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Krankenschwester Kathi arbeitet in ihrem Traumberuf auf der Geburtsstation der Waldner-Klinik. Dennoch kostet es sie sehr viel Kraft, täglich in die glücklichen Gesichter der werdenden oder frischgebackenen Mütter zu sehen. Denn Kathi trägt einen inneren Kampf mit sich aus und hütet ein trauriges Geheimnis.
Erst vor Kurzem musste die Krankenschwester eine schreckliche Entscheidung treffen, die ihr Leben grundlegend verändert hat. Ihren Kollegen gegenüber schweigt sie, weil sie ihren Ruf in der Klinik bedroht sieht. Kann ihr Dr. Stefan Frank helfen, den sie als Einzigen in ihr Geheimnis eingeweiht hat?
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Seitenzahl: 128
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Was niemand von mir weiß
Vorschau
Impressum
Was niemand von mir weiß
Krankenschwester Kathi lebt mit einem Geheimnis
Krankenschwester Kathi arbeitet in ihrem Traumberuf auf der Geburtsstation der Waldner-Klinik. Dennoch kostet es sie sehr viel Kraft, täglich in die glücklichen Gesichter der werdenden oder frischgebackenen Mütter zu sehen. Denn Kathi trägt einen inneren Kampf mit sich aus und hütet ein trauriges Geheimnis.
Erst vor Kurzem musste die Krankenschwester eine schreckliche Entscheidung treffen, die ihr Leben grundlegend verändert hat. Ihren Kollegen gegenüber schweigt sie, weil sie ihren Ruf in der Klinik bedroht sieht. Kann ihr Dr. Stefan Frank helfen, den sie als Einzigen in ihr Geheimnis eingeweiht hat?
»Kommst du mit, Kathi?«, wurde sie von ihrer Kollegin Tanja gefragt, aber Katharina Paulsen lehnte mit einem Kopfschütteln ab.
Sie lächelte erschöpft. »Geht nicht, ich bin noch verabredet«, behauptete die Achtundzwanzigjährige und legte Maske und Kittel ab.
Die letzte Not-OP hatte über eine halbe Stunde gedauert, doch sie hatten den Fetus sowie die werdende Mutter erfolgreich retten können. Kathi hatte Blutdruck und Sauerstoffzufuhr während des chirurgischen Eingriffs ständig im Auge behalten und war zur Hand gegangen, sobald sie gebraucht wurde. Sie war immer zur Stelle, wenn ihre Vorgesetzte Dr. Gabriele Bayer-Horn oder ein anderer zuständiger Arzt ihre Hilfe anforderte. Die Waldner-Klinik am Englischen Garten in München stand eben nie still.
»Uiuiui, unsere Kathi hat ein Date«, trällerte ihre Kollegin munter in Richtung der Dritten im Bunde und zwinkerte der Krankenschwester zu. Währenddessen desinfizierten sie sich ihre Hände und Unterarme. »Das sind ja ganz neue Töne von dir.«
Die Angesprochene errötete und senkte den Blick. Nicht, damit die anderen ihre Verlegenheit nicht sahen, sondern um die tiefe Traurigkeit in ihren braunen Augen zu verbergen, die mehr verriet, als ihr lieb war.
Sie zog den Zopfgummi aus ihrem glatten dunklen Haar und ließ es über ihre schmalen Schultern fallen. Danach stieg sie unter die Dusche und wusch sich Blut und Sekret, antiseptische Lösung und den unverkennbaren Geruch des Operationssaals ab.
»Erzählst du uns morgen wenigstens davon?«, wollte ihre zweite Kollegin namens Pia wissen.
Die beiden Frauen waren neugierig und redselig. Ganz im Gegensatz zu Kathi, die sich seit drei Monaten immer weiter in ihr Schneckenhaus zurückzog und niemanden mehr an sich heranließ. Sie sprach nur das Nötigste, hatte ein Lächeln für Patienten und Kollegen, aber aus dem Nähkästchen plauderte sie nicht mehr.
