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Um dem stressigen Klinikalltag zu entfliehen, geht Assistenzärztin Dunja Baumbach jeden Abend im Englischen Garten joggen. Dort begegnet sie einem scheinbar älteren freundlichen Mann. Zunächst glaubt Dunja an Zufälle, doch als er ihr wieder und wieder auflauert, fühlt sie sich belästigt. In ihrer Not wendet sie sich an ihren Kollegen Justus Neuser, der ihre Sorgen allerdings als lächerlich abtut.
Dunja setzt ihre Läufe zunächst für ein paar Tage aus, entscheidet aber dann, sich nicht unterkriegen zu lassen. Doch während der nächsten Joggingrunde stellt sich der Fremde in Dunjas Weg, und es kommt zu einem abstoßenden Vorfall ...
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Seitenzahl: 127
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Dunja fühlt sich bedroht
Vorschau
Impressum
Dunja fühlt sich bedroht
Wann beginnt sexuelle Belästigung?
Um dem stressigen Klinikalltag zu entfliehen, geht Assistenzärztin Dunja Baumbach jeden Abend im Englischen Garten joggen. Dort begegnet sie einem scheinbar älteren freundlichen Mann. Zunächst glaubt Dunja an Zufälle, doch als er ihr wieder und wieder auflauert, fühlt sie sich belästigt. In ihrer Not wendet sie sich an ihren Kollegen Justus Neuser, der ihre Sorgen allerdings als lächerlich abtut.
Dunja setzt ihre Läufe zunächst für ein paar Tage aus, entscheidet aber dann, sich nicht unterkriegen zu lassen. Doch während der nächsten Joggingrunde stellt sich der Fremde in Dunjas Weg, und es kommt zu einem abstoßenden Vorfall ...
Der erste Schultag wird oftmals mit »Jetzt beginnt der Ernst des Lebens« deklariert.
Und der erste Arbeitstag in einem neuen Job kann nicht nur neue Freunde, sondern auch neue Möglichkeiten und Probleme bereithalten.
Während Dunja vor ihrem Spind in der Umkleide stand und Mühe damit hatte, die Knöpfe ihres weißen Arztkittels vor ihrer Brust zu schließen, gingen ihr genau diese Gedanken durch den Kopf.
Welche Tore würden sich während ihrer Assistenzzeit in der Waldner-Klinik öffnen? Wäre der heutige Tag der Beginn einer steilen Karriere als Chirurgin? Wäre sie schon bald Chefärztin, wenn sie sich nur ein bisschen anstrengte? Und würde sie interessante Leute kennenlernen? Also erwachsene interessante Leute und nicht ihre ehemaligen Mitstudierenden, die allesamt auf ihre eigene Weise merkwürdig waren. Oder wer sah es als normal an, wenn während des Abendessens ein Schweineherz am gemeinsamen Esstisch der WG seziert wurde?
Dunja atmete einmal tief durch und warf dabei die Tür ihres Spinds zu. Dabei öffnete sich der Knopf über ihrer Brust automatisch. Frustriert schaute sie an sich hinunter und öffnete auch den Rest der Knopfleiste. Das sah eh lässiger aus, befand die Neunundzwanzigjährige. Außerdem konnte sie auf diese Weise sogar befreit atmen.
Als sie sich umdrehte, um den Umkleideraum des Personals zu verlassen, wurde prompt die Tür geöffnet und zwei kichernde Krankenschwestern traten ein. Dunja schätzte sie in ihrem Alter.
»Guten Morgen«, grüßte sie die beiden Frauen fröhlich.
Diese erstarrten und ließen nur für den Bruchteil einer Sekunde den Blick an ihrem Körper entlanggleiten. Dunja verschränkte instinktiv ihre Arme vor der Brust.
»Guten Morgen«, grüßten die Schwestern dann verhalten zurück.
Die Assistenzärztin lächelte. »Ich bin Dunja Baumbach. Also Dunja. Heute ist mein erster Tag«, erklärte sie und hob dabei ihre Hand zu einem unsicheren Winken.
Die Schwestern nickten, bis sich schließlich eine von ihnen erbarmte und sich ebenfalls vorstellte.
