Fitnesslife - Gottfried Wurpes - E-Book

Fitnesslife E-Book

Gottfried Wurpes

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Beschreibung

Vom Kraftsportler zum Fitness-Ausstatter: Die Erfolgsgeschichte Als Gottfried Wurpes als schmächtiger Lehrling das erste Mal ein Fitness-Studio betrat, stand für ihn fest: Das ist mein Leben! Zuerst feierte er als Sportler Erfolge, dann machte er aus seiner Leidenschaft für Krafttraining eine Unternehmensidee: Seine Firma The Fitness Company ist über dreißig Jahre nach der Gründung am Küchentisch international erfolgreich und stattet Trainingsräume in aller Welt mit Fitnessgeräten aus. In diesem Fitness-Buch der etwas anderen Art erzählt Gottfried Wurpes von den sieben Qualitäten, die seine sportliche und berufliche Karriere prägen: Fokus, Disziplin, Leidenschaft, Ausdauer, Selbstreflexion, Erfahrung und Großzügigkeit. - Erfolge, Grenzen und persönliche Krisen: Innensichten eines Außergewöhnlichen - Fit und gesund durch Kraftsport: Wie Gottfried Wurpes sein Training gestaltet - Von Österreich in die ganze Welt: Was seine Fitnessgeräte für Spitzensportler und Home-Gyms auszeichnet - The Fitness Company und Technogym: Unternehmenserfolg auf einem hart umkämpften Markt Der Blick des Visionärs: Warum Fitness mehr als ein Lifestyle ist! "Ist Fitness eine Sportart?" Diese Interviewfrage war für Gottfried Wurpes der Ausgangspunkt für persönliche Überlegungen zur Bedeutung von Fitness. Denn was im Alter von fünfzehn Jahren mit dem ersten Besuch eines Studios begann, ist mittlerweile eine eindrucksvolle Karriere. In den Anekdoten und Erlebnissen aus seiner bewegten Biografie sticht vor allem eines heraus: Gottfried Wurpes' Liebe zum Sport. Ein beeindruckender Einblick in die Entstehungsgeschichte von The Fitness Company und die Weitsicht ihres Gründers, der den Fitness-Trend vor den meisten anderen erkannte!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 162

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Für meine Familie, meine Freundeund alle, mit denen ich über meine Liebezum Sport verbunden bin.

Gottfried Wurpes

Gottfried Wurpes

FITNESSLIFE

mit Michael Holzer

Sämtliche Angaben in diesem Werk erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren bzw. Herausgeber und des Verlages ist ausgeschlossen.

1. Auflage

© 2023 Gottfried Wurpes

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags, der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen sowie der Übersetzung, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Medieninhaber: Gottfried Wurpes

Verleger:

Red Bull Media House GmbH

Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15

5071 Wals bei Salzburg, Österreich

Autoren: Gottfried Wurpes mit Michael Holzer

Umschlag und Gestaltung: tochter™

Gesetzt aus der Helvetica Neue LT Pro / Monotype GmbH

Coverfoto: Mirja Geh

Fotos: Mirja Geh, The Fitness Company, Gottfried Wurpes Privatarchiv,

Bernhard Schütz, S. 109: unsplash/Sven Brandsma

Autorenillustration: Claudia Meitert

ISBN 978-3-7110-0328-7

eISBN 978-3-7110-5351-0

VORWORT

Fragen sind wie Autostopper. Manchmal erkennt man sie schon aus weiter Entfernung, oft tauchen sie ganz unvermittelt am Fahrbahnrand der eigenen Gedanken auf. Stehen plötzlich da, heben den Daumen und halten einem ein Schild mit einem Ziel, einer Richtung ins Blickfeld, wollen mitgenommen werden. Was tun? Sie einfach ignorieren? Einfach weiterfahren? Einfach stehen bleiben? Es ist eine Entscheidung von Sekundenbruchteilen.

