Dr. Stefan Frank 2720 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2720 E-Book

Stefan Frank

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Seitenzahl: 130

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Geister der Alpen

Vorschau

Impressum

Geister der Alpen

Eine Frau leidet beim Wandern plötzlich unter heftigen Halluzinationen

Sonja steht mit ihren sechsunddreißig Jahren mitten im Leben: Die sportliche, hübsche Frau arbeitet in einer Agentur, die Profisportler betreut. Nach ihrer toxischen Beziehung will sie sich erst mal nur auf sich selbst konzentrieren. Die Einstellung gerät jedoch ins Wanken, als Sonja ihren neuen Chef Sven kennenlernt. Als sie erfährt, dass der Zweiunddreißigjährige ihre Leidenschaft für das Wandern teilt, fühlt sie sich noch hingezogener zu ihm. Sonja bietet ihm schließlich an, gemeinsam wandern zu gehen. Beide lachen darüber und tun es als Scherz ab, um den Schein zu wahren. Heimlich schwärmen aber beide längst füreinander.

Als Sonja dann ihren Urlaub einreicht, kündigt Sven überraschend an, sie in Österreich zu besuchen. Sonja fiebert mit Schmetterlingen im Bauch der gemeinsamen Wanderung entgegen. Diese startet traumhaft schön und wird doch zum Albtraum, als sie plötzlich ihren Exfreund hinter einem Baum sieht. Immer wieder glaubt sie, Ralf zu sehen, manchmal schleicht er sich von der Seite an und ist dann wieder wie vom Erdboden verschluckt. Sven ist irritiert, weil er niemanden sieht. Und Sonja droht panisch zu werden: Sie kann sich das doch unmöglich einbilden, oder?

»Hat Ludwig angerufen?«, wollte Sonja wissen, als sie die moderne Agentur, die in der Münchner Innenstadt lag, betrat.

Die Räumlichkeiten machten immer noch Eindruck auf sie, obwohl sie seit über sieben Jahren als Sportagentin hier arbeitete. Letztes Jahr hatte sie aufgrund ihrer hervorragenden Leistungen das schönste Büro der mittleren Etage bekommen, die eigene Assistentin gehörte ebenfalls dazu.

»Nein, leider nicht«, bedauerte Ruth, die mit einem Ohr am Telefon hing. »Soll ich es bei ihm versuchen und ihn durchstellen?«

»Nein, nein«, wehrte Sonja ab. »Ich rufe Ludwig selbst an, ich habe seine Handynummer.« Ruth zog beeindruckt die Augenbrauen hoch. »Kümmern Sie sich lieber weiterhin darum, Karim zu erreichen. Wir müssen unbedingt herausfinden, wie es gelaufen ist.«

Karim Mazzuca galt als einer der talentiertesten Fußballer in seiner Altersgruppe und obwohl er noch ein Teenager war, waren bereits namhafte internationale Clubs an ihm interessiert. Natürlich hatte Sonja einen Vertrag mit ihm abgeschlossen, lange bevor die Konkurrenz den jungen Sportler überhaupt auf dem Schirm hatte. Und Ludwig, der Scout des erfolgreichsten deutschen Fußballvereins, hatte Sonja versprochen, Karim zu einem Probetraining einzuladen. Wenn alles so klappte, wie Sonja es sich ausmalte, stand der Agentur ein weiterer großer Erfolg bevor.

Schnell tippte sie die Nummer, die sie auswendig konnte, in das Telefon, das auf ihrem schicken Schreibtisch stand, und betete, dass Ludwig gute Nachrichten für sie hatte.

»Sonja«, begrüßte Ludwig sie einige Sekunden später sympathisch. »Manchmal glaube ich, du hast den sechsten Sinn! Wir sind just in diesem Moment fertig geworden.«

»Und?«, fragte Sonja ungeduldig. »Wie hat er sich geschlagen?«

Am anderen Ende der Leitung blieb es still. Zu still. Nervös biss sich Sonja auf die Unterlippe.

»Der ist schon recht, der Junge«, erlöste sie Ludwig endlich und lachte sein typisches lautes Lachen.

