Dr. Stefan Frank 2697 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2697 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Seit Markus Böhm in der Gemeinde Grünwald als Leiter des Umweltamtes arbeitet, ist er als passionierter Jäger mit Hund Bonnie oft vor oder nach der Arbeit im Wald auf dem Ansitz, genießt die Ruhe und die Schönheit der Natur und beobachtet das Wild, das zum Äsen an die Futterstellen kommt. Seine Frau Sonia fühlt sich zunehmend vernachlässigt, sehnt sich nach mehr Zweisamkeit und Zärtlichkeit.
Als der sonst so robuste Markus ernsthaft erkrankt mit hohem Fieber, Gliederschmerzen und Hautläsionen, begleitet Sonia ihren sehr geschwächten Mann zur Praxis Dr. Frank. Da Schwester Martha gerade im Labor beschäftigt ist, übernimmt die leihweise eingesetzte Arzthelferin Kiki die Aufnahme des neuen Patienten. Am Tresen schildert Markus seine Beschwerden. Die vorlaute junge Frau hat sofort einen Verdacht und posaunt heraus, dass es sich um eine verschleppte Syphilis handeln könnte. Sonja fällt aus allen Wolken, und Markus kollabiert ...


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Seitenzahl: 122

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Tierisch schwierige Diagnose

Vorschau

Impressum

Tierisch schwierige Diagnose

Warum erkrankt Jäger Markus plötzlich schwer?

Seit Markus Böhm in der Gemeinde Grünwald als Leiter des Umweltamtes arbeitet, ist er als passionierter Jäger mit Hund Bonnie oft vor oder nach der Arbeit im Wald auf dem Ansitz, genießt die Ruhe und die Schönheit der Natur und beobachtet das Wild, das zum Äsen an die Futterstellen kommt. Seine Frau Sonia fühlt sich zunehmend vernachlässigt, sie sehnt sich nach mehr Zweisamkeit und Zärtlichkeit.

Als der sonst so robuste Markus ernsthaft erkrankt mit hohem Fieber, Gliederschmerzen und Hautläsionen, begleitet Sonia ihren sehr geschwächten Mann zur Praxis Dr. Frank. Da Schwester Martha gerade im Labor beschäftigt ist, übernimmt die leihweise eingesetzte Arzthelferin Kiki die Aufnahme des neuen Patienten. Am Tresen schildert Markus seine Beschwerden. Die vorlaute junge Frau hat sofort einen Verdacht und posaunt heraus, dass es sich um eine verschleppte Syphilis handeln könnte. Sonja fällt aus allen Wolken, und Markus kollabiert ...

»Die Stadt ist vielfältig und bietet Wildtieren ausreichend Nahrung. Volle Mülltonnen laden zum Beutezug ein. Doch nicht nur in punkto Nahrungssuche haben Städte den Tieren viel zu bieten. In Parks, Häusern und auf Brachen gibt es Nischen zum Leben, die sogar sicherer sind als die freie Wildbahn«, las Alexandra Schubert aus der Zeitung vor, hinter der sie sich wie fast jeden Samstagmorgen verschanzt hatte. »Wildkaninchen werden zum Beispiel in Wohngebieten seltener gejagt als außerhalb der Stadt. Natürliche Feinde verirren sich selten dorthin und Hunde sind meist an der Leine.«

»Kein Wunder. Der Mensch beansprucht immer mehr Lebensraum für sich und irgendwo müssen die Vierbeiner ja bleiben«, erwiderte ihr Freund Dr. Stefan Frank, der gemeinsam mit ihr am Frühstückstisch saß.

»Einerseits verstehe ich ja, dass viel gebaut werden muss, damit die Menschen ein Dach über dem Kopf haben«, dachte Alexandra laut nach. »Auf der anderen Seite tut es mir leid, dass immer mehr Lebensräume zerstört werden.« Die Zeitung raschelte, als sie umblätterte. »Ein Glück, dass wir hier in Grünwald mit seinem schönen Grünwalder Forst leben.«

»Als Teil der Münchner Grüngürtels besteht auch nicht die Gefahr, dass er eines Tages verschwindet«, bestätigte Stefan.