Sie arbeitete nun bereits seit fünf Jahren in der Waldner-Klinik, erst auf der Intensivstation, inzwischen in ihrem Traumberuf auf der Geburtsstation und unter Dr. Gabriele Bayer-Horn in der Gynäkologie. Bis hierher war es ein langer Weg gewesen, aber Kathi hatte ihn nur zu gern auf sich genommen.
Die strahlenden Gesichter der Schwangeren hatte sie bis vor Kurzem noch glücklich gemacht. Mittlerweile war es eine reine Qual für Kathi, werdende Mütter zu betreuen. Sie sprachen von möglichen Namen für ihr Baby und einer Shower Party, von Geschenken und der Zeit zu Hause, in der sie sich voll und ganz auf sich und die Bindung zu ihrem Nachwuchs konzentrieren wollten, von eventuellen Tagesmüttern, Kitas und ihrer herzlichen Hebamme, den Schwierigkeiten beim Stillen, davon, Windeln zu wechseln und ihrem Kind etwas vorzusingen, wenn es nicht einschlafen kann ...
Kathi wurde es dann schnell zu viel. Sie verließ den Raum immer häufiger unter einem Vorwand, stellte sich auf den Gang, lehnte sich an die Wand und atmete erst einmal tief durch, bevor sie das Zimmer von Neuem betrat und wieder ein erzwungenes Lächeln auf ihren Lippen trug.
Sie redete sich ein, diese Phase bald hinter sich zu haben und von vorn zu beginnen. Sicher waren ihre Schübe und die depressiven Momente bloß eine Folge ihrer Hormonumstellung. Kathis Körper und Geist mussten sich erst einmal beruhigen.
Dennoch setzte sie sich nicht mit ihrem Problem auseinander und verdrängte es lieber. Da kam ihr die viele anstrengende Arbeit auf der Station gerade recht, in die sie sich sofort wieder gestürzt hatte, ohne sich Zeit für sich zu nehmen. Auch, damit keiner ihrer Kollegen etwas bemerkte und sie ihren Ausfall mit einer gewöhnlichen Erkältung erklären konnte. Auf diese Weise stellte niemand Fragen, die Kathi nicht beantworten wollte.
Einst hatte sie die Patientinnen glücklich gemacht und andersherum. Kathi hatte ihre Freude am eigenen Leib gespürt und selbst ein Tränchen verdrückt, wenn es besonders emotional zuging. Heute weinte sie höchstens aus Trauer oder vor Wut.
Kathi drehte das Wasser wärmer und genoss die Hitze, die ihr vor lauter Dampf fast die Luft zum Atmen nahm. Ihre Schicht war zu Ende, also ließ sie sich Zeit. Als sie aus der Dusche stieg, waren ihre beiden Kolleginnen bereits fort. Ein Zettel wartete an ihrem Spind auf sie:
Falls du es dir anders überlegst. Bring ihn doch einfach mit.
Darunter standen ein Zwinkersmiley sowie die Adresse ihres Stamm-Italieners auf der anderen Seite des Englischen Gartens. Kathi hatte sie früher häufig dorthin begleitet, doch inzwischen suchte sie lieber die Einsamkeit statt Gesellschaft. Sie wäre mit den Gedanken sowieso ständig woanders und keine gute Begleitung.
Dass Kathi kein Date hatte und sich seit vielen Monaten auch nicht mehr mit Männern traf, verschwieg sie. Sollten ihre Kollegen ruhig glauben, sie lasse nichts anbrennen. Auf diese Weise wurde sie weder bemitleidet noch schräg angesehen. Niemand durfte je erfahren, welchen Schritt Kathi erst vor einem Vierteljahr gegangen war.
Sie trocknete ihre Haare, zog sich um und schnappte sich ihre Tasche. Beim Hinausgehen winkte sie ihrer Chefin, die sich gerade mit ihrem Kollegen, dem Chirurgen Dr. Peter Stein, unterhielt. Kaum hatte Kathi das große helle Gebäude verlassen, fielen ihre Mundwinkel herab.
