Dr. Stefan Frank 2733 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2733 E-Book

Stefan Frank

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Thomas Fürmann hat sich als Erwachsener all das geschaffen, wovon er immer träumte: Er ist verheiratet, selbstständig, hat zwei wunderbare Kinder und ein schönes Haus in Grünwald. Seine amerikanische Ehefrau Eliza arbeitet als Flugbegleiterin. Was er nicht ahnt: Sie kommt immer weniger mit seiner rastlosen, sprunghaften, impulsiven Art zurecht und denkt bereits über Trennung nach. Es soll jedoch alles anders kommen, als Thomas schwer mit dem Fahrrad verunglückt. Mit einem Schädel-Hirn-Trauma wird er eingeliefert und notoperiert.
Zunächst scheint es, dass die Hirnverletzung ohne gravierende Folgen geblieben ist. Doch dann bemerkt Dr. Frank, dass der Patient seine linke Körperseite und alles, was links von ihm passiert, nicht mehr wahrnimmt. Weitere Tests zeigen, dass Thomas unter einem linksseitigen Neglect leidet, ganz so, als habe das Gehirn vergessen, dass es noch eine zweite Körperhälfte gibt ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 124

Veröffentlichungsjahr: 2023

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Die vergessene Seite seines Ichs

Vorschau

Impressum

Die vergessene Seite seines Ichs

Nach einer Kopfverletzung leidet Thomas unter einer Wahrnehmungsstörung

Thomas Fürmann hat sich als Erwachsener all das geschaffen, wovon er immer träumte: Er ist verheiratet, selbstständig, hat zwei wunderbare Kinder und ein schönes Haus in Grünwald. Seine amerikanische Ehefrau Eliza arbeitet als Flugbegleiterin. Was er nicht ahnt: Sie kommt immer weniger mit seiner rastlosen, sprunghaften, impulsiven Art zurecht und denkt bereits über Trennung nach. Es soll jedoch alles anders kommen, als Thomas schwer mit dem Fahrrad verunglückt. Mit einem Schädel-Hirn-Trauma wird er eingeliefert und notoperiert.

Zunächst scheint es, dass die Hirnverletzung ohne gravierende Folgen geblieben ist. Doch dann bemerkt Dr. Frank, dass der Patient seine linke Körperseite und alles, was links von ihm passiert, nicht mehr wahrnimmt. Weitere Tests zeigen, dass Thomas unter einem linksseitigen Neglect leidet, ganz so, als habe das Gehirn vergessen, dass es noch eine zweite Körperhälfte gibt ...

Wie immer, wenn Thomas Fürmann mit seinen Kindern allein war, wurde er lange vor dem Klingeln des Weckers wach. In der Wohnung war es mucksmäuschenstill, doch die Gedanken in seinem Kopf dröhnten. Seine Frau Eliza, eine Flugbegleiterin, war für drei Tage beruflich unterwegs. Das bedeutete, dass er selbst verantwortlich war für die siebenjährigen Zwillinge Max und Mia. Sein rastloser Geist ratterte den Terminplan herunter, als er auf einmal Musik und Stimmen wahrnahm.

Thomas kämpfte sich aus dem Bett und nahm den Tag in Angriff. Im Flur blieb er stehen und sah sich um. Woher kamen die Geräusche?

Schließlich fand er seinen Sohn, der im Sessel vor dem Fernseher lümmelte und eine Kindersendung ansah.

»Max, es ist zu früh zum Fernsehen. Schalt das aus!«

Doch Max war völlig gefesselt und hörte seinen Vater nicht.

Thomas war im Begriff, selbst zur Tat zu schreiten, als Mia aus ihrem Zimmer hüpfte. Es war erst halb sieben, doch sie war schon fix und fertig angezogen.

»Guten Morgen, Papa. Du hast gestern vergessen, mir Anziehsachen rauszulegen. Da habe ich mir selbst was rausgesucht.«

Sie trug eine rosa-weiß gestreifte Strickjacke über einem langärmeligen, knallgrünen Shirt, dazu ihre Lieblingsleggins im Leopardenmuster. Ihr blondes Kinderhaar schmückten ein paar quietschbunte Spangen, die sie wahllos darin befestigt hatte.

