Eine Büroklammer in Alaska - Guy Grieve - E-Book

Eine Büroklammer in Alaska E-Book

Guy Grieve

4,8

Beschreibung

Guy Grieve führt ein Leben wie Millionen Büroangestellte auch. Ein Job, eine Familie, ein Reihenhaus. Schulden, lange Wege zur Arbeit - und das Gefühl, dass etwas gründlich schiefläuft. Wenn er im Stau steht, träumt er von Abenteuern am wildesten Ende der Welt. Er träumt von Alaska. Eines Tages setzt er alles auf eine Karte. Grieve, im Freundeskreis für seine Ungeschicklichkeit berüchtigt, zieht an den Yukon River. Er will dort überwintern. Mitten in der Wildnis baut er eine Hütte. Er kämpft gegen Wölfe, Bären und seine eigenen Dämonen, er lernt Jagen und Eisfischen - und findet sich schließlich selbst. Eine herzergreifende, wahre Geschichte. Erzählt mit dem Augenzwinkern und dem schwarzen Humor eines Mannes, der das Loch für seinen Kamin eigenhändig ins Dach schoss.

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GUY GRIEVE

EINE BÜROKLAMMER IN ALASKA

WIE ICH MEINEN SCHREIBTISCH GEGEN DIE WILDNIS EINTAUSCHTE

KAPITEL 1 TRÄUMER

Die Stimme am anderen Ende der Leitung klang geschäftsmäßig. Kurz und trocken, aber nicht unsympathisch. »Hier ist die Redaktion des Scotsman, mein Name ist Sonja – wie kann ich Ihnen helfen?« Ich stotterte los wie ein rostiger Außenborder: »Ah ja, äh … Könnte ich Iain sprechen? Ich bin’s, Guy, aus dem zweiten Stock.« Ich hoffte, meine Taktik, nach Iain zu fragen, würde Eindruck machen. Aber Sonja war eine erfahrene Sekretärin. Sie kannte alle Tricks.

»Darf ich fragen, was Sie von Iain wollen?« Höflich, aber ich konnte ihre Verwunderung hören, dass sich ein einfacher Mitarbeiter aus dem Vertrieb beim Herausgeber der ehrwürdigsten Tageszeitung Schottlands meldete.

»Wäre es möglich, einen Termin bei Iain zu bekommen?«

»Er hat gerade sehr viel zu tun, Guy. Worum geht es denn?«

Kurz überlegte ich, ob ich ihr nicht einfach die Wahrheit sagen sollte. Dass ich nämlich kurz davor war durchzudrehen und den Punkt erreicht hatte, an dem es kein Zurück mehr gab. Dass ich nur noch eine Möglichkeit sah, den Kerker meiner Existenz in diesem Büro hinter mir zu lassen: nämlich die Flucht an einen der einsamsten, wildesten Orte der Erde, Welten entfernt von meiner Familie und mit der Aussicht, dabei womöglich draufzugehen.

Stattdessen sagte ich: »Sonja, es mag vielleicht seltsam klingen, aber könnten Sie ihm bitte ausrichten, dass er einen Termin mit mir nicht als totale Zeitverschwendung sehen wird?«

Sie lachte, ein gutes Zeichen. »Guy – um was geht es denn eigentlich?«

»Weiß ich auch nicht so genau, um ehrlich zu sein. Aber ich glaube, dass mir Iain weiterhelfen kann.«

»Warten Sie bitte.« Im Hintergrund klingelten Telefone, es raschelte kurz, Sonja blätterte im Kalender ihres Chefs. Dann war sie wieder dran: »So. Morgen um halb sechs könnte gehen. Kommen Sie einfach rauf, dann sehen wir weiter. Ich kann aber nichts versprechen …«

»Danke, Sonja! Ich werde pünktlich da sein.«

Ich legte auf und erkannte die Gestalt meines Vorgesetzten vor meinem Schreibtisch. Er fixierte mich mit einem seltsamen Gesichtsausdruck. »Sagen Sie, Guy, was ist eigentlich aus der Kalkulation geworden, die Sie mir versprochen hatten?«

Mit einem Blick, der professionelle Konzentration demonstrieren sollte, schaute ich kurz auf und hackte ein dynamisches Stakkato in meine Tastatur. »Bin mittendrin. Kriegen Sie morgen, okay?«

»Morgen. Aber das ist Ihre letzte Chance, Guy. Haben wir uns verstanden?«

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich seit fünf Jahren in der Marketingabteilung des Scotsman in Edinburgh gearbeitet und auf verschiedenen Posten, nicht ohne Erfolg, daran mitgewirkt, neue Wege zu erschließen, wie das Unternehmen auch in Zeiten sinkender Auflagen Gewinn machen konnte. 2002, rund zweieinhalb Jahre nach meinem Einstieg beim Scotsman, entschloss sich ein wohlmeinender Geschäftsführer (der möglicherweise ebenso ratlos war, was meine Zukunft betraf, wie ich selbst ) auszuprobieren, ob ich auch in der Lage sein würde, eine leitende Position zu übernehmen.

Man beförderte mich von meinem Posten als niederer Vertriebsangestellter zum »Leiter der Abteilung Marketingstrategien« und richtete mir eines der kleinen, aber schicken Büros im obersten Stockwerk ein. Eine Zeit lang war ich tatsächlich hochmotiviert: Vielleicht war dieser Wechsel ja der Anfang von etwas Größerem. Ich schmiedete Pläne, tüftelte an Strategien und fühlte mich wie zu Hause in der Chefetage. Regelmäßig hielt ich Meetings ab an meinem Konferenztisch aus Mahagoni-Imitat und servierte meinen Kollegen stolz Kaffee und Kekse.

Die Zeit verging, Wochen wurden zu Monaten, und die Manager warteten geduldig auf meine neuen Impulse. Man munkelte, dass ich an einem Bonusprogramm arbeiten würde, und dabei lag die Gerüchteküche gar nicht so weit daneben. Tatsächlich hatte ich mit Bauhäusern und Gartenmärkten verhandelt und Rabatte für unsere neuen Abonnenten herausschlagen können. Zusätzlich sollte es für jeden neuen Leser ein Geschenk geben: einen Buddelhund aus Porzellan, also eine von diesen Deko-Figuren für den Garten, die scheinbar mit dem Kopf im Sand stecken und wühlen. Der Schwanz unseres Buddelhunds war beweglich, er wedelte im Wind.

Wenn ich mich abends auf den Weg nach Hause machte, drehten sich meine Gedanken um nichts anderes als Bonusprogramme und Abo-Prämien. Zum Glück wohnten wir weit draußen, und bis ich zu Hause war, hatte ich den Tag weitgehend abgehakt. Ich saß jeden Tag drei Stunden im Auto, aber das war mir das Leben auf dem Land wert. Meistens kam ich gerade noch pünktlich, um unserem zweijährigen Sohn Oscar eine Gutenachtgeschichte vorzulesen. Dann verschlangen meine Frau Juliet und ich ein spätes Abendessen, und viel mehr Zeit blieb uns nicht. Am folgenden Morgen schlüpfte ich in aller Frühe aus dem Bett und verließ das Haus auf Zehenspitzen, während meine Familie noch schlief.

Der Startschuss für meine Abo-Aktion kam – und sie entpuppte sich sofort als spektakulärer Flop. Mein Büro war fortan nicht mehr die erste Station auf der Karriereleiter eines jungen Managers auf dem Weg zum Ruhm. Sondern eine Abstellkammer für mehr als tausend Kartons mit der Aufschrift: Buddelhund. Unauffällig wurde ich zurück in die Vertriebsabteilung komplimentiert.

Und das war der Moment, wo ich anfing zu träumen – von meiner Flucht in die Wildnis.

Juliet stand kurz vor der Geburt unseres zweiten Kindes, die Darlehenszinsen für das Haus und die Rückzahlungen für die Kreditkarte machten uns fertig. Wir waren mit solchen Sorgen nicht allein, fast allen unseren Freunden ging es so oder sogar noch schlimmer, aber ich wollte nicht akzeptieren, dass es aus dieser Tretmühle kein Entkommen gab. Es schien, als ob alles, was wir erreicht hatten, auf einem Schuldenberg aufgebaut war, und diese Schulden ließen mir keine andere Wahl, als mich jeden Tag wieder auf den deprimierenden Weg zu meiner kleinen Ecke in der Hölle des Großraumbüros zu machen. Ich stand in der Blüte meines Lebens und verbrachte jeden Tag acht Stunden damit, an einem vollklimatisierten Arbeitsplatz auf einen Computerbildschirm zu starren. Dazu kamen weitere drei Stunden, die ich im Auto saß. Ich fühlte mich wie ein Gefangener.

In meinen Mittagspausen ging ich in den Fitness-Club auf der anderen Straßenseite, wo ich allerdings schon bald einen großen Bogen um die solariengebräunten Typen auf den Laufbändern vor der Spiegelwand machte. Stattdessen fing ich an, draußen zu laufen. Das war meine kleine Flucht vor der Musikberieselung und den vielen aufdringlichen Egos, mein eigenes eingeschlossen, und wahrscheinlich habe ich mit dem Laufritual sogar meine Seele gerettet. Denn jetzt konnte ich die Jahreszeiten nicht nur vom Fenster aus sehen, ich konnte sie riechen. Ich spürte den Schmerz, wenn meine Strecke steil nach oben führte, und die Kälte, wenn ich Wind und Regen ausgesetzt war. Und das fühlte sich gut an.

