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Nur einen Tag nachdem Dr. Frank bei der fünfjährigen Leni Berger einen gefährlichen Tumor an der rechten Niere festgestellt hat, liegt das Mädchen in der Waldner-Klinik auf dem OP-Tisch. Zunächst läuft für die Chirurgen alles nach Plan, doch dann schlagen plötzlich alle Kontrollgeräte Alarm. Lenis Sauerstoffsättigung fällt, gleichzeitig steigt ihre Körpertemperatur rapide an. Bei 41,3 Celsius will der Anästhesist die Narkose abbrechen, doch Dr. Waldner ist noch nicht so weit. Wenn er den Eingriff jetzt abbricht, droht die Gefahr innerer Blutungen ...
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Seitenzahl: 128
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Lebensbedrohliche Komplikation
Vorschau
Impressum
Lebensbedrohliche Komplikation
Unter Vollnarkose kommt es zum Notfall im OP
Nur einen Tag nachdem Dr. Frank bei der fünfjährigen Leni Berger einen gefährlichen Tumor an der rechten Niere festgestellt hat, liegt das Mädchen in der Waldner-Klinik auf dem OP-Tisch. Zunächst läuft für die Chirurgen alles nach Plan, doch dann schlagen plötzlich alle Kontrollgeräte Alarm. Lenis Sauerstoffsättigung fällt, gleichzeitig steigt ihre Körpertemperatur rapide an. Bei 41,3 Celsius will der Anästhesist die Narkose abbrechen, doch Dr. Waldner ist noch nicht so weit. Wenn er den Eingriff jetzt abbricht, droht die Gefahr innerer Blutungen ...
Sina Berger kniete in ihrem Arbeitszimmer, baute einen weiteren Umzugskarton auf und bereute es zum ersten Mal in ihrem Leben, so viele Bücher zu besitzen. Drei Regale – bis in den letzten Winkel vollgestopft mit Romanen, Fachbüchern und Übersetzungsliteratur. Wann war das eigentlich passiert?
Ein leises Seufzen entfuhr ihr. Warum konnte sie sich nicht endlich dazu durchringen, auf einen E-Reader umzusteigen? Tausend Bücher auf einem Gerät. Das war so unglaublich praktisch. Aus diesem Grund hatte sie versucht, auf einem dieser Geräte zu lesen, es jedoch schnell wieder aufgegeben, weil sie das Gefühl von Papier beim Lesen vermisst hatte, das Rascheln von Seiten und den Geruch eines neuen Buchs. Vielleicht war sie hoffnungslos altmodisch, aber sie liebte gedruckte Bücher nun mal und blieb ihnen treu.
Das rächte sich nun. Sie würde wohl bis in die Nacht hinein Bücher für den Umzug einpacken. Daran, die Kisten in ihre neue Wohnung zu schleppen, mochte sie noch nicht einmal denken.
Vor dem Fenster des halb leer geräumten Wohnzimmers wirbelte der Sturm buntes Herbstlaub auf und trieb die Blätter vor sich her wie ein Schäfer seine Herde. An diesem Abend war es besonders früh dunkel geworden, weil schwere Regenwolken über München hinwegzogen, die starke Regenfälle entließen. Die Tropfen trommelten gegen die Scheiben und liefen in Rinnsalen am Glas herab.
Von draußen drang plötzlich wütendes Gebrüll herein. Selbst durch die geschlossenen Fenster war zu verstehen, dass jemand seine Exfrau beschimpfte. Mit Ausdrücken, die Sina die Röte in die Wangen trieben. Wenn ihre Tochter einen davon aufschnappte, würde sie sich einen Spaß daraus machen, ihn zu wiederholen. Womöglich sogar in der Kita. Was vermutlich unverzüglich zu einer Einladung zu einem Gespräch mit der Leiterin führen würde.
