Fantastische Diebin - Sabineee Berger - E-Book
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Fantastische Diebin E-Book

Sabineee Berger

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Beschreibung

Lisa ist eigentlich ein nettes, unkompliziertes Mädchen mit einer 'zauberhaften' Gabe fürs Schlösserknacken. Das alleine würde sie vielleicht noch nicht zur Diebin machen, doch ihr schlechtes Gespür für die richtigen Männer lässt sie eine Dummheit nach der anderen begehen. Als sie im Auftrag ihres Liebhabers eine reiche Familie bestiehlt, wird sie kurz darauf zum ersten Mal geschnappt. Allerdings nicht von der Polizei, sondern von zwei Schlägertypen der Familie Logis, die sie bestohlen hat und deren Familienmitglieder eine leichte Affinität zur Mafia haben. Fürs Erste ist das nicht so schlimm, denn Lisa wird weder getötet noch der Polizei übergeben. Sie muss nur einen heiklen, magischen Auftrag für die Familie erledigen. Doch genau damit riskiert sie Kopf und Kragen, aber vor allem ihr Herz.

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Sabineee Berger

Fantastische Diebin

 

 

 

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- gekürzte Vorschau -

Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

01.Kapitel

02.Kapitel

03.Kapitel

04.Kapitel

05.Kapitel

06.Kapitel

07.Kapitel

08.Kapitel

09.Kapitel

10.Kapitel

11.Kapitel

12.Kapitel

13.Kapitel

14.Kapitel

15.Kapitel

16.Kapitel

17.Kapitel

18.Kapitel

19.Kapitel

20.Kapitel

21.Kapitel

22.Kapitel

23.Kapitel

24.Kapitel

25.Kapitel

26.Kapitel

27.Kapitel

Epilog

Weitere E-Books

Impressum tolino

Prolog

Sie hatten ihr die Augen verbunden und gingen nicht gerade zimperlich mit ihr um. In ihrem Mund schmeckte sie Blut und ihre rechte Wange pochte von einer heftigen Ohrfeige. Doch im Prinzip waren sie noch halbwegs milde zu ihr. Der Schmerz war sowieso Lisas geringstes Problem! Die beiden Männer hatten sie am späten Abend in ihrer Wohnung überfallen, nach einem kurzen Kampf überwältigt und in ihr Auto gezerrt.

Während der Fahrt wurde sie nicht angerührt, aber mit Worten gedemütigt, die sie nicht einmal in Gedanken wiederholen wollte. Die Männer waren selbstgefällig und herablassend und ihr Rasierwasser stank zum Himmel. Zumindest für Lisa, die nur ein paar wenige der künstlichen Düfte ertragen konnte.

Sie war eine Diebin und zudem eine Frau. Diese Kombination reichte offenbar, um respektlos behandelt zu werden. Okay, vielleicht lag es auch daran, dass sie vor ein paar Tagen ausgerechnet den Boss dieser beiden Kerle bestohlen hatte. Einen Mann mit dem klingenden Namen Alexandro Logis und dem etwas weniger prickelnden Zusatz von ‚der Schlächter Roms‘.

Tja, manchmal war das Leben eben grausam.

Die Fahrt dauerte mehr als eine Stunde und Lisa war bereits fix und fertig, als der Wagen endlich stoppte. Sie wusste, dass sie nur ein One-Way-Ticket bekommen hatte und ihr Leben ab nun keinen Cent mehr wert war. Doch sie nahm sich vor nicht in Selbstmitleid zu verfallen, sammelte ihre Kräfte und versuchte sich auf die bevorstehende Konfrontation einzustellen. Sie war eine Diebin, daran führte kein Weg vorbei und sie hatte eindeutig den falschen Mann und seine Familie bestohlen.

ABER!

Sie wollte nicht Lisa Lordani heißen, wenn sie wegen solch einem Rückschlag gleich aufgab! Und wer wusste schon, wie die Karten tatsächlich gemischt waren oder was am Ende noch alles möglich war? Vielleicht war Alexandro Logis ja gar nicht solch eine Bestie, wie sie gerade annahm. Wenn sie Glück hatte würde er sie also nicht gleich foltern oder töten, sondern einfach nur der Polizei übergeben. Einfach nur! Sie schnaubte leise, denn auch das wäre natürlich eine Katastrophe, wenn auch wenigstens keine lebensbedrohliche. Aber was machte sie sich vor! In Wahrheit trieb ihr schon der Gedanke an Folter kalten Schweiß auf die Stirn. Hilflos zu sein bereitete ihr Unbehagen und … sie hasste Schmerzen. Mehr als alles andere.

Jetzt, wo der Wagen angehalten hatte und sie offenbar am Ziel angekommen waren, wurde ihr all das bewusst und sie bekam Panik. Waschechte, furchtbar ernüchternde Panik mit Atemproblemen. Denn das hier war mit Sicherheit ihre ganz persönliche Endstation.

Die Autotür wurde aufgerissen und ihr Arm gepackt. Der Mann brummte etwas Unverständliches und zerrte sie brutal aus dem Wagen. Dann stellte er sie kurz ab, als würde er verstehen, dass sie verschnaufen und ihr Gleichgewicht finden müsste. Doch von Verständnis konnte keine Rede sein! Auch der zweite Mann war längst ausgestiegen und begann Lisa ohne Vorwarnung zu schubsen. Ein Stoß hier, ein Stoß da. Lisa stöhnte. Mal schubste er fest, dann wieder ganz leicht. Zuerst der eine, dann der andere. So flog Lisa ständig hin und her, bis sie stolperte, zu Boden ging und wimmernd liegen blieb. Mistkerle! Die Männer durften sie scheinbar nicht ernsthaft verletzen, aber dafür spielten sie doch tatsächlich gerade ein wenig Pingpong mit ihr. Gott, wie sie das hasste!

„Hoch mit dir, aber schnell!“, blaffte einer der Kerle. „Jetzt geht’s gleich richtig zur Sache, du diebische Elster“, lachte genau der, der so fürchterlich nach Rindvieh stank. Selbst sein Aftershave konnte den herben Geruch dahinter nicht länger übertünchen. Lisa ekelte sich vor ihm mehr als vor dem anderen und hatte zudem höllische Angst vor den nächsten Minuten. Doch sie rappelte sich tapfer auf und kam in die Höhe. Lisa Lordani, ich bin Lisa Lordani ... sagte sie sich mantramäßig vor, als würde ihr der Name alleine schon Kraft schenken, oder sie vor dem Schlimmsten bewahren. Was – in Anbetracht ihrer Situation – ein schlechter Witz war. Vermutlich klammerte sie sich damit nur verzweifelt an ihre Existenz, an das Fünkchen Leben, das ihr bisher nicht viel geschenkt und dennoch genügend bedeutet hatte. Sie hatte in eben diesem Leben schon viel verbockt und noch weniger erreicht, aber sie liebte es wie ihr Herz schlug und wie die weiche Luft ihre Lungen füllte. So herrlich frisch und lieblich. Ihr Körper war schön, gesund und eine Bereicherung. Stets war sie voller Hoffnung gewesen, eines Tages das Richtige zu tun und die Weichen anders zu stellen, ehrlich und eventuell sogar häuslich zu werden … mit Ehemann, Kind und all dem Drumherum, was dazugehörte. So, wie es nun mal richtig war und wie es in ihren Augen irgendwann und irgendwie möglich sein würde. Und jeder wollte schließlich mal glücklich sein, sich sicher und geborgen fühlen und … geliebt werden.

