Easy does it - Sebastian Andrej Schweizer - E-Book

Easy does it E-Book

Sebastian Andrej Schweizer

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Beschreibung

CRO ist Rapper, Produzent, Grafiker, Modedesigner - und der erfolgreichste deutsche Musiker der letzten Jahre. Er begeistert Millionen, sein Debütalbum "RAOP" landete direkt auf Platz 1 und hat sich bis heute über 500.000 Mal verkauft. Der Nachfolger "Melodie" stürmte ebenfalls die Spitze der Charts. Und das ohne große Plattenfirma im Rücken. Hautnah begleiten wir CRO an der Seite von seinem DJ Psaiko. Dino und Sebastian Andrej Schweizer, einem seiner Labelchefs bei Chimperator: von den Anfängen in kleinen Clubs über wilde Studio- und Partynächte bis auf die größten Festivalbühnen Europas. CROs Erfolgsstory ist eine Geschichte von Freundschaft, Inspiration, Courage und Besessenheit. Es ist die Geschichte eines Künstlers, der sich nicht von der Musikindustrie vereinnahmen lässt und sich selbst treu bleibt. "Wie wir einfach mal so die gesamte Szene rasiert haben. Und dabei richtig viel Spaß hatten." CRO

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Seitenzahl: 172

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Inhalt

Cover

Titel

Impressum

CRO – Vorwort

I. BASTI – Die ETAP Situation

II. PSAIKO.DINO – Die Praktikum Situation

III. BASTI – Meine Musik

IV. PSAIKO.DINO – Nachtschicht

V. BASTI – Wodka, Schnell, Homie

VI. PSAIKO.DINO – Chillin’

VII. BASTI – Anlauf

VIII. PSAIKO.DINO – Sunny

IX. BASTI – Oops

X. PSAIKO.DINO – Supreme Team

XI. BASTI – Road To Easy

XII. PSAIKO.DINO – Mut zur Behinderung

XIII. BASTI – Mad Men

XIV. PSAIKO.DINO – Stagetime

XV. BASTI – Fläche

XVI. PSAIKO.DINO – Verrückte Welt

XVII. BASTI – Businessessen

XVIII. PSAIKO.DINO – Rockstars

XIX. BASTI – Karawane

XX. PSAIKO.DINO – Konfetti

XXI. BASTI – Indie Is The New Major

XXII. PSAIKO.DINO – Übel und Gefährlich

XXIII. BASTI – All We Do Is Win

XXIV. PSAIKO.DINO – Meine Band

XXV. BASTI – Promo-Bomo

XXVI. PSAIKO.DINO – Staaagetime

XXVII. BASTI – Rock ’n’ Roll

XXVIII. PSAIKO.DINO – Heute ein König

XXIX. BASTI – Es macht überall Boom

XXX. PSAIKO.DINO – Prosecco und Valium

XXXI. BASTI – Drei zu Eins

XXXII. PSAIKO.DINO – Einmal um die Welt

XXXIII. BASTI – Raop Tour

XXXIV. PSAIKO.DINO – Tour

XXXV. BASTI – Die Rote Teppich Situation

DANKSAGUNG

DISKOGRAFIE

MIXTAPES

TRASH

MEINE MUSIK

EASY

SUNNY

ALBEN

RAOP

RAOP +5

MELODIE

EPs

EASY – LIMITEDMAXI EDITION

EINMAL UM DIE WELT

WHATEVER

TRAUM

SINGLES

EASY

DU

KING OF RAOP

MEINE ZEIT

WHATEVER

TRAUM

FEATURES

AUSZEICHNUNGEN

SCHALLPLATTENAUSZEICHNUNGEN

GOLD

PLATIN

DOPPEL-PLATIN

AWARDS

Bildnachweis

Sebastian A. Schweizer | Psaiko.Dino

CRO, die Maske und der ganze Rest

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Dieser Titel ist auch als Hörbuch erschienen