»Schwester Marie und Schwester Anne«, sagte sie und trat dann einen Schritt vor, um der neuen Ärztin die Hand zu reichen.
Mit einem Strahlen ergriff Dunja die Hand und schüttelte sie. Danach verabschiedete sie sich und dachte beim Verlassen des Raums, dass der erste Schritt schon mal getan wäre.
Hinter ihr hörte sie, wie sich Schwester Marie und Schwester Anne wieder angeregt unterhielten und heimlich kicherten.
Dunja sollte sich an ihrem ersten Morgen bei Dr. Ulrich Waldner melden. Der Klinikleiter höchstpersönlich wollte ihr und dem anderen Assistenzarzt, Randolph Grehmeier, die Klinik zeigen und sie ihren jeweiligen neuen Vorgesetzten vorstellen.
Aufgeregt trat Dunja auf den freundlich erleuchteten Flur. Von der dunklen Jahreszeit war im Inneren des Krankenhauses am Englischen Garten nichts zu spüren. Hier herrschte rege Betriebsamkeit. Ärzte, Schwestern und Pfleger huschten umher, manche in angeregte Gespräche vertieft, manche über einem Klemmbrett gebeugt.
Als sich die neue Assistenzärztin in die Betriebsamkeit auf dem Flur einreihte, um zu den Treppen zu gelangen, fühlte sie sich wie ein Kind, das Ärztin spielte. Zu fremd kam ihr diese Rolle noch vor.
Im Treppenhaus war es still. Zügig nahm sie die Stufen zur oberen Etage. Als sie das Stockwerk erreicht hatte, gönnte sie sich eine kurze Verschnaufpause, weil sie nicht wie eine atemlose Dampflok vor dem Klinikleiter erscheinen wollte.
Gerade als sie nach der Klinke griff, wurde plötzlich die Tür vor ihr aufgerissen und an ihre Stirn geknallt.
»Aua!«, schrie sie auf, einerseits vor Verwunderung, andererseits, weil sich die Stirn schon jetzt anfühlte, als würde sich dort eine dicke Beule bilden.
Fluchend stand Dunja vornübergebeugt im Treppenhaus und hielt sich den Kopf.
»Oh, tut mir total ...«, sagte eine männliche Stimme und stockte sogleich wieder. »Nee, oder?«
Dunja war verwirrt. Die Stimme hörte sich irgendwie vertraut an. Das konnte jetzt nicht wahr sein, oder? Als sie aufsah, wurde ihr Verdacht bestätigt.
»Moppelchen, hast du's auch mal durch's Studium geschafft? Ich habe mir schon Sorgen gemacht.«
Mit einem breiten Grinsen stand Justus Neuser vor ihr. Ehemaliger Kommilitone und Erzrivale. Sie hasste ihn. Sie verachtete ihn. Hauptsächlich deshalb, weil er der fieseste Mensch auf Erden war. Und dabei auch noch verdammt gut aussah.
In Justus Neusers Nähe fühlte sich Dunja wie eine Masochistin. Er beleidigte alles an ihr, von ihrem Aussehen bis hin zu ihren Fähigkeiten, und sie freute sich trotzdem jedes Mal ihn zu sehen, während sie jede Begegnung gleichzeitig verfluchte.
»Boah, Justus, was machst du denn hier?« Dass ihre Frage unnötig war, erkannte sie an seinem weißen Kittel, der übrigens nirgends spannte. Der Dreißigjährige hatte nämlich kein Gramm Fett am Körper.
»Na, immer noch nicht die Hellste, hm? Ich arbeite hier. Als Chirurg. Und du? Hat man dir die Putzstelle gegeben, die noch offen war?« Justus biss genüsslich von seinem Proteinriegel ab, während er weiterhin süffisant grinste.
»Richtig geraten«, konterte Dunja, »aber nur, um den Dreck wegzuwischen, den du tagtäglich mit deiner Überheblichkeit produzierst. Darf ich?«
Sie versuchte, sich an dem Mann vorbeizuschieben, der sich jedoch keinen Zentimeter von der Stelle bewegte. Stattdessen musterte er ihren Körper, als wäre sie wegen eines Schönheitswettbewerbs hier.
»Hast immer noch Gewichtsprobleme, oder?«, sagte er und biss ein weiteres Mal von dem Riegel ab.