Nun, der Lärm draußen wird nicht mehr lange ein Problem sein, dachte Sina und gratulierte sich im Stillen selbst, weil sie den Mut gefasst hatte, sich eine andere Wohnung zu suchen. Sie vermisste das Grün ringsherum – einen Wald, die Isar oder wenigstens einen Park. Hier lag nichts davon nahe genug, um es fußläufig zu erreichen. Dafür aber gab es etliche Bars und Kneipen, und eine Hauptstraße, an der es nicht einmal nachts wirklich ruhiger wurde.
Nein, das war kein Ort, um ein Kind großzuziehen.
Als sie damals schnell ein Dach über dem Kopf für Leni und sich finden musste, war ihr keine andere Wahl geblieben. Sie hatte zugreifen müssen, wenn sie nicht mit ihrem Baby auf der Straße landen wollte. Jetzt jedoch lagen die Dinge anders. Sie hatte eine zauberhafte Wohnung in Grünwald gefunden – südlich von München und schon beinahe ländlich. Die drei Zimmer waren genau richtig für Leni und sie, außerdem es gab ein geräumiges Badezimmer und einen Zugang zu einem kleinen Garten, der nur ihnen gehörte. Und eine Fußbodenheizung! Auf die freute sie sich besonders. Der Winter stand vor der Tür, dann würden sie es wunderbar warm haben. Außerdem war der Wald in der Nähe, und bis zur Kita und der Schule war es nur ein kurzer Fußweg von fünf Minuten, abseits der Hauptstraßen.
In der vergangenen Woche war Sina in jeder freien Minute in der neuen Wohnung gewesen, hatte mit Leni alles vorbereitet, neue Gardinen aufgehängt und die frei stehende Kochzeile in der Küche mit nagelneuen Töpfen und Pfannen bestückt.
Die Möbelpacker würden in zwei Tagen kommen, um ihre Sachen in ihr neues Zuhause zu bringen. Bis dahin gab es noch reichlich zu tun.
Sina zog die Beine unter ihren Körper und blickte zu ihrer kleinen Tochter hinüber. Leni hatte sich auf einer Decke vor der Heizung zusammengerollt und lag eng an ihre Hündin gekuschelt. Lumi war ein Setter mit schneeweißem Fell und einem sanften Gemüt. Sie war schon bei Sina gewesen, als Leni zur Welt gekommen war, und damals schien sie das winzige Baby adoptiert zu haben. Wo die eine war, war die andere meist nicht weit. Und so bildeten Kind und Hündin auch jetzt ein Knäuel aus Fell, rotblonden Zöpfen und Liebe.
Leise stand Sina auf, griff nach einer weichen Wolldecke und breitete sie über ihrem Kind aus. Lumi hob kurz den Kopf, gab aber keinen Mucks von sich.
»Brav«, lobte Sina die Hündin und streichelte sie.
Eigentlich gehörte ihre Tochter um diese Zeit ins Bett. Mit ihren vier Jahren war es Zeit für sie, aber sie schlief gerade so schön, dass Sina es nicht übers Herz brachte, sie aus ihrem Schlummer zu reißen. Stattdessen setzte sie sich leise an ihren Schreibtisch, um den Brief zu schreiben, der ihr schon seit Tagen unter den Nägeln brannte.
Auf der Schreibtischplatte lag eine Kinderzeichnung. Leni hatte sich selbst in einem gelben Kleid mit roten Punkten gemalt. Sie hielt die Arme ausgestreckt, als würde sie jemanden umarmen wollen. Wen, das war auf dem Bild nicht zu sehen, aber Sina ahnte, wonach sich ihre Tochter am meisten sehnte: dass ihre Großeltern zu ihrem Geburtstag kommen würden.
»Ach verflixt noch mal«, murmelte sie, weil ihr plötzlich die Tränen in die Augen schossen. Es wäre das erste Mal, seit Leni auf der Welt war, dass ihre Großeltern an ihrem Geburtstag bei ihr waren.
Oder überhaupt irgendwann.
»Vielleicht lässt sich da doch etwas tun.« Entschlossen griff Sina zu Kugelschreiber und Papier und begann zu schreiben.
Liebe Ilona, lieber Anton ...
