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Florian Büchner lebt mit seiner achtjährigen Tochter Ella in Grünwald. Der Steuerfachangestellte ist alleinerziehend und gerät zunehmend unter Druck, Ella ein guter Vater zu sein und gleichzeitig der Mehrarbeit im Büro gerecht zu werden. Florian fühlt sich unwohl, Ella in die Betreuung seiner psychisch-labilen Exfreundin zu geben, hat aber keine andere Möglichkeit. Als diese sich das Leben nimmt, reißt es Florian den Boden unter den Füßen weg. Wie konnte er nicht erkennen, wie schlimm es um Caro stand? In der darauffolgenden Nacht wacht Florian mit Übelkeit und Herzrasen auf. Er schenkt dem jedoch keine Bedeutung, da er es auf die aktuellen Geschehnisse bezieht.
Einige Tage später erhält Florian Besuch von seinem ehemaligen Nachbarn Timo. Dieser behauptet, Ellas biologischer Vater zu sein, da er vor Jahren eine Affäre mit Caro hatte. Jedoch hat er keinen Anspruch auf das Kind erhoben, um die Affäre vor seiner Frau geheim zu halten. Nun will er aufgrund des Todesfalls erfahren, ob das Mädchen seine Tochter ist. Der zutiefst verletzte und geschockte Florian erleidet einen Zusammenbruch ...
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Seitenzahl: 122
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Herzschmerz
Vorschau
Impressum
Herzschmerz
Der alleinerziehende Florian erkrankt am Broken-Heart-Syndrom
Florian Büchner lebt mit seiner achtjährigen Tochter Ella in Grünwald. Der Steuerfachangestellte ist alleinerziehend und gerät zunehmend unter Druck, Ella ein guter Vater zu sein und gleichzeitig der Mehrarbeit im Büro gerecht zu werden. Florian fühlt sich unwohl, Ella in die Betreuung seiner psychisch-labilen Exfreundin zu geben, hat aber keine andere Möglichkeit. Als diese sich das Leben nimmt, reißt es Florian den Boden unter den Füßen weg. Wie konnte er nicht erkennen, wie schlimm es um Caro stand? In der darauffolgenden Nacht wacht Florian mit Übelkeit und Herzrasen auf. Er schenkt dem jedoch keine Bedeutung, da er es auf die aktuellen Geschehnisse bezieht.
Einige Tage später erhält Florian Besuch von seinem ehemaligen Nachbarn Timo. Dieser behauptet, Ellas biologischer Vater zu sein, da er vor Jahren eine Affäre mit Caro hatte. Jedoch hat er keinen Anspruch auf das Kind erhoben, um die Affäre vor seiner Frau geheim zu halten. Nun will er aufgrund des Todesfalls erfahren, ob das Mädchen seine Tochter ist. Der zutiefst verletzte und geschockte Florian erleidet einen Zusammenbruch ...
Thekla sah zu, wie der Mann vor ihr bedächtig sein Hemd öffnete. Knopf für Knopf entblößte er ein weiteres Stück seiner Haut, dich sich über seinen Bauchmuskeln spannte. Sie streckte ihre Hand nach ihm aus, doch er ließ nicht zu, dass sie ihn berührte. Noch nicht. Dann glitt der Stoff des Hemdes über seine Schulter.
Schwer atmend verfolgte sie jede seiner Bewegungen. Ließ ihn nicht aus den Augen, wie er langsam näher auf sie zutrat und ihren Körper über sie beugte, sodass sie sich gezwungen sah, sich nach hinten auf das Laken gleiten zu lassen, welches sich hell im Schein der Kerzen von der Dunkelheit der Blockhütte abhob. Seine kräftigen Arme stützten seinen Körper, der sich nun langsam auf sie senkte. Endlich gelang es ihr, ihn zu berühren. Quälend langsam strich sie mit ihren Fingerspitzen über die Haut seines Oberkörpers. Ihre Berührung wurde mit dem Aufstellen der feinen Härchen belohnt. Erwartungsvoll blickte sie in sein Gesicht. Ernst starrte er auf sie nieder, während sein Körper sie in das Laken drückte. Sein Kopf bewegte sich langsam auf sie zu, sodass Thekla unbewusst ihre Lippen öffnete.