Dunja stöhnte und verdrehte die Augen.
»Nein, habe ich nicht. Nur weil ich deinem Idealbild einer Traumfrau nicht entspreche, heißt das noch lange nicht, dass ich Gewichtsprobleme habe. Und jetzt lass mich gefälligst durch. Ich habe einen Termin bei jemandem, der wichtiger ist als du.«
Brüsk stieß die Assistenzärztin Justus beiseite. Dessen Lachfalten verzierten sein gesamtes Gesicht.
»Echt? Kann ich mir nicht vorstellen«, erwiderte er.
Doch bevor sie ihm noch einen letzten gemeinen Spruch hinterherwerfen konnte, ging er bereits lässig die Treppe hinunter, die sie keuchend hinaufgegangen war.
Dunja hasste Justus Neuser. Und das hatte einen triftigen Grund.
***
Vier Jahre zuvor
Justus Neuser hasste Dunja Baumbach. Mit ihren braunen langen Locken und den blauen Augen strahlte sie immerzu eine Fröhlichkeit aus, die wie klarer Sonnenschein an einem verkaterten Morgen wirkte – zu viel des Guten. Und nicht nur, dass sie andauernd plapperte und kicherte und sich mit allen Leuten gut verstehen wollte – sie war auch noch verdammt klug. Und das störte ihn am meisten.
Justus hatte viel dafür tun müssen, dass er so weit gekommen war. Sein Vater war ein angesehener Internist mit eigener Praxis, der von seinem Sohn erwartete, dass dieser ihm mindestens nachkam oder ihn am besten noch übertrumpfte. Justus war kein Sohn. Er war ein Prestigeobjekt. Das Prestigeobjekt seines Vaters.
Seine Mutter stattdessen gab zu Hause die gutmütige und fürsorgliche Ehegattin, die selbst dann adrett gekleidet war, wenn sie nur mal kurz den Müll raustrug.
Schon zu Jugendzeiten hatte Justus es sich zur Aufgabe gemacht, gegen sein Elternhaus zu rebellieren. Er hatte Briefkästen von Nachbarn in die Luft gesprengt, Hundehaufen vor deren Haustüren drapiert, irgendwann Reifen aufgeschlitzt und sogar einmal den BMW des Vaters zu Schrott gefahren. Weit war er damit nicht gekommen, lediglich bis zur nächsten Kurve.
Als er schließlich mit einer Alkoholvergiftung im Alter von sechzehn Jahren in einem Krankenhaus gelandet war, war sein Vater so außer sich gewesen, dass er dem undankbaren Sohn zwei Optionen anbot: Entweder würde er sich ruhig verhalten und einen ordentlichen Schulabschluss machen oder er würde von nun an allein zurechtkommen müssen, da er bis auf Unterkunft und Verpflegung keinerlei Unterstützung mehr erhalten würde.
Justus hatte sich für das Erste entschieden.
Und nun saß er im Hörsaal und beobachtete Dunja heimlich dabei, wie sie sich eine ihrer Locken hinters Ohr klemmte und auf ihrem Bleistift herumkaute.
Was ihn an ihr störte, war weniger ihre Persönlichkeit. Es war ihr Ehrgeiz, der ihm im Weg stand. Justus hatte sich zum Ziel gesetzt, der beste Absolvent seines Jahrgangs zu werden. Er wollte jede Prüfung seines Medizinstudiums als Bester abschließen. Doch seit drei Jahren machte diese quirlige Ulknudel ihm diesen Posten streitig, weshalb er sich noch mehr anstrengen musste, als er es ohnehin schon tat.
Es war nicht einfach gewesen, einen guten Schulabschluss zu erlangen, nachdem er seine jugendliche Rebellion hinter sich gelassen hatte. Justus hatte Tag und Nacht lernen und Zusatzaufgaben erledigen müssen, um sein Abitur doch noch mit Einserabschluss zu absolvieren.
Auch wenn alle Leute behaupteten, die Kinder aus wohlhabenden Familien hätten es leichter, wusste Justus aus Erfahrung, dass diese Kinder andere Probleme hatten als Geld. Sie hatten mit den Erwartungen der Eltern zu kämpfen, die oftmals in unerreichbaren Höhen lagen.