Originalausgabe

Copyright © 2014 by Bastei Lübbe AG, Köln

Umschlaggestaltung: Chimperator Productions

Einband-/Umschlagmotiv: Chimperator Productions

E-Book-Produktion: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

ISBN 978-3-8387-5831-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

CRO

Vorwort

Wenn ich an 2011 denke, fällt mir als Erstes immer dieser Fotoladen in Stuttgart ein, in dem man alte Kameras und Zubehör kaufen kann. Mein Kumpel Psaiko.Dino hat damals da gearbeitet und ich habe mir jeden Tag irgendetwas Geiles geholt, obwohl ich dafür eigentlich gar kein Geld hatte. Aber das war mir egal. Es war Sommer, wir waren ungebunden, ständig unterwegs und von früh bis spät am Rumkumpeln. Eine richtig perfekte Zeit.

Seitdem ist ein bisschen was passiert. Ich habe zwei Alben und zwei Mixtapes rausgebracht, meine eigene Firma gegründet und mit meinen Kumpels unfassbar krasse Sachen erlebt. Ich war auf Platz eins der Charts, im Fernsehen, bei Rock im Park und einmal auch in Bielefeld. Psaiko arbeitet längst nicht mehr in dem Fotoladen, sondern ist jetzt Teil meiner Band und hat sogar selbst ein Album bei meinem Label Chimperator rausgebracht. Eigentlich unvorstellbar, dass das alles kaum drei Jahre her ist.

Ich weiß, das klingt komisch. Aber an vieles aus dieser Zeit kann ich mich gar nicht mehr genau erinnern. Alles ging einfach so wahnsinnig schnell, wie in einem Film, in dem ich zufällig selbst mitspiele. Ständig war Action, nie war Stillstand. Mucke, Klamotten, Kumpels. Immer irgendwas machen, immer irgendwo hin. Seitdem mein erstes Video »Easy« ins Internet gegangen ist, hatte ich noch nicht einmal die Gelegenheit, den Kopf ins Klo zu hängen, durchzuspülen und zu reflektieren, was hier eigentlich passiert ist. Ich weiß nur, dass sich die ganze Sache wirklich gut anfühlt.

Als ich dieses Buch gelesen habe, war das also eine kleine Reise zurück in die Zeit: wie wenn man bei Instagram zurückscrollt und einem plötzlich wieder einfällt, was man alles unternommen und erlebt hat. Manches davon sehe ich noch bildlich vor mir, manches hatte ich ganz anders in Erinnerung. Aber die beiden, die das alles aufgeschrieben haben, müssen es wissen. Schließlich haben sie mich in dieser Zeit näher begleitet als fast jeder andere.

Die beiden, das sind Psaiko.Dino, mein DJ, und Basti Schweizer, einer der vier Bosse meiner Plattenfirma Chimperator Productions.

Psaiko habe ich zum ersten Mal auf einer Party im Chimperator-Büro in Stuttgart gesehen. Er hatte an dem Tag ein schweinchenrosanes T-Shirt mit Fransen an. Das ist kein Witz. Ich schwör’s, er hatte das wirklich an. Wow. Trotzdem war er mir gleich sympathisch. Ich habe ihm eine Mische gemacht und wir haben einen getrunken. Seitdem sind wir down. Er kam mir damals schon merkwürdig bekannt vor. Ich habe den ganzen Abend lang überlegt, woher ich ihn wohl kenne. Mittlerweile weiß ich, dass ich ihn überhaupt nicht kannte. Aber wir waren offenbar auf einer Wellenlänge.

Psaiko ist einfach ein erfrischend witziger Typ. Und er war da, als es bei mir so richtig losging mit der Musik. Also haben wir das zusammen durchgezogen. Wir haben uns darüber nie groß Gedanken gemacht, es hat einfach gepasst. Zum Beispiel war ich anfangs ja ein bisschen der Rede-Spasti: Interviews und in der Öffentlichkeit stehen und so, das war einfach nicht mein Ding. Aber er konnte direkt Menschen fressen mit seinem Humor. Das hat sich natürlich perfekt ergänzt. Einfach ein cooler Kumpel und Kollege. Perfekt.