»Florian«, wisperte sie.
Ein Klingeln versuchte, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, als Florian ihren Namen ebenfalls flüsterte. Doch seine Stimme wurde von dem Klingeln übertönt, das immer schriller in ihre Ohren drang.
»Florian« hallte es noch weiter in ihrem Kopf nach, als das Bild des Mannes sich vor ihr in Nebel auflöste. Das Klingeln wurde unterdessen immer dringlicher, sodass Thekla schmerzhaft in die Realität zurückgeschleudert wurde.
Enttäuscht öffnete die junge Lehrerin ihre Augen und wandte sie auf den Wecker, der sie mit seinem schrillen Piepton in den Wahnsinn zu treiben beabsichtigte. Genervt schlug sie mit ihrer rechten Hand auf den Gegenstand, der ihren Traum unterbrochen hatte.
Sechs Uhr morgens. Es wurde Zeit, sich der Wirklichkeit zu stellen.
***
Ein Poltern drang durch das Dickicht des Schlafs zu ihm. Schritte, die über dem Flur tapsten, waren zu hören, gefolgt von Türenschlagen.
Nur mit Mühe gelang es Florian Büchner, seine Augen zu öffnen, wobei sich seine Lider verklebt anfühlten, als wollten sie ihn am Aufstehen hindern. Unbeholfen tastete er nach dem Wecker auf dem Nachttisch. Sechs Uhr. Dass seine achtjährige Tochter Ella eine Langschläferin war, konnte er nicht gerade behaupten.
Florian schlug die Decke zurück und schwang seine Beine aus dem Bett. Kurz hielt er inne. Es war der letzte ruhige Moment an diesem Tag. Sobald der alleinerziehende Vater die Schlafzimmertür öffnen würde, ging der Wahnsinn des Alltags los. Ein letztes tiefes Durchatmen gönnte er sich, bevor er sein Schlafzimmer verließ.
»Guten Morgen, Papa«, begrüßte ihn Ella, die bereits im Badezimmer war.
Die Stimme seiner Tochter sorgte jeden Morgen dafür, dass er den Tag schließlich doch mit einem Lächeln beginnen konnte.
»Guten Morgen, Prinzessin«, antwortete er ihr und ging dabei ins Bad, um ihr einen Kuss auf den Scheitel zu geben.
Dann verließ er das Bad wieder, um das Frühstück vorzubereiten. Außerdem achtete er darauf, der Grundschülerin Privatsphäre zuzugestehen. Mit acht Jahren fühlten Mädchen sich immerhin schon erwachsen und waren nicht erpicht darauf, dass sie bei allem Hilfe von ihren Vätern bekamen.
Nach einer Viertelstunde erschien Ella in der Küche, wo Florian bereits die Schulbrote geschmiert und das Müsli zubereitet hatte.
»Hast du gut geschlafen, Prinzessin?«, fragte er sie, während sie sich an den runden Esstisch setzte.
»Ging so.« Florian registrierte, dass sich ihr Gesicht ein wenig verzogen hatte. Der Sechsunddreißigjährige wusste, was sie beschäftigte, daher setzte er sich ihr gegenüber.
»Ich weiß, dass es mit Mama im Moment ein bisschen schwierig ist, aber ich habe zurzeit so viel Arbeit, dass ich einfach mal länger im Büro bleiben muss. Ist das okay für dich?«
»Wird Mama mich jetzt jeden Tag von der Schule abholen?«, fragte die Achtjährige leise.
Der Satz bereitete Florian einen Stich ins Herz. Normalerweise freuten sich Kinder, wenn sie von ihrer Mutter abgeholt wurden. Doch bei ihnen war alles anders. Seitdem Caro vor fünf Jahren einfach ausgezogen war, hatte sich in seinem und Ellas Leben einiges verändert.