»Wer kann mir die fünf Mittelhandknochen nennen?«, durchbrach der Dozent Justus' Gedanken, und sein Blick schweifte dabei über die Studenten, die vereinzelt in dem zu großen Hörsaal saßen. Einige schauten betreten auf die ausgeklappte Tischplatte vor sich. Justus hob sofort seine Hand in die Höhe. Gleichzeitig reckte sich noch eine Hand in die Luft, deren Urheberin der Dozent freundlich lächelnd mit einem Nicken aufforderte zu sprechen.
»Os metacarpale prinum, kurz MCI genannt, Os metacarpale secundum, Os metacarpale ...«
Bei dem Rest hörte der Ärztesohn gar nicht mehr zu. Dunja hatte ihm wieder mal die Show gestohlen. Als sie sich auch noch mit einem breiten Lächeln zu ihm umdrehte, um ihm zu demonstrieren, dass sie diesen Kampf gewonnen hatte, sah er sie nur aus abschätzigen Augen an.
»Die Kleine könnte echt süß sein, wenn sie nicht so eine Streberin wäre«, flüsterte Justus' Sitznachbar Paul ihm zu.
»Hm«, machte dieser nur. Dann wandte er sich von Dunja ab und sah seinen Kommilitonen von der Seite an. »Ein bisschen Intelligenz könnte dir aber auch guttun.«
»Sehr gut, Frau Baumbach«, lobte der Dozent, dessen einzelnen Härchen, die sich tapfer aus seiner sonst polierten Glatze herauswagten, Justus am liebsten einzeln ausgerupft hätte. »Und welche Brüche an der Hand kennen Sie?«
Der Dozent wartete ab und schritt dabei vor den Studierenden auf und ab.
»Herr Neuser, bitte!«
Justus schreckte auf und musste beschämt feststellen, dass er die Frage des Dozenten nicht mitbekommen hatte.
»Keine Ahnung?«, fragte dieser nun und hob dabei seine Augenbrauen.
Wieder reckte sich Dunjas Hand in die Höhe.
»Frau Baumbach, vielleicht können Sie Herrn Neuser erläutern, welche Handbrüche es gibt?«
Daraufhin wandte sich Dunja abermals mit diesem frechen Grinsen zwischen den braunen Locken zu Justus um und sagte: »Gerne. Fingerfraktur, Fraktur Mittelhand, Fraktur der Handwurzelknochen und die Fraktur der Speiche, was übrigens der häufigste Knochenbruch ist.«
Eine kurze Pause entstand, in der Justus und Dunja sich lediglich ansahen. Er hätte diese Antwort auch gewusst, hätte er einfach nur die Frage mitbekommen. Dieses Plappermaul vor ihm lenkte ihn einfach zu sehr von der Vorlesung ab. Und von seinem Studium.
»Sehr gut, Frau Baumbach. Herr Neuser, ich hoffe, Sie haben etwas dazugelernt.« Mit diesen Worten ging der Dozent zu dem Overhead-Projektor, der vermutlich bereits in den Siebzigern angeschafft worden war, und legte eine Folie auf das Glas.
Später, beim Verlassen des Hörsaals, trat Dunja von hinten an Justus heran und sagte fröhlich: »Ich hoffe wirklich, Sie haben etwas dazugelernt, Herr Neuser.«
Genervt drehte er sich zu seiner Mitstudentin um. Als er ihre blauen Augen sah, die ohne Scheu auf ihn gerichtet waren, war seine Wut allerdings verebbt.
»Macht dir das eigentlich Spaß?«, fragte er sie in dem lockersten Ton, den er aufbringen konnte. Dabei ließ er einige Studenten an sich vorbeiziehen, die es nach draußen zog.
»Was?«, entgegnete Dunja. »Dir zu zeigen, dass du nicht besser bist, nur weil Papa Arzt ist? Ja, ein bisschen schon.«
Justus musterte sie.
»Ich meinte, dich in Klamotten zu zwängen, die dir so gar nicht passen.«
Verdutzt sah Dunja ihn an, bis sie ihre Züge wieder im Griff hatte.
