Dr. Stefan Frank 2339 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2339 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Die siebenundzwanzigjährige Floristin Justina führt gemeinsam mit ihrer Tante Gisela einen Blumenladen in Grünwald. Schon seit Längerem hält die Tante Ausschau nach einem geeigneten Partner für ihre Nichte. Stammkunde Karl scheint ihr dafür der perfekte Kandidat zu sein: Der junge Mann liebt Blumen, und außerdem versteht er sich offensichtlich prächtig mit Justina.

Doch die beiden können über Giselas Verkupplungsversuche nur lachen. Sie sind eben Freunde - auf den Gedanken, dass es mehr sein könnte, kommen beide nicht. Im Gegenteil: Karl bittet Justina, ihm Tipps zu geben, wie er am besten mit einer neuen Kollegin anbändeln kann. Bei diesem "Flirttraining" kommen sich die beiden plötzlich sehr nahe, und Justina muss erkennen, dass sie vielleicht doch mehr als nur freundschaftliche Gefühle für Karl hegt. Aber der scheint ja nur an seine Kollegin zu denken!

Um ihn eifersüchtig zu machen, flirtet die Floristin heftig mit Karls Mitbewohner Ludger. Justina ahnt ja nicht, dass ihre beste Freundin Ulrike unsterblich in Ludger verliebt ist ... Bald befinden sich die jungen Leute im reinsten Liebeswirrwarr.

Ein rätselhaftes Krankheitsbild führt Justina kurz darauf zu Dr. Frank, und am Ende ist es nur der Grünwalder Arzt, der den jungen Leuten vielleicht noch helfen könnte, ihr wahres Glück zu finden ...

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Seitenzahl: 126

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Inhalt

Cover

Impressum

Liebeswirren in Grünwald

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: iStockphoto/Petar Chernaev

E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-2818-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Liebeswirren in Grünwald

Was passiert, wenn man andere verkuppeln will

Die siebenundzwanzigjährige Floristin Justina führt gemeinsam mit ihrer Tante Gisela einen Blumenladen in Grünwald. Schon seit Längerem hält die Tante Ausschau nach einem geeigneten Partner für ihre Nichte. Stammkunde Karl scheint ihr dafür der perfekte Kandidat zu sein: Der junge Mann liebt Blumen, und außerdem versteht er sich offensichtlich prächtig mit Justina.

Doch die beiden können über Giselas Verkupplungsversuche nur lachen. Sie sind eben Freunde – auf den Gedanken, dass es mehr sein könnte, kommen beide nicht. Im Gegenteil: Karl bittet Justina, ihm Tipps zu geben, wie er am besten mit einer neuen Kollegin anbändeln kann. Bei diesem „Flirttraining“ kommen sich die beiden plötzlich sehr nahe, und Justina muss erkennen, dass sie vielleicht doch mehr als nur freundschaftliche Gefühle für Karl hegt. Aber der scheint ja nur an seine Kollegin zu denken!

Um ihn eifersüchtig zu machen, flirtet die Floristin heftig mit Karls Mitbewohner Ludger. Justina ahnt ja nicht, dass ihre beste Freundin Ulrike unsterblich in Ludger verliebt ist … Bald befinden sich die jungen Leute im reinsten Liebeswirrwarr.

Ein rätselhaftes Krankheitsbild führt Justina kurz darauf zu Dr. Frank, und am Ende ist es nur der Grünwalder Arzt, der den jungen Leuten vielleicht noch helfen könnte, ihr wahres Glück zu finden …

„Kannst du nach vorne gehen, Justina? Ich kann hier gerade schlecht weg“, rief Gisela Baer ihrer Nichte über die Schulter zu, als die melodische Klingel des kleinen Blumengeschäftes signalisiert hatte, dass ein Kunde in den Laden getreten war.

„Mach ich.“ Justina Rosenzweig legte die Schaufel beiseite und wischte sich die erdigen Finger an ihrer grünen Schürze ab. Mit beiden Händen teilte sie den Fadenvorhang, der den hinteren Arbeitsbereich der Floristinnen vom Verkaufsraum trennte.

„Grüß Gott, Frau Quandt“, begrüßte die junge Frau eine kleine Dame Anfang sechzig. „Sie sehen aber gut aus!“

Frau Quandt lächelte geschmeichelt.