Unbewusst schüttelte sie den Kopf, denn zum Träumen war nun wirklich die falsche Zeit. Vielmehr konzentrierte sie sich auf ihre Beine und darauf stabil zu stehen. Doch es war gar nicht so leicht nach all der Schubserei das Gleichgewicht zu halten. Dazu hatte sie immer noch ihre Augen verbunden und die Hände auf den Rücken gefesselt. Lisa war benommen und orientierungslos, aber das wusste der Stinkstiefel neben ihr ja längst, denn er packte sie hart am Oberarm und bot ihr nun seine ganz persönliche Orientierung. Und die war wie ein Fahrschein direkt ins Verderben. Vorwärts und immer weiter zog er sie, über Treppen hinauf, hin zu einem Haus, wo Alexandro Logis vermutlich schon auf sie wartete. Ihre Panik verdoppelte sich automatisch und ihr Herz schien nur noch in unregelmäßigem Staccato zu schlagen. Wenigstens war der andere Entführer ‚zurückgeblieben‘. Wie passend! Ha! Doch zum Lachen war das alles nicht, denn sie stand schließlich vor dem Haus des Schlächters, ihrem persönlichen Richter und Henker. Dem Geräusch nach wurde bereits die Haustür geöffnet und Lisa hatte Mühe nicht laut zu schreien. Eine fremde Stimme murmelte einen Gruß, aber sie ging davon aus, dass sie den nicht erwidern musste.

Sie wurde vorwärts geschubst ... direkt hinein in die Höhle des Löwen. Oder hieß es Hölle des Löwen? Sie stolperte zwar erneut, fiel aber nicht zu Boden. Ihre Sinne spielten noch verrückt, aber die Kühle des Bodens nahm sie trotzdem überdeutlich war. Kühl und glatt ... wie Marmor, dachte sie und spreizte ihre Zehen. Ihre Füße waren nackt, weil sie direkt aus ihrer Wohnung entführt worden war. Niemand trug Schuhe in seinem Zuhause, außer vielleicht ganz reiche Schnösel oder solche, die mit ihrem Nagelpilz nicht umgehen konnten. Und die beiden Entführer hatten sich wahrlich nicht die Mühe gemacht ihr vor ihrem Abtransport auch noch Schuhe überzustreifen. Die hatten sie nur einfach in ihren Wagen gezerrt, ohne darauf zu achten, was sie anhatte oder eben auch nicht. Wenigstens trug sie keinen Pyjama, sondern ein dunkles Tanktop und eine lässig auf den Hüften sitzende Jeans.

„Los rein da!“ Sie bekam schon wieder einen Stoß und stolperte vorwärts. Mit Augenbinde konnte sie zwar nichts sehen, aber sie ging davon aus, in ein Zimmer von Alexandro Logis befördert worden zu sein.

„Mach schon! Und winsle nicht zu laut um dein Leben!“, lachte der Rohling und blieb ihr dicht auf den Fersen. Als die schwere Holztür hinter ihr dann ins Schloss fiel, wurde Lisa richtig schlecht. Die Atmosphäre in diesem Raum erschien ihr dichter und bedrohlicher als alles, was sie je erlebt hatte und das Zufallen der Tür klang in ihren Ohren wie ein Schafott, das nur knapp sein Ziel verfehlte. Zu dumm, dass sie den Spitznamen des Bestohlenen erst nach ihrem Diebstahl in Erfahrung gebracht hatte! Wer nannte sich auch der Schlächter einer ganzen Stadt?

Der Mann hinter ihr packte erneut ihren Oberarm, drückte zu und begann sie vorwärtszuschieben. Es war nur eine weitere unangenehme Berührung und der deutliche Zwang in eine ungewollte Richtung. Wie war sie überhaupt auf diese verrückte Idee gekommen ausgerechnet diesen Logis zu bestehlen?

Ach ja ... stöhnte sie innerlich und konzentrierte sich darauf nicht zu stolpern. Der Liebe wegen. Wie so oft! Fest biss sie auf ihre Unterlippe, um nicht laut loszuschreien. So viel Dummheit war ja auch kaum zu ertragen! Noch dazu, wenn es die eigene war. Dabei war doch eigentlich Giuseppe der Verbrecher. Der Mann hatte sie um den Finger gewickelt und beinhart getäuscht. Was hatte er ihr doch für eine rührselige Geschichte aufgetischt und von einer Ungerechtigkeit über Generationen erzählt? Alles nur, um sie dazu zu bringen, für ihn zu stehlen. Dabei war vermutlich nichts von seiner Geschichte wahr. Nichts! Seine emotionale Intelligenz und die verlockenden Zärtlichkeiten zwischendurch, hatten sie viel zu schnell weichgekocht und zur Tat getrieben. Für einen kurzen Moment hatte sie dabei an Ehre und Moral gedacht und sich gut gefühlt. Als wäre sie eine Superheldin, die für Giuseppes Familie Gerechtigkeit erlangen könnte, nur weil die Polizei korrupt und nicht dazu in der Lage war. Dabei war sie einfach auf einen hinterlistigen Betrüger hereingefallen! Giuseppe hatte alles erfunden, Liebe vorgetäuscht und guten Sex geliefert. Damit aber hatte er sie nicht nur zum Diebstahl überredet, sondern auch kühl lächelnd ihr eigenes Todesurteil unterschrieben. Wie gnadenlos rücksichtslos sein Verhalten war, wusste sie erst, seitdem er mit dem Diebesgut verschwunden war und sie als Bauernopfer zurückgelassen hatte. Einfach so! Als wäre sie NICHTS wert.

Den brennenden Schmerz in ihrem Herzen wollte sie ignorieren, doch die Wut in ihrem Bauch nicht. Wut auf sich, die Männer und speziell natürlich auf Giuseppe, der sie so dreist belogen, manipuliert und derart locker zum Abschuss freigegeben hatte. Gut, sie hatte nicht damit gerechnet diesen Sonnyboy je zu heiraten, Kinder zu bekommen und ein Leben mit ihm zu verbringen. Nein, so verrückt war sie nun auch wieder nicht, aber bei derart intensiver und erotischer Zuwendung kippte sie automatisch irgendwann hinein in die feinen Gespinste der Liebe. Ja, sie war definitiv verliebt gewesen, wohingegen er sie nur benutzt und ein wenig Spaß gehabt hatte. Vermutlich tickten Männer wirklich vollkommen anders als Frauen, oder sie war in diesen Angelegenheiten einfach extrem ungeschickt. Aber … diesen Betrug würde er ihr büßen! Irgendwann, irgendwie. Sie war eigentlich kein rachsüchtiger Mensch, aber falls sie hier doch noch lebend herauskommen sollte, würde sie ihn finden und ihm sein hochsensibles, enthaartes Ding weit in den Rachen schieben.