Einfach war es nie mit Caro gewesen. Immer wieder hatte seine damalige Lebensgefährtin mit Stimmungstiefs zu kämpfen gehabt und sich darüber beschwert, was Ella wieder einmal falsch gemacht hatte. Dass das Mädchen zu der Zeit noch ein Baby gewesen war, hatte sie nicht gestört. Eines Abends hatte sie ihm schließlich eröffnet, dass sie keinen anderen Ausweg mehr sehen konnte, außer die Familie zu verlassen, um sich erst einmal um sich selbst zu kümmern. Obwohl Florian bereits zu dieser Zeit geahnt hatte, dass Caro keine mütterliche Bindung zu ihrem Kind empfand, war er völlig geschockt gewesen. Seinen Vorschlag, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, hatte sie mit einem wütenden Schnauben kommentiert. Und so hatte es nur wenige Wochen nach ihrer Ankündigung gebraucht, bis sie die Wohnung und ihre Familie hinter sich gelassen hatte.
Da Caro nur wenig Interesse an ihrem Kind gezeigt hatte, war es kein Problem gewesen, das alleinige Sorgerecht zu bekommen. Florian hatte ihr Verhalten immer damit begründet, dass sie zu beschäftigt mit sich selbst wäre, um sich um einen anderen Menschen zu kümmern. Nur manchmal musste er an ihre mütterliche Pflicht appellieren. Nämlich immer dann, wenn sich die Aufträge auf seinem Schreibtisch stapelten. Während dieser Phasen hatte der Steuerfachangestellte sie dazu überreden können, Ella von der Schule abzuholen und sie für wenige Stunden zu betreuen, damit er seiner Arbeit im Steuerbüro nachkommen konnte. Auch an diesem Tag sollte Caro ihre gemeinsame Tochter hüten, obwohl er sich zunehmend unwohler mit dem Gedanken fühlte.
»Sie wird dich nicht jeden Tag von der Schule abholen. Aber ich habe dir doch schon erklärt, dass ich gerade noch einiges abarbeiten muss.« Da Florian den mürrischen Gesichtsausdruck einer Tochter nur schwer ertragen konnte, senkte er den Blick auf seine Kaffeetasse.
»Und wann holst du mich wieder von Mama ab?«, fragte Ella, während sie lustlos in ihrem Müsli herumlöffelte.
»So schnell wie möglich«, antwortete er und legte eine Hand auf ihre. »Hey Prinzessin, ich weiß, dass du zurzeit nicht gerne bei Mama bist, aber manchmal brauche ich eben Hilfe, um alles unter einen Hut zu bekommen.«
»Aber ich kann doch allein nach Hause gehen«, protestierte das Mädchen. Diese Diskussion hatten sie schon häufig geführt.
Florian seufzte innerlich. »Du weißt, dass ich mir dann zu viele Sorgen machen würde, wenn du stundenlang allein wärst.«
»Ach, und wenn ich bei Mama bin, machst du dir keine Sorgen?«
Dieser Satz traf mehr als alles andere, was es bezüglich ihrer Mutter-Kind-Bindung zu sagen gab. Doch, Florian machte sich Sorgen, wenn Ella bei ihrer Mutter war. Und diese Sorgen wuchsen mit jedem Tag an. Aber da er bislang keinen anderen Ausweg sah, als Caros Hilfe hier und da in Anspruch zu nehmen, um seinen Aufgaben als Arbeitnehmer und als Vater gleichermaßen gerecht zu werden, verdrängte er dieses mulmige Gefühl.
»Ich verspreche dir, dass ich dich morgen wieder von der Schule abholen werde, okay? Dann bist du nur heute bei Mama.«
Florian wusste nicht, wie er es schaffen sollte, in dieser Zeit so viele Aufträge abzuarbeiten. Doch Ellas Gesicht brach ihm das Herz, und er konnte es nicht ertragen, für ihr Unbehagen verantwortlich zu sein. Früher oder später würde er sich Gedanken darum machen müssen, wie er die Doppelbelastung Arbeit und Kind bewältigen konnte. Doch dafür war gerade keine Zeit.
***
Thekla Frisch stand am Fenster des wie üblich unterkühlten Lehrerzimmers und wärmte ihre Hand an ihrem noch vollen Kaffeebecher. Wolken zogen am Himmel vorüber und verkündeten die Ankunft einer Schlechtwetterfront. Doch Theklas Aufmerksamkeit galt weniger der sich ändernden Wetterverhältnisse, sondern vielmehr der Ankunft eines schwarzen Kleinwagens auf dem Parkplatz der Grundschule.