Mit meinem Lauf entkam ich der trivialen Ödnis meiner Büroexistenz, und ich entdeckte meinen Körper neu. Doch der Genuss, draußen an der frischen Luft zu sein, war gleichzeitig der Auslöser für meine private Rebellion. Zunächst war es nur eine Laune, eine verrückte Idee, aber es dauerte nicht lange und ich verfolgte diesen Gedanken mit zunehmender Ernsthaftigkeit: Ich sehnte mich nach einem Leben in der absoluten Wildnis. In meinen Träumen ließ ich die Fesseln des Alltags hinter mir: diese Welt, in der es auf schicke Büros und Firmenwagen ankam und die allein von Ertragszielen regiert wurde. Was ich stattdessen wollte, waren Bäume und weites Land, jedenfalls genügend Freiraum, um mich selbst zu vergewissern, was es eigentlich bedeutete, ein Mann zu sein, und dabei vielleicht gleich noch einen Weg zu finden, wie ich mit meiner Familie ein größeres Maß an Freiheit erleben konnte.

Meiner Frau fiel es nicht leicht zu verstehen, was mich da gepackt hatte. Auch sie war nicht glücklich mit dem Leben, das wir uns aufgebaut hatten. Was blieb denn übrig davon, wenn man sich den Firmenwagen und das hübsche Haus einmal wegdachte? Wir hatten nichts, keine Reserven, und unser Alltag bestand eigentlich vor allem darin zu strampeln, um nicht unterzugehen. Ich verbrachte so viel Zeit bei der Arbeit und mit dem Pendeln, dass Juliet den größten Teil der Woche auf sich selbst gestellt war – wie eine alleinerziehende Mutter, das war leider die Realität. Sie litt unter meiner wachsenden Verzweiflung, aber verständlicherweise machte sie sich Sorgen, wie es denn weitergehen sollte, wenn ich meinen Job hinschmiss, ohne eine Alternative gefunden zu haben. Im Vergleich zu vielen anderen Menschen ging es uns doch eigentlich gut: ein schönes Zuhause, ein gesunder Sohn und ein zweites Kind auf dem Weg, dazu ein gut bezahlter Job. Warum konnte ich denn damit nicht zufrieden sein? Was wollte ich denn noch? Tief in ihrem Herzen spürte auch Juliet, dass es eben nicht genug war, für uns beide nicht, und dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis wir daran zugrunde gingen.

IM LAUFE DES FOLGENDEN JAHRES verbrachte ich jede freie Minute damit, zu Hause wie im Büro, nach einem Ziel für den Aufbruch in mein neues Leben zu suchen. Bis tief in die Nacht recherchierte ich im Netz und nahm Kontakt zu Menschen am anderen Ende der Welt auf, die mir bei meinem Vorhaben eventuell helfen konnten. Alaska stand schon früh an der Spitze meiner Favoriten: reichlich unberührte Natur, und auf einer gigantischen Fläche von 1717854 Quadratkilometern lebten gerade einmal 600000 Menschen. Mal abgesehen davon, dass der hohe Norden schon immer ein Fixpunkt meiner Phantasie gewesen war, was ich nicht zuletzt den Romanen von Jack London und den Gedichten von Robert Service* zu verdanken hatte.

Vom Rechner in meinem Büro aus entdeckte ich ein überwältigendes, ungezähmtes Land, in dem Menschen schnell zu Reichtum kamen und genauso schnell alles wieder verloren, ein Land, in dem sich kaum je einer allein in die Wildnis vorwagt, auch heute nicht, im 21. Jahrhundert.

*

ROBERT W. SERVICE(1874–1958) stammte aus England, er hatte in Edinburgh eine Banklehre absolviert, bevor er mit 21 Jahren nach Kanada auswanderte. Er schlug sich am Yukon eine Weile mit Gelegenheitsjobs durch, bis er in Dawson eine feste Anstellung bei einer Bank fand. Nebenher fing er an zu schreiben – Gedichte über das raue Leben im Norden.

Ich las von Bärenangriffen und kühnen Märschen über brüchiges Eis, von schneidender Kälte, die einem das Gesicht gefrieren ließ, während man seine Schlittenhunde anspannte oder sich mühte, noch schnell vor Einbruch des Winters eine Hütte zu bauen. Manche der Geschichten aus Alaska waren schreckliche Lehrbeispiele, wie alles schiefgehen kann; sie begleiteten einen Mann oder eine Frau hinaus in die Wildnis und beschrieben in schmuckloser, sachlicher Sprache, wie der Protagonist Schritt für Schritt den Kampf gegen die Elemente verliert. Dann wiederum schmökerte ich in Schilderungen von Mondnachtreisen über funkelnde Weiten aus Eis und Schnee, von Männern, die dem Rauch ihres Lagerfeuers nachschauen, während sie einen Königslachs grillen und auf glühenden Kohlen ihren Kaffee brühen. Mein Herz machte einen Freudensprung, wenn von Einzelgängern die Rede war, die in der Wildnis überlebten, weil sie die Gesetze der Natur verstanden hatten. Goldsucher oder Pelzjäger waren es vor allem, die in den Wäldern so gut zurechtkamen wie die Ureinwohner, und manche der Abenteurer schienen sogar noch besser gerüstet, die Härten des Winters in Alaska zu ertragen. Einige fanden ihr Glück in den Wäldern, andere verloren ihren Verstand oder ihr Leben.

Bei meinen Reisen durchs Internet machte ich Bekanntschaft mit einer Frau vom Volk der Athabasken*, die an der University of Alaska in Fairbanks arbeitete. Anfangs reagierte sie eher zurückhaltend, weil sie – nicht ganz zu Unrecht – vermutete, dass sie es mit einem Irren zu tun hatte. Sie fragte mich sogar nach Referenzen als Beweis dafür, dass es mich wirklich gibt. Die Frau stellte schließlich den Kontakt zu ihrem Bruder Charlie her, der tief im Landesinneren** in einer Siedlung am Yukon zu Hause war und den Lebensunterhalt für sich und seine Familie als Fischer, Jäger und Schreiner verdiente. Das war genau die richtige Ecke von Alaska für mich, viel Wald, wenig Menschen, und Charlie willigte ein, mein Verbindungsmann vor Ort zu sein.

Jetzt gab es nur noch ein Hindernis, das meinem Traum im Weg stand: Ich brauchte Geld.

*

Das Volk derATHABASKENlebt im Landesinneren von Alaska und siedelt vor allem an den fünf großen Flüssen: am Yukon, Tanana, Susitna, Kuskokwim und Copper River. Ursprünglich waren die Athabasken Nomaden, die in kleinen Trupps durchs Land streiften. Heute sind sie zwar auf ganz Alaska verteilt – doch zur Jagdsaison kehren sie regelmäßig in ihre angestammten Jagdgründe zurück.

**

DasBINNENLAND VON ALASKAnimmt den größten Teil des Bundesstaats ein, es umfasst ein riesiges Gebiet von der kanadischen Grenze im Osten bis fast an die Westküste. Im Norden reicht es an den Polarkreis heran, im Süden bis an die Berge der Alaskakette. Durch die Mitte fließt, fast in seiner gesamten Länge von 1875 Meilen, der mächtige Yukon. Nur mal zum Vergleich der Dimensionen: Im Landesinneren von Alaska leben an die 50000 Menschen auf 443000 Quadratkilometern Land; im auch nicht gerade dicht besiedelten Schottland sind es auf rund 79000 Quadratkilometern 6 Millionen Menschen.

Vermögen war wie gesagt keines vorhanden, kein Treuhandfonds, und wenn ich nicht unser Haus noch weiter beleihen wollte, was ich halb scherzend als Option ins Spiel gebracht hatte, was aber von Juliet entschieden abgeschmettert wurde, musste ich überlegen, wie ich an Geld für mein Projekt kommen sollte. Kurz bevor unser zweiter Sohn Luke zur Welt kam, hatte Juliet ihren Job aufgegeben, und die Verantwortung für den Unterhalt unserer Familie lag bis auf Weiteres ganz allein bei mir. Da ich nicht vorhatte, meine Familie mittellos und darbend zurückzulassen, biss ich die Zähne zusammen und machte mich ans Werk. Ich war schließlich nicht der erste Abenteurer, der auf die Unterstützung durch einen Sponsor angewiesen war, selbst Leute wie Kolumbus und Shackleton mussten erst einmal Geldgeber finden, bevor sie sich auf ihre Expeditionen machten. Ich setzte einen Brief auf, der mein Vorhaben skizzierte, und schickte ihn an potenzielle Förderer.

Die Reaktionen reichten von Begeisterung (allerdings in der Regel von einem freundlichen »Nein danke« begleitet) über Ungläubigkeit bis zu unverblümtem Spott. Anfang 2004 hatte ich alle Möglichkeiten ausgeschöpft; bis auf ein oder zwei Kandidaten, die mir ein »Vielleicht« signalisiert hatten, war kein Geldgeber in Sicht. Ich musste eine andere Lösung finden. Die Zeit lief mir davon, und ich ahnte, dass mein Plan zum Scheitern verurteilt war, wenn ich die Sache nicht in diesem Jahr durchziehen würde. Außerdem war mir klar, dass meine Tage im Büro gezählt waren; das Schreckgespenst der Arbeitslosigkeit war nicht mehr weit.