Giuseppe! Nur wegen seiner schönen Augen – und ja – auch wegen anderer körperlicher Vorzüge, war sie auf den fiesen Arsch hereingefallen. Wie immer, oder wie so oft!Denn Lisa hatte wahrlich kein glückliches Händchen mit Männern. Und das sollte schon etwas heißen bei einer Lebenserfahrung von mehr als 25 Jahren! Andere lernten vielleicht mit jeder Beziehung etwas dazu, aber SIE definitiv nicht. Sie konnte sich vornehmen was immer sie auch wollte, letztendlich zog sich ihr Unterleib nur bei schönen, kraftvollen Männern zusammen. Was schon verdammt ärgerlich war. Die Rechnung für ihre Einfältigkeit würde sie jedenfalls nun von Alexandro Logis persönlich präsentiert bekommen und das Recht dazu hatte er allemal. Schließlich hatte sie ihm etwas gestohlen, das man nur als unbezahlbar bezeichnen konnte.

Der Mann hinter ihr nahm seine Hand von ihrem Oberarm und stieß sie ein Stück vorwärts. Nicht weil es notwendig war, sondern weil es ihm offenbar Spaß machte. Nach kurzem Taumeln blieb Lisa endlich stehen und richtete sich auf. Nur keine Schwäche zeigen, sagte sie sich. Die schwelende Panik versuchte sie zu verbergen, ihren Atem zu beruhigen. Dabei stand sie hier mit nackten Zehen, hatte eine geschwollene Wange, verbundene Augen und gefesselte Hände. Der Schlächter musste wohl direkt vor ihr stehen oder auch sitzen, denn alles in ihrem Körper kribbelte wie verrückt. Sie konnte seine Aura förmlich spüren, sein italienisches Parfüm riechen. Nur ... gesprochen hatte der Mann bisher kein Wort.

Dann irgendwann seufzte er. Gelangweilt, wie sie meinte. Denn so, wie er es tat, fühlte sie sich wie lästiges Getier, das nicht der Rede wert war zertreten zu werden und ihn sowieso nur bei wichtigen Geschäften störte. Immerhin wusste sie durch sein Seufzen, dass er tatsächlich genau vor ihr war. Vermutlich taxierte er sie auch schon die ganze Zeit still von oben bis unten. Alleine diese Vorstellung erzeugte Gänsehaut und unterstrich das Gefühl hier völlig ‚ausgeliefert‘ zu sein. Selbst konnte sie wegen der Augenbinde ja nichts sehen und das machte sie zusätzlich nervös. Automatisch biss sie sich auf die Unterlippe.

„Gut, Silvio. Du kannst jetzt gehen!“ Der Schlächter sagte es lässig herablassend und doch so, als hätte er gerade wirklich etwas Besseres zu tun gehabt. Lisa fühlte sich einmal mehr wie ein lästiges Insekt, das gerade störte und sowieso nur platt gemacht werden musste. Sie schluckte hörbar, denn die arrogante Art von Alexandro Logis schüchterte sie ein, obwohl sie mit einer gewissen Verwunderung feststellte, dass die Stimme nicht so tief und kraftvoll klang, wie sie es erwartet hätte. Es fehlte ihr irgendwie an Tiefe und Durchschlagskraft. Etwas, das man bei einer Bezeichnung wie ‚der Schlächter‘ wohl automatisch voraussetzte. Zumindest passte sie nicht in das Bild, das Lisa sich in den letzten Tagen von Alexandro Logis aus den Nachrichten und aus Pressemitteilungen gemacht hatte.

„Bist du sicher, Boss? Ich soll gehen? Die Kleine sieht nicht so aus, aber sie kann ganz schön Gas geben“, ätzte er und Lisa konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Vermutlich hätte er ihr nicht einmal eine Ohrfeige verpasst, wenn sie nicht gleich mit Wing Chun einen Gegenangriff gestartet hätte. Sie beherrschte diese Kampfkunst zwar noch nicht gut, aber sie lernte diesen Stil nun schon seit mehr als zwei Jahren. Hätte sie Geld und Platz für eine Wing-Chun-Holzpuppe zum Üben gehabt, wäre sie vermutlich längst besser in dieser Disziplin geworden. Dann hätten es die beiden Schlägertypen mit ihr nicht ganz so leicht gehabt. Immerhin war diese Kampfkunst von einer chinesischen Nonne speziell für Frauen konzipiert worden und daher sehr effizient. Das Gehen mit X-Beinen sah zwar recht bescheuert aus, aber so schützte man wenigstens seine Mitte und konnte gleichzeitig gezielt aus eben dieser Mitte heraus agieren. Die Kraft des Angreifers sollte umgeleitet und, wie bei vielen anderen Kampftechniken, gegen ihn verwendet werden. Bei den Übungen der ‚rollenden Hände‘ oder auch ‚Chi-Sao‘ hatte sie genau dieses Umleiten mit Trainingspartnern sehr schnell und gut beherrscht. In der Praxis allerdings war das dann nicht immer so leicht umzusetzen gewesen. Straßenschläger oder auch solche Typen, wie ihre Entführer, reagierten meist völlig unberechenbar und brutal. Außerdem war rohe Kraft noch nie zu unterschätzen gewesen! So oder so hatte sie mit ihrer Kampfausbildung einen Vorteil gehabt und den einen ganz schön im Gesicht gekratzt und den anderen wenigstens einmal mit einem Tritt am Schienbein erwischt. Die Ohrfeige und der Lauf einer Waffe direkt vor ihrer Nase hatten sie dann allerdings recht schnell gestoppt. Schließlich konnte niemand mit fliegenden Händen gegen Bleikugeln kämpfen.

Alexandro Logis lachte unangenehm und kam auf Lisa zu. Sie konnte ihn nicht sehen, aber seine Stimme wurde lauter und sein Körper strahlte Wärme ab. Inzwischen musste er unmittelbar vor ihr stehen, denn sein Atem verbreitete den Geruch von Chili und Knoblauch.

„Du kannst beruhigt gehen, Silvio. Die Kleine wird wohl kaum Probleme machen. Immerhin hast du sie gefesselt.“ Der Mann hinter Lisa gab einen belustigten Laut von sich.