Es war nicht der erste Schlagabtausch, den sie sich lieferten. Insgeheim hatten sie beide Spaß daran, sich gegenseitig aufzuziehen. Irgendwie hatte er sogar das Gefühl, dass er einen Teil seines Ehrgeizes sogar diesem Plappermaul zu verdanken hatte, weil er sich niemals leisten konnte nachzulassen, damit sie ihn nicht überholte.
Als er die Tür des Hörsaals aufzog, tat er so, als hielt er sie für Dunja auf. Das Mädchen setzte ein freundliches Lächeln auf und wollte gerade durch die Tür gehen, als er sich doch vordrängelte und die Tür fallen ließ.
»Sieht auf jeden Fall kacke aus«, rief er ihr noch zu.
Justus Neuser hasste Dunja Baumbach. Und er sorgte regelmäßig dafür, dass sie ihn auch hasste. Denn er liebte es, sich mit ihr zu streiten.
***
Dr. Peter Stein war Ende dreißig, Chirurg, Stationsarzt und Macho durch und durch. Und heute würde Dunja ihm assistieren dürfen. Die Tafel der Operationen diesen Tages zeigte alles von Blinddarmentfernung bis zum Herzschrittmacher. Die OP-Säle würden von morgens bis abends besetzt sein.
Mit beiden Händen in den Kitteltaschen stand Dunja vor der Tafel und verschaffte sich einen Überblick über den Tag.
Die erste Woche war bis auf ein paar Holprigkeiten gut verlaufen. Es störte sie zwar ein wenig, dass ihr Erzrivale Justus ausgerechnet an dieser Klinik als Chirurg arbeitete, aber sie hatte beschlossen, sich nicht weiter von diesem ignoranten Wichtigtuer beeinflussen zu lassen.
Sie stand darüber. Auch dass er nun schon einen großen Schritt weiter war als sie, weil er das Studium schneller abgeschlossen hatte. Das machte ihr nichts. Sagte sie sich immer wieder. Insgeheim ärgerte sie es aber doch, denn sie wusste, dass Justus so lange darauf herumhacken würde, bis sie mit ihrem Doktor aus dieser Assistenzzeit herausgehen würde.
»Na, mal wieder am überlegen, welchen Nachtisch du dir heute in der Kantine holst?« Justus' Stimme konnte sie vor allem an seiner Arroganz erkennen. Und an der Reaktion ihres Körpers, der mit Herzklopfen und gleichzeitiger Wut im Bauch antwortete.
»Sag mal, Justus, hast du eigentlich nichts anderes zu tun, als junge Assistenzärztinnen zu belästigen? Oder gehört das zu deinen Aufgabengebieten als Chirurg?« Mit einem aufgesetzten Lächeln wandte sie dem Mann mit den braunen Augen ihr Gesicht zu. Durch seine Augenbrauen zog sich eine längliche Narbe.
»Nein, ich sehe das als Freizeitbeschäftigung. Das hilft mir beim Entspannen.«
Wieder kaute er auf etwas herum, und als Dunja ihren Blick auf seine Hand sinken ließ, fand sie dort eine Banane. Der Typ aß wirklich andauernd. Wie schaffte er es dann nur, dabei so schlank zu bleiben?
»Sag mal, hast du dir den Schnitt in die Augenbraue selbst zugefügt, um nicht mehr so bubihaft auszusehen?«
Sie wartete seine Antwort nicht ab, da sie sich nun auf den Weg zum OP machen musste.
Während sie sich von ihrem Rivalen entfernte, hörte sie ihn rufen: »Blinddarm. Bravo! Schon richtig weit gekommen, Frau Kollegin!«
Dunja gelang es, das Grinsen zu unterdrücken, bis sie den Aufzug erreichte. Doch als sie im Inneren des Lifts stand, entfuhr ihr ein Lachen, was ihr einen verwirrten Blick einer Patientin im samtenen Bademantel einbrachte.
Sie entschuldigte sich und kniff die Lippen zusammen.
Unten angekommen, machte sich die neue Ärztin für die bevorstehende Operation bereit. OP-Kleidung und das sorgfältige Waschen und Desinfizieren der Hände und Unterarme gehörte ebenso dazu wie das Aufsetzen einer Haube und eines Mundschutzes.