Beruhigt von diesem Gedanken blätterte Alexa weiter. Eine Weile war nichts zu hören als unverständliches Murmeln und das Rascheln des Papiers. Stefan hatte nichts dagegen. Ihn beschäftigte die Neuerungen der kassenärztlichen Verordnung, die vor ein paar Tagen in die Praxis geflattert war.

Alexas Stimme lenkte ihn erneut ab.

»Der böige Wind dreht in nördliche Richtungen und führt in der Höhe spürbar kühlere Luftmassen nach Deutschland.«

Versteckt hinter der Morgenzeitung konnte Stefan das Gesicht seiner Freundin nicht sehen. Doch ihre Stimme sprach eine eindeutige Sprache.

»Die Temperaturen gehen auf plus zwei bis plus sechs Grad zurück. Schnee-‍, Schneeregen- und Graupelschauer sind möglich.« Alexa ließ die Zeitung sinken. »Wozu brauchen wir einen schönen Forst, wenn es draußen ständig ungemütlich ist«, beschwerte sie sich. »Langsam aber sicher geht mir dieses Wetter auf den Geist. So gerne würde ich mal wieder einen Ausflug in die Berge machen oder über den Viktualienmarkt bummeln statt immer nur ins Kino, in die Sauna oder zum Essen zu gehen.«

»Hast du mir vor nicht allzu langer Zeit mal erklärt, dass Winter deine Lieblingsjahreszeit ist?«, fragte Stefan belustigt und steckte das letzte Stück seines Frühstücksbrotes in den Mund. »Du hat davon geschwärmt, wie gemütlich es ist, wenn die Tage kühler und kürzer werden und hattest richtig Sehnsucht danach, die Winterpullis aus dem Schrank zu holen und die dicken Socken anzuziehen.«

»Ich kann mich nicht erinnern«, flunkerte Alexa. »Jetzt würde ich die Socken am liebsten ganz hinten in den Schrank verbannen und die dicken Pullover für einen guten Zweck spenden.«

»Ein bisschen wirst du dich wohl noch gedulden müssen«, schmunzelte Stefan in Richtung seiner Freundin, die sich wieder hinter der Zeitung verschanzt hatte. »Nicht, dass du so kurz vor dem Frühling versehentlich noch erfrierst.«

Wieder kehrte Schweigen ein.

»Das werde ich auf gar keinen Fall«, frohlockte Alexandra plötzlich. Sie faltete die Zeitung zusammen und schob sie über den Tisch. Mit dem Zeigefinger deutete sie auf eine Anzeige.

»Heiße Rhythmen für kalte Tage! Zaubern Sie sich die südamerikanische Sonne ins Gemüt«, las Stefan vor und verzog das Gesicht. »Ein Salsa-Tanzkurs? Ist das dein Ernst?«

»Und ob!« Um Alexas Beherrschung war es geschehen. Sie sprang vom Stuhl auf. »Damdamdadam, damdamdadam.« Summend und mit wiegenden Hüften tanzte um den Tisch herum und auf Stefan zu. Sie nahm seine Hand und zog ihn zu sich hoch. »Erinnerst du dich an die Dokumentation über Kuba, die wir neulich im Fernsehen gesehen haben? All die Menschen, die überall auf den Straßen tanzten? Erinnerst du dich an ihre glücklichen Gesichter? An das Strahlen in ihren Augen? Da bekomme ich gleich Frühlingsgefühle.«

»Na, wenn das kein schlagendes Argument ist!«, lachte Stefan. »Ich würde alles tun, um dich glücklich zu machen.«

Alexa sah ihm in die Augen. Ein spitzbübisches Lächeln spielte in ihren Mundwinkeln.

»Wirklich alles?«

»Na gut, fast alles.«

»Das genügt«, gluckste Alexandra gut gelaunt und griff wieder nach der Zeitung. »Dann überzeugst du Uli und Ruth davon, dass sie gemeinsam mit uns tanzen gehen. Und wer weiß, vielleicht haben Marie-Luise und Schwester Martha ja auch Lust auf ein bisschen Abwechslung vom stressigen Arbeitsalltag«, spann sie den Gedanken weiter. »Ich telefoniere inzwischen mit der Tanzschule Sonia Böhm und erkundige mich nach Terminen. Und wer weiß, vielleicht springt ja beruflich für dich auch was dabei heraus.«

»Wie meinst du das?«

Alexandra riss die Annonce aus der Zeitung und steckte sie ein.