Sie stockte. Diese Anrede wirkte viel zu vertraulich. Gewiss, die beiden waren ihre Schwiegereltern, aber sie hatten seit Jahren kein Wort miteinander gewechselt. Doch irgendwie anreden muss sie sie ja, und Herr und Frau Berger zu schreiben, wäre ihr seltsam vorgekommen. Also fuhr sie fort: ... wir möchten euch zu Lenis Geburtstag einladen ...
Was für eine dicke fette Lüge, gab ihr Unterbewusstsein zu bedenken. Von möchten konnte keine Rede sein. Bei dem Gedanken, ihre Schwiegereltern wiederzusehen, krampfte sich alles in ihr schmerzhaft zusammen. Jedoch: Es war Lenis Herzenswunsch, dass sie kamen. Die meisten ihrer Freunde aus der Kita hatten Großeltern, die sie besuchten oder übers Wochenende zu sich einluden. Wenn sie dann davon erzählten, konnte Leni nur stumm danebenstehen und zuhören, denn sie kannte ihre Großeltern nicht einmal.
Sina hielt beim Schreiben inne und griff nach der gerahmten Fotografie, die auf ihrem Schreibtisch stand. Sie zeigte Patrick und sie an ihrem Hochzeitstag. Damals war sie im achten Monat schwanger gewesen. Auf dem Foto hielt ihr Mann ihren Bauch mit beiden Händen umfasst. In seinen Augen leuchtete Stolz. Damals waren sie voller Zuversicht gewesen, dass die Zukunft ihnen und ihrer Liebe gehörte. Doch das Schicksal hatte etwas anderes für sie geplant.
Patrick war wenige Monate später gestorben.
Gedankenverloren strich Sina über die Fotografie.
Ihr Glück hatte nur kurz gewährt.
Eine Träne tropfte auf das Bild, bevor sie es zurückstellte und mit ihrem Brief fortfuhr. Sie schrieb über ihren geplanten Umzug, die neue Adresse und dass Leni es kaum erwarten konnte, im kommenden Jahr endlich in die Schule zu gehen. Und sie wiederholte die Einladung zum Geburtstag.
Sie hatte schon viele solcher Briefe geschrieben. Eine Antwort hatte sie jedoch niemals erhalten. Dabei war ihre kleine Tochter ein lieber Sonnenschein. Es tat weh, dass sie auf ihre Großeltern verzichten musste. Und dass diese so viel im Leben des kleinen Wirbelwindes verpassten.
Die Bergers hatten mit Sina gebrochen.
Der Grund dafür lag viereinhalb Jahre in der Vergangenheit ...
Bevor sie sich den trüben Erinnerungen hingeben konnte, piepte ihr Handy und verkündete den Empfang einer Nachricht. Sie kam von Wiebke, ihrer Freundin und Kollegin.
Hab's geschafft!, jubelte sie. Hab endlich meinen Führerschein. Ist das zu fassen? Räum die Straßen – jetzt komme ich!
Sina lachte leise und schrieb zurück.
Das ist großartig. Ich gratuliere dir.
Danke. Feiern wir morgen Nachmittag im ›Calimero‹? Es gibt Eis bis zum Abwinken. Bring meine süße Patentochter mit, ja?
Versuch ruhig mal, uns von so viel Eis abzuhalten ...
In Gedanken konnte Sina das Lachen in den Augen ihrer Freundin blitzen sehen.
Sie wollte ihr Telefon gerade beiseitelegen, als es erneut piepte.
Falls ein netter Mann in Sicht ist, bring ihn auch mit!!!
Sie presste die Lippen zusammen. Wiebke war glücklich verheiratet und hätte es gern gesehen, wenn sie auch wieder einen Partner hätte. Doch daran dachte sie nicht einmal. Zu tief reichten die Wunden der Vergangenheit noch immer.
Kurz schwebten ihre Finger über der Tastatur, doch dann legte sie das Handy hin und griff stattdessen nach einem Kuvert, um ihren Brief zu adressieren.
An Ilona und Anton Berger im Seehotel am Starnberger See ...
