Eine Rose stand im Tau - Anna Pevlov - E-Book

Eine Rose stand im Tau E-Book

Anna Pevlov

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Beschreibung

Roman nach einer wahren Begebenheit: Tessas Familie wurde 1946 als Deutsche aus Ungarn vertrieben. Es begann ein Neuanfang in Deutschland. Nach behüteter, liebevoller Kindheit mit ihren Eltern änderte sich ihr Leben. In ihrer Ehe mit drei Kindern musste sie Not, Angst und versteckte häusliche Gewalt ertragen und hat Gott sei Dank überlebt. Weitere Schicksalsschläge kamen noch hinzu. Und jetzt: Durch eine liebevolle Beziehung in hohem Alter beschreibt dieses spannende Buch wie Tessas Leben sich zum Guten wendet

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Die Rose stand im Tau

es waren Perlen grau. Als Sonne sie beschienen, wurden sie zu Rubinen.

Friedrich Rückert (1788 – 1866)

Ein neues Leben nach Not und Angst

Anna Pevlov

Eine Rose stand im Tau

„Annas Geschichte hat mich im Herzen berührt. Gefühlsvoll gibt sie Einblicke in ihren schwierigsten Zeiten und schafft es einen in den Bann zu ziehen.“

Nina Barth Schriftstellerin & Journalistin

Inhaltsverzeichnis

Zuwanderung der Deutschen nach Ungarn

Zur Geschichte Ungarns

Kriegszeit

Einschulung

Veränderung durch neue Wohnräume

Währungsreform

Die Schule

Freundinnen

Ausbildung und Beruf

Erste Liebe

Heirat – Probleme tauchen auf

Die junge Familie

Waschtage

Große Probleme und das Ende der Ehe

Thema Wohnungssuche und neue Probleme

Kraftakt

Zweiter Versuch

Gesprächstermin

Weihnachtszeit

Führerscheinentzug

Willkommene Abwechslung

Absoluter Bruch

Wohnungssuche zum Zweiten

Hilfsbereitschaft

Ausbildung und Erfolge der Kinder

Trügerische Ruhe

Harmonie

Traurige Nachricht

Versäumnis und Neuanfang

Enkelglück

Zweisamkeit gewünscht

Neue Probleme

Neue Wohnung

Sorgen im verwandtschaftlichen Umfeld

Es gibt ein Happy End

Schlusswort

Im Juli 2020. Mein Name ist Anna Pevlov. Mein Mann Paul und ich hatten uns ein Wohnmobil gekauft und unseren Traum erfüllt, auf diese Art zu reisen. Dann kam die Frage: Wo wollen wir unseren wohlverdienten Urlaub verbringen? Wir entschieden uns einvernehmlich für Istrien. Ein Campingplatz direkt am Meer war das Ergebnis unserer Suche. Ein schöner, gepflegter Platz mit Wasser- und Stromanschluss.

Unsere unmittelbaren Nachbarn begrüßten uns sehr herzlich. Dies war sehr angenehm und sie waren uns beim Einrichten behilflich. Gegenseitige Hilfe ist auch bei Campern nicht immer selbstverständlich. Im Gespräch erfuhren wir dann nähere Einzelheiten. Die Nachbarn waren Theresia und Rudi und sie kamen wie wir aus Baden-Württemberg. Der Campingplatz war „erste Klasse!“ Die ganze Anlage war sehr gepflegt. Entlang der Einfahrt leuchteten Hortensien in verschiedenen Farben und es duftete betäubend nach Rosmarin. Sehr angenehm war auch die deutschsprachige Begrüßung an der Rezeption. Egal welche Fragen wir hatten, sie wurden immer ausführlich und zufriedenstellend beantwortet. Wegen Corona war es besonders wichtig, auf Abstände zu achten. Die Möglichkeit zur Desinfektion der Hände im Eingangsbereich der Rezeption wurde angenommen und korrekt genutzt.