Im ersten Moment wollte Thomas lospoltern. Doch dann besann er sich. Nach einem furchtbaren Krach kurz vor ihrer Abreise hatte er Eliza wieder einmal versprochen, geduldiger und nicht mehr so impulsiv zu sein.

Er zwang sich ein Lächeln auf die Lippen. »Du siehst toll aus.«

»Ich habe Hunger«, verkündete Mia lautstark.

Thomas lächelte. »Na, dann komm mit!«

Hand in Hand gingen Vater und Tochter in die Küche, und Mia setzte sich an den Tisch. Thomas füllte zwei Schüsseln mit Knuspermüsli, eine für Max und eine für Mia, und goss Hafermilch dazu. Er selbst trank nur eine Tasse Milchkaffee, koffeinfrei, um seine innere Unruhe nicht noch weiter anzuheizen.

Mit der To-do-Liste von Eliza setzte sich Thomas an den Tisch und sah seiner Tochter kurz dabei zu, wie sie zuerst die Rosinen aus dem Müsli fischte.

»Max, komm zum Frühstück!«, rief er. »Dein Müsli wird ganz weich.«

Mia hatte sich inzwischen auf die Nüsse verlegt und fischte zwei davon aus der Schüssel.

»Maxi!«, krähte sie. »Ich will nicht schon wieder zu spät zur Schule kommen, nur weil du so trödelst.«

»Ist ja schon gut.«

Tatsächlich schlurfte Max mit gesenktem Kopf in die Küche und setzte sich an seinen Platz. Er tauchte den Löffel in die Schüssel und sah dabei zu, wie Haferflocken, Rosinen und Nüsse langsam zurück in die Schale fielen. Milch spritzte zu allen Seiten.

»Ich bin soooo müde.«

»Warum schaust du dann frühmorgens schon fern, anstatt zu schlafen?«, schimpfte Thomas mit einem Blick auf die Uhr. Er kannte seinen Trödler nur zu gut. »Wenn du keinen Hunger hast, gehst du am besten schon mal ins Bad und wäscht dich.«

Wortlos rutschte Max vom Stuhl und trollte sich. Mia trank die Milch aus ihrer Schale, wischte sich mit dem rosa-weiß gestreiften Jackenärmel über den Mund und tanzte hinter ihrem Bruder her.

Thomas atmete auf. Es grenzte an ein Wunder, dass dieses Frühstück ohne Ärger über die Bühne gegangen war. Das musste er unbedingt Eliza erzählen, wenn sie anrief. Er griff nach dem Löffel und aß Max' matschiges Müsli. Nebenbei studierte er die To-do-Liste. Brotzeitdosen packen, Elternbriefe von der Schule unterschreiben, Ausflugstermine in den Familienkalender eintragen.

Und das waren nur ein paar der vielen Dinge, die er als Partner in einem hoffnungsvollen IT-Startup-Unternehmen mit riesigem Entwicklungspotenzial erledigen musste. Sein Herz raste und feine Schweißperlen standen auf seiner Stirn, als er das Geschirr in die Spülmaschine räumte und den Tisch abwischte.

Er wusste selbst nicht, woher diese innere Unruhe, diese Getriebenheit rührten, die ihn schon so lange begleiteten. Wahrscheinlich lag es an seiner unglücklichen Kindheit mit einer unberechenbaren, launischen Mutter, dass er auch als Erwachsener ständig in Hab-Acht-Stellung war. Zumindest war das Elizas Vermutung.

Ehe Thomas' Gedanken weitereilen konnten und er sich im Chaos seines Kopfes verlor, konzentrierte sich Thomas wieder auf seine Liste. Er packte die Brotzeitdosen mit Vollkornbroten und Gemüsestreifen und verstaute sie mit den Trinkflaschen in den Schultaschen. Er unterschrieb einen Zettel für Mia – die Zwillinge besuchten unterschiedliche Klassen – und erlaubte ihr einen Besuch im Deutschen Museum mit der Klasse. Neben der Frage »Werden Sie als Begleitperson mitfahren?« kreuzte er Nein an.

In Max' Hausaufgabenheft fand er eine Nachricht seiner Lehrerin, in der sie um ein persönliches Gespräch mit den Eltern bat.