Diese Frage konnte ich nicht einfach so stehen lassen! „Herr Wurpes, ist Fitness eigentlich eine eigene Sportart?“ Die Redakteurin eines großen Wirtschaftsmagazins hatte mich zu Themen wie Sport, Gesundheit und die Zukunft der Fitnessindustrie interviewt. Eigentlich war das Gespräch schon zu Ende, als ihr noch diese letzte Frage eingefallen war. Eine gute Frage, eine sehr gute sogar. Ich antwortete: „Eine eigene Sportart ist Fitness nicht, sondern die Basis für alle Sportarten.“ Das war valide, aber doch verknappt. Die Dame ging, die Frage blieb. Eine Autostopper-Frage, die ich mitnehmen wollte. Sie formulierte sich in meinem Kopf in ihre persönlichste Form um: „Was bedeutet Fitness für mich?“ Schnell wurde mir klar: Fitness ist für mich weit mehr als die Begrifflichkeit, in der sie im täglichen Sprachgebrauch so inflationär verwendet wird. Mehr als das inoffizielle Gütesiegel für Sportliches, Körperliches, Mentales, Intellektuelles oder – in meinem Fall – auch Wirtschaftliches. Fitness ist für mich das basale Lebensgefühl, das mich trägt.

Sport hat mir Erfolge ermöglicht, mich an Grenzen gebracht und durch Krisen geführt. Er war, ist und bleibt meine Existenzgrundlage. Im wörtlichen, beruflichen, wie auch im übertragenen Sinn, weil er jeden meiner Lebensbereiche durchdringt. Sport ist mein weisester, ehrlichster Lehrer, die Quelle und der Strom wertvoller Momente für mich und die Menschen, die mir wichtig sind. Ich verdanke ihm unendlich viel in meinem Leben.

Als schüchterner und schmächtiger Lehrbub habe ich Mitte der 1980er-Jahre zum ersten Mal eines der damals raren Fitnessstudios betreten. Es war der Moment, der alles veränderte. Ich wusste: „Das ist mein Platz im Leben!“ Aus einem „dünnen Hendl“ wurde ein preisgekrönter Kraftsportler, bald auch ein anfänglich nur belächelter Start-up-Gründer, der aus seinem Lieferwagen Proteinpulver und Fitnessbekleidung mit psychedelischen Mustern verkaufte. Und dann kamen die Trainingsgeräte der Marke Technogym in mein Leben. Dass Fitness zum Inbegriff einer neuen Bewegung, einer neuen Zeit werden würde, ahnten damals nur wenige Pioniere. Ich war einer von ihnen. Es fing ganz klein an und wurde ganz groß.

Das frühere Ein-Mann-Unternehmen mit Büro am Küchentisch ist heute eine internationale Unternehmensgruppe. Es ist viel entstanden und viel gelungen: Allein in Österreich haben wir in den vergangenen drei Jahrzehnten mehr als 2.500 Projekte für Fitnesseinrichtungen umgesetzt: mit Konzeption, Beratung und Ausstattung. Von imposanten Großraum-Fitnesscentern bis zu privaten Homegyms in Villen, Wohnungen und Yachten. Von Firmen-Fitnessbereichen bis zu den Olympiazentren. Von Sporthotels bis zu hochspezialisierten Rehabilitationskliniken. Technogym, dessen Gründer Nerio Alessandri und ich mit meiner Firma, der Fitness Company: Wir waren zur richtigen Zeit mit der richtigen Marke am richtigen Ort, und daran hat sich bis heute nichts geändert.

Fitness ist auch ein Symbol und ein Synonym für Entwicklung: Heute arbeiten wir als offizieller Partner mit den erfolgreichsten Sportverbänden des Landes, dem ÖSV, dem ÖFB und dem ÖOC, zusammen. Und viele der größten Namen des Sports, Ausnahme-Athletinnen und -Athleten, die bei Olympia und Weltmeisterschaften Sportgeschichte geschrieben haben, durfte ich persönlich kennenlernen, begleiten und von ihrer Exzellenz in Sachen Fitness lernen. Auch diese Partnerschaften sind ein wesentlicher Teil meiner Geschichte.