»Na, irgendwer muss sich doch um die gequetschten Zehen und ausgekugelten Schultern kümmern.«

Stefan Frank lachte laut heraus, während seine Freundin ihre Kaffeetasse im Stehen leerte.

»Leider muss ich jetzt los.«

»Aber heute ist Samstag.«

»Wir bekommen doch heute die neue Funduskamera, mit der wir den Bereich des Augenhintergrunds mit einer nie dagewesenen Genauigkeit darstellen können«, erklärte sie mit leuchtenden Augen. »Ich will unbedingt dabei sein, wenn sie aufgestellt wird.«

Genau wie ihr Freund war sie Ärztin aus Leidenschaft, wenn auch auf einem anderen Gebiet. Zum Glück, wie sie gerne betonte, denn anders als Stefan hatte sie in der Praxis für Augenheilkunde nur selten mit Notfällen und anderen Überraschungen zu tun. Darüber hinaus unterhielt Dr. Stefan Frank Belegbetten an der Privatklinik seines Freundes Ulrich Waldner, sodass für die Beziehung anfangs nur wenig Zeit geblieben war. Erst seit Alexandra zu ihm in die Grünwalder Villa gezogen war, sahen sie sich regelmäßig und genossen die Stunden der Zweisamkeit in vollen Zügen. Obendrein taten sich neue, ungeahnte Möglichkeiten auf.

Alexa beugte sich über ihren Freund und küsste ihn auf den Mund.

»Vergiss nicht, Uli nach dem Tanzkurs zu fragen, wenn du später in der Klinik bist.«

»Das werde ich nicht«, versprach Stefan. »Aber was ist, wenn an einem der Tanzstunden-Termine ein Notfall hereinkommt?«

»Keine Sorge, ich bin sicher, wir finden eine Lösung mit Frau Böhm«, versprach Alexa augenzwinkernd und verließ die Wohnung im ersten Stock über der Praxis mit wehenden Fahnen.

***

Regelmäßige Atemzüge erfüllten das Schlafzimmer, der Hund in seinem Korb in der Ecke schnarchte leise. Behutsam, um seine Frau nicht zu wecken, schlug Markus Böhm die Bettdecke zurück. Sonia bemerkte nichts und schlief selig weiter. Am vergangenen Abend war es wieder spät geworden in der Tanzschule. Bonnie dagegen hob schlagartig den Kopf und sah zu ihrem Herrchen hinüber. Markus raffte die grünen und braunen Kleider zusammen, die er am Abend zuvor schon zurechtgelegt hatte, und schlich sich aus dem Zimmer. Sabine würde nicht begeistert sein, auch an diesem Samstag wieder alleine aufzuwachen. Doch der Gedanke an die stille, unberührte Natur war zu verlockend, als dass Markus widerstehen konnte.

Bonnie sah das genauso. Aufgeregt lief sie zwischen Bad und Diele hin und her – ihre Krallen klapperten auf dem Holzboden – und konnte es kaum erwarten, bis ihr geliebtes Herrchen endlich fertig war.

Seit ein paar Jahren gehörte die Hündin nun zur Familie, und Markus konnte sich ein Leben ohne seine treue Begleiterin nicht mehr vorstellen. Tagsüber lag Bonnie brav unter seinem Schreibtisch im Rathaus Grünwald, wo er als neuer Leiter des Umweltamtes für alle Belange des Umweltschutzes in der Gemeinde verantwortlich war. Eine wesentlich schwierigere Position, als er sich das vorgestellt hatte.

Nach einer Tasse Kaffee und ein paar Leckerchen für den Hund öffnete Markus die Haustür. Bonnie zischte an ihm vorbei in den Vorgarten. Die kühle Luft ließ ihn frösteln, aber wenigstens war es noch trocken. Erst später würden die vom Wetterbericht angekündigten Schauer einsetzen.

