Frag den Weltenbummler! Brasilien, Argentinien, Bolivien, Chile, Peru plus Paraguay, Uruguay - Carsten Weidling - E-Book

Frag den Weltenbummler! Brasilien, Argentinien, Bolivien, Chile, Peru plus Paraguay, Uruguay E-Book

Carsten Weidling

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Beschreibung

Das Beste dieser Weltregion? Der sehr bunte und sehr, sehr sexy Karneval in Rio, eine Expedition ins bolivianische Tiwanaku, die Suche nach Margot Honecker in Chile, die zig wundervollen Begegnungen in Lima, das verrückte Mate-Desaster in Montevideo, der alte Zausel von Asunción oder doch die argentinischen Landschaften von den Fällen in Iguazú über Salta, Cachi und Jujuy bis runter nach Patagonien? Und was das Gruseligste? Die dünne Luft von La Paz in Bolivien, die verirrten Nächte in Brasilien oder die zwei Jahre Corona-„Gefangenschaft“ in Buenos Aires? Und wie verrückt fühlte sich dort der Gewinn der Fußball-WM und wie erschütternd die Trauer um „die Hand Gottes“ Maradona an? Und wieso hat ein dauerreisender Weltenbummler in Peru plötzlich keine Lust, Machu Picchu zu sehen? Carsten Weidling war in diesem Teil der Welt dank Virus und Liebe besonders lange und hatte reichlich Zeit, alle diese Fragen sehr unterhaltsam zu beantworten.

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Ganz besonders möchten wir Ihnen die buchbaren ONLINE-LESUNGEN und Video-Ratgeber von „Deutschlands witzigstem Weltenbummler“, Carsten Weidling, ans Herz legen. Ganz persönlich, live, von überall auf der Welt. Für Sie oder als Geschenk. Für Ihre Reisegesellschaft, Ihre Firma oder Ihr Reisebüro. Zur Reisevorbereitung und/ oder während Ihrer Reise.

Bei jeder Online-Lesung gibt es für Sie ein E-Book Ihrer Wahl gratis dazu. Und ein Teil des Honorars geht als Spende an:

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www.mitteldeutscherverlag.de

1. Auflage

© 2024 mdv Mitteldeutscher Verlag GmbH, Halle (Saale)

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Alle Rechte vorbehalten.

Gesamtherstellung: Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale)

ISBN 978-3-96311-806-7

INHALT

Der Appetithäppchentyp

Kein Khaki sein!

Sie reisen nach Brasilien? Glückwunsch, gute Entscheidung!

Reden wir mal über Männer

Besser Strand als Hotel

Keine Schönheit auf den ersten Blick

Endlich Jesus-Fan

Es ist ein Brot! Kein Hut!

Wenn den Brasilianern plötzlich die Zähne ausfallen

Achtung, Irrtümer!

Meine Erstangst vor Rio

Brasilien in drei Mini-Anekdoten

Mini-Anekdote 1: Der ewige Rhythmus

Mini-Anekdote 2: Die deprimierte Verkäuferin

Mini-Anekdote 3: Der stille Teen

Verschwommene Blicke

Die wahnwitzige Karnevalsidee

Mein Karnevalsirrtum

Gene und Skalpelle

Salvador da Bahia

São Paulo

Also Amazonas, ja?

Weltenbummlersterne • Klos & Co.

Sie reisen nach Argentinien?

Glückwunsch, sehr gute Entscheidung!

Buenos Aires vs. Rio de Janeiro

Steaks und nächtliches Essen

San Telmo

Die Macht der Kronleuchter

Argentinien in drei Mini-Anekdoten

Mini-Anekdote 1: Die Elfen

Mini-Anekdote 2: La Bestia

Mini-Anekdote 3: Die düstere Frau

Der Obelisk und die breite Straße

Casa Rosada

Die drei Heiligen

Heldentod?

Die Wiederauferstehung

Argentinier im „Winter“

Das Leiden der Porteños

Hoch oder runter?

Da grinst der Argentinier

Matías

Sie müssen Gitarren hören!

Nicht hören – schauen!

Machismo und La Madre

Hotte Hüh hoch drei

Die Gute-Gefühl-Geschichte für Ostdeutsche

Corona und Dinorah

Was zu sehen bliebe

Weltenbummlersterne • Geld & Co.

Sie reisen nach Bolivien?

Glückwunsch, interessante Entscheidung!

Rote Ränder

La Paz? Ehrlich?

Stadtrundgangsversuch La Paz

Tiwanaku

Titicacasee

Ein Lob aus Argentinien?

Cholita-Gucken

Santa Cruz

Einschub: „Kurzes Hotellob“

Angst?

Bolivien in drei Mini-Anekdoten

Mini-Anekdote 1: Der Bus

Mini-Anekdote 2: Das Herz

Mini-Anekdote 3: Das Schild

Was kaut denn da?

Also echt mal, Chile!