Ein Schwimmbad mit mehreren Becken war auch auf dem Campingplatz. Ein schönes Restaurant und ein Imbiss luden zum Verweilen ein. Die Möglichkeit, regionales, frisches Obst und Gemüse einzukaufen war mehrfach auf dem Platz vorhanden. Die Sanitäranlagen waren neu und sauber. Auch den Wein aus der Region, von der Sonne verwöhnt, hatten wir entdeckt. Die kroatische Gastfreundschaft ist ansteckend und die Menschen waren in Sommer- und Urlaubslaune. Morgens beim Öffnen des Wohnmobils sahen wir die aufgehende Sonne die sich glitzernd in den sanften Wellen spiegelte. Zum Frühstück gab es auf Bestellung frische Brötchen. Nach einem gemütlichen Frühstück vor dem Wohnmobil und einem nachbarschaftlichen Schwätzle gingen wir schwimmen. Es gab viele Tage an denen wir mindestens zweimal schwimmen gingen. Tessa und Rudi mieteten einen Kleinwagen, um die Halbinsel zu erkunden. Sie fuhren an der Küste entlang nach Pula und weiter bis Medulin. Am Abend berichteten sie uns freudestrahlend von den vielen Eindrücken. Es war ein warmer, sonniger Tag, den sie genossen hatten.

Während sich unsere Männer immer wieder in technische Gespräche vertieften gingen wir Frauen gemütlich zum Kaffeetrinken. Theresia, ich nannte sie Tessa, sie nannte mich Anne, bemerkte meinen Akzent und fragte mich nach meiner Herkunft. Das war das Stichwort für eine lange Geschichte. Und ich -Anne- erzählte: Ich bin 1961 in Kasachstan geboren und lebe seit 1980 mit meiner Familie in Deutschland. Meine Vorfahren waren Deutsche und kamen aus dem Raum Hechingen.

Sie waren vor 300 Jahren aus Deutschland ausgewandert mit dem Versprechen, ein besseres Leben zu haben. Es vergingen Jahre in Kasachstan und die Einwanderer waren mit den Versprechungen nicht zufrieden, denn sie hatten sich nicht erfüllt. Die Familien aus dem Raum Hechingen waren befreundet, sie hielten zusammen und pflegten ihr Deutschtum. So besprachen sie auch miteinander die Möglichkeit, wieder zurückkehren zu wollen in ihre alte Heimat - Deutschland - .Erst waren es einzelne Familien, die eine Rückkehr nach Deutschland beantragten, dann wurden es immer mehr. Auch meine Familie hatte die Ausreise beantragt. Die Wartezeit bis zur Genehmigung war zermürbend. Als meine Familie die Erlaubnis auszureisen bekam, war ich glücklich und traurig zugleich, denn zu dieser Zeit hatte ich einen Freund, den Paul. Wir versprachen uns, aufeinander zu warten, egal wie lange es dauert. Ein großes Versprechen über diese große Distanz. Wir schrieben uns in der langen Zeit der Trennung viele Briefe. Dies war möglich.

Unsere Familie wurde getrennt, denn meine Schwester die verheiratet war bekam erst viel später die Zusage zur Ausreise. Dies war eine große Belastung. Oft waren wir traurig, weil wir nicht wussten, ob es jemals ein Wiedersehen geben wird. Die Familie meines Freundes hatte auch noch keine Ausreisegenehmigung. Die besonderen Gründe für solche Entscheidungen und Wartezeiten waren uns nicht bekannt. Der rege Schriftverkehr zwischen Paul und mir war uns ein Trost.

Es vergingen noch weitere Jahre bis mein Freund mit seiner Familie in Deutschland ankam. Sie brauchten eine geraume Zeit der Eingewöhnung. Sie wussten viel von ihren Vorfahren über Land und Leute. Die Wirklichkeit war dann aber doch neu und gewöhnungsbedürftig. Wir waren zusammen und das war uns wichtig. Nachdem die Familie meines Freundes Paul sich in der neuen Heimat gut eingelebt hatte, haben Paul und ich geheiratet.

Tessas Vorfahren waren auch Deutsche und kamen aus dem Main-Tauber-Kreis in Baden-Württemberg. Wir unterhielten uns über alle möglichen Dinge. Am meisten tauschten wir uns über unsere Vergangenheit und unser Leben aus. Wir hatten viel erlebt was spannend war voneinander zu erfahren. Irgendwann brach es aus mir heraus und ich sagte: „Du musst ein Buch schreiben!“ Sie hatte so viel erzählt was mich mitgenommen und gerührt hatte und was mich zu der Idee verleitete, dass sie ihre Geschichte aufschreiben sollte. Tessa schaute mich überrascht an und sagte dann spontan: „Nein, aber schreib doch Du.“

Und nun? Jetzt schreibe ich Tessas Lebensgeschichte.