Apropos Geschichte, besser gesagt Geschichten – Zufall oder nicht: Bald nachdem ich dieses Interview für das Wirtschaftsmagazin gegeben hatte und mich die Frage „Was bedeutet Fitness für mich?“ nachhaltig beschäftigte, erhielt ich den Anruf eines alten Bekannten, der in einem internationalen Medienunternehmen Karriere gemacht hat. Wir kennen einander noch aus den Anfängen der Fitnessszene, in den 1990er-Jahren verkauften wir beide Sportzusatzernährung. Wir sind beruflich recht eingespannt und hören uns daher nicht oft, bekommen voneinander aber regelmäßige Updates über die Fitness-App Strava. Am Telefon plauderten wir über alte Zeiten, irgendwann kam mein Kollege von anno dazumal zum Punkt: „Gottfried, bitte erkläre mir eines: Wie kriegst du deine Firma, Familie, Freunde, Urlaube und so viel Sport unter einen Hut?“

Schon wieder so eine Autostopper-Frage. Ich nahm Anläufe für eine Antwort und gab schließlich die einzig authentische: „Das kann ich dir gar nicht so genau sagen, weil ich noch nie darüber nachgedacht habe.“

Er gab sich nicht damit zufrieden: „Du leitest allein eine Unternehmensgruppe, hast eine Familie mit vier Kindern, pflegst deine Freundschaften, reist viel – fährst aber trotzdem 20.000 Kilometer im Jahr mit dem Rennrad, trainierst viermal pro Woche im Fitnessstudio –, und ich habe dich noch nie über Stress jammern hören: Wie geht das?“ Und ohne meine Antwort abzuwarten, sagte er: „Weißt du was, Gottfried? Du musst ein Buch darüber schreiben! Wie du es schaffst, Beruf, Privates und Sport zu kombinieren. Das wäre so wichtig für all die Menschen, die ständig das Gefühl haben, zu wenig Zeit für die wesentlichen Dinge zu haben.“

Dann war erst einmal Stille.

„Ein Buch? Ich? Geh!“ Ich lachte verlegen, begriff aber sofort, dass er nicht als Freund von früher, sondern als Medienprofi mit mir sprach und einen Punkt getroffen hatte. Das war der initiale Moment für die Entstehung dieser Geschichten, die Sie in Händen halten. Ich werde ewig dankbar sein für dieses Telefonat und die Autostopper-Frage, die Impuls und Ermutigung für dieses Buch waren, wenngleich erst zeitverzögert.

Denn zunächst suchte ich nach Menschen, die mir die Buch-Idee erfolgreich wieder ausreden würden – scheiterte aber beharrlich daran. Bei meiner Frau ebenso wie bei meinen Kindern, Verwandten, Vertrauten, Freunden und Kollegen. Niemand sagte zu mir: „Wozu solltest du ein Buch schreiben!?“ Der Tenor war: „Na endlich! Mach das!“

Auf Anraten eines gemeinsamen Bekannten tauschte ich mich dann im Herbst 2021 mit Michael Holzer über das Buchprojekt aus. Wir kannten einander, weil Michael Berater und Vertrauter von Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern war, die auch als Markenbotschafterinnen und Markenbotschafter für Technogym und meine Fitness Company fungierten. Es war ein langes Gespräch, in dem die Idee Gestalt annahm. Wir waren uns einig darin, dass es weder eine klassische Biografie noch ein herkömmlicher Ratgeber werden sollte, und verständigten uns auf den Zugang einer Innenreise. Es sollte eine sehr persönliche Reflexion über die Beziehung zu meinem ältesten Freund und meiner längsten Liebe werden – dem Sport.

Meine Innenreise dauerte länger als ein Jahr. Michael hat mich auf ihr begleitet, mir meine Geschichten gespiegelt und mich unterstützt, meine Gedanken zu verschriftlichen. Das Buch möchte die Antwort auf die Frage sein: Wofür steht Fitness in meinem Leben? Sie ist eingebettet in große gesellschaftliche Umbrüche, die mit der Corona-Pandemie begonnen und in mir tiefgreifende Veränderungsprozesse in Gang gesetzt hatten. Die inneren Zusammenhänge zwischen den Bewegungen des Lebens und einem sportlich aktiven Lebensstil wollte ich für mich selbst näher ergründen, fassbar machen und teilen.

Am Ende des Buches habe ich jene sieben Qualitäten der Transformation herausgearbeitet, die mir Rhythmus, Halt und Richtung geben. Vielleicht ist ja auch für Sie eine Inspiration für Ihr Fitnesslife dabei.