Basti dagegen ist so etwas wie der coole, große Halbbruder in Berlin, der das alles schon gemacht hat.Immer wenn wir in der Stadt waren, um mit den Label-Menschen zu verhandeln, Promo zu machen oder irgendetwas aufzunehmen, haben wir bei ihm zu Hause gepennt. Er hat Frühstück gemacht, wir haben über Musik gequatscht und zusammen unser Leben gechillt.

Am beeindruckendsten fand ich bei all dem immer seine Geduld. Dazu muss man wissen: Wenn man als Rapper ein bisschen Erfolg hat, trifft man plötzlich sehr viele Arschkriecher, die alle etwas von einem wollen. Plötzlich ist jeder dein bester Freund. Ich fand das immer wahnsinnig nervig, und Basti fand es bestimmt ebenso nervig. Aber er war trotzdem immer höflich zu diesen Leuten und hat wie ein Löwe gekämpft, um das Beste für mich rauszuholen. Richtig krass. Dafür werde ich ihm immer dankbar sein.

Dieses Buch ist also nicht meine Autobiografie oder so. Ich bin ja nicht so alt wie Basti, höhö. Stattdessen erzählt es die Geschichte jener 18 Monate, in denen der Grundstein gelegt wurde für alles, was heute in meinem Leben passiert. Die Geschichte von Sommer 2011 bis Ende 2012, die Geschichte von »Easy«, »Raop« und »Indie ist der neue Bürgermeister«. Die Geschichte, wie wir einfach mal so die gesamte Szene rasiert haben. Und dabei richtig viel Spaß hatten.

I. BASTI

Die ETAPSituation

Puh. Da muss ich jetzt ein bisschen weiter ausholen. 2008 bis 2009 also. Das war was. Da muss man erst mal in Ruhe darüber nachdenken. Aufgehört hat 2008 für mich ziemlich scheiße. Ich saß alleine in einer leeren und auf einmal viel zu großen Wohnung in Berlin. Frau weg, Kind weg, Hund weg. Außerdem war klar, dass Optik Records Ende Januar 2009 zumachen und somit auch mein Job weg sein würde. 30 sollte ich auf einmal auch noch werden. Richtig geil. Natürlich findet man in so einer Situation auch keine neue Wohnung. Wennschon, dennschon. Dahin gehen, wo’s wehtut. Da kann man seinen 30. Geburtstag ruhig auch mal in einem ETAP-Hotel feiern. Und das ging so:

Prinz Pi war kurz davor, sein Album »Neopunk« über Universal zu veröffentlichen. Zum Album ging es auf »Neopunk«-Tour, zusammen mit Casper und unseren Jungs Maeckes & Plan B als Support-Acts. Markus, also Maeckes, und Bartek, also Plan B, mussten dafür erst mal nach Berlin kommen. Wie genau das funktioniert, kann man sich bei YouTube ansehen. Man muss einfach nur nach »Maeckes und Plan B – Neopunk Tourblog Nr. 1« suchen. Falls ihr YouTube gerade nicht zur Hand habt: Die Kurzfassung ist, dass die beiden ohne Handy, ohne Navi und ohne Ahnung in einem Mietwagen von Stuttgart nach Berlin fuhren. Irgendwie schafften sie es trotzdem in meine Wohnung. Es war spät und, wie gesagt, sehr leer. Sofa oder Matratzen gab es in der Wohnung nicht mehr. Ein Schlafsack würde dem Spiel jetzt guttun, dachten wir. Und gingen dann zu dritt in meinem Bett pennen.