Max' Zeugnis der ersten Klasse war nicht gerade das gewesen, was sich Eliza für ihren Sohn erträumt hatte. Bereits zu Beginn des ersten Schuljahres hatte sie geahnt, dass es Probleme geben würde. Aber im Kindergarten waren Max' Probleme von Thomas und der Erzieherin nicht ernst genommen.

»Worüber regst du dich auf? Sei doch froh, dass er ein lebhafter Junge mit einer blühenden Fantasie ist! Wenn er erst in der Schule ist, wird er sich schon an das Stillsitzen gewöhnen und lernen, sich zu konzentrieren«, hatten beide stets erklärt.

Diese Einstellung hatte sich leider als grundfalsch erwiesen. Das hatte selbst Thomas inzwischen eingesehen. Doch was stimmte nicht mit seinem Sohn?

***

Ein leises »Bing!« von seiner Smartwatch verkündete den Eingang einer neuen E-Mail. Thomas klappte den Laptop auf und öffnete sein elektronisches Postfach. Er hatte dreiundfünfzig neue Nachrichten. Am vergangenen Abend war er bis nach Mitternacht aufgeblieben, um seinen Posteingang aufzuräumen. Das bedeutete, dass diese ganzen Nachrichten in den vergangenen sieben Stunden eingegangen sein mussten. Einige stammten von den Investoren aus Amerika. Ein paar als »dringend« markierte E-Mails stammten von einem sichtlich nervösen Partner in Frankfurt.

Ehe Thomas es sich versah, hatte er sich viel zu lange mit dem Lesen und Beantworten der Nachrichten aufgehalten. Als er aus seiner Versenkung wieder auftauchte, war es mucksmäuschenstill in der Wohnung. Wo waren die Kinder?

»Mia? Max?« Wie von der Tarantel gestochen fuhr Thomas hoch und eilte ins Zimmer seiner Tochter.

Dort saßen die beiden lammfromm auf dem Boden und puzzelten. Max war immer noch im Schlafanzug.

»Himmeldonnerwetter!«, platzte Thomas trotz aller guten Vorsätze nun doch heraus. »Warum bist du immer noch nicht angezogen? In einer Viertelstunde müssen wir los.«

Mit einem Gesicht wie eine kleine Gewitterwolke trollte sich Max in sein Zimmer. Thomas' Telefon klingelte.

»Mein Liebling.« Voll des schlechten Gewissens schlug er einen zärtlichen Tonfall an. »Wie geht es dir im schönen Thailand?«

»Bangkok und der Verkehr hier sind eine echte Katastrophe. Wir haben gestern Abend über eine Stunde zum Hotel gebraucht. Und das nach dem langen Flug«, stöhnte Eliza. »Aber erzählt mir lieber, wie es euch geht? Ist alles in Ordnung?«

Mit dem Telefon am Ohr kehrte Thomas in die Küche zurück. Er griff nach seinem Kaffeebecher, trank einen Schluck und verzog das Gesicht. Er war kalt.

»Mia geht nächste Woche mit ihrer Klasse ins Deutsche Museum.«

»Hast du den Termin in den Kalender eingetragen?«

»Natürlich«, schwindelte Thomas und holte das Versäumnis umgehend nach. »Außerdem bittet Max' Lehrerin um einen Termin für ein Elterngespräch.«

Einen Moment lang herrschte Stille in der Leitung.

»Ich komme übermorgen zurück und fliege erst übernächste Woche wieder. Ich hätte also Donnerstag und Freitag Zeit.«

Auch Thomas hatte inzwischen seinen Kalender befragt.

»Ich könnte Donnerstag früh und am Freitag, wenn ich einen Termin verschiebe.«

»Gut. Dann schreibe das in Max' Hausaufgabenheft«, verlangte Eliza, und Thomas machte eine Notiz auf seiner Liste. »Was ist mit Mias' Fußballspiel übermorgen?«, fuhr sie fort. »Kannst du hingehen?«

»Wahrscheinlich nicht«, bedauerte Thomas, und Eliza seufzte.

»Ich werde vermutlich nicht rechtzeitig zurück sein.«

»Mein Tag ist leider auch randvoll.«

In diesem Moment galoppierte Max in die Küche.