Viel Freude beim Mitreisen!

Gottfried Wurpes

Inhalt

EIN LEBENSZIEL ALS AUSGANGSPUNKT

WIE ICH ANKAM, UM NEU AUFZUBRECHEN

DAS RÜCKGRAT DER ORDNUNG

WIE MICH DIE FURCHT FREIHEIT LEHRTE

DIE INVERSION DER KRISE

WIE ICH IM NEBEL NEUE HORIZONTE FAND

VON DER PERIPHERIE INS ZENTRUM

WIE ICH DAS WESENTLICHE IM LEBEN ERKANNTE

DIE FITNESS ALS LEBENSGRUNDLAGE

WIE ICH IM SPORT GLÜCKSMOMENTE SAMMLE

ZUR RICHTIGEN ZEIT AM RICHTIGEN ORT

WIE MEIN BERUF BERUFUNG BLEIBT

WORAUF ES ANKOMMT

SIEBEN QUALITÄTEN DER TRANSFORMATION

KAPITEL 1

EIN LEBENSZIEL ALS AUSGANGSPUNKT

Wie ich ankam, um neu aufzubrechen

Das erste Bewegtbild des Tages war der alarmierende Zahlensprung von 05:14 auf 05:15 auf der Weckuhr. Mein Frühaufsteher-Enthusiasmus hatte sich als Widerwille verkleidet. Und von der Euphorie der großen Tat, die mich durch einen Herbst, einen Winter, im Grunde durch mein ganzes Leben getragen hatte, merkte ich nichts.

Zwanzig durchgearbeitete Wochen mit zu langen Tagen und zu kurzen Nächten hatten Spuren hinterlassen. Aufwachen fiel mir selbst mit offenen Augen schwer. Hatte ich überhaupt geschlafen? Aus dem Badezimmerspiegel starrte mich die eigene Müdigkeit an. Ich ging in die Küche. Doppelter Espresso, ein zweiter. In Zeitlupe kam die Wirklichkeit: 26. Februar 2020, Aschermittwoch. Zu warm für diese Jahreszeit, ein Wintermorgen, der nach Frühling roch.

Meine Familie schlief. Ich wollte dem Tag, der ein Höhepunkt in meinem Leben werden sollte, wenigstens eine Schmalspurversion gewohnter Struktur abtrotzen, stakste in den Fitnessraum, um Körper, Geist und Seele auf das Kommende zu kalibrieren. Sport in aller Frühe, ehe die Welt zu ihrer Betriebsamkeit erwacht, ist seit Jahrzehnten mein Tagesbeginn. Energielosigkeit, Müdigkeit, Trägheit bewirken in mir eine Schubumkehr: Je geräderter ich bin, desto mehr zwingt mich eine innere Kraft, in Bewegung zu kommen. Auf dem Rennrad, an Geräten in meinem Homegym, auf meiner Gymnastikmatte. Diesem Bewegungsimpuls ist nichts entgegenzusetzen, außer mich umzuziehen und anzufangen.

Viele behaupten von sich, ihnen fehle für Sport die Disziplin zum Dranbleiben. Bei mir hat es sich über die Dekaden umgekehrt, ich kann mich gar nicht nicht überwinden. Für welche Art von Sport ich mich entscheide, folgt keinem fixen Plan, sondern meiner Intuition. Meiner lebenslangen Trainingsroutine verdanke ich ein seismographisches Körpergefühl. Ich habe gelernt, ihm zu vertrauen und zu folgen. Mein Körper hat den Plan, ich die Zeit. Sport ist ein unverhandelbares Ritual für mich, wie Zähneputzen, Rasieren, Duschen, wie Atmen. In Fleisch und Blut übergegangen, wie es umgangssprachlich heißt, in Billionen von Körperzellen für immer gelernt und abrufbar.