***
»Ist das nicht herrlich hier, Stefan?« Alexandra Schubert schob die Hände tief in die Taschen ihres Mantels und reckte das Gesicht in den kühlen Herbstwind. Die Enden ihres Schals wehten hinter ihr, und die Kälte hatte ihre Wangen mit einem rosigen Schimmer überzogen. Sie sah bezaubernd aus.
»Herrlich kalt«, erwiderte Stefan Frank trocken.
»Ach, die Kälte stört mich nicht. Oh, sieh mal! Da drüben!« Sie deutete auf ein kleines braunes Pelztier, das zwischen den Bäumen am Ufer hin und her wuselte, bis es an einem Stamm verharrte und begann, mit den Vorderpfoten zu scharren. Ein Eichhörnchen. Es legte eine Nuss in das Loch, stupste sie mit der Schnauze fest und scharrte es wieder zu.
»Es scheint Vorräte für den Winter anzulegen.«
»Findet es die Nüsse tatsächlich wieder?«
»Ja, das wurde in einem Experiment nachgewiesen. Ich habe darüber kürzlich einen Artikel gelesen. Forscher ließen Eichhörnchen grün gefärbte Nüsse verstecken und versteckten selbst rot gefärbte Nüsse im selben Gebiet. Im Winter gruben die Eichhörnchen dann nur die grünen Nüsse aus.«
»Also haben sie sich die Verstecke wirklich gemerkt.«
»Ja, allerdings fanden sie nur knapp die Hälfte wieder.«
»So ähnlich geht es mir mit meinen Belegen für die Steuer.« Alexandra lächelte schief. Dabei sah sie so reizend aus, dass er nicht anders konnte: Er blieb stehen, fasste nach ihrer Hand und zog sie zu sich heran. Mit einem Mal war ihr liebes Gesicht seinem ganz nah. Er lehnte sich noch etwas mehr zu ihr und küsste sie, was ihr ein wohliges Seufzen entlockte.
»Ich bin so froh, dass wir beide hier sind«, raunte er.
»Und ich erst. Die Auszeit wird uns guttun.« Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.
Tatsächlich waren sie beide in letzter Zeit sehr eingespannt gewesen in ihrem Beruf. Alexandra war Augenärztin und hatte stets gut zu tun, und er führte eine Hausarztpraxis in Grünwald und kam abends meist spät aus seiner Praxis. Vor ein paar Tagen hatte er spontan vorgeschlagen, dass sie einen Kurzurlaub über ein verlängertes Wochenende machen sollten, und seine Freundin war sofort Feuer und Flamme gewesen.
Sie hatten sich für den Starnberger See entschieden, weil die Anreise kurz war und wenig von ihrer spärlichen feien Zeit verschlingen würde. Und nun waren sie hier und schlenderten Hand in Hand am Seeufer entlang. Die Sonne ging gerade über dem Westufer unter und tauchte das Wasser in geheimnisvolles rötliches Licht. Ein mystisches Glitzern lag auf den Wellen, die sich im Wind kräuselten. Und buntes Herbstlaub raschelte unter ihren Sohlen.
Vor ihnen zeichnete sich ein Imbisswagen ab. Ein Schild lud dazu ein, den Eierpunsch zu probieren. Stefan Frank verständigte sich kurz mit seiner Freundin, dann erstand er zwei Becher und reichte ihr einen davon.
Der Eierpunsch war warm und cremig und schmeckte einfach köstlich.
Alexandra nahm einen Schluck und leckte sich mit einem zufriedenen Seufzen die Lippen. »Lecker!«
Sie steuerten eine Bank am Seeufer an, von der aus sie einen freien Blick aufs Wasser hatten. Der Wind spielte mit dem Laub und brachte den Duft von Pilzen, Holz und noch etwas anderem mit, das Stefan Frank nicht genau definieren konnte, das für ihn aber untrennbar mit dem Herbst verbunden war.
»An diesem See kam König Ludwig II. ums Leben«, sann Alexandra.