Sonja fiel ein Stein vom Herzen, der erste Schritt war getan. Ihrem Schützling stand zwar noch einiges bevor, aber das Wichtigste war geschafft. Die eingehenden Untersuchungen durch den Mannschaftsarzt ebenso wie die Sitzung mit dem Psychologen würden für Karim kein Problem sein.

»Ich hab gehört, wir sind nicht die Einzigen, bei denen er vorspielt?«

Zufrieden hörte Sonja, dass Ludwig keine Lust hatte, sich Karim von einem anderen Club vor der Nase wegschnappen zu lassen.

»Du hast Vorrang, Ludwig, das weißt du. Bei uns gibt es keine Spielchen. Wenn ihr Karim wollt, dann ist es ein gemachter Deal. Er träumt seit seiner Kindheit davon, mit euch die Champions League zu gewinnen. Allerdings ...«, jetzt war sie an der Reihe, die Gegenseite mit einer Pause zu quälen.

« ... muss alles passen, richtig?«

»Ich bin morgen Nachmittag frei, wollen wir das beim Mittagessen besprechen?«, bot Sonja an. »Die Anwälte brauchen wir nur für die Feinheiten. Das Wesentliche bespricht sich doch immer am besten von Angesicht zu Angesicht.«

»Klingt gut«, sagte Ludwig und verabschiedete sich.

Obwohl Sonja sehr viel Wert auf Professionalität legte, wusste sie auch, wie das Fußballgeschäft lief: Persönliche Beziehungen waren das A und O, und mehr als einmal hatte es ihr bereits in die Karten gespielt, wenn sie sich mit den Verantwortlichen auf Augenhöhe unterhielt. Sie war gut darin, klare Ansagen zu machen und den Vereinen einen ehrlichen Eindruck von den Spielern zu geben, die sie vertrat. Es ging nicht nur um deren sportliche Leistung, sondern auch darum, allen Beteiligten zu vermitteln, was sie menschlich zu erwarten hatten. Manche Sportler brauchten einen strengen Trainer, andere wollten nur für Vereine spielen, die ihnen viel Freiheit gewährten. Die einen suchten nach einem Team, das auch abseits des Platzes ein enges Verhältnis pflegte und dann gab es jene, die ohnehin Schwierigkeiten hatten, sich zu integrieren. So hart und testosterongeladen die Welt des Profi-Fußballs auch war: Im Herzen waren viele Fußballer äußerst sensibel, und Sonja war genau die Richtige, ihnen dabei zu helfen, den passenden Verein in diesem verrückten Geschäft zu finden.

***

Als sie am Abend erschöpft nach Hause kam, freute sie sich auf ein wohltuendes Bad. Wie froh sie war, wieder alleine zu leben! Sorgsam legte sie sich das Outfit für den nächsten Tag zurecht, ließ sich das Wasser ein und schenkte sich anschließend in der Küche ein Glas Rotwein ein. Mit einem Blick in den Kühlschrank stellte sie erfreut fest, dass sie noch eine ganze Portion Lasagne vom gestrigen Abend übrig hatte. Sie drehte die Musikanlage auf und schob das Essen in die Mikrowelle. Beschwingt von dem Gedanken an das morgige Treffen tänzelte sie durch die Wohnung. Es war der perfekte Feierabend.

Als sie fertig gegessen hatte und den Rest des Rotweins in der Badewanne genoss, dachte sie daran, wie ihr Leben noch vor einem Jahr ausgesehen hatte. Sie hatte praktisch in der Agentur gelebt und viel zu spät bemerkt, dass das nicht nur daran lag, dass sie ihre Arbeit liebte. Ralf, ihr damaliger Freund, hatte sie dermaßen eingeschränkt und erdrückt, dass sie fast krankhafte Angst vor den Konsequenzen einer Trennung hatte. Sich in die Arbeit zu stürzen, war eine Zeit lang ihr Schutzmechanismus gewesen. Je mehr sie gearbeitet hatte, desto weniger konnte er sie mit seinen Eifersuchtsanfällen terrorisieren. Erleichtert atmete sie tief aus. Zum Glück war die ganze schlimme Geschichte, die sich nach der Trennung mit Ralf zugetragen hatte, Vergangenheit und sie hatte ihre Freiheit wieder!