KAPITEL 2 DAS KLINGT JETZT VIELLEICHT SELTSAM …

Pünktlich um halb sechs stand ich vor dem Büro unseres Herausgebers. »Also los, fünf Minuten«, sagte Sonja, seine Sekretärin, und zeigte auf die Tür.

Ich war supernervös. Mir war geradezu übel vor Sorge, dass ich möglicherweise einen Riesenfehler beging. Es nahte der Moment, da alles herauskam, meine geheimen Wünsche, meine Recherche der letzten Wochen, meine Pläne. Und dann würde die Gerüchteküche beim Scotsman gnadenlos darüber herfallen.

Iain winkte mich mit einer Handbewegung zu dem Stuhl vor seinem Tisch, er war noch am Telefonieren und hatte den Hörer zwischen Kinn und Schulter geklemmt. Sein Tonfall war mir auf Anhieb sympathisch, und mir gefiel auch das Durcheinander auf seinem Schreibtisch, der unter Bergen von Manuskripten, Büchern und Zigarettenschachteln kaum zu sehen war. Hinter ihm stand ein altes Regal wunderbar schief im Raum, und auf einem der Regalbretter lag eine halbleere Whiskyflasche. An der Wand neben der Tür hing ein Gemälde von Edinburghs North Bridge, ebenfalls schief. Zu meiner Rechten befanden sich zwei große Schiebetüren, die auf einen Balkon hinausführten, der von einem Geländer aus Stahlpfosten und Drahtseilen eingefasst war. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass ich mich nicht in einem Büro, sondern auf einem Schiff befand, und Iain Martin war in Wirklichkeit der junge Kapitän, der diesen Kahn durch den Sturm steuerte. Plötzlich war sein Telefonat zu Ende, und er hob entschuldigend einen Finger: Moment noch, gleich geht’s los. Kurz tippte er noch etwas in seinen Computer, dann schwang er sich auf seinem Drehstuhl zu mir herum und schaute mich an.

»Also, Guy: Was kann ich für Sie tun?«

Ich sammelte mich noch einmal, bekam aber trotzdem keinen klaren Gedanken heraus: »Ja, also, okay. Das klingt jetzt vielleicht seltsam …«

»Ich bin einiges gewohnt«, sagte er. »Schießen Sie los!«

Unsicher knetete ich meine Finger, dann wagte ich den Sprung ins kalte Wasser: »Iain – ich glaube, ich bin gerade dabei durchzudrehen.«

Er lachte. »Ja, und?«

»Ich muss mein Leben ändern – ich hatte neulich eine entsetzliche Vision, wie meine Zukunft aussehen könnte, wenn ich einfach so weitermache, und es sah nicht gut aus.« War ich das, der sich anhörte wie dieser amerikanische Erweckungsprediger? Mein Gegenüber fragte sich wahrscheinlich schon, ob der Wachdienst noch im Haus war. Also schnell weiter: »Tut mir leid, Sie damit zu behelligen. Sie haben bestimmt viel zu tun, und ich bin mir noch nicht einmal sicher, was ich Sie eigentlich fragen wollte. Außer vielleicht …«

»Guy, jetzt hören Sie doch mit diesem Geschwafel auf. Worum geht es denn eigentlich?«

Ich stand auf und lehnte mich über seinen Schreibtisch nach vorne, wie ein schlechter Schauspieler in einem B-Movie: »Ich werde kündigen und nach Alaska gehen, um in der Wildnis eine Hütte zu bauen. Und da werde ich dann den ganzen Winter verbringen.«

Er kniff die Augen zusammen und wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als das Telefon klingelte. Er drückte den roten, blinkenden Knopf, und es war wieder still.

»Bitte was?«

»Ich bin es leid, immer nur auf meinem Hintern zu sitzen. Ich muss hier raus«, erklärte ich und setzte mich wieder hin.

»Was ist mit Ihren Kindern? Sie haben doch Familie, oder?« Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und starrte mich an.

»Stimmt.«

»Und?«

»Meine Frau versteht mich, sie weiß, wie wichtig das für mich ist. Wir können so nicht weitermachen, und ich hoffe, dass sich mit diesem Projekt etwas ändert in unserem Leben. Wir haben nichts außer Schulden, und meine Familie sehe ich doch auch so kaum noch. Sorry, dass ich das jetzt hier alles ablade.«

Iain stand auf, ging zur Balkontür und schob sie auf.

»Rauchen Sie, Guy?«

»Nein«, sagte ich und nahm die Zigarette, die er mir anbot.

Vom Balkon blickten wir auf die dunklen, nassen Straßen und den Berufsverkehr hinab. Ich spürte eine seltsame Euphorie, meine Anspannung war wie weggeblasen. Die Brücken hinter mir brannten, und ich genoss den Geruch des Feuers. Iain drückte seine Zigarette aus und kehrte an den Schreibtisch zurück.

»Eine Blockhütte wollen Sie also bauen?«

»Ja.«

»Und wo in Alaska?«

»Im Landesinneren, irgendwo am Yukon.«

»Haben Sie so was schon mal gemacht?«

»Nein. Aber ich weiß, wie man mit einer Schrotflinte umgeht, und werde bestimmt nicht verhungern. Vom Handwerk eines Zimmermanns verstehe ich zwar überhaupt nichts, aber ich habe immerhin schon mal auf dem Bau gejobbt. Irgendwie kriege ich das schon hin …«

Er unterbrach mich. »Haben Sie denn Leute vor Ort, die Ihnen dabei helfen können?«

»Nein.«

Er lehnte sich wieder in seinem Sessel zurück und betrachtete die Decke, die von ungezählten Zigaretten ganz gelb war. »Sie werden also ganz allein sein da draußen?«

»Ja, absolut.«

»Aber was ist, wenn etwas schiefgeht? Eine Verletzung, oder Sie werden krank. Können Sie dann Hilfe rufen?«

Ich gab mir große Mühe, Selbstbewusstsein auszustrahlen, aber es wollte mir nicht so recht gelingen. Abwehrend hob ich die Hände: »Ich werde wirklich ganz allein sein. Mehr kann ich dazu nicht sagen.«

Iain schüttelte den Kopf und gluckste vergnügt. Mit einem Schlag war meine Nervosität wieder da. Er hält mich für völlig durchgeknallt, dachte ich, gleich ruft er den Personalchef, und ich fliege raus.

»Warum kommen Sie damit zu mir, Guy?«

»Ich muss irgendwie Geld verdienen, während ich weg bin, und ich dachte, dass ich vielleicht eine Kolumne für Sie schreiben könnte.«

Er schwieg einen Moment und dachte nach. »Dieses Stück über die Fremdenlegion von Ihnen war ganz gut, wenn ich mich recht erinnere …« Er tippte mit einem Bleistift auf die Schreibtischplatte, dann steckte er das stumpfe Ende in den Mund. »Die Story gefällt mir. Also gut: Sie kriegen eine wöchentliche Kolumne, solange Sie es wirklich durchziehen. Sie machen auf mich nicht den Eindruck, dass Sie nur ein Schwätzer sind. Aber weiß Gott, was Ihnen da noch alles dazwischenkommen kann.«

Ich stotterte ein »Dankeschön« und erhob mich. Mir war schwindlig, und das kam nicht nur von der Zigarette. Iain begleitete mich zur Tür und schüttelte mir die Hand. »Wir brauchen an die 800 Wörter pro Woche. Wie Sie das herschicken, ist Ihre Sache. Viel Glück!«

IN EINEM ZUSTAND VÖLLIGER FASSUNGSLOSIGKEIT stolperte ich aus dem Büro. Zum ersten Mal hatte jemand meine Idee ernstgenommen. Ich fühlte mich geschmeichelt – und registrierte gleichzeitig ein leichtes Unbehagen. Wenn mein Traum Wirklichkeit werden sollte, musste ich jetzt Farbe bekennen, musste liefern. Das monatliche Einkommen aus der Kolumne sollte ausreichen, um meine Familie über Wasser zu halten, damit war die erste Hürde genommen. Jetzt musste ich nur noch das Geld auftreiben, um das Abenteuer selbst zu finanzieren.

Ich fuhr nach Hause, langsamer als sonst, und als ich ankam, war Juliet gerade dabei, Oscar und Luke – unser Jüngster war inzwischen ein Jahr alt – nach dem Baden vor dem Kamin trocken zu rubbeln.

»Na, wie ist es gelaufen?«, fragte sie.

»Super. Er hat mir eine wöchentliche Kolumne angeboten.«

Unsere Blicke trafen sich, schweigend standen wir da. Ich sah eine Niedergeschlagenheit in ihren Augen, eine Resignation, die nur schwer zu ertragen war. Hinter ihrem Rücken flackerte das Feuer, sein Schein spiegelte sich auf den warmen Holzdielen. Im Herd wartete das Abendessen, das konnte ich riechen, und aus der Küche hörte ich das leise Murmeln einer Stimme, das Radio. Es hatte zu regnen begonnen, die Regentropfen an der Fensterscheibe glänzten im Licht der untergehenden Sonne.