Das interessierte die Schweißhündin herzlich wenig. Sie markierte ihr Revier und schnüffelte auf dem Boden nach nächtlichen Gästen und anderen Spuren ab.

Markus zog die Tür ins Schloss und machte sich auf den Weg zur Garage. Ein grauer Streifen am Horizont kündete von dem neuen Tag. Wenn er ins Licht jagen wollte, musste er sich beeilen, denn mit jeder Minute nahm die Helligkeit zu.

Zum Glück hatte er es nicht weit bis zum Jagdrevier im Grünwalder Forst. Im Winter besaß Markus einen unentgeltlichen Jagderlaubnisschein für die Bejagung von Schwarzwild und Füchsen und ging gerne alleine auf die Jagd. Und auch im Sommer mied er Gesellschaftsjagden und Sammelansitze, so gut es eben ging. Er liebte die Stille der Natur, die Einsamkeit und wunderte sich auch an diesem Morgen wieder einmal darüber, dass ausgerechnet er sich vor ein paar Jahren unsterblich in eine Tanzlehrerin verliebt hatte. Vielleicht lag es daran, dass die quirlige Sonia genau das Gegenteil von ihm war. Und zogen sich Gegensätze nicht an?

Über diesen Gedanken erreichte er sein Ziel.

Markus parkte seinen Wagen auf dem Parkplatz und ließ Bonnie aus ihrer Box im Kofferraum springen. Er schulterte das Gewehr, setzte den Hut auf die dunklen Locken, die sich wie der Vollbart in der neblig-feuchten Luft kringelten. Aufgeregt sprang Bonnie hierhin und dorthin, blieb aber immer in der Nähe ihres geliebten Herrchens.

Anders als viele andere Jäger, die Abendjagden bevorzugten, liebte Markus die morgendliche Ruhe, die besondere Stimmung, die dann im Wald herrschte. Er holte tief Luft, saugte den frischen Geruch von Holz, Moos und Erde auf.

Es war so still, dass er die Äste unter seinen Schritten knacken, das Laub vom Vorjahr rascheln hörte. Hier und da flatterten Vögel durch die Baumwipfel. Ihr Morgenkonzert, das Jubeln und Tirilieren schien ihm deutlich verhaltener als draußen auf den freien Flächen. Manchmal fühlte er sich Markus im Wald, als sei er plötzlich schwerhörig geworden, so gedämpft drangen die Geräusche der Außenwelt – ein Flugzeug am Himmel, das Kreischen einer Säge, weit entfernter Autolärm – zu ihm hindurch. Aber hier im Wald war sowieso alles anders. Die Ruhe tat Markus gut. Der Stress der Arbeitswoche fiel von ihm ab, für ein paar Stunden konnte er die Verantwortung vergessen, die seit dem Wechsel zu der neuen Stelle auf seinen Schultern lastete.

Er wusste, dass sich seine Frau Sonia Sorgen machte. Dass sie sich wünschte, dass er wieder mehr Zeit mit ihr verbrachte. Doch diese Zeiten schienen vorerst vorüber zu sein. Statt ihr abends manchmal als Tanzpartner zur Verfügung zu stehen, saß Markus meist bis tief in die Nacht an seinem Schreibtisch und bearbeitete das, was er mit Vertretern der Politik, mit Stadträten und Geschäftsleuten tagsüber besprochen hatte.

Seinem Amt waren sämtliche Themen des Klima- und Naturschutzes zugeordnet. Dazu gehörte die Durchführung aller umweltrechtlichen Verwaltungsverfahren, die Genehmigung oder der Erlass von Anordnungen im Bereich Wasserrecht, Immissionsschutzrecht, Abfallrecht und vieles mehr. Die meiste Zeit saß er am Schreibtisch und bearbeitete Unterlagen. Viele Kämpfe mussten gefochten, viele Projekte gegen Widerstand durchgeboxt, viele Anträge abgelehnt werden. Die ständigen Interessenskonflikte lagen Markus auch an den Wochenenden noch im Magen und trotz dem Karrieresprung bereute er es manchmal, diesen verantwortungsvollen Posten übernommen zu haben.