„Die neuen Einweghandfesseln sind echt super“, meinte er begeistert und klang dabei wie der größte Vollidiot, der ein neues Spielzeug zu Weihnachten bekommen hatte, nur weil er Pola-Fesseln benutzen durfte. Lisa hatte auch längst festgestellt, dass diese Fesseln kein bisschen zu lockern waren. Die schmalen Plastikriemen hielten bombenfest und schnitten bereits schmerzhaft ins Fleisch. Rütteln oder Drehen der Handgelenke war völlig unmöglich und Lisas Finger waren vermutlich bereits aufs Doppelte angeschwollen. Ihre Qual wollte sie trotzdem nicht laut hinausschreien. Schon im Auto hatten die beiden Typen sie darauf vorbereitet, dass sie hier nicht mit Milde rechnen durfte. Jammern war also völlig sinnlos.

Silvio schnappte sich noch einmal ihre Handgelenke und kontrollierte die Stabilität der Bänder, dann drückte er kurz zu und lachte über ihre Schmerzen und den dumpfen Laut, den sie von sich gab. Er war ganz klar ein Sadist, aber wenigstens spielte er nur kurz mit ihr, brummte noch etwas Gemeines und ging endlich mit plumpen Schritten aus dem Zimmer. Die Genugtuung sie zum Schreien zu bringen, hatte sie ihm gründlich versaut.

Was für ein Arsch, dachte Lisa, nachdem sie sich den Schmerzensschrei gerade noch verkniffen hatte. Der Mann war das Letzte, aber als er die Tür hörbar hinter sich zufallen ließ, wurde ihr klar, dass sie nun mit DEM SCHLÄCHTER alleine war. Und das war natürlich alles andere als beruhigend! Sie schluckte hart und war nervös. Am liebsten wäre sie hippelig von einem Bein aufs andere getänzelt, aber das versuchte sie tunlichst zu vermeiden. Nur keine Schwäche zeigen, sagte sie sich immer wieder, wunderte sich aber allmählich, dass der Mann vor ihr noch immer nichts zu sagen hatte. Seinen leisen Schritten nach ging er genau vor ihr auf und ab, gaffte sie vermutlich die ganze Zeit intensiv an und überlegte, was er ihr antun oder wie er sie umbringen sollte. Dieser Gedanke und die andauernde Stille machten sie ziemlich fertig und schürten ihre Angst. Jeden Moment würde er sie schlagen, ihr die Augenbinde vom Kopf reißen und ihr seine ganze Verachtung ins Gesicht speien.

Gleich. Mit Sicherheit.

Doch das passierte nicht! Vielmehr schien die Zeit still zu stehen oder viel langsamer zu vergehen als in den letzten Minuten. Ihre Erwartung steigerte sich ins Unermessliche, aber die Augenbinde blieb, wo sie war. Statt eines Übergriffs bemerkte sie nur, wie er immer näherkam und viel lauter atmete als zuvor. Lisa bemerket sofort, dass hier etwas nicht stimmte.

„Hab ich dich, du kleines Vögelchen“, flüsterte er plötzlich so nahe an ihrem Ohr, dass sie erschrocken zusammenfuhr. Sie hatte seine Nähe natürlich bemerkt und der Knoblauchgeruch war schließlich auch nicht ohne, aber dass er nun mit seinem Mund ihr Ohr streifte, hatte sie nicht erwartet. Am liebsten hätte sie laut geschrien ... oder einfach nur gekotzt. Wann war er nur so nahegekommen? Hatte er sich Millimeter für Millimeter ganz leise vorgearbeitet und sie bis jetzt wie durch seinen persönlichen Röntgenapparat betrachtet? Wie abartig war das denn? Lisa versuchte nicht überzureagieren und ihre wachsende Panik in den Griff zu bekommen.

„Bitte ... ich kann das erklären“, keuchte sie, weil sie keinen Sinn mehr darin sah, den Mund zu halten. Die beiden Männer im Auto hatten ihr zwar eingetrichtert nur zu sprechen, wenn sie dazu aufgefordert wurde, aber hier ging es um ihr Leben! Und Alexandro Logis war der Mann, der darüber bestimmte.

Eben dieser Mann war immer noch ganz nahe, berührte mal ihr Ohr, dann ihre Wange, als ob er verschiedene Reaktionen testen wollte. Er schien sogar an ihr zu riechen, wie an einem guten Essen oder einer duftenden Pflanze. Lisa fand das höchst bedenklich und hatte das Gefühl kaum noch Sauerstoff in ihre Lungen zu bekommen. Einen Machtmenschen wie Logis interessierte nicht, warum eine Diebin ausgerechnet ihn bestohlen hatte oder unter welchem Zwang sie gestanden hatte und … in seinem Haus hatte er schließlich alle Rechte. Dabei war sie manipuliert und getäuscht worden ... durch Worte und guten Sex. Verdammt. Sie war so was von ‚am Arsch!‘ Und dennoch war sie bereit ihm ihre Beweggründe genau zu erklären. Irgendwie. Sie musste ihm nur Guiseppe als den eigentlichen Täter nennen und danach irgendwie lebend aus der Sache herauskommen. Eine wirkliche Taktik hatte sie freilich nicht, nur den Hintergedanken, dass sie gleich jeden Moment um ihr Leben betteln würde. Aber warum nahm er nicht endlich diese verdammte Augenbinde ab? Sie wusste doch längst wo sie war und wer vor ihr stand. Was sollte also dieses zusätzliche Psychospiel? Dann noch sein widerlicher Atem und dieser neue, unangenehme Geruch, der nun wahrzunehmen war! Wonach roch das nur?

Nach Erregung.

Ob als Duft oder Schwingung war nicht zu definieren. Aber mit einem Mal war Lisa klar, wonach ihm der Sinn stand. Das kann doch wohl nicht wahr sein ... würgte sie in Gedanken, denn Logis war – den Zeitungsberichten nach – weit über sechzig. Ein alter Opa und dazu noch mörderisch veranlagt. Und der Kerl war gerade scharf auf sie? Wie viel widerlicher konnte das hier eigentlich noch werden?

Er streifte absichtlich ihre Schulter und Lisa schrie leise auf.

„Na? So empfindlich?“, lachte er und griff beherzt in ihr dichtes, kastanienbraunes Haar. Offenbar ließ er gerade ein paar ihrer üppigen Naturlocken durch seine Finger gleiten, zog sie in die Länge und ließ sie wieder zurückfedern. Haare waren unempfindlich, aber sie wusste dennoch, dass er das gerade mit ihren Locken anstellte.

„Überraschend hübsch“, meinte er heiser und schien sie weiterhin genau unter die Lupe zu nehmen. Vermutlich fragte er sich gerade wo an ihrem Körper er diese Pracht noch finden konnte.

„Herr Logis, ich wurde getäuscht ...“, begann sie, versuchte das haarige Bild aus ihrem Kopf zu bekommen und nicht zu verzweifelt zu klingen.

„Halt den Mund!“, befahl er schroff und legte ihr einen Finger fest über die Lippen. Zugleich spielte er weiter mit ihren Locken und ließ danach seinen Finger aufdringlich über ihren Mund wandern. Das alleine machte klar, wonach ihm der Sinn stand.