„Ich habe doch mit meinem Mann eine Kreuzfahrt gemacht. Herrlich war das, Justina. Ich wäre am liebsten gleich auf dem Schiff geblieben und hätte die nächste Tour gemacht“, schwärmte sie.

„Warum haben Sie das nicht getan? Sie haben doch Zeit“, erwiderte die hübsche Floristin und strich sich eine widerspenstige Strähne ihres langen dunklen Haares, die sich aus dem Pferdeschwanz gelöst hatte, hinter das Ohr.

„Zeit schon, aber an dem nötigen Kleingeld fehlt es leider.“ Frau Quandt lächelte und rieb Daumen und Zeigefinger ihrer rechten Hand aneinander.

„Ja, ja, eine Kreuzfahrt ist kein billiges Vergnügen“, bestätigte Justina. „Da ist ein hübscher Blumenstrauß schon günstiger, nicht wahr?“

„Das habe ich mir auch gedacht“, sagte Frau Quandt nickend und blickte sich suchend im Verkaufsraum um. „Ich hätte gern etwas für meine große Bodenvase.“

„Was halten Sie von den Strelitzien? Die habe ich heute Morgen frisch vom Großmarkt geholt.“

Justina deutete auf einen Eimer, der auf dem Fußboden stand. Einige Strelitzien waren bereits aufgeblüht, und ihre orangenen Blütenblätter leuchteten verlockend.

„Die sind wirklich prächtig. Das sind doch Papageienschnäbel, nicht? Ich habe sie gerade auf unserer Kreuzfahrt auf den Kanarischen Inseln wild am Straßenrand wachsen sehen. Ich glaube, davon nehme ich drei. Sie erinnern mich dann noch ein paar Tage an den schönen Urlaub. Sie halten sich doch etwas in der Vase?“

„Aber sicher“, sagte Justina. „Strelitzien, oder auch Papageienschnäbel, wie Sie sie nennen, blühen oft länger als vier Wochen. Da sich die Kronenblätter der Blüte nacheinander öffnen, haben Sie bestimmt lange etwas davon.“

Justina nahm drei Blüten aus dem Eimer.

„Wie finden Sie diese?“

Frau Quandt nickte zustimmend.

„Was passt denn dazu? So pur sind sie mir ein bisschen zu nackt.“

Justina lachte. „Da haben Sie recht. Ich zeige Ihnen mal etwas. Ich denke, das wird Ihnen gefallen.“

Mit geschickten Fingern band sie die Strelitzien mit gelben Rosen, Gerbera, Eukalyptusgrün, einigen Ananasblättern und Pistochia zu einem exotischen Blumenstrauß.

„Wunderschön“, lobte Frau Quandt. „Den nehme ich.“

„Soll ich den Strauß in Folie oder Papier einpacken?“, fragte Justina.

„Papier reicht. Ich will ihn ja für mich haben und nicht verschenken. Außerdem kommt der Strauß sofort in die Vase. Ich muss jetzt schnell nach Hause, denn heute Vormittag will ich noch unsere Mitbringsel aus dem Urlaub zu Dr. Frank in die Praxis bringen.“

Frau Quandt arbeitete als Haushälterin für Dr. Frank, während sich ihr Mann gelegentlich um dessen Garten kümmerte. Diese Woche hatte sie sich allerdings noch freigenommen, um nach dem Urlaub erst einmal wieder richtig zu Hause anzukommen.

Als Frau Quandt den Laden verlassen hatte, ging Justina wieder nach hinten zu ihrer Tante, die gerade mit zufriedenem Lächeln einen bunten Blumenstrauß betrachtete, den sie gebunden hatte.

„Ist das eine Bestellung?“, fragte Justina und gähnte heftig.

Besorgt sah ihre Tante sie an.

„Bist du schon wieder so müde, mein Kind?“

„Meine Güte, nur weil ich ein einziges Mal gähne, musst du mich nicht ansehen, als wenn ich die Pest hätte“, entgegnete Justina heftig. „Mir geht es gut! Also: Ist der Strauß nun eine Bestellung, oder was?“

Frau Baer gab sich geschlagen. Jedes Mal, wenn sie ihre Nichte auf die ständige Müdigkeit ansprach, wurde sie unwirsch abgewehrt. Sie seufzte resigniert.