An diesem ersten Morgen nach der Faschingszeit stieg ich auf das Rennrad, das ich im Winter drinnen mit einem Rollentrainer verwende. Meine Beine steigerten, anfangs noch etwas steif, langsam die Trittfrequenz. Üblicherweise bewirkt das simultan eine Veränderung meines mentalen Zustandes, doch etwas sperrte sich anfänglich. Es gelang nicht, gedanklich loszulassen. Mein analytischer Verstand sprang fahrig zwischen imaginierten Checklisten hin und her. Und verstärkte so die beunruhigende Tendenz, dort viele rote Rufzeichen, aber kaum grüne Haken zu erblicken. Es dauerte, ehe die zyklische Bewegung und der Atemrhythmus meinen nervösen Geist besänftigt hatten, still werden und mich in jene Sphäre abgleiten ließen, die ich „Alphazustand“ nenne. In sechzig schweißtreibenden Minuten hatte ich selbstvergessen die Zeit, mich und meine Gedanken übersehen.

Unter die kalte Dusche, noch ein Espresso, ich zog mich an. Die nervliche Anspannung blieb auf einem erhöhten Niveau. Bei jedem Mal einatmen schien die Luft an den Schlüsselbeinen wieder kehrtzumachen, anstatt meine Lungen zu befüllen. Das hielt diese spürbare Enge im Körper aufrecht, der mir eine Kleidergröße zu klein war. Stress über einen zu langen Zeitraum zeitigt solche Befindlichkeiten, dann übernehmen alte Muster die Regie des Lebens.

Ich griff mir mein iPad und lenkte mich ab. Im Nachrichtenüberblick fand sich ein Nachruf. Ein gewisser Erico Spinadel war mit 91 Jahren in Argentinien verstorben. Den Namen hatte ich nie zuvor gehört. Im Bericht stand, dass der Wiener Ingenieur zunächst Experte für Kernenergie gewesen war, später Windenergie-Berater der Vereinten Nationen. „Eine spannende Entwicklung“, dachte ich. Spinadel hatte sich mit multidisziplinären Ideen für die Energieversorgung von Entwicklungsländern international einen Namen gemacht.

„Aber wieso Argentinien?“, fragte ich mich. „Was hatte den Mann nach Südamerika verschlagen?“ Die Antwort ließ sich, ohne dass ich es überprüft hatte, aus seinem Geburtsdatum und der österreichischen Zeitgeschichte herleiten. Ich mutmaßte, dass sein Name stellvertretend für viele ihrer Heimat Entwurzelter stand, die samt ihren Talenten hatten neu anfangen müssen, als Europa in Schutt und Asche lag. Eigenartig, dass erst der Tod ein würdigendes Licht auf die Lebensleistungen von Menschen wirft und Wertschätzung oft ein Nachruf ist.

Ich scrollte durch Neuigkeiten. Deutschland führte die Impfpflicht ein – gegen Masern. Innenpolitisch war eine „Task Force ökosoziale Steuerreform“ Hauptmeldung. Ich wunderte mich etwas über dieses holprige Sprachbild, einen Begriff aus dem Militärischen mit dem Wort „ökosozial“ zu kombinieren. Und landete bei der nächsten Holprigkeit: Dass die tragikomische Hauptfigur aus dem „Ibiza-Video“ allen Ernstes eine politische Rückkehr ankündigte, wertete ich als Beleg, wie verwirrend die Phase um die Lebensmitte sein kann.

In die Nachrichtenlage mischte sich ein Bericht, wonach in Österreich die ersten beiden Fälle mit dem ominösen Corona-Virus aus China nachgewiesen worden waren. Ein italienisches Paar, das in der Rezeption eines Innsbrucker Hotels arbeitete, hatte sich infiziert und war positiv getestet worden. Beide seien in Quarantäne, hieß es. Ich stellte mir die nebensächliche Frage, ob sie nur von der Außenwelt oder auch voneinander separiert worden waren, wo sie doch denselben Virus hatten. Mehr dachte ich mir dabei nicht.

„Wunderschönen guten Morgen, Herr Wurpes“: Meine Frau Katarina stand in der Küche und lächelte. Schon allein ihre Stimme zu hören war wohltuend, ihre Umarmung wärmend. „Freust du dich, dass es endlich so weit ist?“, fragte sie. Meine Antwort war umständlich: „Wenn am Abend alles vorbei ist, bestimmt.“ Warum sagte ich nicht einfach „Ja!“? Katarina hat eine Leichtigkeit in ihrem Wesen, die wie ein Wärmepflaster wirkt, wenn ich angespannt bin. Das war ich in dieser Phase durchgehend. Sie spürt das. „Mach dich auf den Weg, wir sehen uns dann bei der Eröffnung. Und, du wirst sehen: Es wird super laufen“, verabschiedete mich meine Frau mit ihrem Alles-wird-gut-Charme.

