 Jahre, Brustkrebs
Vorschau
Impressum
Silvia, 49 Jahre, Brustkrebs
Eine Frau kämpft gegen die Krankheit und den Verlust ihrer Weiblichkeit
Als bei der 49-jährigen Silvia Brustkrebs diagnostiziert wird, fühlt sie sich wie im freien Fall. Der Krebs ist hormonabhängig und sehr aggressiv, und sie muss sofort mit einer Chemotherapie beginnen. Silvia hat Angst vor dem Kommenden, fühlt sich allein und weiß nicht, wie sie sich mitteilen soll. Ihr Mann, den sie jetzt so dringend bräuchte, ist viel zu wenig zu Hause, alles dreht sich um die Arbeit in der Kanzlei. Doch zum Glück findet sie bei ihrem Hausarzt Dr. Frank immer ein offenes Ohr. Der Allgemeinmediziner ermutigt sie, mit ihrer Familie offen über ihren Zustand zu sprechen. Das hilft. Gerald und die beiden Töchter übernehmen fortan viele Aufgaben im Haushalt und unterstützten Silvia, wo sie nur können.
Nach drei Monaten Chemo wird die 49-Jährige operiert. Die betroffene Brust muss komplett abgenommen werden. Das setzt der Erkrankten sehr zu. Jeder Blick in den Spiegel wird zur Tortur. Ihr Mann fasst sie kaum noch an. Silvia fehlen die Nähe, das Vertraute, die Zärtlichkeit. Sie fühlt sich nicht mehr begehrenswert und spürt, wie sie mehr und mehr den Bezug zu ihrer Weiblichkeit verliert ...
Andere Menschen mochten es seltsam finden, aber Silvia liebte den Herbst. Sie mochte lange Spaziergänge, eingehüllt in eine kuschelig warme Strickjacke und begleitet vom Rascheln des Laubs unter ihren Schuhen. Ihr gefiel es, dass die Tage kürzer wurden und ihr Zuhause erleuchtet wurde von Lampen und dem knisternden Feuer im Kamin. Sie dekorierte ihr Haus gern mit Kürbissen und Heide und schmökerte abends bei heißem Tee in einem Liebesroman.
Für sie hätte der Herbst ewig dauern können.
Es war auch die beste Jahreszeit für ihren kleinen Teeladen. Viele Menschen, die sonst an dem Geschäft vorbeihasteten, nahmen sich nun die Zeit, hereinzukommen und nach einer Mischung zum Aufwärmen zu suchen. Wobei es, streng genommen, nicht ›ihr‹ Teeladen war. Sie hätte ihn gern übernommen, als ihre Chefin vor wenigen Wochen in den Ruhestand gegangen war, aber es war anders gekommen.
Ich wäre bereit gewesen, dachte Silvia bedauernd, als sie heimkehrte und Mops Hugo von der Leine ließ. Nach dem ausgedehnten Spaziergang steuerte der kleine Hund zielstrebig nur ein Ziel an: sein Körbchen neben dem Kamin. Mit einem gedämpften Wuff rollte er sich zusammen und tat kund, dass er an diesem Abend keine Pfote mehr ins Freie setzen würde.
Silvia streifte ihre Stiefel ab und lenkte ihre Schritte in die Küche, um den Herd für das Abendessen vorzuheizen. Sie stellte die Temperatur auf dem Tastenfeld ein und verdrängte das schlechte Gewissen, weil es schon wieder Lasagne aus der Tiefkühltruhe geben würde. Andererseits mochte ihre ganze Familie diese. Nicht einmal Annie fand etwas daran auszusetzen, und ihr Mann aß sowieso alles, was sie ihm vorsetzte. Meistens brütete er nebenher noch über irgendeinem Schriftsatz. Sie war schon öfters versucht gewesen, ihm in Öl und Knoblauch gebratene Buchseiten vorzusetzen, nur um zu sehen, ob es ihm auffallen würde.
Aus der oberen Etage kamen wummernde Bässe. Janina. Seitdem sie sechzehn war, bevorzugte sie jede Art von Musik, solange sie nur laut genug war. Meistens ließen Silvia und Gerald sie gewähren. Jetzt schien der Boden zu vibrieren, deshalb stieg Silvia die Treppe nach oben und wunderte sich, dass sie so erschöpft war. Ja, der Tag war lang gewesen, aber nicht länger als sonst auch. Trotzdem taten ihr alle Glieder weh, und sie war so müde, dass sie auf der Stelle hätte einschlafen können.
Hoffentlich braute sich da keine Erkältung zusammen.