„Das ist der Montagsstrauß für die Praxis von Dr. Frank. Willst du ihn gleich rüberbringen?“

„Mir wäre es lieber, wenn du das machen könntest“, sagte Justina mit versöhnlicher Stimme, denn es tat ihr leid, dass sie so barsch auf die Frage der Tante nach ihrer Müdigkeit reagiert hatte. „In einer Dreiviertelstunde kommen doch die Braut und ihre Mutter, um mit mir die Blumendekoration für den Festsaal zu besprechen. Ich wollte das Musterbuch vorher noch mal neu zusammenstellen. Die Braut will alles in rot.“

„Ach ja, das hatte ich vergessen. Dann gehe ich zum Doktor, kein Problem“, sagte Frau Baer.

Seit Jahren schon lieferte der kleine Grünwalder Blumenladen jeden Montag einen frischen Strauß für den Tresen der Praxis von Dr. Stefan Frank, die keine zweihundert Meter vom Geschäft entfernt lag. Es hatte sich eingebürgert, dass entweder Frau Baer oder ihre Nichte die Blumen persönlich in die Praxis brachten.

„Aber nicht wieder stundenlang wegbleiben und mit Schwester Martha plaudern“, sagte Justina mit gespieltem Ernst und drohte ihrer Tante mit wackelndem Zeigefinger.

„Du musst dich langsam daran gewöhnen, dass du bald allein für den Laden verantwortlich bist“, entgegnete Gisela Baer, ohne den scherzenden Ton ihrer Nichte aufzunehmen.

„Ach, Tantchen.“ Justina seufzte und nahm Gisela Baer von hinten in die Arme. Sie schmiegte ihren schlanken Körper an die üppigen Rundungen ihrer Tante. „Ich mag gar nicht daran denken, dass du schon in drei Monaten nach Mallorca entschwindest und mich verlässt.“

„Fang jetzt bitte nicht wieder damit an, mir ein schlechtes Gewissen zu machen. Ich verlasse dich doch nicht; ich habe mich nur entschieden, noch einmal etwas Neues im Leben zu probieren, und ich dachte, du hättest das akzeptiert“, sagte Frau Baer und befreite sich aus der Umarmung ihrer Nichte.

„Habe ich doch auch, aber trotzdem macht es mich traurig, dass du weggehst“, sagte Justina mit gesenktem Kopf. „Ich freue mich aber auch für dich, denn ich weiß, wie wichtig dir die Finca auf Mallorca ist. Und ich weiß auch, wie wichtig dir der flotte Konstantin ist“, fügte sie schon wieder fröhlicher mit einem schelmischen Lächeln hinzu.

„Mach du dich ruhig lustig über meine neue Liebe“, sagte Frau Baer. „Ich bin Mitte fünfzig und wage es noch einmal, mich in das Abenteuer einer Beziehung zu stürzen. Und du? Du bist erst Mitte zwanzig und tust so, als gäbe es keinen Mann auf dieser Welt, der dich interessiert. Wovor hast du Angst?“

Justina schwieg betreten. Ihre Tante hatte einen wunden Punkt getroffen. Sie hatte wirklich Angst vor einer festen Bindung. Alle Beziehungen gingen doch früher oder später in die Brüche. Warum also erst damit anfangen? Das würde über kurz oder lang doch nur Kummer und Leid mit sich bringen.

Als Justina zwölf Jahre alt gewesen war, hatten sich ihre Eltern getrennt. Ihr Vater war zu seiner neuen Freundin, die bereits ein Kind von ihm erwartet hatte, nach Frankreich gezogen und war fortan aus Justinas Leben verschwunden.

Justinas Mutter war mit der Trennung nicht fertiggeworden. Sie hatte in Indien in einem Ashram zur Ruhe kommen und wieder „zu ihrer Mitte“ finden wollen, wie sie damals ihrer Tochter erklärt hatte. Die Mutter war abgereist und hatte das Kind bei seiner Tante Gisela gelassen. Aus den geplanten vier Wochen waren schließlich fünf Jahre geworden.