Auf den wenigen Schritten bis zum Auto wischte ich durch eine Gischt an Nachrichten auf meinem Smartphone. Updates aus dem Team, Botschaften von Gästen. Ein paar bedauerten kurzfristige Absagen und wünschten Erfolg für meinen großen Tag. Der große Tag: Erstmals fuhr ich an diesem Morgen nicht zur Baustelle in der Kornstraße 1 in Leonding, diesmal wartete ein fertiges Gebäude, das für seine Einweihungsfeier herausgeputzt wurde. Die umgebaute Zentrale meiner Fitness Company, samt neuem Experience Center für unser Technogym-Equipment. Ein Lebensziel.

Auf der Fahrt nach Leonding glich mein Auto einem rollenden Ein-Mann-Callcenter. Ich führte knappe Telefonate mit einem Dutzend Personen und kam jeweils sofort zum Punkt: „Geht’s gut?“, „Alles auf Schiene?“, „Alles geliefert?“, „Alles fertig?“, „Kann ich helfen?“. Ich bekam ermutigende Rückmeldungen. In einer Sprechpause drängte sich eine Frage in mein Bewusstsein: „Welche Zukunft wartet in diesem Gebäude auf mich?“ Sie lenkte den Wildbach aus Kontrollgedanken in einen ruhigeren Fluss. Es öffnete sich ein Visionsraum, das war angenehm.

Andere große Fragestellungen kamen in Resonanz: „Welche Welt wartet auf mich?“, „Und welches Leben?“. Gedanklich schwebte ich über einer Zeitlinie in Richtung neuer Horizonte. Der Umbau, das Experience Center, die Eröffnung waren, das sah ich klar, eine Kumulation dessen, was ich in meinem Leben für gelungen hielt. Ein wichtiges Ziel war nun erreicht, der offizielle Akt am Abend nur Draufgabe.

Bei diesem Gedanken entspannte ich mich, die Schultern sanken erleichtert nach unten, ich atmete tiefer. Ich verband mich geistig mit dem Kindergartenkind in Linz-Urfahr, das ich einmal gewesen bin. Mit dem Volksschüler in Linz-Spallerhof. Mit dem Hauptschüler im Marianum Freistadt. Mit dem Industriekaufmann-Lehrling beim Spezialfahrzeuge-Hersteller Rosenbauer in Leonding. Dabei stellte ich fest: Keine jüngere Version meines Selbst hatte sich ausgemalt, was an diesem Aschermittwoch 2020 Wirklichkeit wurde. Auch nicht der 21-jährige Start-up-Gründer Gottfried Wurpes, der Anfang der 1990er-Jahre den Mut hatte, seine Begeisterung zum Beruf zu machen, und ein Handelsunternehmen für Sporternährung, Sportbekleidung und Fitnessgeräte gründete. Damals hatte ich der One-Man-Show auf dem einzigen Tisch, der in meiner Linzer Junggesellenbude zum Ausfüllen gewerbebehördlicher Formulare taugte, selbstbewusst den Namen Fitness Company gegeben.

Und jetzt, nur drei Jahrzehnte später, eröffnete ich als Geschäftsführer einer internationalen Unternehmensgruppe offiziell ein neues Headquarter im Beisein von Prominenz und Medien. Nie hatte es ein konturscharfes Bild der Zukunft gegeben, aber immer eine Vision, eine Intention, ein Wissen, dass es nur an mir liegen würde, Ziele zu erreichen, an niemandem sonst. Das Leben wird vorausschauend gelebt und rückblickend verstanden, hat der Philosoph Søren Kierkegaard sinngemäß geschrieben. Ein wahrer Satz. „Dieses Gebäude“, resümierte ich, „wird für mein restliches Leben und auch noch danach ein Symbol für mein Vertrauen in den eigenen Erfolg und eine einzigartige Branche bleiben.“