Einsam fühlte sie sich nicht – ein Zustand, auf den sie stolz war. Während viele ihrer Kolleginnen in ihren Dreißigern unruhig wurden und anfingen, Männer zu daten, die eigentlich nicht das erfüllten, was sie sich vorstellen, machte Sonja sich keinen Druck. Sie war sechsunddreißig und, wie sie fand, im besten Alter. Sie hatte es nicht eilig, weder mit Heiraten, noch mit dem Kinderkriegen. Wenn sie ehrlich war, war sie zufrieden, wie es gerade war. Sie konnte tun und lassen, was sie wollte und konnte sich ganz darauf konzentrieren, was ihr guttat.

Sie stieg aus der dampfenden Wanne, putzte sich die Zähne und kuschelte sich in ihr Bett, das nach frisch gewaschenem Leinen roch. Sie hatte alles, was sie brauchte! Niemand schränkte sie ein, verbreitete schlechte Laune oder schrieb ihr vor, wie sie die Wohnung einzurichten hatte.

Nach der Trennung hatte sie eine entzückende Dachgeschosswohnung im Münchner Stadtteil Grünwald gefunden und alles genauso gestaltet, wie es ihr gefiel. Der strahlend weiße Bettkasten, der samtweiche Teppich davor und der Spiegel mit Rahmen aus Glaskugeln über der Kommode – hier trafen eleganter Stil und Gemütlichkeit aufeinander. Kein Mann der Welt hatte einen so guten Geschmack, dachte sie und musste schmunzeln. Voller Vorfreude auf den nächsten Tag schlief sie in ihrer hübschen Dachgeschosswohnung ein.

***

»Und dieses Patenkind ist wie alt?«, fragte Marie-Luise Flanitzer bei Dr. Frank nach, der sie damit beauftragt hatte, ihm bei der Wahl für ein passendes Geschenk zur Konfirmation seines Patenkindes zu helfen.

»Sarah wird vierzehn.«

»Das ist ein schwieriges Alter«, schaltete sich nun auch Martha Giesecke in das Gespräch ein. »Wenn sie katholisch wäre, wäre die Sache um einiges einfacher.«

Fragend schauten Dr. Frank und Marie-Luise sie an.

»Ick mein ja bloß, weil die katholischen Kinder ihre Kommunion ja schon viel früher erhalten. Dann sind sie viel jünger und leichter zu beschenken.«

»Ach so«, lachte Dr. Frank. »Ich dachte schon, Sie haben ein Herz für Katholiken.«

Die rüstige Berlinerin grummelte und schüttelte den Kopf.

»Ist mir ganz gleich, was für ne Religion die Menschen haben. Ick find nur, ein Kind ist leichter zu beschenken als ein Teenager.«

»Wie ist sie denn so?«, wollte Marie-Luise wissen.

»Gute Frage«, dachte Dr. Frank laut nach. »Seit die Dillingers in den Norden gezogen sind, habe ich sie nur noch unregelmäßig gesehen.«

»Aber das muss ja schon über vier Jahre her sein.«

»Eben!«, stöhnte Dr. Frank, der mit Sarah gleich mehrere Patenkinder hatte, die ihm ehemalige Patienten, die zu Freunden geworden waren, beschert hatten. »Ich glaube, ich würde für jede Person eine bessere Geschenkidee haben als für ein vierzehnjähriges Mädchen! Ich weiß überhaupt nicht, was gerade so ›in‹ ist.«

Marie-Luise musste loslachen.

»Herr Doktor«, kicherte sie.

»Was bekommen wir denn, wenn wir Ihnen helfen?«, wollte Martha wissen.

»Also, wenn eine von Ihnen die Gewinner-Idee hat, dann würde ich mich das schon einiges kosten lassen«, grinste Dr. Frank und nahm die Frage als Herausforderung. »Was halten Sie beide davon: Jeder überlegt sich drei Sachen, die beste Idee gewinnt. Die Gewinnerin bekommt einen freien Tag und wird von mir zum Abendessen ins ›Rossi‹ eingeladen!«

Martha klatschte einmal laut in die Hände.