Am nächsten Tag war Tourprobe in Kreuzberg und außerdem mein Geburtstag. Weil tags darauf bereits Tourstart sein sollte, gab es abends ein schönes Zimmer im ETAP, gleich beim Potsdamer Platz um die Ecke. Die Gegend nennt man nicht umsonst das Venedig des Brandenburger Tieflands. Es war November und kalt. So mit Schneematsch und diesem ekligen, aggressiven Wind, der einem direkt an den Hals fährt und dabei zärtlich »Hallo Grippe« ins Ohr flüstert. Das ETAP-Hotel war dafür richtig schön. Alles aus Plastik und aus einem Guss. Wenn man in so einem Zimmer ein bisschen eskaliert, kann die Putzfrau am nächsten Tag einfach schön mit dem Gartenschlauch einmal durchspritzen, und alles ist wieder sauber. Perfekt. Casper und Affenboss waren auch schon da und hatten es sich richtig gemütlich gemacht. Zusammen mit Bartek ging ich kurz um die Ecke zum Touri-Späti. Wir kauften Plastikbecher und Whisky. Man wird ja nur einmal 30. Prost jetzt. Wasser marsch. Wir saßen im Plastikzimmer, auf Plastikstühlen. Affenboss lungerte auf dem Hochbett und drehte Joints. Wir alle tranken Billo-Whisky aus Touri-Späti-Plastikbechern. Es war echt ein bisschen witzig.

Um kurz nach eins musste ich leider los. Wegen der letzten Bahn. Die leere, zu große Wohnung, ohne Frau, ohne Kind und ohne Hund, war nämlich in Treptow. Für alle, die sich in Berlin nicht so gut auskennen: Das ist jetzt nicht direkt um die Ecke. Also von nirgendwo. In der S-Bahn hatte ich ein bisschen Zeit, um nachzudenken. Richtig geil ist das alles nicht, dachte ich. Ob das noch was wird mit unserem eigenen Label Chimperator? Ob ich mir vielleicht einen normalen Job suchen sollte? Hatte ich mit diesem Hip-Hop vielleicht auf ein zwar sehr sympathisches, aber irgendwie undankbares Pferd gesetzt, das mich trotz all der Pflege und Zuneigung nun hinterrücks in den Arsch tritt? Mir war nicht wohl. Wäre der großartige Rapper Haftbefehl schon am Start gewesen, ich hätte laut »Wenn nicht mit Rap, dann mit der Pumpgun« durch die Ringbahn geschrien. Aber Haftbefehl war ja noch nicht am Start, 2008. Also ging nicht mal das.

Irgendetwas musste ich ändern.

Nach dem Ende von Optik arbeitete ich eine Weile bei einem polnischen Klamotten-Label. Ich sollte die Marke in Deutschland etablieren. Mein Chef war Bizarre von D12 in Weiß. Seine polnischen Käfigkampfkumpels waren auch Bizarre von D12 in Weiß, aber mit einem Stich Kollegah obenrum. Sie waren zwar immer sehr herzlich, aber irgendwie war das trotzdem nicht mein Ding. Einmal versteckte sich der damalige Gangstarapper und heute als Salafistenführer behördlich gesuchte Deso Dogg bei uns im Büro, weil er ein paar Zivibullen den Stinkefinger gezeigt hatte und deswegen fliehen musste. Ganz normaler Büroalltag halt. Aber auch zeitlich haute das alles nicht wirklich hin. Von neun bis fünf war ich bei den Polen im Büro, danach hatte ich entweder meine Tochter oder saß bis zwei Uhr morgens am Rechner, um Chimperator-Sachen zu machen. Das war unglaublich kräfteraubend, und obwohl ich quasi die ganze Zeit arbeitete, wurde ich nichts und niemandem so wirklich gerecht. Bizarre nicht, meiner Tochter nicht und Chimperator schon gar nicht.