»Und bis heute ist es ein Rätsel, was genau geschehen ist.«
»Genau. Offiziell ist er an einem Herzschlag im kalten Wasser gestorben, nachdem er vorher seinen Arzt ertränkt hat.«
Alexandra neigte den Kopf. »Ich habe auch schon gehört, dass er umgebracht worden sein soll. Gegner hatte er genügend. Er ließ prächtige Schlösser bauen und stürzte Bayern in gewaltige Schulden. Viele hätten es gern gesehen, dass er abdankt, aber ich glaube nicht, dass jemand den Mut hatte, ihm das vorzuschlagen.«
»Ein Mord am ›Kini‹? Wer weiß.« Stefan Frank nickte bedächtig. »Vermutlich werden wir es niemals mit Sicherheit wissen.«
»Nein, leider nicht.« Seine Freundin ließ den Blick über das dunkle Wasser des Sees schweifen, so nachdenklich, als könnte sie den König und seinen Arzt vor ihrem inneren Auge am Ufer sehen. Auch über einhundertdreißig Jahre nach dem Tod des Märchenkönigs gab sein Ende Rätsel auf.
Sie blieben noch eine Weile sitzen und tranken ihren Punsch, bis Alexandra fröstelnd die Schultern hochzog.
»Jetzt wird es doch allmählich kalt. Wollen wir zurückgehen?«
»Gern. Wir könnten vor dem Abendessen noch ein Bad nehmen.«
»In unserer königlichen Wanne?« Alexandra nickte lebhaft. »Das hört sich großartig an.«
Bei ihrer Anreise hatten sie beide über das großzügige Badezimmer gestaunt, das sich an ihr Zimmer im Seehotel anschloss. Die freistehende Badewanne stand auf geschwungenen Löwenfüßen und war groß genug für zwei.
Hand in Hand kehrten sie zu ihrem Hotel zurück.
Das Seehotel befand sich nur einen Steinwurf vom Ufer des Starnberger Sees entfernt. Von den Zimmern auf der Westseite hatte man freien Blick auf das Wasser. Das Hotel war ein hübsches dreistöckiges Gebäude im Alpenstil. Vor den Balkonen waren Kästen festgemacht, in denen im Sommer Geranien grünten, die jetzt jedoch üppig mit Heide und Lichterketten bestückt waren, was schon von Weitem überaus heimelig wirkte. Ebenso wie das hell erleuchtete Restaurant im Erdgeschoss. Einen Biergarten gab es auch, der von Wärmestrahlern aufgewärmt wurde, sodass die Gäste selbst jetzt noch im Freien essen und den Seeblick genießen konnten.
Die Glastüren öffneten sich von selbst, als Stefan Frank mit Alexandra darauf zu schritt. Sie betraten die Lobby, die in warmen Holztönen eingerichtet war. Vor einer Sitzgruppe knisterte ein Feuer im Kamin und lud zum Verweilen ein.
Am Empfang stand Anton Berger. Der Hotelier mochte Mitte fünfzig sein, trug Tracht und blickte ausgesprochen freundlich in die Welt. Er leitete das Hotel zusammen mit seiner Frau Ilona, die ebenfalls manchmal am Empfang stand, jedoch deutlich zurückhaltender wirkte als ihr Mann.
»Ich würde gern noch ein paar Postkarten kaufen, bevor wir nach oben fahren«, beschloss Alexandra und strebte den Drehständer mit den Ansichtskarten an.
Stefan Frank wandte sich derweil dem Regal mit Zeitungen zu.
Er stöberte gerade in der Auswahl an Tageszeitungen, als hinter ihm eine gedämpfte Frauenstimme zischte: »Das kommt überhaupt nicht infrage, Anton.«
Unwillkürlich warf er einen Blick über seine Schulter. Ilona Berger war neben ihren Mann getreten und warf ihm ein Kuvert auf den Tresen.
»Wirf es weg!«, sagte sie leise, aber der Zorn in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
»Wollen wir wirklich ewig so weitermachen, Ilona?«, fragte ihr Mann ebenso leise. »Die Kleine wächst heran, ohne dass wir sie besuchen oder Anteil an ihrem Leben haben. Das ist nicht richtig so. Das hätte unser Sohn nicht gewollt.«