Hinter dem Steuer ihres Kleinwagens schloss sie die müden Augen, vor denen sich alles zu drehen begann. Sie atmete tief ein und durch die Nase wieder aus, um ihren rasenden Puls und das polternde Herz zu beruhigen. Erst dann startete sie den Motor und wagte sich in den Stadtverkehr von München. Während der Fahrt funktionierte sie bloß, genau wie bei der Arbeit. Ihr Kopf war leer, die Augen brannten, und ihre Füße freuten sich auf die Couch daheim.
Wenigstens fand Kathi einen Parkplatz direkt vor ihrem Wohnhaus. Je weniger sie lief, desto besser. Ihre Beine wurden während ihrer anstrengenden Schicht ohnehin bis an ihre Grenzen gebracht. Hinzu kamen die Schmerzen, die sie tagtäglich fühlte. Immer wieder musste sich Kathi setzen und sich ausruhen. Ihr Arzt hatte erklärt, dass sie inzwischen schmerzfrei war und sie sich ihre Beschwerden nur einbildete. Diese kämen vom Kopf, nicht von ihrem Körper. Er hatte ihr einen Therapeuten empfohlen, um das Passierte zu verarbeiten. Noch immer lag die Visitenkarte unangetastet neben dem Telefon.
Jeder Gang nach Hause war eine Überwindung für sie, weil eine leere, dunkle Wohnung auf sie wartete. Die Stille erdrückte Kathi, war aber zeitgleich tröstend. Sie wusste aktuell selbst nicht, was sie erwartete und fühlte. Alles schien vor einem halben Jahr durcheinandergeraten zu sein.
Ihr Kopf schwirrte in der Nacht, wenn sie überhaupt einmal schlafen konnte, ihre Träume ließen sie schweißgebadet aufwachen und weinen.
Kathi warf den Schlüsselbund in eine kleine Schale auf ihrer Kommode und hängte den Mantel an die Garderobe. Auf ihrer Mailbox warteten drei verpasste Anrufe. Hoffnungsvoll hörte sie die Nachrichten ihrer besten Freundin Saskia Gerling sowie die ihrer Mutter ab, bei der sich Kathi ebenfalls eine halbe Ewigkeit nicht mehr gemeldet hatte. Sie klangen enttäuscht und verwirrt, machten sich sogar Sorgen um sie.
Niedergeschlagen ließ Kathi das Telefon sinken und stellte es zurück auf die Basis. Sie würde ihnen über WhatsApp schreiben, das sollte fürs Erste genügen und die Gemüter beruhigen. Insgeheim hatte sie sich einen anderen Anruf erhofft, doch ihr Wunsch wurde von Tag zu Tag blasser und unwahrscheinlicher. Wieso sollte sich ausgerechnet Daniel nach einem halben Jahr bei ihr melden? Dann auch noch aus dem Nichts, obwohl er weder ihren Nachnamen noch ihre Telefonnummer oder ihre Adresse kannte? Sie war genauso fremd für ihn wie er für sie. Eine einzige anonyme Nacht nur, danach waren sie eigene Wege gegangen. So viel Glück hatte Kathi nicht.
Trotzdem machte sie sich noch am selben Abend auf die Suche nach dem einzigen Menschen, mit dem sie vielleicht über ihre Tochter reden konnte – über seine Tochter.
Wieder sammelten sich Tränen in Kathis Augen, die sie krampfhaft wegblinzelte, um den Bildschirm zu erkennen. Sie klapperte nun schon seit Monaten alle Daniels der Stadt ab. Da es kein seltener Name war, scrollte sie sich eine Ewigkeit durch die Bilder auf Social Media, falls welche vorhanden waren. Leider gab es viele anonyme Profile oder etliche Daniels, die nicht ihren Vornamen angaben. Es war die berühmte Suche nach der Nadel im Heuhaufen und absolut sinnlos. Dennoch lenkte es Kathi ab und beschäftigte sie eine Weile.
Sie bemerkte erst spät ihren knurrenden Magen. Schnell bereitete sie sich ein paar Toastbrote mit Schinken und Käse zu, schlang das lieblose Essen gierig herunter und ließ sich vom Trash-TV berieseln, bis sie zu müde war, um der einfachen Handlung zu folgen.