Ich wusste: Auf Dauer ist das keine Lösung. Also beschloss ich, mich endlich komplett selbstständig zu machen und das mit Chimperator durchzuziehen. Das erste Album unseres Acts Die Orsons war sehr gut gelaufen und bei Myspace hatte ich außerdem eine geile neue Band aus Chemnitz entdeckt. Die trugen lässige College-Jacken, vermischten Rap mit Indie-Rock und waren richtig heiß. Das könnte das nächste große Ding sein, dachte ich. Die Jungs von Sony/ATV, wo wir inzwischen eine Verlagsedition hatten, waren sogar bereit, etwas Geld dafür auf den Tisch zu legen. Das roch beinahe ein bisschen nach Game. Also kündigte ich meinen Job, ging zum Amt und beantragte eine Gründungsförderung. Jetzt gab es keine Kompromisse oder Ausreden mehr.

Zum ungeraden Jubiläum gingen wir auf »11 Jahre Chimperator«-Tour. Beim Stopp in Berlin kamen die Chemnitzer vorbei und spielten vor den Orsons. Es war super mit den Jungs. Im Döner neben dem Knaack Club machten wir schön Businessessen mit Dönerteller und Pommes. Reichfürimmer. Wir wollten das Ding gemeinsam durchziehen und gaben uns die Hand drauf. Cak. Geil.

Nicht so geil war, dass wir die Tour zusammen mit einer anderen Agentur gebucht hatten, die an dem Abend auch da war. Wenig später fuhr die andere Agentur dann runter nach Chemnitz, ohne uns etwas zu sagen, und irgendwann bekam ich eine E-Mail von den Rap-Indie-Jungs, in der stand, dass ich »jetzt hoffentlich nicht irgendwie sauer« sei, sie aber bei den anderen unterschrieben hätten, und dass ich das doch hoffentlich verstehen würde. Ich war nicht irgendwie sauer, sondern RICHTIG sauer. Also: wirklich richtig sauer. Aber ich konnte ja nichts ändern an dem Bitch-Move der anderen Agentur. Und wenn eine Band mit so etwas down war, dann sollte es vielleicht auch einfach nicht sein.

Also machten wir einfach weiter. Ohne die College-Jacken. Es fühlte sich alles trotzdem gut an. Street-Rap hatte seinen Zenit überschritten, es lag etwas in der Luft. Wir waren am Puls der Zeit. Ich sagte in einem Interview mit Rap.de, dass Chimperator im Moment gerade dort sei, wo Aggro Berlin 2003 war. Nur unser »Mein Block« fehlte noch.

Unser »Mein Block« sollte schneller kommen, als wir dachten.

II. PSAIKO.DINO

Die PraktikumSituation

»Ey, hol ma die Post hoch!«, brüllte schnaufend der von den vielen Treppen sichtlich gezeichnete eine Teil meines Praktikum-Chef-Tag-Teams, als er das Büro betrat. »Da wartet 'ne Ladung Flyer.« Ist ja nicht so, dass man die auch einfach selber mit hätte hochnehmen können, wenn man eh dran vorbeiläuft, dachte ich mir. Aber gut, Praktikum halt. Menschenverachtender Scheiß. Muss man durch. Vielleicht bringt’s ja irgendwann mal was. »Ach, und bring doch noch was vom Mc mit, wenn du schon unten bist.« 763 Schimpfwörter gedacht. »Gerne, was denn?« gefragt. »Drei Cheeseburger und 'ne Pommes. Vom Rest kannste dir was holen.« Yeeeees. Mal sehen, was es so für 80 Cent gibt. Völlig motiviert jetzt ob der großzügigen Spende, ging ich los. Richtig schön McSundae-Eistüte. Als ich beim Mc ankam, fand ich heraus, dass die mittlerweile auch 99 Cent kostete.