»Wo sind meine Harry-Potter-Karten?«, rief er.

Thomas fiel aus allen Wolken. Ungläubig starrte er seinen Sohn an.

»Du bist ja immer noch im Schlafanzug. Geh sofort in dein Zimmer und zieh dich an!«

»Aber ich brauche meine Harry-Potter-Karten.«

»Du brauchst Jeans, T-Shirt und Pullover«, polterte Thomas. »Wenn du in fünf Minuten nicht angezogen bist, gibt es eine Woche Fernsehverbot.«

Entnervt warf Max den Kopf in den Nacken und stapfte davon.

»Wir hatten doch ausgemacht, dass das der falsche Weg ist.« Der Vorwurf in Elizas Stimme war nicht zu überhören.

Damit kam sie Thomas in diesem Moment gerade recht.

»Ich möchte mal wissen, wie du reagiert hättest, wenn du ihm vier Mal sagst, er soll sich anziehen und nichts passiert«, setzte er sich aufgebracht zur Wehr.

»Du weißt genau, dass du mit Drohungen bei Max nicht weiterkommst.«

»Wenn dir meine Erziehungsmethoden nicht passen, musst du leider nach Hause kommen.« Er hatte kaum ausgesprochen, als er seine Worte auch schon bereute. Welcher Teufel ritt ihn nur immer?

Doch es war zu spät, um sie zurückzunehmen.

»Das werde ich, mein Lieber«, drohte Eliza. »Darauf kannst du dich verlassen.« Das Klicken in der Leitung verriet, dass sie aufgelegt hatte.

Thomas verbarg das Gesicht in den Händen, als er ein Zupfen am Hosenbein fühlte. Mia stand mit großen Augen vor ihm.

»Hast du wegen Max mit Mama gestritten?«, fragte sie so treuherzig, dass sich Zorn und Verzweiflung sofort in Luft auflösten.

»Tut mir leid, Mausi. Ich wollte nicht böse werden.«

Wie eine Katze rieb Mia ihr Gesicht an seinem Arm.

»Aber ich verstehe dich doch. Max macht mich auch immer furchtbar wütend.«

***

Eliza Fürmann saß mit ihrer Freundin und Kollegin Nicola am Tisch des Hotelrestaurants und starrte auf ihr Gemüsecurry. Die Klimaanlage surrte leise. Aus unsichtbaren Lautsprechern tönte fernöstliche Musik, die perfekte Untermalung für das exotische Flair.

»Dieser Mann macht mich noch wahnsinnig.« Wütend, wie Eliza war, bemerkte sie nichts von der schönen Umgebung und auch nicht, wie hübsch die Speisen angerichtet waren, welch betörender Duft von den Tellern aufstieg.

»Ich weiß gar nicht, wie oft ich das schon von dir gehört habe«, erwiderte Nicola lakonisch und verrührte einen Löffel voll Reis mit der goldgelben Sauce. »Ich möchte mal wissen, warum hast du ihn überhaupt geheiratet hast?«

»Das frage ich mich inzwischen auch immer öfter«, seufzte Eliza.

Statt zu essen, lehnte sie sich mit ihrem Glas Wasser zurück. Ihr Blick wanderte durch die Fenster nach draußen auf die belebten Straßen der thailändischen Hauptstadt. Menschen drängten sich auf den vollen Gehwegen. Auf den Straßen drängelten sich Mopeds vorbei an Wagenkolonnen. Im Hintergrund standen dicht an dicht Häuser und Geschäfte, übersät mit farbenfrohen Werbeplakaten und Neonschildern. Die Fassaden zeigte eine bunte Mischung aus traditionellem Baustil und moderner Architektur. Doch Elizas Gedanken weilten in einem Land und einer Zeit, die aus einem anderen Leben zu stammen schien.