Dem alten Kerl.

Lisa biss die Zähne zusammen. Mit dieser Wendung hatte sie nicht gerechnet und sie hatte schon mit sehr viel gerechnet! Sex mit einem alten Mann hatte da nicht auf der Liste gestanden. Obwohl ... unterm Strich bedeutete das vielleicht auch etwas Gutes, nämlich Zeit für sie. Lebenszeit. Also sagte sie nichts und biss weiterhin die Zähne fest zusammen bis es knirschte. Sollte er doch ruhig mit ihren Locken spielen oder an ihrer Lippe herumrubbeln! Solange er kein Messer dafür verwendete, konnte sie ja noch dankbar sein!

Alexandro Logis ließ sich mit seinem Spiel Zeit, beobachtete ihre Reaktion und streifte immer wieder an verschiedensten Stellen ihre Haut. Lisa ließ es so gut als möglich reaktionslos über sich ergehen. Immerhin war er der Schlächter und sie konnte sich wahrlich glücklich schätzen überhaupt noch Haut zu besitzen, die er abfingern konnte. Das Gesicht dieses Mannes kannte sie ja mittlerweile von Pressefotos. Alexandro Logis sah nicht aus wie ein typischer Mörder oder Drogenboss, sondern eher wie der nette Opa von nebenan. Bis auf die stechenden Augen vielleicht. Aber so auf der Straße wäre ihr vermutlich nie aufgefallen, welche Bestie hinter der einfachen Fassade lauerte oder was für ein schrecklicher Name hinterherschlängelte. Halbglatze und Falten konnten eben täuschen. Vor allem über den intakten Status männlicher Sexualkraft. Denn – Opa oder nicht – er spielte hier ganz klar eine krank erotische Karte aus und schien die ganze Zeit nur zu überlegen, was genau er mit ihr anstellen sollte. Sein Atem fiel ihr dabei immer wieder heiß auf die Stirn und das legte den Schluss nahe, dass er doch um einiges größer war als sie. Von den Fotos her hätte sie das nicht gedacht.

„Knie nieder!“, befahl er dann mit solcher Eindringlichkeit, dass sich Lisas Magen heftig zusammenzog.

„Was?“, keuchte sie aufgebracht und Logis wurde ungeduldig.

„Du sollst dich hinknien! Sofort!“ Seine Stimme war immer noch herablassend, aber mittlerweile auch eine Nuance tiefer. Sicher wegen der Erregung. Lisa fing an zu schwitzen und meinte die ekelhafte Begierde des Mannes mit Händen greifen zu können. Doch sie war klug genug, sich ihm nicht zu widersetzen. Schließlich wollte sie am Leben bleiben und wusste, dass sie keine Wahl hatte!

Mit einem Gefühl der Resignation fiel sie langsam vor ihm auf die Knie. Ihr Atem ging heftig, denn sie war schließlich die Diebin und damit die offizielle Verbrecherin hier. Auch wenn das völlig verdreht schien. Lisas Unterlippe begann zu beben. Zum Glück waren ihre Augen noch verhüllt, denn nun kamen auch noch Tränen dazu. Dabei hatte sie so lange dagegen angekämpft! Das schwarze Tuch um ihre Augen fing die Feuchtigkeit auf und das Zittern ihrer Unterlippe vertuschte sie, indem sie fest mit ihren Zähnen darauf biss und nicht mehr losließ. Eine Geste, die er offenbar gar nicht mochte.

„Gib deine Unterlippe frei!“, forderte er schroff und Lisa hatte das Bedürfnis laut zu schreien. Verflucht! Nur mit größter Anstrengung konnte sie ihre Lippe loslassen, weil sie das Gefühl hatte damit den letzten Halt zu verlieren.

„So ist es gut!“ Seine Stimme war richtig heiser geworden. Jeden Moment würde er nun das verräterische Zittern sehen, Lisas Schwäche erkennen und sie als Heulsuse verspotten. Aber das war wohl ihr geringstes Übel! Früher oder später würde er sie einfach nur abknallen, weil sie so dumm gewesen war sich zu verlieben und für ihren Sonnyboy einen Diebstahl begangen hatte. Doch statt dem verräterischen Klicken einer Waffe hörte sie nur wie der Mann seinen Reißverschluss öffnete.

Sie war ein wenig perplex, obwohl sie doch längst geahnt hatte, was er vorhatte.

„Wenn du dich jetzt ordentlich anstrengst, lass ich dich vielleicht am Leben“, keuchte er und packte ihre Haare, um ihren Kopf in Position zu bringen. Lisa wollte noch etwas sagen, laut schreien oder auch nur schlicht Luft holen, aber schon im nächsten Moment stopfte er ihr sein riesiges, fleischiges Ding einfach in den Mund, als wollte er sie damit ersticken.

Keine Vorwarnung, kein Verhandeln. Nur ekelhafte Fülle und dieser widerliche Geruch nach ungewaschenem Mann.

01.Kapitel

Die Farbe schäumte, kleine Bläschen knackten und zerplatzen in herrlicher Gleichmäßigkeit. Raffaela liebte es die Konsistenz mit dem Pinsel zu verändern und die Farbelemente auf exakt den Farbton zu mischen, der ihr in den Sinn kam. Geräusche, Geruch, Zusammensetzung und Farbnuancen während dem Erschaffungsprozess waren für sie genauso wichtig, wie das Malen selbst. Seit ihrem siebzehnten Lebensjahr war Malen ihre größte Leidenschaft, auch wenn sie damals nur wegen einem intensiven Traum zum Pinsel gegriffen hatte. Einem Traum, der sich diffus und düster durch ihren Kopf gewoben hatte und die klare Aufforderung beinhaltet hatte, Bilder und Gefühle zu Papier zu bringen. Aufgrund der Intensität der Gefühle hatte sich dieses Vorhaben allerdings als gar nicht so leicht herausgestellt und es war ihr auch nur sehr dürftig gelungen. Dennoch war ihr Bedürfnis nicht schwächer geworden, sondern hatte sich mit der Zeit verstärkt. Als hätte sie der Ehrgeiz gepackt, es mit jedem Mal besser und noch besser zu machen. Manchmal waren es Träume, dann wieder Begebenheiten des Alltags, Bilder oder Gefühle, die sie regelrecht dazu aufforderten, es zu Papier oder auf Leinwand zu bringen. Kleine und große Botschaften steckten in diesen Bildern, direkt und erkennbar, oder auch verschlüsselt, damit die eigentliche Aussage nicht gleich zu erkennen war.