»Abgemacht! Das klingt großartig«, freute sie sich. »Aber wehe, Sie helfen Frau Flanitzer mit illegalen Tipps!«

»Nein, nein«, versicherte Dr. Frank. »Die Regeln sind eindeutig, jede von Ihnen muss die gleichen Informationen bekommen. Was Sie damit machen, ist ihre Angelegenheit. Und wir bleiben fair: Keine Konversationen hinter dem Rücken der anderen und kein Ausfragen!«

Marie-Luise schaute ihre Kollegin herausfordernd an.

»Ich bin einverstanden. Möge die Bessere gewinnen.«

»Die bessere Idee«, betonte Dr. Frank. »Nicht, dass dieser kleine Wettstreit noch zum Ernst wird und Sie sich gegenseitig die Haare ausreißen.«

»Natürlich nicht«, versicherte Marie-Luise. »Wenn die eine gewinnt, wird die andere schon einsehen, dass die Idee einfach besser war.«

»Ick werde Sie an Ihre Worte erinnern, nachdem meine Idee gewonnen hat!«, zog Martha ihre Kollegin liebevoll auf und lachte.

***

Geschickt parkte Sonja auf dem schmalen Parkplatz der Agentur direkt links neben dem Eingang. Beim Aussteigen stellte sie erschrocken fest, dass sie einem bereits wartenden Wagen den letzten freien Platz vor der Nase weggeschnappt hatte.

»Oh, Entschuldigung«, beeilte sie sich zu sagen und trat an das andere Auto heran. »Ich habe Sie wirklich nicht gesehen, das tut mir leid!«

Der Mann, der hinter der heruntergelassenen Scheibe zum Vorschein kam, lachte zu ihrer Überraschung.

»Soll ich wieder rausfahren? Sie waren zuerst hier«, bot sie an.

»Schon gut«, winkte er ab. »Ich habe das Gefühl, dass ich hier mit meinem Auto eh nicht gut hinpasse.«

Er hatte recht, denn der gesamte Parkplatz stand voll von hochpreisigen Luxus-Modellen deutscher Autohersteller.

»Arbeiten die alle für die Agentur?«, wollte der Unbekannte wissen.

»Ja, soweit ich weiß schon«, erwiderte Sonja etwas beschämt. Sie wollte dem Mann mit dem offensichtlich in die Jahre gekommenen Auto kein schlechtes Gefühl geben.

»Das ist doch schön für Sie«, sagte er, als könne er ihre Gedanken lesen. »Das heißt, dass der Chef seine Angestellten angemessen für ihre Arbeit bezahlt.«

Sonja nickte und wurde auf einmal nervös. Bei genauerem Hinsehen fiel ihr auf, wie gut der junge Mann aussah. Seine blauen Augen strahlten sie an und sein Lächeln wirkte ansteckend.

»Dann schau ich mich mal in der Innenstadt um«, verabschiedete er sich und lenkte den Wagen in Richtung Ausfahrt.

»Viel Glück«, rief Sonja ihm noch hinterher.

Sie musste über sich selbst schmunzeln. Da hatte sie sich gestern Abend noch so über ihr Single-Dasein gefreut und es brauchte nur ein Paar blaue Augen, um sie auf ganz andere Gedanken zu bringen. Schade, dass sie ihn nicht gefragt hatte, was er auf dem agentureigenen Parkplatz gewollt hatte. Teil des Teams war er jedenfalls nicht, einen Kollegen wie ihn hätte sie sicher nicht übersehen! Oder war er ein Kunde?

Dann würde sie ihm unter Umständen vielleicht noch einmal im Laufe des Tages über den Weg laufen. Zum Glück hatte sie heute ihre smaragdgrüne Seidenbluse mit dem schmeichelnden Schnitt an. Sie versprach sich selbst, ihn im Falle einer erneuten Begegnung in ein Gespräch zu verwickeln und machte sich auf den Weg in ihr Büro.

***

»Haben Sie es schon gehört?«, flüsterte Ruth ihr zu, als sie kurze Zeit später ihren Kopf in Sonjas Büro steckte.

»Was denn?«, zeigte Sonja sich interessiert.