»Na, ist er schon angekommen?«, hörte sie eine belustigte Stimme hinter sich.
Thekla musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass ihre Freundin und Kollegin Valerie Grundmeier sich mal wieder über sie lustig machte.
»Musst du nicht noch ein Arbeitsblatt kopieren«, maßregelte sie die Klassenlehrerin der 1a, um von sich abzulenken.
»Nö. Außerdem ist es viel witziger, dir dabei zuzusehen, wie du seit Monaten deinen Vorzeigevater aus der Ferne anschmachtest.«
Nun drehte sich Thekla doch zu ihrer Freundin um. Sie kannte die schelmische Valerie zu gut, um empört zu sein. Also bestrafte sie sie lediglich mit einem gelangweilten Blick. Schließlich war das nicht der erste Spruch, den sie sich von ihr anhören musste.
»Ich schmachte ihn nicht an, und außerdem ist er nicht mein Vorzeigevater.«
»Und warum stehst du dann jeden Morgen zur gleichen Uhrzeit hier und tust so, als würdest du Kaffee trinken?«
»Weil ich erstens wirklich Kaffee trinke und ...«, stockte sie.
»Ja?«, horchte ihre Freundin schmunzelnd nach.
»Und weil ich zweitens meinen Vorzeigevater anschmachte.«
»Weiß ich doch, Süße!« Valerie legte einen Arm um ihre Freundin und sah ebenfalls aus dem Fenster. »Wenigstens hast du einen guten Geschmack.«
Beide Frauen beobachteten, wie Florian Büchner aus dem Auto stieg und sich zu seiner Tochter hinunterbeugte. Thekla fragte sich, wie er es schaffte, trotz der Doppelbelastung immer so gut auszusehen. Nie sah man ihm eine Spur von Erschöpfung an. Gleichwohl wusste Thekla, dass er seit Jahren alleinerziehend war und einer Vollzeitbeschäftigung nachging. Dabei sah er selbst sogar noch jugendlich aus, was vermutlich an seinen kurzen verwuschelten braunen Haaren, dem Dreitagebart und der legeren Kleidung lag.
»Ich finde es beeindruckend, wie liebevoll er mit Ella umgeht«, sprach Thekla, mehr zu sich selbst.
»Ja, mit Sicherheit. Nicht sein heißes Gesicht und sein muskulöser Oberkörper.«
Die ironischen Worte ihrer Kollegin brachten Thekla zum Lachen.
»Woher weißt du, bitteschön, wie sein Oberkörper aussieht?«, wollte sie wissen.
»Süße, weil ich im Gegensatz zu dir nicht wegschaue, wenn sich mir eine gute Aussicht bietet. Sag bloß, du hast nicht hingesehen, als er beim Spendenlauf für die Schule mitgelaufen ist?«
Auch diesmal musste sie Valerie recht geben. Bei dem Spendenlauf, der kurz vor den Sommerferien stattgefunden hatte, hatte sie Florian Büchner zum ersten Mal in Sportkleidung sehen und dabei kaum noch ihren Blick von ihm abwenden können.
Dann wandten sie ihre Aufmerksamkeit wieder der Szene zu, die sich auf dem Parkplatz abspielte. Der Vater umarmte seine Tochter, die beide Arme fest um seinen Hals geklammert hielt. Bei diesem Anblick wurde Thekla nachdenklich. In letzter Zeit war ihr aufgefallen, dass das Mädchen bedrückt wirkte. Daher beschloss sie, ihrer Schülerin mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Außerdem rückte der jährliche Elternsprechtag näher. So würde sie Gelegenheit bekommen, sich mit dem Vater des Kindes diesbezüglich auszutauschen. Doch als sie daran dachte, wie sie bald Florian Büchner gegenübersitzen würde, wurde ihr schon jetzt ziemlich heiß.
»Wie sehr freust du dich auf den Elternsprechtag?«, hauchte Valerie ihrer Freundin verheißungsvoll ins Ohr.