Die Wärme tiefer Dankbarkeit durchströmte mich. Banalitäten und Bedenken lösten sich in ihr auf, das Wesentliche trat in den Vordergrund: Ich hatte viel in dieses Gebäude investiert. Schon mit der Entscheidung für das Großprojekt war festgestanden, dass Großzügigkeit in diesem Bauwerk nicht wirtschaftlichen Effizienzkriterien geopfert wird. Für Menschen, die mich lange kannten, mag das überraschend gewesen sein. Sie wissen, dass ich Rechnungen immer sofort begleiche und Handschlagqualität schätze, aber auch, dass ich rechnen kann.

In finanziellen Fragen bin ich zu Sparsamkeit mit Augenmaß erzogen worden. Vor allem von meiner Großmutter, einer patenten, tüchtigen Frau, die in den 1970er-Jahren als selbständige Buchhalterin Tag und Nacht für Handelsagenturen und Autowerkstätten gearbeitet hatte. Und, als wäre es das Einfachste von der Welt, parallel dazu eine gute Ehe führte, vier Kinder – inklusive mir fünf – großzog und ein Haus samt Selbstversorger-Gemüsegarten in Schuss hielt. An ihrem Beispiel lernte ich, wie viel in ein Leben passt.

Ihre Sinnsprüche prägen mich und meine unternehmerische Haltung bis heute. Sätze wie „Gottfried, aus einem 10-Liter-Kübel kannst du immer nur zehn Liter herausnehmen, nie elf“. Das klingt banal, doch es hat in mir Zurückhaltung gegenüber geliehenem Geld bewirkt. Die wenigen Unternehmenskredite, die ich in der ersten Phase meiner Selbständigkeit aufnahm, sind lange abbezahlt. Unauslöschlich in der Erinnerung dieser Moment, in dem die letzte Verbindlichkeit auf das Konto der Bank überwiesen wurde. Schuldenfrei! Mit dieser letzten Rückzahlung verschwand die jahrzehntelange Last der Hypotheken am Silvestertag 2008 in einem Augenblick. Ohne rauschendes Fest, ohne Feuerwerk, das Glücksgefühl lag in diesem einen Augenblick der Freiheit.

Seither habe ich nie wieder etwas auf Kredit gekauft. Egal wie „billig“ das Geld der Banken war und wie nachdrücklich mir geraten wurde, die Vorteile fremdfinanzierter Investitionen zu nützen und mein Kapital zu hebeln. „Billiges Geld“ ist ein Marketing-Zerrbild. Auch niedrige Zinssätze bedeuten Abhängigkeit in welcher Form auch immer. Mein Credo lautet: Entweder ich habe das Geld, das ich brauche. Oder brauche nicht, wofür mir das Geld fehlt. Dazwischen ist nichts. Eine Heuristik, mit der ich gut fahre.

Sie ist ein Resultat frühester Lernerfahrungen aus meiner Kindheit. Oma hat jede Einkaufsliste exakt im Kopf ausgerechnet, bevor sie mich Knirps zum ADEG-Markt einkaufen schickte. Betrug die Summe 47 Schilling 80 Groschen, gab sie mir abgezählte 47 Schilling 80 Groschen mit. Das ersparte mir, unreflektierten Konsum zur lieben Gewohnheit werden zu lassen. Unverführbarkeit durch Süßes, Aufkleber oder andere Kinderverlockungen war für mich normal, für den Kaufmann in diesem Geschäft unerträglich.

Er fing an, die akkuraten Geldbeträge aufzurunden, indem er mir Kleinigkeiten schenkte. Ich dankte ihm überschwänglich. Das freute ihn. So sammelte ich schon früh erste Referenz-Erfahrungen, was aus Freundlichkeit, Offenheit und Dankbarkeit im Geschäftsleben entsteht. Win-win-Situationen sagt man heute. Meine Überzeugung nach bald vierzig Jahren im Beruf ist: Ein gutes Geschäft ist nur, wenn die, die es miteinander machen, und möglichst viele andere davon profitieren. Geldverdienen ist nicht der Sinn, sondern eine Nebenerscheinung. Sonst fühlt sich Erfolg schal an.