Die Tür zum Zimmer ihrer jüngeren Tochter stand weit offen. Annie saß an ihrem Schreibtisch und beugte den Rücken über ihrem Rechenheft. Der Krach nebenan schien sie nicht zu stören, trotzdem wandte sich Silvia nun dem Zimmer ihrer älteren Tochter zu. Sie verzichtete darauf, anzuklopfen, weil Janina das bei diesem Lärm unmöglich hören konnte, und öffnete die Tür.
Janina saß an ihrem Computer und bearbeitete gerade ein Foto von der Isar an einem nebelverhangenen Morgen. Ein Eisvogel tauchte gerade aus den Fluten auf. Janina hatte ein gutes Auge für Motive und liebte es, zu fotografieren. Eines ihrer Fotos hatte bei einem Wettbewerb der Tageszeitung schon einen Preis gewonnen: die Aufnahme einer Kreuzspinne, während der Tau auf dem Netz im Morgenlicht glitzerte.
Silvia trat neben sie. »Die Musik ...« Sie musste die Stimme heben, um verstanden zu werden. »Sie ist zu laut. Deine Schwester macht nebenan Hausaufgaben.«
»Tschuldigung.« Janina drehte den Ton leiser. »Besser?«
»Viel besser.« Silvia machte einen Schritt zur Seite und hörte etwas unter ihrem Fuß metallisch knirschen. Sie war auf eine leere Cola-Dose getreten. Ein Wunder war das freilich nicht. Der Parkettboden war übersät mit zerknitterten Kleidungsstücken, Büchern, Chipstüten und vielerlei mehr. »Herrje. Wie es hier aussieht. Räum endlich dein Zimmer auf, Janina.«
»Mach ich morgen.«
»Heute noch, sonst braucht man bald einen Bulldozer, um zu dir durchzudringen.«
»Ist doch gut. Wie ein Schutzwall.« Janina grinste. »My room is my castle.«
»Dein Zimmer erinnert weniger an ein Schloss und mehr an eine Müllhalde. Mit dem Zeug, das hier herumliegt, könnte man noch drei weitere Zimmer verwüsten.«
Die Teenagerin zuckte mit den Schultern. »Ich brauch meinen Kram halt noch.«
»Sogar die leeren Verpackungen und die müffelnden Socken, die in die Waschmaschine gehören?«
»Na ja, die nicht gerade.«
Janina schaute unschlüssig zwischen dem Kram auf ihrem Fußboden und ihrem Computer hin und her. Dabei knabberte sie an ihrer Unterlippe. Zurzeit waren ihre Haare blond wie die von Silvia, die Spitzen jedoch waren türkis, als hätte sie sie in Farbe getunkt. Sie wechselte ihre Haarfarbe gern und häufig. Außerdem hatte sie eine Schwäche für Hüte und besaß eine ganze Sammlung an unterschiedlichsten Kopfbedeckungen.
»In zwanzig Minuten gibt es Essen.«
Silvia verließ das Zimmer und machte sich auf die Suche nach ihrem Mann. Der war noch nicht daheim, dafür traf wenig später eine Textnachricht von ihm ein, in der er sie bat, schon mit den Kindern zu Abend zu essen, weil es bei ihm später werden würde.
Schon wieder. Ein leises Seufzen entfuhr ihr. Ihr Mann war ein großartiger Anwalt, aber leider auch mit seiner Kanzlei verheiratet. Überstunden waren bei ihm an der Tagesordnung. Gerade heute wäre sie froh gewesen, er wäre pünktlich heimgekommen und sie hätte ihm von der Abfuhr erzählen können, die sie sich wegen ihrer Pläne für den Teeladen eingefangen hatte.
In München lebten etliche äußerst talentierte Künstler. Zu ihnen zählten auch Schriftsteller. Sie hatte vorgeschlagen, regelmäßig Lesungen zu organisieren und Künstlern eine Bühne zu bieten, was ihnen gleichzeitig mehr Aufmerksamkeit eingebracht hätte. Ihre neue Chefin hatte das rundheraus abgelehnt.
»Keine Experimente«, hatte sie gemeint. »Wir bleiben bei den bewährten Verkaufsmethoden.«
Bewährt? Nun ja. Die Verkäufe im Teeladen waren rückläufig, genau deswegen wollte sie neue Wege beschreiten, aber dieses Argument änderte nichts an dem Nein ihrer Chefin zu ihren Plänen. Bei ihr biss Silvia auf Granit. Carolin Strietzel mochte zierlich aussehen, aber sie war ein harter Brocken.
Wir brauchen einen Plan, sonst verdrängen uns die größeren Läden aus dem Geschäft, grübelte sie. Wir müssen gegen eine gewaltige Konkurrenz bestehen. Fertigtees, Softdrinks, diese absonderlichen Würfel, die man nur noch in Wasser auflösen muss ... Sie krauste die Stirn. Ihre neue Chefin war die Nichte der früheren Ladeninhaberin. Sie halb so alt wie Silvia und ließ keine anderen Ideen gelten als ihre eigenen. So leicht gedachte Silvia allerdings nicht aufzugeben.