Nie mehr hatte Justina zu einem engen Verhältnis zu ihrer Mutter zurückgefunden. Sie war bei ihrer Tante geblieben und wohnte bis heute mit ihr in der geräumigen Wohnung über dem Blumenladen. In ihrem Herzen war Tante Gisela ihre Mutter.

Doch auch Gisela war es nicht gelungen, über längere Zeit mit ihrem Ehemann glücklich zu leben. Onkel Manfred war schon Geschichte gewesen, als Justina in die Obhut ihrer Tante gekommen war.

„Ich brauche keinen Mann, um glücklich zu sein“, sagte Justina überzeugt. „Ich bleibe lieber gleich ohne Kerl, dann muss ich auch nicht verzweifeln, wenn die Beziehung vorbei ist.“

„Ach, Kind!“ Gisela seufzte. „Nur, weil du vielleicht verletzt wirst, kannst du doch nicht freiwillig auf die Liebe verzichten.“

„Und ob ich das kann!“, widersprach Justina trotzig.

„Ich wäre so glücklich, mein Mädchen, wenn du einen lieben, gut aussehenden Mann finden würdest. Einen jungen Mann, der dich auf Händen trägt, dir jeden Wunsch von den Augen abliest und die Natur und die Blumen genauso liebt wie du. Einen Mann mit Verständnis dafür, dass du unseren Blumenladen weiterführst, trotz der ungünstigen Arbeitszeiten. Oder besser noch: einen Mann, der mit dir im Laden zusammenarbeitet“, beschrieb Gisela das Bild eines idealen Partners.

Justina musste lachen.

„Ach, Tantchen. So einen Mann musst du erst mal backen! Den gibt es nicht im wirklichen Leben.“

Frau Baer schüttelte lächelnd den Kopf.

„Doch, gibt es. Konstantin ist so einer. Aber den gebe ich nicht her.“

„Bei allem Respekt, aber Konstantin wäre mir auch zu alt“, entgegnete Justina lachend. „Und hier im Laden arbeiten will er auch nicht, sondern lieber seinen Hof auf Mallorca bestellen. Deshalb musst du ja auswandern.“

„Weil ich das will, gehe ich auf die Insel. Konstantin wäre für mich auch nach Grünwald gezogen. Aber jetzt wieder zu dir: Was hältst du denn von dem attraktiven Karl Steiner? Ihr versteht euch doch gut und habt immer viel zu reden und zu lachen, wenn er in den Laden kommt. Karl ist ungefähr so alt wie du, liebt Blumen und erscheint hier jeden Freitag, nur um dich zu sehen und mit dir zu plaudern. Ich könnte mir vorstellen, dass er ein bisschen in dich verliebt ist.“

„So ein Quatsch. Karl ist ein Freund, aber doch nicht verliebt in mich. Er kommt auch nicht, weil er mich sehen will, sondern um einen Strauß fürs Wochenende zu kaufen“, sagte Justina mit einer abwehrenden Handbewegung. „Tante Gisela, es freut mich, dass du glücklich bist, aber hör bitte auf, auch für mich das Glück zu suchen. Außerdem muss ich mich jetzt auf den Termin vorbereiten.“

Kopfschüttelnd sah Frau Baer ihrer Nichte nach, die ärgerlich zum Regal geeilt war, um das Musterbuch für Hochzeiten mit großer Geste herauszuziehen.

Gisela wandte sich wieder dem Blumenstrauß für die Praxis von Dr. Stefan Frank zu und packte ihn ein. Mit einer Stecknadel klemmte sie ein Tütchen Blumenfit außen an das Papier.

„Ich muss noch ein paar Telefonate erledigen, und dann gehe ich schnell zu Dr. Frank. Oder soll ich lieber warten, bis die Hochzeiter wieder weg sind?“, fragte Gisela ihre Nichte.

