1,49 €
Nie hätte ich gedacht, einmal in die Situation zu kommen, mich inmitten von Einheimischen in Bedrängnis zu fühlen. Auf der einen Seite ein finster blickender schwarzer Hüne mit Dreadlocks, auf der anderen Seite zwei kreischende und weinende Frauen mit ihren schreienden Kindern. Und dabei wollte ich mich doch nur um ein Souvenir für daheim umsehen...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2018
Die Sceleton Coast - wer hier Schiffbruch erlitt, war dem Tode geweiht - , prähistorische Ritzzeichnungen im harten Fels, Jahrmillionen altes versteinertes Holz, ein Pool an der Bergkante, der Blick hinüber nach Angola hoch oben über den Epupa-Wasserfällen und ein Tropenparadies am Kunene: die Fahrt durch das Kaokoveld gehört mit zu den abwechslungsreichsten Etappen unserer Reise durch den Norden Namibias.
Einen Überblick über alle Episoden der Reise bietet:
https://www.bookrix.de/_ebook-ursula-irma-scholz-reiseberichte-namibia/
Nun verlassen wir endgültig den Süden und die Mitte Namibias (siehe Buch 8 http://www.bookrix.de/_ebook-ursula-irma-scholz-duenenklettern-und-sundowner-mit-der-reisegruppe-unterwegs/). Zunächst geht es an den Atlantik, ein Stück entlang der gefürchteten Sceleton Coast, die sich noch Hunderte von Kilometern nordwärts erstreckt. Sie war in alter Zeit berüchtigt für ihre gnadenlose Ödnis, die Schiffbrüchigen ein Überleben am unwirtlichen, vegetationslosen Strand unmöglich machte. Daran hat sich nichts geändert. Weh dem, der hier strandet. Es ist Sommer, jedoch herrscht eine Kälte, die in die Knochen kriecht, und man fröstelt. Zwei neuzeitliche Schiffswracks kann man in Strandnähe sehen, die meisten Wracks liegen wohl draußen in der Tiefe des Meeres. Der eiskalte Benguelastrom lässt hier häufig Nebel entstehen, der den armen Schiffbrüchigen zusätzlich die Orientierung erschwert. Kein Leuchtturm, der Signale sendet, keinerlei menschliche Behausung, kein Baum, kein Strauch, kein Gras, das pure Nichts. Das Grau des tosenden Meeres, des fahlen Himmels und des Nebels geht konturenlos über in das Blassgrau des Strandes, der ganz und gar nicht einladend wirkt. Treibholz ist nicht zu sehen, vielleicht ist es so verblichen wie die Gebeine der Gestrandeten. Keine Möve zieht kreischend ihre Bahnen. Sogar ein Robinson Crusoe könnte hier nicht existieren, weil es absolut nichts gibt, was das Überleben ermöglichen würde. Nicht umsonst ist die Sceleton Coast als offiziell erklärter Naturpark off-limits für Touristen. Es gibt nur kostspielige Flugtours an zugewiesene Plätze gegen hohe Gebühr und nach entsprechender Registrierung. Dort kann man sich mit etwas Phantasie ob des Schicksals erbärmlich Gestrandeter dem nötigen Ehrfurchtsschauer hingeben. Ich kann auf dieses extra Spektakel verzichten, mir genügt das, was ich auf unserem kurzen Halt an dem für Auto-Touristen freigegebenen Strand gesehen und gefühlt habe.
Unsere Fahrt geht weiter, vorbei an Meerwasseraufbereitungsanlagen, der wenig ansprechenden Ansiedlung namens Wlotzkas Baken, wo jedes Haus seinen eigenen hochstehenden Wasserturm hat, bis weiter nach Henties Bay. Dort ist in der Senke an der Einmündung des Omaruru ein großer Golfplatz angelegt worden. Welch Überfluss: in diesem wüstentrockenen Land ein Golfplatz mit Aufwand für das Bewässern des Greens! Dank der Wasserspende wächst eine Reihe Palmen. Oben am Steilufer wurde ein Haus neben das andere gestellt, Wochenendhäuser zumeist, die während der Woche verwaist sind, oder Feriendomizile für die Weihnachtsferien. Jetzt, im Februar, ist alles wie ausgestorben. Die Holzpfosten, die das Areal abgrenzen, sind bunt bemalt, eine erfreuliche Abwechslung, und die Häuser in der Ferne am gegenüberliegenden Abhang des Omaruru-Deltas leuchten ebenfalls farbig. Wir scheinen die Einzigen zu sein, die in diesen Tagen unterwegs sind. Wir machen Station beim Lokal, am Steilhang über dem Meer gelegen. Dort wird nichts außer abgepacktem Dauerproviant und eventuell ein paar Würstchen angeboten, worauf wir aber dankend verzichten.