Zuwanderung der Deutschen nach Ungarn

Tessa wurde1940 als zweites Kind in Ungarn in der Batschka (ungarisch Bácska) geboren. Ihr Bruder Fred war acht Jahre älter. Ihre Eltern waren Michael und Anna. Beide stammten aus kinderreichen Familien. Anna war jüngstes Kind von sieben Geschwistern und Michael war drittes Kind von sechs Geschwistern. Anna beaufsichtigte die Kinder ihrer älteren Geschwister, wenn diese ihrer Arbeit nachgingen. Sie war für Haus und Garten, die Kinder und die Haustiere zuständig. Dies war in jungen Jahren schon eine schwere Aufgabe für sie. Michaels Mutter verstarb bei seiner Geburt. Sein Vater heiratete wieder und Michael bekam weitere drei Geschwister. Welch große seelische Belastung für ein Kind daraus entstand, ist nicht vorstellbar. Für Liebkosungen und Streicheleinheiten war im strengen Tagesablauf wenig Zeit. Die Armut war groß und die Feldarbeit erforderte viel Einsatz.

Die Deutschen blieben unter sich und pflegten ihr Deutschtum. Nachbarschaftshilfe war höchstes Gebot. Sie wurden oft von den Einheimischen gehänselt, wenn sie ihre deutschen Lieder sangen. Ein Lied war besonders spektakulär. „In der Heimat in der Heimat gibt es ein Wiedersehen!“ Niemand ahnte, dass diesmal Wahrheit werden sollte. Die Menschen kämpften um ihr tägliches Brot. Sie konnten sich im Taglohn bei Großgrundbesitzern etwas dazu verdienen. Die Alltagsarbeit musste trotzdem bewältigt werden. Die Familien hatten ein kleines Haus mit Garten und verschiedenen Tieren die versorgt werden mussten. Erst die Tiere dann die Kinder. So war es üblich. Die jüngeren Geschwister mussten die Kleidung der älteren Geschwister abtragen. Morgens wurde ganz früh ein großer Topf Kartoffeln gekocht. Nur die Kinder die Schuhe hatten, konnten im Winter zur Schule gehen. Es gab keine Socken. Um Blasen zu vermeiden wurden Lappen um die Füße gewickelt. Die Kinder bekamen zwei heiße Kartoffeln in die Hosentasche für den Schulweg. Daran konnten sie sich die Hände wärmen und dies war dann gleichzeitig ihr Vesper in der Pause. Die Kinder waren immer hungrig. Wenn sie nach ihrem langen Schulweg nachhause kamen gab es dann Brotsuppe oder Gemüsesuppe oder wieder Kartoffeln. Fleisch gab es nur am Sonntag. Die Kleinsten haben am meisten gelitten. Sie konnten sich noch nicht behaupten. Es gab keine Schulpflicht und deshalb waren viele Menschen Analphabeten. Diese Begebenheiten erzählte Tessas Vater noch im hohen Alter. Das Langzeitgedächtnis hat dazu beigetragen. Die deutschstämmigen Menschen trafen sich zu Festlichkeiten und verheirateten sich weitgehend mit Deutschen. Es bestand ein großer Zusammenhalt. Die Verwandtschaft war zum Teil weit verstreut und so waren die nächsten Nachbarn, Deutsche, Rumänen und Jugoslawen die wichtigsten Menschen.

Zur Geschichte Ungarns

Ungarn war 150 Jahre bis 1686 osmanisch besetzt. Von 1686 bis1689 war Krieg und die Osmanen waren besiegt. Danach war Ungarns Landschaft verwüstet und die Bevölkerung reduziert, wenn man das so sagen darf, weil viele Menschen während der Besatzung und des folgenden Krieges ihr Leben verloren hatten. Grundherren warben um Zuwanderer mit Angebot von Grund und Steuerbegünstigung bis zu sechs Jahren. Demzufolge übersiedelten viele Menschen von 1700 bis 1720 aus Bayern, Hessen, Baden und Württemberg nach Ungarn. Auch Tessas Vorfahren wagten diesen Schritt, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. In Deutschland war zu dieser Zeit auch große Armut. Der angebotene Grund und Boden war schwer zu bearbeiten. Es war zum Teil Moorgebiet und erforderte große Anstrengung bis wirtschaftlicher Ertrag möglich war.