Sie schob die Lasagne in den Ofen.
Während der würzige Duft ihres Abendessens allmählich durch das ganze Haus zog, deckte Silvia den Tisch im Esszimmer. Draußen fegte ein kalter Wind um die Hausecken, wirbelte buntes Herbstlaub auf und rüttelte an dem Schuppen im Garten. Sie lebte mit ihrer Familie in einem behaglichen Einfamilienhaus in Grünwald, südlich von München. Von hier aus war es nur ein Katzensprung zu den Filmstudios – und zu dem Second-Hand-Laden, in dem sie ehrenamtlich arbeitete. Dort konnten Menschen, denen wenig Geld zur Verfügung stand, für einen kleinen Obolus Kleidung und andere Waren erwerben. Silvia sammelte die Spenden mit ihren beiden Kolleginnen ein und kümmerte sich in ihrer Freizeit um den Verkauf.
Auf dem Couchtisch lag ein aufgeschlagenes Buch.
Englische Grammatik – leicht gemacht. Obwohl hin und wieder englischsprechende Kunden in ihren Laden kamen, war sie aus der Übung. Vokabeln und grammatikalische Regeln waren irgendwo tief in ihrem Hinterkopf verschüttet und sie musste sich mühsam besinnen, wenn sie Englisch sprechen wollte. Das musste sich unbedingt ändern. Gerald und sie hatten vor, sich im kommenden Jahr einen Traum zu erfüllen und für drei Wochen mit den Kindern nach Australien zu fliegen. Von dieser Reise träumten sie, seit sie sich kennengelernt hatten. Und Silvia wollte unbedingt ihre Sprachkenntnisse auffrischen, bevor es losging. In ihrem Schlafzimmer bewachte ein Koala aus Plüsch den Nachttisch – und im Flur hing eine detaillierte Karte ihres Lieblingskontinents. Sie konnte nicht mehr zählen, wie oft sie in Gedanken ihre Reise bereits geplant hatte.
Während das Essen warm wurde, lenkte sie ihre Schritte ins Badezimmer und schälte sich aus ihren Sachen. Strickjacke, Bluse, Jeans und Unterwäsche faltete sie ordentlich zusammen und legte alles auf den Wäschekorb, ehe sie unter die Dusche stieg und das Wasser aufdrehte.
Sie schloss die Augen, genoss den warmen Strahl, ehe sie ihn abstellte und zum Duschgel griff. Bald hüllte der Duft von wilden Erdbeeren sie ein. Sie schäumte sich ein ... und stutzte mit einem Mal.
Da war etwas. In ihrer rechten Brust. Es war groß. Größer, als sie wahrhaben wollte. Unwillkürlich schnappte sie nach Luft.
Um Himmels willen! Was ist das?
Sie tastete ihre Brust ab in der Hoffnung, sich geirrt zu haben. Doch das Etwas war noch da. Es ließ sich nicht wegkneten und auch nicht verdrängen.
Da ist etwas, das da keinesfalls hingehört!
Silvia wurden die Knie weich. In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken mit einem Mal umher wie das Laub draußen im Wind.
Ein Schwindelgefühl erfasste sie und ließ sie taumeln. Hastig lehnte sie sich mit dem Rücken gegen die Wand der Duschkabine und versuchte, sich zu beruhigen. Ihr Atem kam flach und abgehackt. Ihr Herz raste. Und ihre Gedanken drehten sich im Kreis. Nein. Nein. Nein. Ich habe keine Zeit, um krank zu sein.
Doch als sie vorsichtig erneut tastete, war es noch da. Was auch immer es sein mochte. Eine Zyste? Ja, sicherlich. Mit Wasser oder Eiter gefüllt. Irgendein Hohlraum. Unangenehm, aber harmlos. Trotzdem musste sie das abklären lassen.
Unwillkürlich überlegte sie. Sie musste zu ihrer Frauenärztin gehen, aber heute war es zu spät. Die Praxis hatte sicherlich längst geschlossen.
Also morgen. Gleich morgen früh würde sie einen Termin bei ihrer Frauenärztin ausmachen und sich untersuchen lassen.
Noch vierzehn Stunden.
Eine Ewigkeit.
Es drängte sie, mit ihrem Mann zu sprechen, aber Gerald war nicht da. Und ihre Töchter wollte sie nicht beunruhigen.
Es wird schon nichts sein, redete sie sich selbst ein und drehte das Wasser wieder an, um die Seife abzuspülen. Ich war vor zwei Monaten zur Untersuchung und alles war in bester Ordnung. So schlimm kann es also nicht sein, nicht wahr?