So sah mein Alltag aus: Post hochholen, Fast Food kaufen. Typischer Klischee-Sklavenspaß halt. Aber ich war darauf angewiesen, weil meine damalige Schule ein 13(!)-monatiges Praktikum verlangte. Irre. Das war eh so ein krasser Saftladen. Völlig unmotivierte Lehrer, jeden Tag Stress mit der Direktorin und dafür regelmäßig den Monatslohn von P. Diddy abdrücken. Privatschule halt. Am Ende sollte immerhin ein staatlich anerkannter Abschluss als Mediengestalter für Digital- und Printmedien stehen. Wenigstens etwas. Meistens war es aber einfach nur ziemlich nervig. Einmal mussten wir einen kompletten Gang streichen, weil wir im Schulhaus Fußball gespielt hatten. Ein anderes Mal mussten wir ein Referat über Alice Schwarzer (!!!) halten, weil wir im Internet Bunga-Bunga-Seiten besucht hatten und deswegen unsere Sexualität gestört sein musste. Is klar. Von daher war das Praktikum durchaus eine willkommene Abwechslung.

Ich war bei Chimperator untergekommen, einem kleinen, aber feinen Musik-Label mit sehr talentierten, aufstrebenden Künstlern. Tua, Maeckes, Kaas, Plan B, Kodimey und, nicht zu vergessen, die verschiedenen Formationen wie die Orsons oder Maeckes & Plan B. Alles geiler Scheiß. Fand ich ja schon ein bisschen gut, dass mein Alltag ab jetzt mit denen zu tun hatte. Ich war Grafik-Prakti und damit zuständig für alles, was der Chef-Grafiker nicht machen wollte oder konnte. Werbeanzeigen, Flyer, CD-Cover: Ich war das Designmädchen für alles und fand das auch richtig gut. Einfach so Sachen machen für Leute, die man cool findet. Und die werden dann auch noch in echt gedruckt.

Außerdem spekulierte ich natürlich darauf, dass ich irgendwann mal meine Beats vorzeigen konnte, die ich seit Jahren hobbymäßig nebenher produzierte. Wäre halt richtig geil. Einmal fragte ich Steffen (den Teil des Praktikum-Chef-Tag-Teams, der nicht schnaufte) beiläufig, ob er Haftbefehl kenne. Damals, kurz vor seinem ersten Album, feierten wir alles von dem. Überkrass. Flow, Stimme, Punchlines, alles innovativ und geil. »Klar, ich kenne den Manager. Wenn du Beats hast, gib her, kann ich direkt weiterleiten«, sagte Steffen. BOAH! Wie krass es wäre, was mit dem zu machen … Die folgende Nacht machte ich durch und baute direkt fünf Beats. Dass ich am nächsten Morgen völlig am Arsch war, machte mir nix aus, denn Hafti pickte einen meiner Beats und packte das Ding sogar kurz vor Deadline noch als Intro auf sein Album. Ich war soooo todesgeflasht. Auf einmal schien mir alles möglich zu sein. Auch auf dem »11 Jahre Chimperator«-Sampler konnte ich einen Beat unterbringen. Ab sofort waren die täglichen Gänge zum Fast-Food-Dealer ein Klacks. Schließlich hatte sich das Ganze ja jetzt schon für mich gelohnt. Ja Ja Ve Ve.