»Geh mit den Jungs hoch und lies ihnen eine Gutenachtgeschichte vor, Guy. Bringen wir sie ins Bett, dann können wir essen.«

Als wir später darüber sprachen, was jetzt auf uns zukam, war es für mich das erste Mal so, als würden wir über etwas reden, das wirklich passieren sollte. Juliet hatte sich überlegt, dass sie unser Haus vermieten würde für die Zeit, in der ich in Alaska war. Sie wollte mit den Jungs zu ihren Eltern ziehen, auf die Insel Mull vor der Westküste Schottlands, wo sie ein enges Netz von Freunden und Verwandten hatte, die sie unterstützen konnten, wenn sie mal Hilfe brauchte mit den Kindern. Sie starrte mich mit einem Blick an, bei dem ich nicht anders konnte, als wahrheitsgemäß zu antworten. »Guy, bist du sicher, dass du weißt, was du tust? Es gibt Bären da, oder? Und es wird verdammt kalt im Winter. Dazu kommt der Job, eine Blockhütte zu bauen …«

Ich hielt ihre Hand und versuchte, so überzeugend zu klingen, wie mir das unter den Umständen möglich war: »Klar schaffe ich das. Ich kann dir nicht mal sagen, warum ich mir da so sicher bin. Aber ich weiß, dass ich das irgendwie hinkriege.« Ihre Augen blieben starr auf mich gerichtet, und ich konnte mir denken, was in ihrem Kopf vorging: Eine Woche zuvor hatte ich einen kompletten Tag gebraucht, um ein paar simple Ikea-Regale im Kinderzimmer aufzustellen, und jetzt wollte ich in der Wildnis meine eigene Blockhütte bauen.

Gemeinsam erledigten wir den Abwasch, ohne dass ein weiteres Wort gesprochen wurde. Ich dachte an meine kleinen Jungs, die oben in ihren Betten schliefen. Und dann tauchte aus den Tiefen meiner Erinnerung plötzlich der Tag wieder auf, an dem ich versucht hatte, mich für den Militärdienst zu bewerben; Anfang zwanzig war ich da. Am Ende diverser Tests hatte man mir bescheinigt, dass die gängigen Musterungsgrade auf mich nicht anzuwenden waren, ich sei »nicht kategorisierbar«, mir fehle das »nötige angeborene Auffassungsvermögen«. Keine Ahnung, ob ich das wirklich schaffen konnte. Aber ich war fest entschlossen, es wenigstens zu versuchen.

KAPITEL 3 WHISKY HILFT

Ein paar Tage später hatte ich einen zweiten Termin bei Iain.

Danach ging es plötzlich sehr schnell vorwärts. Meine Tage im Verlag waren gezählt, das spürte ich, und der Druck, das Projekt auf die Beine zu stellen, nahm noch einmal zu. An einem der nächsten Abende traf ich mich mit einem engen Freund, der ein gutgehendes Geschäft für Outdoor-Kleidung und -Ausrüstung hatte, Graham Tiso Outdoors hieß der Laden. Chris ist ein kerniger Typ, eher von der ernsthaften Sorte, der nichts so sehr liebt wie ein gutes Abenteuer. Wir tranken ein paar Pints in der Shore Bar im Hafen von Leith, und ich erzählte ihm von meinem verwegenen Plan. Er war begeistert.

»Guy, du musst das durchziehen, unbedingt. Und weißt du was: Du kriegst das Equipment von mir. Vielleicht treibe ich ja sogar ein bisschen Geld auf, wenn du noch was brauchst. Lass dich bloß nicht von deinem Plan abbringen!«

JETZT HATTE ICH DIE UNTERSTÜTZUNG durch Chris und das gesicherte Einkommen aus der Kolumne – für Juliet und mich war damit klar, dass es kein Zurück mehr gab. Nicht ganz leicht für sie, und wenn wir uns morgens voneinander verabschiedeten, hatten wir beide jedes Mal das Gefühl, dass wir unmittelbar vor einer großen Veränderung in unserem Leben standen. Der nächste Einschnitt kam nur ein paar Tage später: Ich wurde in das Büro des stellvertretenden Geschäftsführers zitiert, und dann war amtlich, was ich längst erwartet hatte: Ich war gefeuert. Als ich das Büro verließ, fühlte ich mich seltsam gelassen. Ich schlenderte vorbei an den Tischen meiner Kollegen, die selbstverständlich wussten, dass meine Zeit abgelaufen war, auch wenn es noch niemand offiziell verkündet hatte. Zurück an meinem ehemaligen Arbeitsplatz starrte ich auf die armselige Ansammlung von Papierstapeln, Büchern, Kaffeebechern und Kugelschreibern und überlegte kurz, ob ich jetzt sofort alles leerräumen sollte. Doch aus alter Gewohnheit schaltete ich erst einmal meinen Computer an, klickte auf den Posteingang meiner E-Mails. Eine Nachricht mit der Betreffzeile Highland Park Whisky fiel mir ins Auge. Werbung? Ich öffnete die Mail trotzdem und las:

Hallo Guy,

wir haben uns die Informationen zu Ihrem Alaska-Abenteuer durchgelesen und würden uns gerne daran beteiligen. Rufen Sie mich an?

Mit den besten Grüßen

Sharon McLaughlin

Highland Park Whisky

Ich las die Mail noch einmal mit klopfendem Herzen. Kaum zu glauben, dass eine solche Mail ausgerechnet an diesem Tag bei mir einging. Ich schaute mich im Büro um – irgendwelche grinsenden Gesichter zu sehen? Hatte da jemand einen besonders grausamen Scherz ausgeheckt? Die Mail machte keine konkreten Versprechungen, alles noch sehr allgemein gehalten, aber für mich war es doch ein Wendepunkt. Auf diesen Moment hatte ich gewartet.

Nur ein paar Tage später fuhr ich nach Glasgow, um Sharon McLaughlin persönlich zu treffen. Wir saßen in einer der großen Einkaufspassagen und schauten den Hundertschaften zu, die in ihrer Mittagspause schnell ein paar Einkäufe erledigen wollten. Was konnte Highland Park für mich tun, wo brauchte ich noch Unterstützung bei meinem Abenteuer? Solche Fragen wurden sehr konkret besprochen, und als ich wieder im Zug nach Edinburgh saß, musste ich mich mit gegensätzlichen Emotionen auseinandersetzen. Da waren zum einen Freude und Neugier: Was kam jetzt auf mich zu? Worauf hatte ich mich eigentlich eingelassen? Doch gleichzeitig nagten auch Zweifel an mir: Ich brach auf in ein Land, das noch ungezähmt war, eine echte Wildnis, und richtig vorbereitet war ich darauf nicht. Würde ich das noch einmal bereuen?

KAPITEL 4 TESTAMENT NICHT VERGESSEN

Es wurde Sommer, und unser Garten im Rule Water Valley blühte auf. Das Gemüsebeet hinter dem Haus leuchtete wie ein Smaragd, die Erdbeeren schmeckten besser als jemals zuvor. Dennoch fühlte ich mich taub, meine Emotionen waren wie weggedrückt. In einer Woche würde ich all das hinter mir lassen: die Kinder, unser Heim und die sanfte Landschaft, die uns umgab. Juliet und ich versuchten, im Alltag einfach weiterzumachen und zu tun, als ob nichts wäre, aber die bevorstehende Trennung hing über uns wie eine schwarze Wolke.

Oscar wusste, dass ich weggehen würde. Er hatte die Nachricht ohne Protest hingenommen, weil er keine Vorstellung von der Dauer meiner Abwesenheit hatte. An seinem vierten Geburtstag luden wir an einem heißen Wochenende Freunde zum Grillen ein. Die Ungeheuerlichkeit meines Vorhabens überschattete den Tag, und alles, was wir sagten, wirkte seltsam gestelzt, jede Unterhaltung unnatürlich. Wir standen schweigend da und schauten unseren Kindern beim Spielen zu. Wenn ich die anderen Väter so sah, kamen mir doch wieder Zweifel. Setzte ich mit meinem Projekt den Zusammenhalt unserer Familie aufs Spiel? In den acht Jahren, die Juliet und ich als Paar zusammen waren, hatte keiner von uns mehr als eine Woche ohne den anderen verbracht, und jetzt machte ich mich daran, meine Familie für Monate allein zu lassen. Eine beängstigende Aussicht.

Die nächsten Tage verbrachte ich damit, die letzten Details zu organisieren. Im Outdoor-Laden von Chris rüstete ich mich mit der passenden Kleidung und einem Wildnis-Überlebenspaket aus. Außerdem hatte ich eine Lösung gefunden, wie ich meine Kolumne an die Redaktion senden konnte: Ich musste meinen Laptop mit einem Satellitentelefon verbinden und konnte die Texte dann einfach per Mail verschicken. Von Inmarsat in London bekam ich ein geeignetes Telefon, und sie spendierten mir zusätzlich gebührenfreie Gesprächseinheiten.

Kurz vor meinem Abflug kam abends noch eine Freundin vorbei, die als Hausärztin arbeitete, um mir zu zeigen, wie man sich selbst einen intravenösen Zugang für eine Infusion legt. Sorgenvoll schaute sie zu, wie ich mit einer Butterfly-Kanüle in meiner Armbeuge herumstocherte. Ich beging den klassischen Anfängerfehler, die Nadel so weit in die Vene zu stechen, dass sie auf der anderen Seite wieder herauskam und im blutfreien Gewebe steckte. Nach einigen erfolglosen Anläufen hatte ich kapiert, worauf es ankam. Eine blutige und nicht ganz angenehme Erfahrung, aber nach einer Stunde intensiver Betreuung war ich zuversichtlich, dass ich mir im Notfall lebensrettende Medikamente intravenös verabreichen können würde.