***
Sechs Tage musste sich Silvia bis zu ihrem Termin gedulden. Tage, in denen sie immer wieder nach dem Etwas in ihrer Brust tastete und sich selbst sagte, es wäre nichts weiter. Krebs, das hatte sie einmal gelesen, brauchte Jahre zum Wachsen. Was also auch immer da in ihr war, konnte kein bösartiger Tumor sein. Vermutlich würde es sich irgendwann von selbst auflösen. Was von allein kam, ging oft auch von allein wieder. Diese alte Weisheit hatte sich schon oft bewahrheitet.
Sie war schon beinahe versucht, den Termin abzusagen, aber das war nicht ihre Art, also stand sie an einem bitterkalten Herbstmorgen in aller Frühe vor der Praxis und bibberte, bis die Arzthelferin sie einließ. Sie war die erste Patientin für diesen Morgen und zu früh dran, weil es sich nicht gelohnt hätte, noch einmal nach Hause zu fahren, nachdem sie Annie zur Schule gebracht hatte.
Raureif bedeckte die Wiesen und überzog das bunte Laub mit einer weißen Schicht, die unter den Sohlen knisterte, wenn man darauf trat.
Nach wenigen Minuten Wartezeit wurde Silvia in das Behandlungszimmer ihrer Frauenärztin gerufen. Diese hörte sich ihr Anliegen an und bat sie dann, sich hinter dem Paravent freizumachen.
Die Gynäkologin tastete Silvia sorgfältig ab. Sie ließ sich Zeit, nickte ein paar Mal bedächtig und schaute dann in ihren Computer.
»Bei der letzten Tastuntersuchung vor etwas mehr als zwei Monaten waren Ihre Brüste unauffällig. Ich vermute, es hat sich eine Zyste gebildet. Das ist ein mit einer Flüssigkeit gefüllter Hohlraum im Gewebe. Wir sollten sie beobachten. Wenn sich Schmerzen einstellen, müssen wir eingreifen. Ansonsten können wir ein paar Monate abwarten. Oft löst sich das Problem dann von selbst.«
»Eine Zyste.« Silvia stieß erleichtert den Atem aus.
»Die meisten Zysten sind harmlos«, bekräftigte ihre Ärztin. »Wenn sich Schmerzen einstellen oder die Zyste weiterwächst, kann ich die Flüssigkeit mit Hilfe einer Nadel entnehmen. In ganz seltenen Fällen kann es zu einer Stieldrehung kommen. Dabei dreht sich die Brustzyste um die eigene Achse und schnürt die Blutgefäße ab. Wenn das passiert, könnte ein Eingriff nötig werden.«
»Und wie hoch ist die Gefahr, dass das passiert?«
»Nicht hoch. In ein, zwei Monaten sollte sich die Zyste zurückgebildet haben. Wir machen einen Termin, dann sehe ich es mir wieder an.«
»Ist gut.« Silvia stieß den Atem aus. Das war es, was sie gern hören wollte. Harmlos. Gibt sich von selbst wieder. Trotzdem nagte das Gefühl der Unsicherheit an ihr. »Könnten Sie noch einen Ultraschall machen?«, bat sie. »Ich bin wirklich froh, wenn es nur eine Zyste ist, aber ich werde wohl erst beruhigt sein, wenn ich ganz sicher bin, dass es nichts Schlimmeres ist.«
Ihre Frauenärztin sah sie konsterniert an. »Ein Ultraschall ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht nötig.«
»Bitte, nur zur Sicherheit.«
»Das wäre eine Verschwendung von Ressourcen und Zeit. Sie haben eine Zyste, Frau Dietrich.« Punkt, schwang in ihrer Stimme mit, die nun deutlich frostiger klang als noch vor wenigen Minuten.
Silvia fühlte sich plötzlich unbehaglich und zog sich wieder an. Während sie ihren Pulli zurechtzupfte, bat ihre Frauenärztin sie, sich am Empfang einen Termin in sechs Wochen geben zu lassen, dann verabschiedete sie sich und nahm wieder an ihrem Computer Platz. Sie beugte sich über die Tastatur.
Silvia war entlassen.
Auf bleischweren Beinen verließ sie die Praxis.
Beruhigt war sie nicht. Wobei: Die Ärztin hatte ihr bestätigt, was sie sich selbst schon ausgerechnet hatte. Warum also war sie nicht zufrieden? Es war alles in bester Ordnung. Darüber sollte sie froh sein.
Vermutlich habe ich mich so lange gesorgt, dass ich jetzt erst einmal Zeit brauche, um die gute Neuigkeit zu verdauen, dachte sie. Sie zog ihre Jacke fester um sich und lenkte ihre Schritte zu dem kleinen Teeladen, der sich schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite befand.