III. BASTI

Meine Musik

Ende 2010 musste ich für ein paar Meetings runter nach Stuttgart. Die Orsons saßen an ihrem dritten Album, und wir überlegten, damit zu einem Major zu gehen. Irgendwie fühlte es sich an, als sei die Zeit reif für den nächsten Schritt. Ich wohnte bei meinem besten Kumpel und Chimperator-Mitbegründer Kodimey. Unser Stuttgarter Büro war damals im Gebäude des Rocker 33, gleich neben dem Hauptbahnhof. Kollege Steffen und Stoffel von 0711 saßen dort, machten den ganzen Tag 100 Veranstaltungen und planten, das Stuttgarter Nachtleben kurz- bis mittelfristig komplett zu übernehmen. Dabei hatte Stoffel irgendwarum eine große Vorliebe für Fast Food entwickelt. Machte man offenbar so in Großveranstalterkreisen. Über einem Wäschekorb Chicken McNuggets zeigte mir Kollege Kody ein paar Tracks von einem Typen, der sich »Lyr1c« nannte. Was für ein unglaublich bescheuerter Name. Skully, ein alter Freund der Familie, hatte ihm das geschickt, weil er es ganz interessant fand. Kody flippte komplett darauf aus. Ich fand’s ganz okay.
Wir suchten ein bisschen im Netz nach dem Typen mit dem bescheuerten Namen und fanden eine Myspace-Seite. Myspace war damals schon total am Arsch. Man verstand überhaupt nicht mehr, wo oben und wo unten war. Kody und ich verloren bzw. vergaßen bestimmt fünf Mal die URL zur Lyr1c-Seite, weil sich das einfach kein normaler Mensch merken konnte. Aber auf der Myspace-Seite gab es ein paar weitere Tracks und vor allem ein kleines Snippet von einem Song namens »Meine Musik«. Kody und ich pumpten alles, was wir von diesem Lyr1c auf unsere Festplatten kriegen konnten, bis tief in die Stuttgarter Nacht. Oft war der neue Praktikant noch da und machte irgendwelche Grafiksachen. Netter Typ, immer für einen flotten Spruch gut. Manchmal bisschen zickig, wenn er Fast Food holen musste. Aber generell cooler Typ, da konnte man nichts sagen. Abends hatte er öfter mal ein Kaltgetränk an der Lippe und pumpte bisschen mit uns Lyr1c.

Außer der Myspace-Seite gab es leider keine Infos über diesen Lyr1c. Kody hatte inzwischen auf den Straßen gehört, dass er wohl irgendwo aus der Stuttgarter Ecke kam, was wir aufgrund der Tracks schon vermutet hatten. Aber mehr wussten wir nicht. Wir mussten den Typen auf jeden Fall ausfindig machen. Irgendwie. Nach dem College-Jacken-Debakel hatte ich richtig Schiss. So was sollte mir nicht noch einmal passieren. Kody schrieb eine Rundmail an Niko, Steffen und mich. Er sei überzeugt, dass dieser junge Rapper das nächste große Ding sein würde. Er nannte ihn nur den »Auserwählten«. Wir mussten den haben.

Wir, das waren Chimperator Productions bzw. Niko, Steffen, Kody und ich. Kody kannte ich seit über zehn Jahren. Er war von Anfang an bei Chimperator und einer meiner besten Freunde. Niko kümmerte sich bei uns ums Finanzielle: Abrechnungen, Künstlergagen, Steuern und den ganzen Kram. Er hatte als DJ von Maeckes & Plan B angefangen und war damals schon eine Art Projektmanager gewesen. Hammertyp. Kody sagt immer: Ohne Niko wären wir keine Firma, sondern schon längst im Knast. Steffen war bei uns für den Livebereich zuständig. Wir hatten ihn als ganz jungen Veranstalter kennengelernt, als er mal Maeckes und Plan B für eine Jam in Göppingen buchen wollte. Er war damals noch ein kleiner Nerd, aber trotzdem schon all das, was ihn heute auszeichnet: hungrig, hyperaktiv, hochaktiviert und mit richtig großen Ambitionen ausgestattet. Hallen buchen, Budgets durchrechnen, Plus machen, das war voll sein Ding.

Wir vier schrieben uns also Rundmails und fahndeten. Und während wir einander Rundmails schrieben und fahndeten und fahndeten, veröffentlichte Lyr1c urplötzlich und ohne Vorwarnung ein komplettes Mixtape mit dem Titel »Meine Musik« zum Free Download im Netz. Er nannte sich jetzt »Cro« und war sogar noch besser geworden. Wir flippten aus. Noch mehr Hits! Und noch mehr Fragezeichen. Ein paar Blogs schrieben über ihn, wirkliche Infos hatte aber keiner. Es gab keine Bio, keine Kontaktadresse, ja nicht mal brauchbare Fotos. Entweder waren die Bilder am Hals abgeschnitten, oder Lyr1cro hielt sich Comicfiguren aus Pappe vors Gesicht. Ein Fuchs.