Am nächsten Morgen fuhr ich nach Edinburgh, um einen weiteren Fachmann für medizinische Notlagen zu treffen. Auch er ein enger Freund – und renommierter Chirurg. Wir saßen in einem Pub, wo er den Inhalt eines eindrucksvollen Erste-Hilfe-Koffers auf dem Tisch ausbreitete und mir im Schnelldurchgang das Grundwissen einpaukte, das ich in der Wildnis brauchte: von der Behandlung bei Hundebissen bis zu den Symptomen eines entzündeten Blinddarms. Wir waren so in unser Thema vertieft, dass wir die frühen Zecher an der Bar gar nicht wahrnahmen, die immer mal wieder bang zu uns hinüberschauten. Sie hatten wahrscheinlich Angst, dass für meine Ausbildung in Erster Hilfe noch Versuchskaninchen gesucht wurden. Auch dem Barkeeper schien es nicht ganz geheuer, was wir an Gerät auspackten. Seinem offenen Mund nach zu urteilen, vermutete er wohl, dass es sich bei uns um zwei besonders freche Drogendealer handeln musste, die ihre Ware in aller Öffentlichkeit präsentierten. Zum Glück konnte ich ihn beschwichtigen, bevor er die Polizei alarmierte.

AN UNSEREM LETZTEN GEMEINSAMEN ABEND, die Jungen lagen bereits im Bett, machten Juliet und ich noch eine Runde ums Haus. Vor den Bäumen, die wir im Sommer zuvor gepflanzt hatten, hielten wir kurz inne.

»Tja, jetzt ist es also so weit«, sagte Juliet leise. Wir blickten zurück auf unser kleines Haus. »Ich kann nicht glauben, dass wir uns so lange nicht mehr sehen werden.« Ihre Stimme versagte.

»Ein merkwürdiges Gefühl, ja«, brachte ich hervor. Mehr ging nicht, ich hatte einen dicken Kloß im Hals.

Am nächsten Tag begleitete mich Juliet zum Flughafen. Wir waren umringt von fröhlichen Menschen und Familien, die in den Urlaub flogen. Wir aber standen wortlos da, vom Abschiedsschmerz gequält. Unsere Wege trennten sich, auf Zeit nur, doch wir würden in komplett anderen Welten unterwegs sein. Juliet zog einen großen braunen Briefumschlag aus ihrer Handtasche.

»Guy, das hier haben wir noch vergessen.«

»Ja? Was denn?«, fragte ich.

»Dein Testament. Du musst es unterschreiben.«

Jetzt brauchten wir noch einen Zeugen, und als wir uns nach einem geeigneten Kandidaten umschauten, wanderte gerade ein Pilot an uns vorbei. Ich sprach ihn direkt an: »Sorry, haben Sie vielleicht eine Minute Zeit, um eine Unterschrift für uns zu beglaubigen?«

»Beglaubigen? Um was geht es denn?«

»Ich unterschreibe meinen letzten Willen.«

Er lächelte verunsichert und blickte Juliet an, die wirklich einen sehr deprimierten Eindruck machte.

»Kein Problem, kann ich machen. Aber es ist doch hoffentlich nicht, weil Sie Flugangst haben, oder?«

Juliet verschluckte sich fast vor Lachen, die Situation war wirklich zu grotesk: auf dem Weg zum Gate schnell noch das Testament machen. Für einen kurzen Moment war die Anspannung verflogen.

Doch dann kam die Zeit, Abschied zu nehmen, und es flossen die Tränen. Wir standen vor einem Geschäft, das Businesshemden und Krawatten verkaufte, und hielten uns fest in den Armen. Was jetzt auf uns zukam, war hart: Juliet musste allein mit den Jungs zurechtkommen, das war eine echte Herausforderung. Und mir war klar, dass sie zusätzlich an einer schweren Last tragen würde – der Sorge, wie es mir ergehen würde bei meinen ersten Schritten in einem unbekannten und gefährlichen Land.

KAPITEL 5 RAUCH ÜBER GALENA

Ein winziges Passagierflugzeug, der Rumpf so lang und dünn wie ein Bleistift, rollte auf unser Wartehäuschen am Airport von Anchorage zu. Neben mir warteten sieben weitere Passagiere, die anscheinend alle aus dem Landesinneren kamen, die meisten von ihnen Indianer. Sie hatten Berge an Gepäck dabei; Kisten und Taschen, die vollgepackt waren mit allem, was man bei ihnen im Dorf nicht bekam – von Werkzeug über frisches Obst und Gemüse bis zu Gläsern mit Erdnussbutter. Mir gegenüber saß eine dicke Frau in einem Trainingsanzug, die eifrig auf ihren Hund einredete. Er schaute sie treuherzig an, sprang an ihr hoch und schleckte ihr mehrfach direkt über ihren Mund. Mit ihrem enormen Körperumfang und ihrer dunklen Kleidung sah die Frau aus wie eine gestrandete Robbe.

Der Copilot steckte seinen Kopf durch die Tür unserer Hütte. »Okay, Leute, aufsatteln!«, rief er und schlenderte zurück zum Flugzeug. Alle standen auf, kramten ihr verstreutes Hab und Gut zusammen und folgten ihm aufs Rollfeld. Als ich in die winzige Maschine kletterte, überkam mich eine plötzliche Panik, die sich auch nicht wieder legte, als ich sah, dass es zwischen den Passagieren und den offensichtlich sehr jungen Piloten keine Trennwand gab. Nach einer hastigen Sicherheitsdurchsage hoben wir ab und schraubten uns schnell auf Flughöhe. Ich legte meinen Kopf in den Nacken und versuchte mich an ein paar Entspannungsübungen, die alle nur auf das eine Ziel gerichtet waren: die Kontrolle über meine Blase nicht zu verlieren. Ich hatte den ganzen Morgen nervös von einer Zwei-Liter-Flasche Wasser getrunken und erst an Bord festgestellt, dass so ein kleiner Flieger gar keine Toilette hat. Es war bewölkt, aber hin und wieder konnte ich einen Blick auf die gewaltige menschenleere Landschaft unter mir erhaschen. Ich gab mir Mühe, gelassen zu wirken und nicht aufzufallen unter den sieben wildniserprobten Buschbewohnern, aber ich ertappte immer mal wieder einen, der mich anstarrte. Nicht feindselig, überhaupt nicht, eher neugierig, was diese seltsame Kreatur in einer der entlegensten Ecken des Planeten wohl verloren haben mochte.

Die Wolkendecke wurde dichter, und dann sah ich die nächsten zwei Stunden gar nichts mehr, bis wir über Galena in den Sinkflug gingen. In diesem winzigen Flecken am Yukon also lebte Charlie, den ich schon vor Monaten angeschrieben hatte, ob er mir vor Ort ein wenig helfen könnte. Als ich ihn dann später anrief, um mein Kommen zu bestätigen, hatte er ziemlich überrascht geklungen. Er hatte mich wahrscheinlich für einen harmlosen Spinner gehalten, den man mit ein paar netten Mails und Anrufen abspeisen konnte. Durchaus möglich, dass er seine freundlichen Hilfsangebote inzwischen bereute.

Das Flugzeug taumelte durch Turbulenzen, als wir zur Landung ansetzten, was meiner sowieso schon gequälten Blase nicht gerade gut bekam. Eine schwere Wolkendecke lag über dem Land, und so angestrengt ich auch versuchte, den grauen Schleier mit meinen Augen zu durchdringen, es war einfach nichts zu sehen. »Also schön, Leute, denkt an eure Sicherheitsgurte«, meldete sich der Pilot. Im Anflug auf die Piste sah ich, wie sich etwas Dunkles hinter dem gleichförmigen Grau abzeichnete, und dann waren wir raus aus den Wolken, endlich. Vor mir lag der Fluss, in großen Mäandern teilte er das Land. Wie ein lose geflochtener Zopf umflossen Hauptströmung und Nebenarme die Inseln im Strom, und an einigen Stellen ragten wie Knochen Sandbänke aus dem dunklen Braun des Wassers. Ich wandte mich an den Mann neben mir. »Entschuldigen Sie: Ist das der Yukon?« Wortlos und ohne auch nur den Anflug eines Lächelns schaute er mich an, um dann wie in Zeitlupe zu nicken. Ich drehte mich wieder zum Fenster, aber erneut blockierten Wolken die Sicht. Wie seltsam, dachte ich. Immer noch so viele Wolken, dabei sind wir schon so tief.

DAS FLUGZEUG KAM ZUM STEHEN, und als wir die Stufen hinunterstiegen, empfing uns eine drückend schwüle Luft. Ich atmete tief ein und roch ein vertrautes Aroma. Mein Sitznachbar kam gerade an mir vorbei, und ich fragte ihn: »Sorry, verbrennen die Leute hier Torf?«

Sein Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen, dass seine Goldkronen nur so glänzten. »Nee, hat gebrannt. Sehr großes Feuer.«

»Feuer?«

»Yeah. Und jetzt brennt der Torf im Boden. Die Bäume sind längst weg. Alles verbrannt.« Er lächelte und marschierte weiter, während ich noch auf mein Gepäck wartete, das gerade aus dem Flieger auf einen alten Traktor geladen wurde. Ich schaute hinauf zur Sonne, die schon wieder hinter einem Schleier von Wolken hing, und schlagartig war mir klar, was ich die ganze Zeit gesehen hatte: Rauch. Ich war mitten in einem gigantischen Waldbrand gelandet, der sich bereits tief in den Boden gefressen hatte und die Luft mit dem wunderbaren – wenn auch in dieser Form nicht gerade willkommenen – Duft von glimmendem Torf erfüllte. Die Frage war: Was bedeutete das für mein Vorhaben? Ich nahm meine schweren Taschen und machte mich auf den Weg zum Terminal, der in einer kleinen Blockhütte untergebracht war. Kurz vor dem Eingang trat ein fit aussehender Alaskaner mit einer gelb getönten Sonnenbrille auf mich zu.