»Kannst du eigentlich Gedanken lesen?«, empörte sie sich nun diesmal doch.
Lachend wandte sich die Kollegin vom Fenster ab und überließ Thekla ihren Träumereien. Erst als diese von dem dumpfen Ton der Schulglocke unterbrochen wurden, machte sich auch Thekla dazu auf, ihre Tasche zu packen und das Lehrerzimmer zu verlassen.
***
Das Nervigste an Florians Arbeit war das ständig klingelnde Telefon. Kaum hatte er mit einer Arbeit angefangen, schrillte die kurze Melodie wieder auf, und er war gezwungen, seine Arbeit zum wiederholten Mal zu unterbrechen.
»Steuerbüro Anger, Büchner, hallo?«, leierte er die übliche Begrüßung hinunter, nachdem er den Hörer abgenommen hatte.
Nachdem der Fachmann für Steuern die belanglose Frage des Kunden beantwortet hatte, legte er mit einer weiteren routinierten Grußformel auf und widmete sich wieder seinen Berechnungen.
»Kommst du heute mit ins ›Xaver's‹?«, rief jemand durch das Büro, doch Florian versuchte, alles Störende auszublenden. »Hey Florian, kommst du mit ins ›Xaver's‹?«, fragte Wladimir, sein Kollege, der ihn damals vor sieben Jahren eingearbeitet hatte und nun die Jacke anzog.
Florian blickte kurz auf und schüttelte den Kopf.
»Tut mir leid, aber heute geht's nicht«, entschuldigte er sich.
»Du musst mal eine Pause machen, Junge! Wer viel arbeitet, muss auch gut essen!«
Florian konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, winkte jedoch ab. Zwar wäre er gern mit seinen Kollegen nach Feierabend in das angesagte Wirtshaus gegangen, doch würde er dadurch zu viel Zeit verlieren. Zeit, die er zum Arbeiten brauchte, damit er Ella in dieser Woche kein weiteres Mal zu ihrer Mutter schicken musste.
Wieder klingelte das Telefon, und Florian war kurz versucht, den aufdringlichen Ton zu ignorieren. Aber dann meldete sich sein Pflichtbewusstsein, sodass er den Hörer doch abnahm.
»Steuerbüro Anger, Büchner, hallo?«, wiederholte er zum zigsten Mal an diesem Tag.
»Herr Büchner? Hier ist Frau Frisch, die Klassenlehrerin von Ella.« Die zarte Stimme der Lehrerin klang in dieser Umgebung fehl am Platz.
»Frau Frisch, ist etwas passiert?«, fragte er irritiert.
»Es tut mir leid, dass ich Sie stören muss, aber Ella wurde heute nicht von der Schule abgeholt. Sie ist jetzt hier bei mir im Lehrerzimmer.«
»Aber wieso wurde sie nicht abgeholt? Ihre Mutter hätte schon vor einer Stunde da sein müssen.«
»Ich habe mehrmals versucht, Frau Liebig telefonisch zu erreichen, leider ohne Erfolg.«
Immer noch runzelte Florian die Stirn.
»Aber ...«, setzte er gerade an, bis ihm klar wurde, dass die junge Lehrerin nichts für Caros Versäumnis konnte. »Ich hole Ella sofort ab. Tut mir leid, dass Sie nun extra länger bleiben mussten. Ich bin in einer Viertelstunde da.«
»Lassen Sie sich bitte Zeit«, hörte er noch aus dem Telefonhörer, doch da legte er schon auf.
In diesem Moment wurde Florian bewusst, dass er sich schneller als erhofft Gedanken würde machen müssen, wie er die Betreuung nun ohne Caro schaffen würde. Welche Mutter vergaß schließlich, ihr eigenes Kind von der Schule abzuholen?
***
»Hallo, Prinzessin.« Betont fröhlich betrat Florian das Lehrerzimmer.
Das Schulgebäude war bis auf das Reinigungspersonal und der Lehrerin mit seiner Tochter menschenleer. In der Luft hing noch der Geruch von getragenen Turnschuhen, und jeder Schritt auf dem strapazierten Linoleum verursachte ein unangenehmes Quietschen.