Sie war die letzten Wochen so damit beschäftigt gewesen, Karim unter Vertrag zu nehmen, dass sie nur noch selten mit den Kolleginnen in die Mittagspause gegangen war. Somit waren ihr natürlich auch die ganzen Geschichten entgangen, die sich die Sekretärinnen, Assistentinnen und Angestellten gegenseitig zuflüsterten.

»Der Ottrich ist raus.«

»Was?«, entfuhr es Sonja.

Dieter Ottrich war der langjährige Geschäftsführer der Agentur und trotz seiner manchmal gewöhnungsbedürftigen Art ein relativ angenehmer Chef. Von seinen schlechten Scherzen mal abgesehen, hatte er Sonja immer in Ruhe gelassen und sie wenig kontrolliert. Sie hatte das Gefühl, dass Herr Ottrich jedem seine Freiheit ließ, solange alle ihr Pensum schafften, und dabei ließ er nie übermäßig den Chef raushängen.

»Warum ist er gegangen?«

»Er ist nicht gegangen«, antwortete Ruth geheimnisvoll. »Er wurde gegangen!«

»Wirklich?«, fragte Sonja ungläubig. »Aber warum denn das?«

Ruth zuckte mit den Schultern.

»Weiß keiner«, antwortete sie. »Auf jeden Fall wird heute kurz vor Feierabend der Neue vorgestellt.«

»Wissen Sie denn schon, wer es ist?«

Ruth schüttelte den Kopf.

»Anscheinend ein Neuer. Niemand, den wir kennen.«

Sonja wunderte sich. Ein neuer Chef? Warum wurde nicht einfach jemand aus den eigenen Reihen befördert? Jemand von außen kannte die internen Abläufe doch gar nicht und würde lange brauchen, um zu verstehen, unter welcher Anleitung die Mitarbeitenden am besten arbeiteten. Hoffentlich war es niemand, der ihr unsympathisch sein würde. Und was noch viel wichtiger war: Jemand, dem sie nicht unsympathisch war. Was war, wenn sie mit dem ominösen Chef, den niemand kannte, nicht klarkam? Ihre Arbeit machte den größten Teil ihres Lebens aus und sie liebte, was sie tat und vor allem, wie sie es tat. Bitte, bitte, lass es keinen Idioten sein, schickte sie ein Stoßgebet zum Himmel.

***

»Und, haben Sie schon eine Idee?«, fragte Martha auffällig beiläufig.

»Was für eine Idee?«, stellte Marie-Luise sich dumm.

»Wie ich sehe, sind Sie schon beide im Wettkampfmodus«, amüsierte sich Dr. Frank und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein.

Martha zog die Augenbrauen nach oben und schaute ihre Kollegin streng an.

»Ach, jetzt fällt's mir wieder ein«, schauspielerte Marie-Luise, »Sie meinen wegen des Geschenks!«

»Einen Oscar bekommen Sie nicht mehr in Ihrem Leben«, sagte Dr. Frank und musste lachen.

»Ich habe wirklich noch keine Idee«, versicherte Marie-Luise und streckte den beiden ihre Schwurhand entgegen.

»Dabei waren Sie doch so siegessicher«, wunderte sich Martha.

»Und was ist mit Ihnen?«, wollte Marie-Luise im Gegenzug jetzt auch wissen.

Martha grinste sie an, sagte aber nichts.

»Aha!«

»Ick verrate sicher nicht, was mir im Kopf herumschwirrt.«

»Ich kann Ihnen versichern, dass ich Ihre Idee sicher nicht klauen würde«, versprach Marie-Luise und schaute sie neugierig an.

»Ich finde das gut. Also, dass Sie einander mit Schweigen begegnen. Eine chinesische Mauer. So kann sich keine von der anderen inspirieren lassen.«

Martha nickte.

»Na, gut«, gab Marie-Luise nach. »Wenigstens weiß ich schon mal, dass Martha es wirklich ernst meint.«

»Ja, Sie müssen sich anstrengen!«, feuerte Dr. Frank Marie-Luise an.

»Wie viel Zeit haben wir eigentlich?«, fiel Martha erst jetzt ein.

»Bis zur Konfirmation ist es zum Glück noch eine ganze Weile ...«, dachte Dr. Frank laut nach.