„Nein, geh nur. Du weißt doch, dass Schwester Martha darauf besteht, dass die Blumen vor Mittag geliefert werden. Außerdem kommt jeden Moment Ulrike. Sie wollte bei dem Termin mit der Braut dabei sein. Wenn du nicht rechtzeitig zurück bist, dann muss sie eben die Kunden bedienen.“

„Du solltest mal überlegen, ob du Ulrike nicht richtig einstellst. Sie macht sich doch gut im Laden, und ihr beide seid befreundet. Wenn ich weg bin, wirst du jemanden brauchen.“

„Ich habe sie schon gefragt, aber Rike liebt ihren Beruf als Erzieherin, und man hat ihr ab dem nächsten Jahr eine volle Stelle in Aussicht gestellt. Bis dahin kann ich noch stundenweise und ab und zu samstags auf sie zählen.“

„Schade“, bedauerte Gisela. „Das hätte so gut gepasst. So, ich bin dann mal kurz weg.“

Gisela Baer war schon fast an der Tür, als Justina ihr noch etwas nachrief.

„Frag doch bitte mal Schwester Martha, ob ich mich anmelden muss, wenn ich meinen Tetanusschutz auffrischen lassen will.“

***

Karl Steiner saß an seinem Schreibtisch und starrte lustlos auf die Zahlenkolonnen auf seinem Monitor. Er seufzte und richtete seinen Blick aus dem Fenster. Blauer Himmel und Sonnenschein lockten ins Freie, aber er war an seinen Arbeitsplatz im klimatisierten Großraumbüro der Cinoda-Versicherung gefesselt.

„Haben Sie die Statistiken über die Fahrraddiebstähle fertig, Herr Steiner?“, riss ihn die forsche Stimme von Herrn Henrichs, seinem Abteilungsleiter, aus den Träumen. Sein Chef schaute erwartungsvoll über die Trennwand, die Karls Schreibtisch von denen seiner Kollegen abschirmte.

„Ich bin dabei. Brauche noch etwa eine Stunde“, antwortete Karl schnell. Seine Finger flogen über die Tastatur, und sein angestrengter Blick auf den flimmernden Monitor täuschte intensives Arbeiten an dem langweiligen Thema vor.

„Bitte beeilen Sie sich. Ich möchte mich vor dem Meeting noch mit den Zahlen beschäftigen“, sagte Herr Henrichs leicht verärgert. „Ich hatte Ihnen doch gesagt, dass die Statistik absolute Priorität hat.“

Karl nickte und intensivierte seinen Blick auf den Bildschirm. Was sollte er antworten? Sein Chef hatte ja recht. Aber Karl hatte die Kurve nicht gekriegt, sich mit den Zahlen zu beschäftigen, die ihn anödeten. Wieder mal dachte Karl daran, dass es dringend an der Zeit war, sich beruflich zu verändern. Er schob den Gedanken beiseite und zwang sich, an der Statistik zu arbeiten.

Nachdem Karl sich endlich überwunden hatte, die Zahlen zusammenzufassen, ging ihm die Arbeit schnell von der Hand. Er brauchte noch nicht einmal die Stunde, die er sich ausgebeten hatte. Er schickte die fertige Statistik per Mail an seinen Chef, druckte sie aber auch noch aus, um sie persönlich im Büro beim Abteilungsleiter abzugeben, wie es üblich war bei der Cinoda.

Herr Henrichs hatte als einziger der Abteilung, die aus elf Personen bestand, ein richtiges Büro, das am Ende des Großraumbüros lag. Karl Steiner brauchte nicht zu klopfen, denn die Tür stand bereits offen.

Seinem Chef gegenüber, mit dem Rücken zum Eingang, saß eine Frau, von der Karl nur die lange blonde Lockenmähne sah, die sich über ihren Rücken ergoss. Herr Henrichs winkte seinen Angestellten herein.

„Sie bringen die Diebstahl-Statistik. Gut. Ist sie selbsterklärend, oder muss ich noch etwas dazu wissen?“

„Nein, die Zahlen sprechen für sich. Keine gravierende Veränderung zur Vorjahresstatistik“, antwortete Karl geschäftsmäßig und legte den Ausdruck auf den Schreibtisch.

Als er sich umdrehte, um zu gehen, sah er der Besucherin seines Chefs ins Gesicht. Karl hielt in der Bewegung inne und konnte nicht verhindern, dass er die junge Frau bewundernd anstarrte. Unter den blonden Locken blickten ihn zwei strahlend blaue Augen amüsiert an. Die kleine Nase kräuselte sich unter dem leicht spöttischen Lächeln. Karl zwang sich, den Blick abzuwenden, um nicht ungehobelt zu erscheinen.