Nur wenn Markus seinen Platz auf dem Freisitz einnahm, konnte er den Druck für eine Weile vergessen. An die Rückwand des Sitzes gelehnt, genoss er auch an diesem Morgen die unbeschreibliche Ruhe, die ihn mehr und mehr erfüllte. Er hörte das gedämpfte Zwitschern der Vögel. Ab und zu raschelte eine Maus im Laub, klapperte Bonnies Halsband, wenn sich die Hündin unter ihm schüttelte.

Langsam wurde es hell, durch die Baumwipfel blitzte das Grau des Himmels. Irgendwann fing es an zu graupeln. Wie Tropfen fielen die kleinen, weißen Körner auf den Waldboden.

Unwillig kehrte Markus in die Wirklichkeit zurück. An diesem Tag würde sein Gewehr nicht zum Einsatz kommen. Er kletterte vom Freisitz, belohnte seine Hündin für ihre Geduld und machte sich auf den Rückweg. Inzwischen war es Vormittag geworden, seine Frau stand wahrscheinlich gerade auf. Markus hielt vor einem Bäcker und kaufte Semmeln und Brezen für das Frühstück in der Hoffnung, Sonia mit dieser Geste versöhnlich zu stimmen. Doch es stand in den Sternen, ob dieser Versuch gelingen würde, oder ob – wie in letzter Zeit öfter – das Frühstück in Vorwürfen und Streit enden würde.

***

Die kommende Woche verging wie im Flug und nach einem weiteren Wochenende stand schon wieder der Montag vor der Tür. Wie immer war Martha Giesecke die Erste in der Praxis Dr. Frank. Sie liebte die Ruhe dieser frühen Stunde, wenn sie ganz ungestört ihre Vorbereitungen für den Arbeitstag treffen konnte.

Während die Kaffeemaschine brodelte, schaffte sie Ordnung im Wartezimmer, räumte die Spielsachen in der Kinderecke zurück in die große Holzkiste, ordnete die Zeitschriften, sorgte für frische Gläser und füllte die Karaffe mit Wasser. Mit einer Gießkanne bewaffnet wollte sie sich gerade auf den Weg zum Blumengießen machen, als ihre junge Kollegin Marie-Luise Flanitzer die Praxis betrat.

Schwester Martha musterte sie aus schmalen Augen.

»Ick würde mal sagen, dass du unseren frisch gestrichenen, weißen Wänden ordentlich Konkurrenz machst«, stellte sie ungeniert fest. »Du siehst aus wie ein Gespenst.« Und das lag nicht nur an der FFP2-Maske, die Mund und Nase bedeckte.

Marie-Luise machte gar nicht erst den Versuch zu leugnen.

»Ehrlich gesagt fühle ich mich auch so. Ich bin nur gekommen, weil der Terminkalender heute proppenvoll ist und ich Sie nicht im Stich lassen wollte.«

»Das ist lieb von dir, Kindchen. Aber weder ick noch die Patienten haben etwas davon, wenn du uns hier am Tresen zusammenbrichst. Was fehlt dir denn?«

»Obwohl ich die ganze Nacht wie ein Baby geschlafen habe, bin ich müde und abgeschlagen. Außerdem habe ich ein bisschen Kopfweh.«

»Hast du schon einen Corona-Test gemacht?«

»Natürlich, einen Schnelltest. Der war negativ.«

»Das sagt überhaupt nichts.« Schwester Martha winkte ab. »Die Dinger sind das Papier nicht wert, auf dem die Bedienungsanleitung gedruckt wurde. Komm mit! Wir machen einen ordentlichen Abstrich und dann gehst du brav wieder nach Hause, bis das Ergebnis da ist.« Auf dem Weg ins Labor fischte sie eine in Folie verpackte FFP2-Maske und stülpte sie sich selbst über Nase und Mund.

Nur wenige Minuten später war die Prozedur beendet und Marie-Luise konnte das Labor wieder verlassen. Im Flur lief sie ihrem Chef in die Arme. Bei ihrem Anblick erschrak er.