So wie der kleine dunkle Fleck auf ihrem letzten Bild. Ein Fleck, der kaum sichtbar war auf der ewig langen und ach so einladenden Blumenwiese. Es war eben ein fröhliches und durch und durch frühlingshaftes Bild, obwohl der kleine, dunkle Fleck nichts anderes war als der Eingang zur Hölle und bei genauerer Betrachtung einen finsteren Schlund darstellte. Grässlich tief und grässlich gefährlich. Allerdings sah man diesen Fleck nur, wenn man sich von der Schönheit und dem Sonnenschein des großen Gesamtbildes nicht täuschen ließ. Raffaela wusste nicht genau, warum sie es so gemalt hatte, aber das viele Grün hatte sich als die perfekte Tarnung herausgestellt, womöglich sogar als eine Art Verlockung. Es war die ideale Ablenkung von etwas Dunklem und Mächtigen geworden, obwohl die meisten Betrachter für die Gefahr kaum Antennen hatten. Zumindest konnten sie es nicht bewusst erfassen, obwohl sie alle ziemlich die gleiche Reaktion zeigten: Zuerst liebten sie das wunderbar natürliche Bild im strahlenden Grün, fühlten sich wohl und jugendlich frisch dabei, weil keiner der schnellen Betrachter den Fleck am unteren Rand und damit den Eingang ins Verderben sehen konnte. Und dennoch hatte keiner Lust lange vor dem Bild zu verharren oder das Bild gar zu kaufen. Alle wollten sie rasch weg und keiner hatte auch nur ansatzweise das Bedürfnis nach diesem Fleck Ausschau zu halten oder das Bild gar einmal umzudrehen. Und das war auch gut so, denn im Laufe der Jahre hatte Raffaela erkannt, dass ihre Bilder etwas Besonderes waren. Vielleicht galt das nur für sie und ihre Empfindungen, doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass ihre Darstellungen mehr als nur bildhaft real waren. Zumindest schienen sie manchmal ganz besondere Eigenschaften zu besitzen.

Sie lächelte verschmitzt zu dem grünen Höllenbild hinüber, weil es sich so lieblich und unschuldig auf der hinteren Staffelei präsentierte. Selbst hatte sie keine Angst davor, denn das Bild war definitiv nicht für sie gemacht. Außerdem kannte sie das Geheimnis ja schon und hatte einen direkten Blick in den Schlund der Hölle getan. Was also sollte sie jetzt noch erschüttern? Dunkelheit war ihr nicht fremd, auch wenn sie diesen speziellen Teil des Bildes über mehrere Nächte mit ganz schweren Albträumen verarbeitet hatte. Sie war schließlich auch nur ein Mensch und ihre Bilder nun mal so etwas wie magisch aufgeladen. Letztendlich aber war sie viel stärker aus dieser Malsession hervorgegangen. ManwächstebenmitderHerausforderung, lächelte sie in Gedanken, weil sie ihre Angst vor der Hölle und damit vor dem erschütternd schönen Gehörnten bewältigt hatte. Ja, die wenigsten wussten, dass der Teufel zum Niederbrechen schön war. Sie grinste noch eine Spur breiter, weil sie an sein Gesicht dachte und richtig stolz darauf war, seiner Versuchung widerstanden zu haben.

Noch hatte sie keine Ahnung, warum sie das Höllenbild überhaupt gemalt hatte oder welchen Zweck es einmal erfüllen würde, aber sie hatte aufgehört zu hinterfragen. Sie wusste, alles war sinnvoll und würde irgendwann seine Bestimmung erfüllen, auch wenn sie derzeit kaum etwas verkaufen konnte. Die wenigen Ausstellungen hatten bisher kaum etwas gebracht, weil die Zeit einfach noch nicht reif war für eine magische Malerin wie Raffaela Baldin. Sie mochte etwas Besonderes sein, glaubte aber selbst, dass Künstler nun mal darben und in Armut leben mussten, um ihre Qualität halten und ausbauen zu können. Solche Glaubenssätze ließen sich nun mal nicht von heute auf morgen verändern. Wenigstens nahm sie sich vor daran zu arbeiten (oder zu malen?). Nur … aus irgendeinem Grund gelang ihr das im Moment noch nicht.

Zeit, murmelte sie und versuchte sich wegen dem Geld nicht ständig Stress zu machen. Künstler waren arm, verrückt und kaum lebensfähig. Sie war bisher auch noch nicht bereit gewesen ihre Bilder im großen Stil der Öffentlichkeit zu präsentieren. Sie wusste trotzdem, dass dieser Moment irgendwann kommen würde. So sicher, wie der Tag nun einmal auf die Nacht folgte. Sofern ich es nicht einmal anders male, grinste sie verwegen, weil sie ihre Kraft gerade wie einen Energieschub spürte, der alles möglich zu machen schien. Vielleicht male ich einfach einmal Nacht auf Nacht oder ein ständiges Grau oder nein … lieber ein Rosa! In ihrem Kopf war schließlich alles möglich und Zeit spielte keine wesentliche Rolle ... außer vielleicht für ihre Geldbörse. In letzter Konsequenz aber hatte sie vor einem Leben in Armut keine Angst. Ebenso wie vor ihren Bildern. Egal wie schaurig die Essenz dabei sein mochte oder welch gruselige Phasen sie dabei zu durchleben hatte. Sie war lediglich die Überbringerin, nicht mehr und nicht weniger. Und was dahintersteckte oder wie tief jedes einzelne Werk einen sensitiven Menschen in eine andere Welt ziehen konnte, wusste sie nur zu gut. Bilder hatten Macht, waren Ausdruck von lebendiger Magie und wirkten auf mehreren Ebenen. Und all die lieben Leute, die ihre Wiesenbild so fröhlich und nett fanden, hatten mit Sicherheit auch unbewusst den Hauch des Höllenduftes inhaliert.

Raffaela lächelte über das Wunder Mensch und seine Komplexität. Menschen waren so viel mehr als ihre Körper und Energien und doch oft so unbewusst über ihrer Gesamtheit. Auch der eine oder andere Lehrer, der ihre Werke abgelehnt hatte, war eher von ihrer intuitiven Leidenschaft überrollt und abgeschreckt worden, als dass er ihre Bilder ‚wirklich‘ gesehen hätte. Damals hatte sie sich noch gekränkt und ihren Frust danach in einem heftigen Anfall herausgemalt, aber mittlerweile hatte sie die hässlichen Bilder alle vernichtet. Die Gier darin und die böse Ablehnung hatten einfach zu viel Macht gehabt.

Hastig rührte sie die Farbe weiter und versuchte den Frust von damals nicht in den farbigen Matsch abzulassen. Rein physisch waren die Bilder zwar vernichtet worden, doch auf feinstofflicher Ebene existierten sie weiter, waren geknüpft an ihre Emotionen und daher auch real, bis sie diesen Ärger ein für alle Mal verarbeitet und losgelassen hatte. Und das wollte sie wirklich! Vor allem heute, denn das jetzige Werk sollte schließlich etwas ganz Besonderes werden und da durfte sie nur wirklich Gutes in die Zutaten mengen. Wieder knackte eine Blase und die Konsistenz der Farbe wurde leicht schmierig.