»Dabei weiß ich noch genau, wie sehr er mich damals fasziniert hat. Tom war so anders als die anderen Männer, die ich bis dahin kennengelernt hatte.« Ein wehmütiges Lächeln verzog ihre Lippen. »So herrlich planlos und spontan. Er war ständig in Bewegung und für jeden Blödsinn zu haben.« Ohne den Blick vom Fenster zu wenden, trank Eliza einen Schluck Wasser. »Wegen der Fliegerei fiel mir anfangs gar nicht auf, wie anstrengend das sein kann.«

»Und dann wurdest du schwanger mit den Zwillingen.« Nicola kannte die Geschichte. Die beiden Frauen waren Freundinnen, seit sie sich bei ihrer Ausbildung zur Flugbegleiterin vor mehr als zehn Jahren kennengelernt hatte.

Eliza nickte versonnen.

»In den ersten Jahren haben mich die beiden so beschäftigt, dass ich kaum einen klaren Gedanken fassen konnte.« Sie lächelte ein bisschen wehmütig. Wenn sie arbeitete, war die Sehnsucht nach ihren Kindern allgegenwärtig. »Doch je größer sie wurden, umso öfter bekamen Thomas und ich uns in die Haare. Auf einmal empfand ich seine Rastlosigkeit furchtbar anstrengend. Seine Unfähigkeit, sich Termine zu merken oder Prioritäten zu setzen, hat mich in zahllose peinliche Situationen gebracht.«

»Hast du ihm das auch mal gesagt?«, fragte Nicola.

»Natürlich.« Eliza verzog das Gesicht. »Das Dumme ist nur, dass Thomas bei dem kleinsten Anzeichen von Kritik sofort explodiert. Es ist schier unmöglich, eine konstruktive Diskussion mit ihm zu führen.«

»Habt ihr schon mal an eine Paartherapie gedacht?«

»Ich schon.« Eliza leerte das Glas und stellte es zurück auf den Tisch. Höchste Zeit, sich um ihr Mittagessen zu kümmern, bevor es endgültig kalt war. »Aber ehrlich gesagt wusste ich nicht, wie ich ihm das beibringen soll. Das hätte nur noch mehr Ärger bedeutet und wir streiten ohnehin schon so viel. Auch wenn wir versuchen, uns vor den Kindern nichts anmerken zu lassen, bekommen sie die schlechte Stimmung natürlich längst mit.« Sie tauchte den Löffel ins Curry ein und wollte ihn zum Mund führen. Auf halbem Weg hielt sie inne und ließ ihn schließlich wieder sinken. Plötzlich glänzten Tränen in ihren Augen. »Dabei wollte ich doch, dass sie eine glückliche Kindheit haben.«

Mit einem freundlichen Lächeln trat die Bedienung an den Tisch, um abzuräumen. Mit einer Entschuldigung ließ Eliza ihre Mahlzeit zurückgehen.

»Dann solltest du vielleicht doch endlich Konsequenzen ziehen«, stellte Nicola fest, als sie wieder allein waren. »Denn wie heißt es so schön: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.«

»Ich weiß.« Betrübt starrte Eliza auf die Tischdecke. »Auf der anderen Seite hängen Max und Mia sehr an ihrem Vater. Kein Wunder, er macht jeden Quatsch mit.«

»Einer der Gründe, warum du dich damals in ihn verliebt hast.«

Eliza seufzte tief. »Stimmt. Aber nur, weil ich nicht mehr mit dieser Art klarkomme, darf ich ihnen doch den Vater nicht wegnehmen.«

Nicola beugte sich vor und griff nach den Händen ihrer besten Freundin.

»Von Wegnehmen kann doch keine Rede sein«, redete sie mit Engelszungen auf Eliza ein. »Wenn ihr euch das Sorgerecht teilt, könnt ihr euch auch in Zukunft gemeinsam um die beiden kümmern. Nur mit dem Unterschied, dass ihr nicht mehr zusammenwohnt und auch nicht mehr so viel streitet.«

»Das ist schon richtig«, murmelte Eliza nachdenklich.

»Außerdem weiß ich von ein paar Kolleginnen und Kollegen, dass Kinder häufig viel besser mit einer Trennung klarkommen, als die Erwachsenen befürchteten.«

Während sich Eliza diese Worte durch den Kopf gehen ließ, drehte sich die Welt weiter. Neue Gäste betraten das Restaurant und ließen sich an einen der hübsch gedeckten Tische führen. Bedienungen huschten unentwegt lächelnd und lautlos durch den Raum, um sämtliche Wünsche zu erfüllen.