»Du bist Guy, richtig?«

Ich stellte mein Gepäck ab.

»Ja, genau. Charlie?«

Er lächelte und nickte, dann streckte er mir seine Hand entgegen. »Das hier ist mein Sohn, Bubba.« Er deutete auf einen jungen Mann, der neben ihm stand und langsam seinen Arm zum Gruß hob. Beide starrten mich an, sie versuchten wohl, sich einen Reim darauf zu machen, was für ein Typ da vor ihnen stand. Wir gingen zu einem ramponierten Pick-up aus den Sechzigern, warfen meine Taschen auf die Ladefläche und stiegen ein. Vom Rollfeld rumpelte der Wagen auf eine ungeteerte Piste. Ich räusperte mich. »Ich habe gehört, dass es ein Feuer gegeben hat. War es sehr schlimm?«

»Ganz große Scheiße«, sagte Charlie. »Alles ist komplett niedergebrannt, es war heftig.«

»Oha«, sagte ich, das klang nicht gut.

»Wir fahren erst kurz bei meinem Schwiegervater vorbei, ich möchte, dass du ihn kennenlernst«, sagte Charlie. »Und dann geht’s weiter nach Hause zu meiner Familie.«

»Vielen Dank, Charlie. Das weiß ich wirklich zu schätzen.«

»Vielleicht kannst du bei Schwiegervater wohnen. Oder auch nicht. Mal sehen.« Sein Satz blieb in der Luft hängen, und meine Anspannung wuchs. Richtig willkommen schien ich hier nicht zu sein.

Wir schepperten die unbefestigte Straße entlang, auf der uns ab und zu Autos entgegenkamen, die ähnlich ramponiert waren wie Charlies Pick-up. »Eure Autos sehen ganz schön mitgenommen aus«, sagte ich, um ein Gespräch in Gang zu bringen.

»So ist das«, erwiderte Charlie. »Wir haben hier nur eine richtige Straße, und keiner denkt daran, seine Kiste zu verkaufen. Wir fahren sie einfach, bis sie auseinanderfallen. Ist uns ziemlich egal.«

»Wohin führt diese Straße?«

»Zur Müllhalde.«

»Nicht weiter, woanders hin?«

»Nein.«

Im Landesinneren, das wusste ich, gab es überhaupt keine Straßen, man kam nur auf dem Wasser voran oder mit dem Flugzeug. Wir rumpelten weiter, an armseligen Hütten und Verschlägen vorbei, bis wir schließlich von der Piste auf einen Hof abbogen, der mit allerhand Gerümpel zugeparkt war. Flusskähne standen da, provisorisch aufgebockt, ein paar große Blechcontainer und alle möglichen Arbeitsmaschinen. An der dunklen Wand eines Schuppens hing, sorgfältig aufgeräumt, ein großes Sortiment an Werkzeugen, allesamt abgewetzt, also offensichtlich häufig benutzt. Charlie bremste und kam in einer Wolke aus Staub zum Stehen. »Hier wohnt mein Schwiegervater«, sagte er.

Ich stieg aus, und mein Blick wanderte sofort zu dem Hauptgebäude des Hofs – einer eleganten Blockhütte, die komplett aus ebenförmigen, an die zwölf Meter langen Stämmen gebaut war. Die Hütte stand auf Stelzen und war auf einem Felsvorsprung errichtet worden, von dem man einen großartigen Blick auf eine langgezogene Flussbiegung des Yukon hatte. Ein beeindruckender Bau auf jeden Fall und erstaunlich groß für eine Blockhütte; der Anblick ließ in mir die Hoffnung aufkommen, dass es mir doch irgendwie gelingen würde, eine solche Hütte zu zimmern – nur ein paar Nummern kleiner eben. Dieses Bauwerk schien regelrecht zu leuchten; die untergehende Sonne verlieh dem Holz einen goldenen Glanz.

Ein lautes Bellen riss mich aus meiner Träumerei, und ein Hund mit schwarzgrauem, struppigem Fell kam auf mich zugeprescht. Ein paar Schritte entfernt blieb er stehen, legte seinen Kopf auf die Seite, bevor er wieder loskläffte. Aggressiv klang er nicht, eher verspielt, und deshalb ging ich auf ihn zu, um mich mit ihm anzufreunden, doch er wich zurück und verzog sich hechelnd in den Schatten unter der Hütte. Wir stiegen eine Holztreppe an der Seite der Hütte hinauf und zogen vor der Tür unsere Stiefel aus. Der Raum, den wir betraten, war riesig, das Dach wurde von Stämmen getragen, die mir vorkamen wie komplette Bäume. Von einem großen Fenster aus konnte man auf den Fluss sehen, und neben der Eingangstür stand ein Herd von ebenfalls enormen Dimensionen, der mit Holz beheizt wurde.

Unentschlossen wartete ich auf der Türschwelle, ich war mir nicht ganz sicher, ob ich eingeladen war reinzukommen. Am ausladenden Esstisch saß ein furchteinflößender Typ, der wohl auf die siebzig zugehen musste. Er trug Arbeitskleidung aus einem robusten Material, die Hose von Trägern gehalten, und auf dem Kopf eine angewetzte Schweißermütze. Mit den Fingern leise auf den Tisch trommelnd schaute er mich an. Neben ihm stand eine Indianerin, offenbar seine Frau. Charlie schob mich in den Raum und steuerte mich zum Tisch. Der Mann stand auf, um mich zu begrüßen, und zwar mit einem Tempo und einer Geschmeidigkeit, die ich ihm nicht zugetraut hätte. »Don«, sagte er, schüttelte lässig meine Hand und kam ohne Umschweife zur Sache: »Ich sag’s lieber gleich – wie du bestimmt gehört hast, hatten wir hier einen heftigen Waldbrand. Charlie hatte gedacht, dass du in meiner Hütte im Wald überwintern kannst. Aber der Schuppen ist leider abgefackelt.«

Wie ein Croupier, der seine Karten verteilt, schob er ein Foto über den Tisch, und was ich zu sehen bekam, war ein Bild absoluter Verwüstung. Das Feuer hatte alles niedergebrannt, nur eine alte Tonne stand einsam in den grauen Aschehaufen. Don schien meine Gedanken zu lesen: »Ja, das war mein Herd«, sagte er und schob mir ein zweites Foto hin. »Und das hier war mein altes Kanu.« Das Boot musste aus Blech gewesen sein, nicht aus Holz oder Kunststoff, sonst wäre es in der Glut verkohlt oder geschmolzen. Grotesk verdreht und wie zusammengeschrumpft lag es da, eine silbern glänzende Bananenschale, die jemand achtlos weggeworfen hatte.

»Brutal«, murmelte ich.

»Das kannste aber laut sagen. Hat mehr als 1200 Quadratkilometer Wald niedergemacht. Kaffee?«

Auf den zweiten Blick schien er mir nicht mehr ganz so wild, fast schon sympathisch – in seinen Augen funkelten eine hellwache Intelligenz und ein quicklebendiger Humor. Aber das half mir jetzt mit meinen eigenen Sorgen auch nicht weiter. Ich setzte mich auf den angebotenen Stuhl und versuchte, wenigstens ein Minimum an Optimismus auszustrahlen, obwohl mir eigentlich eher zum Heulen zumute war. Ich kam mir vor wie ein Kind an seinem ersten Schultag in einer neuen Schule – absolut verloren.

Don stellte mich seiner Frau Carol vor, die mich freundlich anlächelte, sich aber nicht anmerken ließ, was sie wirklich von dem seltsamen Gast hielt. Während sie den Kaffee aufbrühte, beugten sich Don und Charlie über eine Karte der Region. Für einen Moment starrte ich aus dem Fenster und versank in Selbstvorwürfen. Wie konnte ich nur so blöd sein, mich auf eine solche Sache einzulassen, ohne mich vorher noch einmal zu erkundigen, ob alles nach Plan lief? Jetzt war ich 8000 Meilen weit gereist, nur um festzustellen, dass die Pläne, die ich zu Hause geschmiedet hatte, nichts mehr wert waren. Kaum in Alaska angekommen stand ich schon vor der ersten Hürde, die unüberwindbar schien. Ich war mir sicher, dass sich Don und Charlie jede Sekunde zu mir umdrehen würden, um mir zu eröffnen, dass sie mir nicht weiterhelfen könnten, mich aber in Kürze zurück zum Flughafen chauffieren würden. Sie hatten weitere Karten ausgebreitet, und was ich von ihrem Gespräch aufschnappte, war auch nicht gerade geeignet, mir neue Zuversicht einzuflößen: »Nee, da ist auch alles abgebrannt, bis an das Seeufer hier drüben«, sagte Don und zeigte auf einen blauen Klecks auf der Karte.