Mit schmerzendem Nacken und schweren Beinen quälte sie sich ins Bett. Trotz ihrer Erschöpfung starrte Kathi noch eine Weile an die Decke. Sie öffnete die Kommode und holte ihren größten Schatz hervor, den sie verträumt betrachtete. Ein kleines Ritual, dem sie täglich nachging. Das Foto, dessen Ränder durch das viele Anfassen bereits speckig und zerknickt waren, stimmte Kathi glücklich und traurig zugleich. Wieder weinte sie leise für sich und strich sich, ohne es zu bemerken, über den Bauch, in dem sich nichts weiter als Brot, Schinken und Käse befanden.
***
Am nächsten Morgen wurde Kathi schon früh gefordert, als die Wehen bei einer Patientin einsetzten. Sie war an ihrer Seite, bis die Hebamme eintraf und Dr. Bayer-Horn übernahm. Kathi hielt ihre Hand und sprach beruhigend auf die Frau ein, die von regelmäßigen Krämpfen heimgesucht wurde. Sie war es auch, die ihren Ehemann verständigte, dass es nun endlich losging, nachdem sie vier Tage lang vergeblich gewartet und mit einer künstlichen Geburtseinleitung geliebäugelt hatten.
Nun passierte alles Knall auf Fall. Kaum war ihr Mann eingetroffen und hielt ihre Hand, konnte man bereits das Köpfchen des kleinen Jungen sehen, der das Licht der Welt erblickte. Kathi kümmerte sich um die Hygiene und Nachsorge der Patientin, überprüfte in den nächsten Tagen die Wundheilung sowie das allgemeine Befinden und stand ihr als Unterstützung und Anleiterin beim Stillen zur Seite. Sie funktionierte wieder, auch wenn es sie innerlich zerriss, die junge Mutter derart glücklich an der Seite ihres Mannes zu sehen. Das Baby in ihren Armen schlief die meiste Zeit und war ein regelrechter Engel. Da hatte Kathi schon ganz andere Kinder erlebt. Jedes Baby war einzigartig.
Doch es blieb kaum Zeit, sich über den Erfolg zu freuen, denn ein neuer Notfall wartete auf sie: Sie eilten zur nächsten Patientin, bei der ein Notkaiserschnitt statt der natürlichen Geburt durchgeführt werden musste, weil durch einen Nabelschnurvorfall die Sauerstoffversorgung des Kindes unterbrochen worden war. Auch hier assistierte Kathi vollkommen wach und kompetent an der Seite ihrer Chefin. Sie bekamen die Situation in den Griff, indem sie auf eine Vollnarkose auswichen, die schneller wirkte als die übliche regionale Betäubungsmethode, eine Periduralanästhesie. Auf diese Weise konnten sie das lebenswichtige Zeitfenster von zwanzig Minuten einhalten und schneller mit der Operation beginnen.
Es kam zu vermehrten Blutungen, da das Verletzungsrisiko durch den Zeitdruck höher war als beim gewöhnlichen Kaiserschnitt, doch Gabriele Bayer-Horn ging so vorsichtig wie möglich vor, als sie die Haut- und Muskelschichten durchtrennte, die Gebärmutter öffnete und das Kind herausholte. Die erfahrene Chefärztin verletzte weder Darm noch Blase während der Operation.
Kathi durchtrennte die Nabelschnur, da der wartende Vater leider nicht bei der Notfalloperation dabei sein und diese Aufgabe übernehmen durfte. Seine narkotisierte Frau hätte seine Anwesenheit ohnehin nicht bemerkt. Außerdem war es bei diesem Eingriff schier unmöglich, einem Laien medizinische Details zu erklären, während man hochkonzentriert operieren musste. Für alle war es das Beste, niemandem im OP-Saal zu haben, der im Weg stand oder Fragen stellte. Zudem vertrug nicht jeder Partner den Anblick einer Geburt und wurde vielleicht sogar ohnmächtig, erst recht, wenn viel Blut floss. Das Wohl von Mutter und Kind stand für die Ärzte der Waldner-Klinik an erster Stelle. Der frischgebackene Vater würde froh genug sein, dass es den beiden gut ging und er seinen Sohn bald selbst im Arm halten konnte.