Tessas Vater Michael, geb.1896 und Tessas Mutter Anna, geb.1902 heirateten 1920. Es wurde zu jener Zeit jung geheiratet. Sie wurden von den Eltern „einander versprochen.“ Dies ist heute nicht mehr vorstellbar. Ob es Liebe war oder eine Zweckgemeinschaft ist nicht bekannt. Sicher wurde es mit der Zeit Liebe mit Respekt und mit gegenseitiger Verantwortung. Sie kamen beide aus christlichen Familien und waren sehr gläubig. Dies gab ihnen die Kraft für die Gründung ihres eigenen Hausstandes. Michael und Anna arbeiteten im Tagelohn bei Großgrundbesitzern. Arbeitszeit war von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Mit ihren Ersparnissen erwarben sie sich ein Grundstück mit Ackerland und Weingarten. Sie bauten sich ein kleines Haus. Das Material für die Wände war Lehm und zerkleinertes Stroh. Diese Masse wurde in viereckige Formen gefüllt und luftgetrocknet. Zu dieser Zeit wurden die Dächer auch mit Stroh gedeckt. Tessas Eltern hatten sich schon die Mittel für Dachziegel angespart.

Nachdem das Haus stand wurde ein Schuppen errichtet, damit die Tiere auch ihre Behausung hatten. Zeitnah wurde ein Zaun um das Grundstück gezogen um den Tieren einen gewissen Auslauf zu ermöglichen. Abgetrennt davon gab es noch den Obst- und Gemüsegarten und die Blumenrabatte. Haus und Garten und auch der Weingarten wurden gehegt und gepflegt. Das war ihr ganzer Stolz. Mutter Anna hatte besondere Freude an Blumen und der Garten war ein Blumenmeer. Deshalb wurden Rosen und Rosmarin ihre liebsten Blumen und Kräuter. Das Grundstück war groß genug um Gemüse aller Sorten anzubauen. Im Hof war ein Ziehbrunnen. Dies war die einzige Wasserversorgung für die Menschen, die Tiere, den Garten, die Wäsche und persönliche Hygiene. Alles war auf diesen Brunnen angewiesen. Mit einem Eimer wurde Wasser aus dem Brunnen geschöpft. Danach wurde der Brunnen immer abgedeckt, um jede Verschmutzung zu vermeiden. Im Sommer spielte sich alles im Freien ab. Im Garten wuchsen auch Melonen, die im Brunnen gekühlt eine besondere Delikatesse waren. Im Sommerhalbjahr war viel Arbeit um für den Winter vorzusorgen. Nachdem die Tiere morgens versorgt waren ging es in den Weingarten oder aufs Feld. Je nach Bedarf musste gejätet oder entlaubt werden. Das Schönste war dann im Herbst der Lohn für die Arbeit, die Obst- und Gemüseernte und die Weinlese.

Das Grundstück war in der Nähe der Bahnlinie zur nächsten Stadt, die 12 Km entfernt war. Ein Fahrweg und eine Allee von Akazienbäumen und im Sommer üppig blühendem Klatschmohn grenzten an das Grundstück. Das Haus hatte zwei Stuben und eine Wohnküche mit einem großen Fenster zum Garten. In der Scheune wurden die Vorräte aufbewahrt. War die Ernte dann eingebracht trafen sich die Nachbarn an Winterabenden abwechselnd in den beheizten Stuben. Die Männer spielten Karten und die Frauen strickten, spannen oder stickten. Tessas Mutter konnte sehr schön sticken. An solchen gemeinsamen Abenden wurden die allgemeinen Begebenheiten des Dorfes besprochen. Der Hausherr war zuständig für Getränke. Sein ganzer Stolz war es, seinen Gästen seinen eigenen Wein zu kredenzen.

Nach zwölfjähriger Ehe wurde 1932 Fred geboren. Ein zarter, kränklicher Junge. Nach der Stillzeit gab es Kuhmilch die er nicht vertrug. Ersatznahrung gab es nicht. Mutter Anna meinte es besonders gut mit ihm und