»Brownie ist gestern hier langgeflogen«, warf Charlie ein und strich mit der Hand über weite Flächen der Karte. »Auch alles abgefackelt. Komplett.«

Beide sahen betreten aus, erst mal wussten sie auch nicht weiter, und einen Moment lang war die Resignation bei allen spürbar. Doch im Dunkel der Frustration flackerte bei mir plötzlich ein Funken Entschlossenheit auf. So schnell durfte ich nun wirklich nicht aufgeben. Ich dachte an meine verpatzte Bewerbung bei der Armee, die mich als Offiziersanwärter nicht nehmen wollte, und an einen schrecklich arroganten Oberst, der uns immer wieder dieselbe Lektion eingehämmert hatte: »Merkt euch eines: Das Erste, was über Bord geht, ist der Plan!« In Gedanken wiederholte ich den Satz wieder und wieder, bis ich ihn plötzlich laut herausprustete. »Andererseits … das Erste, was über Bord geht, ist der Plan.«

Die beiden Männer starrten mich an. Charlies Blick konnte ich nicht wirklich deuten, aber Don lächelte, und ich hatte den Eindruck, dass ihn mein Motto überzeugte. »Ja, da ist was dran. Passt eigentlich in jeder Lebenslage, der Spruch, und wenn man in der Wildnis unterwegs ist, erst recht.«

Ich entschied mich, einen weiteren optimistischen Gedanken zu riskieren: »Vielleicht hat es ja sogar sein Gutes, wenn ausgerechnet in dem Moment, in dem deine Hütte abbrennt, ein Spinner aus Schottland aufkreuzt, der dir eine neue bauen will.«

Meine Worte hingen einen Augenblick lang in der Luft, dann beugte sich Charlie vor und fragte ungläubig: »Moment mal – willst du damit sagen, dass du dir selbst eine Hütte bauen willst?«

»Ja, das hatte ich eigentlich vor.« Ich hielt seinem Blick stand, obwohl ich meiner Sache auch nicht zu hundert Prozent sicher war. »Ich dachte, das wäre klar gewesen, aber wahrscheinlich …« Den Rest des Satzes ließ ich offen.

Im Hof heulte ein Hund. Don faltete die Karten sorgfältig zusammen und sagte: »Gut, dann wollen wir mal sehen, was der Kerl hier alles draufhat. Eins steht jedenfalls fest: Ich habe gerade keine zündende Idee. Für den Anfang kannst du dich in der kleinen Hütte einrichten, die weiter hinten auf meinem Land steht. Morgen sehen wir weiter.«

Ich bedankte mich und wollte wissen, wie viel Geld er für die Unterkunft wollte, aber er hob nur abwehrend die Hände: »Ich hoffe, dass alles so klappt, wie du es dir vorstellst.«

Charlie führte mich zu einer grünen Baracke, die auf ihrem eigenen kleinen Felsvorsprung stand, Aussicht auf den Yukon inklusive. Im Innern war die Hütte weiß gestrichen, in einer Ecke neben dem Fenster stand ein selbstgezimmertes Bett. »Ich hole dich später ab«, sagte Charlie noch, dann stieg er in seinen Pick-up und fuhr davon.

Ich wanderte wieder nach draußen und setzte mich ganz vorn an die Kante des Steilufers. Ein großer Baum trieb in der Strömung flussabwärts, von hier oben sah er aus wie ein Zahnstocher. Eine sanfte Brise strich durch die Nadeln der Weißfichte neben der Hütte und trug den Duft von Harz zu mir herüber. Ich schaute auf die unermesslich weite Landschaft jenseits des Stroms und musste an die vielen Europäer vor mir denken, die ihrem Traum von einem freien Leben gefolgt waren, hierher, nach Amerika. Robert Service, der von England ins kanadische Yukon-Territorium ausgewanderte Dichter, hatte geschrieben:

So lautet das Gesetz des Yukon,

und das Land ruft es hinaus:

Schickt mir nicht eure Narren, eure Schwächlinge,

ich will eure kraftstrotzenden Kerle, die klugen Köpfe.

Ich hoffte nur, ich würde allen zeigen können, dass ich zur zweiten Kategorie gehörte.

KAPITEL 6 NOCH SO’N VERRÜCKTER TYP

Später am Abend holte Charlie mich ab, wir gingen die Straße hinunter zu seinem Haus. Das Dorf war nicht gerade eine Schönheit, alles schien in eine einzige Farbe getaucht zu sein – schlammbraun, wie der Fluss. Die Straße war staubig braun, die Büsche waren mit einer Schicht aus Schmutz überzogen, und jede der Baracken, an denen wir vorbeikamen, wirkte heruntergekommen. Eine deprimierende Szenerie, und die Unterhaltung zwischen mir und Charlie war auch nicht gerade angetan, mich aufzumuntern.

»Manchmal nehme ich Weiße mit auf dem Fluss«, erzählte Charlie, »wird ziemlich einsam, wo wir hinfahren. Ich baue ihnen das Lager auf, und dann gehen wir angeln.« Mit einem Blick, den ich nicht recht deuten konnte, sah er mich an. »Manche sagen dann schnell: Charlie, es reicht, bring uns nach Hause. Sie kriegen Angst und wollen nur noch weg.« Was wollte er mit dieser Geschichte erreichen? Wollte er mich provozieren? Ihn beschäftigte offenbar bereits die Frage, wie lange ich es wohl aushalten würde, allein in der Wildnis.

Zehn Minuten später hatten wir einen Weg erreicht, der uns zum Flussufer führte. Zu meiner Rechten standen Weiden, dicht an dicht, die Zweige hingen wie tot in der heißen Luft, zu meiner Linken lagerte Holz, dicke Stämme, noch unbearbeitet. Ein Stück weiter, näher am Fluss, dann Charlies Haus: komplett zugeparkt von Pick-ups, von denen einige bestimmt fünfzig Jahre auf dem Buckel hatten, und von Motorrädern. Ein Schneemobil war auch darunter, es wirkte wie aus einem falschen Film an diesem schwülen Sommerabend. Charlies Holzhaus war eine skurrile Erscheinung: Auf Stelzen errichtet und zwei Stockwerke hoch, kam mir die Konstruktion vor wie eine füllige Frau auf Stöckelschuhen, leicht schwankend, nach dem Gleichgewicht suchend. »Selbstgebaut?«, fragte ich. Charlie nickte, und wir stiegen die Treppe zum Eingang hinauf.

Drinnen wurde ich von seiner Frau empfangen, Claudette, und seinen fünf Kindern. Die drei Mädchen – Bethany, Pearl und Noo Noo – flüsterten miteinander und warfen mir hinter vorgehaltenen Händen neugierige Blicke zu. Bubba kannte ich ja bereits, er war ungefähr siebzehn, und wie schon bei unserer ersten Begegnung zeigte er sein bestes Pokergesicht. Sein jüngerer Bruder Jack, vielleicht zehn Jahre alt, stand neben ihm und musterte mich mit unverhohlenem Erstaunen. Claudette bat uns an den großen Holztisch, der für das Abendessen gedeckt war; von meinem Platz am Fenster konnte ich direkt auf den Fluss sehen. Alle senkten kurz die Köpfe, während Claudette das Tischgebet sprach, um mich danach wieder anzustarren. Ich winkte den Kindern zu, ein witzig gemeinter Gruß. Bubba zuckte nicht einmal mit einer Wimper, aber Jack lachte, immerhin. Er fragte mich: »Du bist also den ganzen Weg von Schottland hierhergekommen, um in der Wildnis zu leben?«

Ich nickte und gab mein Bestes, Zuversicht und Entschlossenheit auszustrahlen: »Ja, das ist der Plan.«

»Aber warum?«

An meinem Besteck fummelnd suchte ich nach einer Antwort auf diese sehr berechtigte Frage. »Nun, das ist nicht ganz so leicht zu erklären …«, setzte ich an und schaute in die Runde; alle Augen waren auf mich gerichtet. »Was ich damit sagen will, ist, dass die Gründe für unser Handeln komplex sind und es deswegen sehr lange dauern würde, deine Frage vernünftig zu beantworten …« Jack lehnte sich in seinem Stuhl zurück, mit dieser Antwort war er nicht zufrieden, das konnte ich sehen. Claudette brach das Schweigen, indem sie meinen Teller mit einem lecker duftenden Eintopf füllte. »Lass mal, Jack. Unser Gast ist doch gerade erst angekommen.«

Der Eintopf war köstlich und lieferte den perfekten Vorwand, das Thema zu wechseln. »Das Fleisch ist super – ist das von hier?«

»Das ist Elch«, sagte Charlie.

»Wo habt ihr den gekauft?«

Er lächelte. »Wenn wir das Fleisch kaufen müssten, könnten wir es uns nicht leisten. Viel zu teuer.«

»Natürlich«, sagte ich und erinnerte mich daran, dass wir über 500 Kilometer vom nächsten Highway entfernt waren; die meisten Lebensmittel mussten eingeflogen werden.

»Jack hat den Elch geschossen.«

Ich war erstaunt und sah den Jungen an.

»Dein erster Elch?«

»Nein«, sagte er nüchtern.

»Als er seinen ersten Elch geschossen hat, war er sieben«, erklärte Charlie. »Und seither hat er jedes Jahr einen für uns geholt.«

Ich sah den Jungen mit ganz anderen Augen: ein Siebenjähriger, der einen Elch erlegte, immerhin einen 800 Kilo schweren Brocken. Die Familie aß schweigend ihr Abendessen, während ich mir überlegte, wie ich sie mit Anekdoten aus meinem Leben in Schottland erheitern könnte. Vielleicht mit einer Geschichte über meine Zeit als Cricket-Spieler? Ich wendete mich meinem Nachbarn zu, und er senkte sofort die Gabel, offenbar in Erwartung einer komischen Einlage. Er sollte nicht enttäuscht werden. »Jack«, sagte ich zu ihm, »hast du schon mal von einem Sport namens Cricket gehört?«

Er schüttelte langsam den Kopf.