Kathi reinigte das Neugeborene und untersuchte es. Die kleine Familie würde nach diesem Eingriff bis zu einer Woche im Krankenhaus bleiben. In dieser Zeit würde Schwester Kathi die zwei betreuen und etwaige Komplikationen behandeln, für Fragen zur Verfügung stehen und jederzeit zur Hand gehen, wenn Hilfe gebraucht wurde. Sie war von nun an die wichtigste Ansprechpartnerin für die junge Mutter und stolz auf ihren Beruf.
Zeitgleich hätte Kathi lieber weniger Zeit mit ihnen verbracht. Der Anblick der vielen Neugeborenen ließ ihren Magen krampfen und ihr Herz in tausend Teile zerspringen.
Dr. Bayer-Horn nähte Gebärmutter und Bauchdecke der Patientin gerade wieder zu, als der Kleine zu schreien begann. Er konnte frei atmen und war wohlauf. Sein blau angelaufener Kopf nahm eine gesunde Gesichtsfarbe an, sodass er ohne Sorge an die Brust der Mutter gelegt werden konnte. Als sie langsam aus ihrer Narkose erwachte, freute sie sich unter Tränen über ihr Glück.
»Du warst mir heute eine große Hilfe«, lobte Dr. Bayer-Horn. Die vierzigjährige Chefärztin bedachte Kathi mit einem dankbaren Blick und lächelte, während sie sich wusch und desinfizierte. »Wegen des andauernden Mangels an Schwestern und Hebammen haben diese Frauen kaum noch menschlichen Kontakt bis knapp vor der Geburt. Und auch währenddessen drehen viele durch, weil sie gestresst sind oder zu wenige helfende Hände haben. Du hingegen warst konzentriert und besser denn je. Ich mag deine neue Art, an deine Arbeit heranzugehen. Schwester Tanja schwebt mit ihrem Kopf stattdessen in den Wolken, habe ich manchmal das Gefühl. Sie wäre in einer Notsituation wie dieser wohl nicht kompetent genug geblieben, weshalb ich sie lieber für die Nachsorge oder im Labor einsetze als für den Eingriff.«
Wenn du wüsstest, wohin es meinen Kopf währenddessen verschlägt ..., dachte Kathi und schluckte.
Sie zwang sich zu einem Lächeln.
»Ich bin gern für die Patienten da. Es gibt nichts Schöneres, als neues Leben auf die Welt zu bringen. Irgendwie fühlt es sich an, als sei man selbst Teil dieser kleinen Familie.«
»Ich weiß, was du meinst«, erwiderte ihre Vorgesetzte und legte eine Hand schwesterlich auf Kathis Schulter. »Deine Pause hast du dir redlich verdient. Als Nächstes stehen die Vorsorgeuntersuchung von Frau Kellermann und die Nachsorge bei Frau Schuster an. In dieser Reihenfolge erwarte ich dich in den Zimmern«, zählte sie auf und entließ Kathi in die Mittagspause.
Sie erinnerte sich nicht, wann sie zuletzt eine richtige Auszeit in der Klinik genommen hatte. Meistens arbeitete sie absichtlich durch, um nicht über ihre Vergangenheit nachzudenken.
Erst als sie im Hof saß, der aufgrund der spätherbstlichen Temperaturen und Winde nur von ein paar Rauchern aufgesucht wurde, bemerkte sie, wie gut ihr das Sitzen tat. Ihr Körper entspannte sich, und ihre Lider wurden mit einem Mal schwer. Die kalte Brise, die gegen ihre Wangen peitschte und sich schon vor Wintereinbruch wie ein Nadelstich anfühlte, tat ihr gut. Kathi schloss ihre Augen und blieb so lange an Ort und Stelle, bis sie lieber wieder hineinging, um nicht krank zu werden.
Der Schmerz in ihrem Gesicht war nichts im Gegensatz zu der Leere, die in ihrem Inneren herrschte.
***
Kathi wurde noch auf dem Nachhauseweg von Chatnachrichten ihrer Freundin bombardiert. Sie hatte ein Einsehen und antwortete ihr, als sie die Diele betrat und hinter sich die Tür ins Schloss fiel.
Auf ihr ›