„Genau so will ich dich haben“, murmelte sie und drückte den Pinsel ein letztes Mal in den orangefarbenen Matsch. „Leicht und doch fest. Schmierig und rein. Orange, aber mit einem Hauch von Rot und Rosa und einem noch dezenteren Hauch von Grünbraun.“ Gute Inhalte bedeuteten nämlich nicht zwangsweise ohne Schmutz auszukommen. Ausschließliche Reinheit war in ihren Augen langweilig. Und dieses Bild hier sollte alles andere als langweilig werden.

„Sicher nicht!“, zischte sie und lachte wie eine kleine Teufelin. Vielleicht dachte sie auch ein wenig an den schönen gehörnten Mann von ihrem Höllenbild, obwohl dieses Abbild hier eher das Gegenteil darstellen sollte. Pfff. Gegenteil. Von wegen … ist doch eh alles aus der gleichen Quelle.

„Der Farbton wird gerade einzigartig, einfach genial ... für dich ... mein Engel.“ Sie lachte und hatte schon genau vor Augen, wie dieser Engel seine Flügel entfalten würde. „Genial auch von der Bedeutung der Farben.“ Sie neigte dazu laut mit sich zu sprechen, fand das aber nicht weiter schlimm. Andere stellten der Kunst wegen schließlich viel Ärgeres an: Bewusstseinserweiternde Drogen, Sexexzesse oder andere Grenzüberschreitungen. Raffaela empfand sich im Vergleich dazu als durchaus normal. Sie quasselte halt laut und viel, wenn der Tag lang war und das Kunstwerk viel Zuwendung und Zeit brauchte. Es ging hier ja auch letztendlich nicht um irgendeinen Spleen, sondern nur um das perfekte Bild, die absolute Farbe. Sie liebte Orange, als Zeichen für Freude, Optimismus und Sinnlichkeit. Ja, sie stand definitiv auf Sinnlichkeit. Wie zum Beweis rührte sie gleich ein wenig kräftiger und begann zu lächeln. Rot war für sie der Inbegriff der Liebe, der Aktivität, des Feuers und der Leidenschaft. Rosa hingegen die reine, bedingungslose Liebe. Braun stand für Fruchtbarkeit, Reichtum, Fülle und Boden an sich. Was nützte einem auch der schönste Engel in hohen, hohen Weiten? Natürlich wollte sie Boden für ihn, aber halleluja und wie sehr sie das wollte! Grün stand für die Hoffnung, Gesundheit, Ausgeglichenheit und Ehrlichkeit. Ja, die Farben erzählten immer eine Menge und hatten stets eine sehr unterschiedliche Schwingung und Wirkung. Lediglich in der Mischung war es den meisten Menschen nicht mehr möglich all das wahrzunehmen.

Okay, vielen war es vermutlich auch so nicht möglich, aber unbewusst schnappten sie alle mehr auf, als sie wollten. Raffaela lächelte zufrieden und dachte an die nächsten Schritte. Weiß würde noch seinen Weg finden. Für Makellosigkeit und Reinheit. Gold würde selbstverständlich folgen ... für Reichtum, strahlende Sonne und als Farbe der Geburt.

„Ja, dieser Engel wird genial", flötete sie, hob den Pinsel aus dem Matsch und zog ihn auf der Leinwand in einem schnellen Schwung durch. Die erste Kontur des Gesichtes wurde geformt, der nächste Schwung intuitiv gezogen. Perfekt wie immer, wenn auch noch einfach in der Ausführung. Doch schon jetzt ließ dieser Strich erkennen, welche Schönheit dem Motiv innewohnen sollte.

„Dein Gold bekommst du mit den Flügeln und das Weiß mit dem Gewand, aber zuerst male ich dir dein wunderbares Gesicht.“

02.Kapitel

„Fernando!“, brüllte jemand unerwartet laut hinter ihnen. Die Stimme des Fremden klang so wutentbrannt, dass nicht nur Lisa wie unter einem Hieb zusammenzuckte, sondern auch ihr Peiniger. Sein praller Penis schnalzte mit einem merkwürdigen Geräusch aus ihrem Mund und befreite sie von der Qual der ungewollten Fellatio. Selbst seine Hand auf ihrem Kopf verschwand augenblicklich.

„Alex?“, keuchte das Schwein vor ihr und wirkte dabei völlig überrascht. „Ich ... dachte du bist noch auf ... äh ... Erholung und kommst erst morgen.“ Was? Lisa drehte sich blitzschnell weg, spuckte und würgte. Sie versuchte zu Atem zu kommen und den Geschmack aus ihrem Mund zu speien. Der andere ist DER Alex? Ihre Gedanken überschlugen sich, während sie weiter spuckte. Verdammt und wem gehört dann der Schwanz vor mir? Lisa hörte das surrende Geräusch seines Reißverschlusses und hätte beruhigt sein müssen, weil er sein Ding endlich weggepackt hatte, aber in Wahrheit konnte sie nur daran denken, dass dieser Dreckskerl noch nicht einmal Alexandro Logis sein konnte, sondern irgendein scheiß Fernando war. Darum also hatte er ihr die Augenbinde noch nicht abgenommen, damit sie nicht sehen konnte, was für ein falsches Spiel er mit ihr trieb.

„Was zum Teufel treibst du hier?“, brüllte der Zweite passender Weise, während die Tür laut ins Schloss krachte. Seine Stimme grollte durch das Zimmer und hatte all die befehlsgewohnte Macht, die Lisa kurz zuvor noch bei ihrem Peiniger vermisst hatte. Eigentlich hätte sie sich gleich denken können, dass der Perversling mit der Piepsstimme nie und nimmer der Schlächter war. Nur … was hätte ihr dieses Wissen schon genutzt? Sie war entführt worden, immer noch gefesselt und trug eine verdammte Augenbinde. Klar war sie im Nachteil, doch alleine der Gedanke an denSchlächter hatte sie mit Sicherheit schneller auf die Knie gezwungen, als es bei diesem Fernando der Fall gewesen wäre. Von negativer Autosuggestion konnte dennoch nicht die Rede sein, sondern eher von gezielter subliminaler Manipulation. Was selbst in ihren Ohren zu hochtrabend klang. Vor lauter Frust und Ärger biss sie erneut die Zähne zusammen. Gewalt und Hinterlist waren ihr ein Gräuel, obwohl sie als Diebin mit beidem in gewissem Maße immer zu tun haben würde.

Allem Anschein nach war jetzt wenigstens der zweite Mann der richtige Alexandro Logis. Zumindest legte die Kurzbezeichnung Alex diesen Schluss nahe. Und das bedeutete, dass sie nun endlich doch vor ihrem Richter und Henker stand. Wie bitte? Endlich? Lisa schüttelte automatisch den Kopf über ihren gedanklichen Schwachsinn.