»Also … das ist schon ein ziemlich merkwürdiges Spiel, vielleicht das einzige auf der Welt, das fünf Tage dauern kann, ohne dass es einen Sieger gibt.« Alle am Tisch starrten mich gebannt an, und so setzte ich zu einer umfassenden Beschreibung des komplexen Regelwerks an, das die Welt des Cricket regiert. Ehrlich gesagt bin ich auch nicht gerade der größte Experte auf diesem Feld, aber das Thema war genau das richtige, um die Runde zum Lachen zu bringen.

»Wie hieß deine Position im Team?«, fragte Charlie. »Sag es einfach noch mal, es klingt so schön bescheuert.«

Meine Antwort produzierte sofort neues Gelächter: »Meine Position auf dem Spielfeld nannte sich ›Silly Mid off‹.« Das Dämliche an dieser Position war leider, dass man nah am Schlagmann stand und immer mal wieder mit voller Wucht abgeschossen wurde. Wie zu erwarten kam die Bezeichnung bei den Kindern ausgesprochen gut an, und es wurde noch ein sehr lustiger Abend. Nach dem Essen wollte ich mich bei Charlie und Claudette für ihre Gastfreundschaft bedanken, doch Charlie winkte ab: »Ich werde dir helfen, so gut ich kann. Aber das Leben draußen im Wald ist extrem hart, und du hast absolut keine Ahnung, worauf du dich da einlässt.«

Ich schüttelte den Kopf.

»Dons Hütte ist abgebrannt«, fuhr Charlie fort, »und wir haben keinen anderen Platz, wo du eine neue Hütte bauen kannst, ist dir das klar?« Er sprach langsam und deutlich, als hätte er es mit einem Begriffsstutzigen zu tun. Ich spürte, wie das Blut in meinen Adern pochte. Da war sie wieder, die Panik, dass ich mit meinem Unternehmen sehr schnell scheitern konnte. Claudette sah mich sorgenvoll an: »Guy, das wird wirklich sehr hart für dich, ohne deine Familie. Und es ist tatsächlich gefährlich.«

Mir wurde klar, wie seltsam es den beiden vorkommen musste, was ich mir vorgenommen hatte, vor allem Claudette als Mutter von fünf Kindern. Mir fiel wieder ein, dass Charlies Schwester schon in einer ihrer Mails angemerkt hatte, dass einem echten Alaskaner nichts wichtiger war als die Familie und die Gemeinschaft im Dorf. Und niemals würde einer von ihnen auf die Idee kommen, allein in die Wildnis loszuziehen. Andererseits war ich nicht der erste Europäer, der sein Heil in den Wäldern suchte. Vor allem im 19. Jahrhundert hatten immer wieder Abenteurer versucht, der klaustrophobischen Enge der britischen Klassengesellschaft zu entkommen, wo der Lebensweg eines Menschen vorgezeichnet war, noch bevor er geboren wurde. Alaska war für sie das gelobte Land, der wilde Außenposten der Freiheit.

»Ich verstehe, was du mir sagen willst, Claudette. Es fühlt sich auch für mich schrecklich an, so weit weg von meiner Familie zu sein. Aber es ist wirklich wichtig für uns, und ich bin fest überzeugt, dass ich das Beste daraus machen werde.«

Charlie und Claudette schwiegen, aber ihre Zweifel waren spürbar. Ich sah auf meine Uhr und sagte: »Ich mache mich mal auf den Weg, damit ihr eure Ruhe habt.« Charlie stand auf, um mich eben zu Dons Hof zu fahren, doch ich lehnte dankend ab. »Keine Umstände bitte, ich finde mich schon zurecht. Ich muss ja nur dem Ufer folgen, dann lande ich automatisch bei mir vor der Haustür.«

Ich stieg die knarzende Treppe hinab und lief in der Dämmerung hinunter zum Fluss. Ich war erst ein paar Meter weit gekommen, da schoss ein Hund aus seiner Hütte, bis ihn seine Kette abrupt stoppte; er bellte wie wild, in einer unangenehm schrillen Tonlage. Ich blieb stehen, um mir anzuschauen, wie er an seiner Kette riss und kläffend seine Zähne bleckte. Er war nicht besonders groß, so eine Art Golden Retriever, aber er besaß eine erstaunliche Energie. Ich machte einen Schritt auf ihn zu, bis er meine Jacke mit seinen Pfoten erreichen konnte, und sofort hörte er auf zu bellen. Stattdessen sprang er begeistert an mir hoch und versuchte, mich abzulecken. Ich machte wieder einen Schritt zurück, was er sofort mit einem empörten Kläffen quittierte.

Ich kletterte den steilen Abhang vor dem Haus hinunter, schob mich an ein paar Weiden vorbei und stand am Flussufer. Das Wasser saugte schmatzend am Sand vor meinen Füßen, und alle paar Minuten trieb ein Baum vorbei, mitgerissen von einer mächtigen Strömung, die mich an die Gezeitenströme* an der Westküste Schottlands erinnerte. Ich konnte die Kraft des Yukon spüren, konnte sie hören. Hatte ich eine solche Macht schon einmal erlebt? Im Dorf war inzwischen Ruhe eingekehrt, nur gelegentlich hörte ich noch einen Hund bellen oder auch mal einen einzelnen Schuss, was mich sofort wieder an Charlie und seine Familie denken ließ: Bei den Pionieren im Wilden Westen galt jeder Fremde erst einmal als Feind, bis er die Einheimischen vom Gegenteil überzeugt hatte. Ich konnte es also als großen Vertrauensvorschuss auffassen, dass mich diese Familie so freundlich aufgenommen hatte. Gleichzeitig hatten sie mit ihrer zurückhaltenden Begrüßung auch gezeigt, dass sie auf der Hut waren, und das war nur verständlich. Was wussten sie schon über mich? Mal abgesehen von den Details, die ich ihnen selbst erzählt hatte. Woher sollten sie also wissen, ob ich die Wahrheit sagte? In einem Land, das Abenteurer und Exzentriker aus aller Welt anlockte, war es absolut richtig und notwendig, immer vorsichtig zu sein.

*

Nördlich der Hebrideninsel Jura beispielsweise tobt eine Strömung namensCORRYVRECKANmit 8 Knoten durch eine schmale Meerenge, da sind gewaltige Kräfte im Spiel. DerYUKONkommt auf eine Fließgeschwindigkeit von 5 bis 8 Meilen pro Stunde – er ist also fast genauso schnell unterwegs.

AM NÄCHSTEN MORGEN WACHTE ICH früh auf. Regungslos blieb ich liegen und versuchte, mich in der ungewohnten Umgebung zu orientieren. Als mir klar wurde, wo ich mich befand, packte mich erst mal das Heimweh. Normalerweise zerrten mich meine beiden Kinder um diese Uhrzeit aus dem Schlaf, indem sie vor Freude kreischend auf mir herumhüpften. Einen Moment lang gab ich mich meinem Selbstmitleid hin, aber dann raffte ich mich doch irgendwie auf und zog mich wenigstens schon mal an. Ich legte mich wieder aufs Bett, bis mich ein Klopfen an der Tür endgültig zurück in die Wirklichkeit holte: »Hey«, rief jemand von draußen, »bist du noch da drin?«

Es war Don. Fragend schaute er mich von der Türschwelle aus an. Obwohl es noch sehr früh am Morgen war, schien er ausgeschlafen und voller Elan. Auf den ersten Blick war er mir wie ein echtes Raubein vorgekommen, aber jetzt sah er mich mit einem Blick an, in dem man fast schon etwas wie Anteilnahme erkennen konnte.

»Wie geht’s?«, fragte er.

»Och, ganz gut«, sagte ich und hoffte, dass es etwas optimistischer klang, als ich mich gerade fühlte. Ich folgte ihm nach draußen, und gemeinsam stiegen wir zum kiesigen Strand hinunter. Schweigend schauten wir über den breiten Strom, als ich aus den Augenwinkeln ein großes Tier sah, das schnell auf uns zukam.

»Was zum Teufel ist das?«, rief ich. Don blickte unbeirrt auf den Fluss, aber unter seinem buschigen Schnurrbart zeichnete sich ein Lächeln ab. »Keine Sorge. Der ist ungefährlich.«

Es war der größte Hund, den ich je gesehen hatte. Seine Schulterhöhe lag bei mindestens 1,20 Meter, sein Fell war lang und struppig, und er wog bestimmt mehr als 50 Kilo. »Hey, Dummy«, rief Don. »Komm her!« Das Biest legte den Kopf auf die Seite, als wollte es sagen: »Klar doch, Boss. Aber wer ist denn dieser Junge hier?« Er trabte zu Don hinüber, und ich starrte fassungslos auf die riesigen Abdrücke, die seine Pfoten im Schlick hinterließen. So ein Tier hatte ich noch nie gesehen, außer vielleicht in der Muppet Show. »Was für eine Rasse ist das denn?«, fragte ich.

»Ein Mackenzie.«

Don tätschelte seinen Kopf. »Eine Art Husky. Wurde früher für besonders schwere Transporte vor den Schlitten gespannt, wenn es durch tiefen Schnee ging oder über die Berge.«

»Was ziehen die denn an Gewicht so weg?«, wollte ich wissen.

»Rund 500 Kilo. Mit den großen, breiten Pfoten und den muskulösen Schultern geht das, und Freude am Ziehen haben sie natürlich auch.«