„Ich wollte die Gefangene ... verhören“, antwortete indessen Fernando, dessen Stimme zwar stockte, aber klarmachte, dass er seine erste Überraschung, über das Eintreffen des Big Bosses, bereits überwunden hatte. Er lachte sogar. Schmierig, wie Lisa fand. „Zumindest wollte ich ... danach gleich damit beginnen.“

„Und mein Boden? Schon vergessen, dass der nicht angesaut werden soll?“ Die Wut des Mannes hinter ihr war spürbar, seine Gewaltbereitschaft deutlich, aber ... Boden? Lisa konnte nicht fassen, dass der Typ nur an seinen Boden dachte, während sie hier gerade noch gekniet hatte und offensichtlich zu sexuellen Handlungen gezwungen worden war. Ungläubig schüttelte sie den Kopf über so viel Verdrehtheit. Da wurde vor seiner Nase gefoltert und dann ging es nur um Sauberkeit? Und was ist mit menschlicher Sauberkeit? Lisa war zwar keine Zimperliese, aber sexuelle Gewalt war nie schön.

„Und DU ...“ Die Worte richteten sich nun eindeutig an sie. „... stehst gefälligst auf und kotzt mir hier nicht alles voll!“ Damit packte er sie am Oberarm und zog sie in die Höhe. Warum nur quetschten diese Idioten immer an der gleichen Stelle? Mit einem leisen „Aua“ auf den Lippen rappelte sich Lisa mühsam in die Höhe und stellte sich möglichst aufrecht hin. Dass der Opa solch einen festen Griff hatte, überraschte sie. Überhaupt schien er sogar noch größer zu sein als dieser Fernando-Arsch. Dabei sollten Italiener doch eigentlich eher von kleinerem Wuchs sein! Bei Giuseppe hatte das zumindest gestimmt, denn der hatte sie nicht wirklich überragt. Und sie war gerade einmal 1,68 Meter groß!

Noch.

Verdammt.

Bald würde sie einen Kopf kürzer sein.

Konzentration … mahnte sie sich weil ihr die ungewöhnliche Größe der beiden nicht aus dem Kopf ging. Vielleicht hatten sie in ihrer Kindheit ja etwas Verseuchtes gegessen oder Wachstumshormone mit einem Extraschuss Brutalität und Gemeinheit gespritzt bekommen. Mitten ins debile Gehirn oder womöglich auch in andere, noch kritischere Weichteile.

Lisa knirschte erneut mit den Zähnen und versuchte ihre verrückten Gedanken zu bremsen. Sie probierte sogar sich vorsichtig aus dem Griff des zweiten Mannes zu winden, doch der hielt sie daraufhin nur fester.

„Au-u!“, raunzte sie eindringlicher, aber das änderte nichts an der Härte seines Griffs. Als hätte er kein Gehör oder zumindest kein Gespür. Dafür bemerkte sie plötzlich ganz deutlich das Schnappen eines Messers und … das erschien ihr dann doch wie eine klare Antwort. Allerdings wie keine sehr angenehme. Der Schlächter hat sein Messer gezückt! Augenblicklich hielt sie die Luft an. Rein vom Gefühl her wirkte dieser Alex viel gefährlicher und gewaltbereiter als Fernando, obgleich er sie gerade aus einer mehr als unangenehmen Fellatio-Situation befreit hatte. Der Gedanke an das Messer ließ sie dennoch weiter die Luft anhalten und kerzengerade stehen. Wo der andere noch seine schmierigen Finger verwendet hatte, würde dieser Mann nicht zögern die Klinge einzusetzen.

Eine kleine Ewigkeit schien nichts zu passieren und sie musste wieder Luft holen, doch erst als sie einen kurzen Schmerz und ein Schnalzen an ihren Handgelenken wahrnahm, begriff sie, dass nicht ihr letztes Stündlein geschlagen hatte, sondern ihre Plastik-Fesseln durchgeschnitten worden waren.

Mit einem tiefen Seufzen atmete sie erneut ein, während ihre Hände schwer wie Blei auseinanderfielen. Schließlich waren sie lange und viel zu fest gefesselt gewesen. Ihre Hände hingen dann auf der jeweiligen Körperseite einerseits wie tot, andererseits mit deutlich wachsenden Schmerzen und lösten ein weiteres Keuchen aus ihrer Kehle, weil sich ihre Finger allmählich mit Blut füllten und der Schmerz sich steigerte. Dennoch wusste sie, dass der Schlächter ihre Hände gerade gerettet hatte, denn die zwei Entführer hatten es echt übertrieben und ihre Gesundheit damit gefährdet. Und diesem Fernando-Arsch war alles egal gewesen, nur eben nicht ihr Mund.

Das Blut pulsierte jetzt jedenfalls heftig in die unterversorgten Bereiche und erzeugte ein furchtbares Brennen und Kribbeln.Ein richtiges Bewegen der Finger war noch nicht möglich, doch immerhin konnte sie nun die Arme vor ihren Körper ziehen und ihre Handgelenke langsam aneinander reiben. Am liebsten hätte sie laut gestöhnt vor Schmerz, oder auch weil ihre Hände endlich frei waren. Doch diese Blöße wollte sie sich nicht geben und wer wusste schon, was diese Männer alles falsch verstehen konnten, wenn sie unter Strom standen. Obwohl ... sie spürte ganz deutlich, dass der Schlächter an ihr kein sexuelles Interesse hatte. Zumindest dünstete er nicht solch einen ekelhaften Geruch aus wie Fernando. Nein, nein. Das tat er nicht. Seine Ausstrahlung entsprach mehr einer Haltung, die nach Folter und Mord schrie. Und das soll jetzt besser sein? Lisa schluckte hörbar, denn sie meinte die Intensität seines Charakters wahrnehmen zu können. Dazu spürte sie die Wärme seines greisenhaften Körpers an ihrer Seite und ahnte die grausame Kraft seiner Seele. Falls ein Teufel, wie Alexandro Logis, überhaupt eine hatte.

Der Teufel. Lisa fühlte sich plötzlich noch viel schlechter als zuvor. Sehen konnte sie zwar noch immer nichts, doch die neue Bezeichnung für den Schlächter und die Erinnerung an die sexuelle Gewalt durch Fernando trieb ihr nun zusätzlich Tränen in die Augen. Sicherheitshalber biss sie gleich wieder fest auf ihre Unterlippe, um ihre Schwäche zu verbergen. Doch dem Mann neben ihr schien ihre Gefühlsregung nicht zu entgehen. Zumindest gab er ein komisches Geräusch von sich. Nicht so herablassend wie Fernando zuvor, sondern in einer Art, die an ein Resignieren erinnerte. Lisa fragte sich gerade warum er das machte, als ihr auch schon die Augenbinde vom Kopf gerissen wurde. Nicht gerade sanft und ohne Vorbereitung, aber offenbar in der Absicht ihr zu helfen.

- Ende der Buchvorschau -

Impressum

Texte © Copyright by Sabine Berger Autorennamen Sabineee Berger www.bumaku.at

Bildmaterialien © Copyright by Sabine Berger Autorennamen Sabineee Berger www.bumaku.at

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN: 978-3-7394-3959-4