Darf ich vorstellen, S. B.

Bolivien kann auch Karneval

Bolivien kann auch Abenteuer

Daumendruck für Bolivien

Mein Ausflug nach Chile

Warum so kurz?

Der Anflug zählt

Bergige Ersteindrücke

Geht weg!

Café mit Beinen

Hügel & Co.

Kunstguckbefehl!

Ossi, Obst, Bach und Pop

Der Brief

Was zu sehen und erleben bliebe!

Weltenbummlersterne • Wichtig & Co.

Peru in Reisebekanntschaften

Schande auf mein Haupt!

Der feine Herr Humboldt

Ein Manfred

Beeindruckende Eva

Sergie, der Trekker

Don, Piero, Sofia und nicht Angela

Josefa, die Dealerin

Petra, die Umweltschützerin

Kurztrip Uruguay – sehr gute, kleine Idee

Mit dem Buckel-Bus zur schmutzigen Schwester

Das Mate-Desaster

Reingeschnuppert in Paraguay

Und nun vergessen Sie alles wieder

Weniger sorgen, mehr reisen! – Mein ewiger Appell

Weltenbummlersterne • Weltwertung

Und ganz zum Schluss: Meine ganz persönliche Weltwertung

Reisen und Gutes tun

CARSTEN, DER APPETITHÄPPCHENTYP

Hallo, wenn Sie mögen, bin ich Ihre Reisevorhut. Ihr Ein-Mann-Spähtrupp.

Ich bin seit vielen Jahren unterwegs, weil ich ganz entspannt lächelnd unseren wundervoll bunten Planeten kennenlernen und ein bisschen an der Weltoberfläche kratzen will. Mehr nicht! Ganz ehrlich, ich habe noch nie ein Land verlassen und gesagt: „Jetzt kenne ich das Land, nun weiß ich Bescheid und kann andere aufklären.“ Wer Ihnen so etwas verspricht, träumt. Ich versuche nicht, Ihr Reiseführer zu sein, sondern eher der, der Sie mit einem neuen Land verkuppelt. „Hey Land, neue Reisende. Hey Reisende, ein neues Land. Umarmt euch, lernt euch kennen!“ Ja, alles was ich Ihnen nach gut 12 Jahren Reisen in aktuell fast 120 Ländern und nach meinen Leben in einigen davon bieten kann, ist meine humorvolle, gelassene und überaus glückliche Sicht auf die von mir bereisten Länder. Sehr nah, sehr persönlich, sehr ehrlich. Ich bin Ihr Appetithäppchentyp, der Ihnen Lust auf den eigenen Reisehauptgang machen möchte, Sie für neue Reisen ohne unangemessene Sorgen motivieren will. Und kann.

Es ist paradox. Die Deutschen, Schweizer und Österreicher reisen extrem viel, und haben dennoch ständig wachsende Reisesorgen und Reisezweifel. Schon lange vor Corona und jetzt noch mehr. Mir ist auf der ganzen Welt nicht das kleinste Unheil geschehen. Selbst in Gegenden nicht, die Sie wahrscheinlich eher aus den Nachrichten als aus Reisekatalogen kennen. Und ich werde Ihnen sagen, wieso. In hunderten kleinen, wahren Geschichten meiner Buchreihe. Also Lust machen und Sorgen nehmen aus erster Weltenbummlerhand! Sich nicht zu wichtig und ernst zu nehmen, offen zu bleiben, ist der Schlüssel.

Was man als konsequenter Weltenbummler halt so für Tattoos hat

Reisen heißt eben nicht Sorgen, Sehenswürdigkeiten und Reiserücktrittsversicherungen. Reisen bedeutet hinzuschauen, hinzufassen, hinzuriechen, hinzuschmecken und das Neue und Spannende einzuatmen. Zu entdecken, wie wundervoll diese Länder und ihre Menschen sind. Und wie nah. Der Reiz des neuen Landes ist diese Mischung aus atemberaubend Schönem, kurios Fremdem, spannendem Erleben und kopfschüttelndem Gelächter, das Sie überall auf dieser so verrückten und großartigen Welt ernten können, wenn Sie nur Herz, Augen und Geist offenhalten. Und mit den Menschen sprechen.

Carsten Weidling on tour

Wir sollten nicht daran zweifeln, dass andere Länder und deren Menschen gastfreundlich, offen und herzlich sind. Angst blockiert das Hirn. Humorlosigkeit lähmt uns. Reisen, selbst sehen, selbst hören, selbst erleben, öffnet uns. Klug, informiert und vor allem mit Humor und Gelassenheit.

Also:

„Weniger sorgen, mehr reisen!“

Ich bin für Sie schon mal vorgereist.

KEIN KHAKI SEIN!

Bevor Sie ins Flugzeug steigen und alles falsch machen, was deutsche Touristen falsch machen können, nehmen Sie bitte Ihre albernen Khaki-CargoShorts wieder aus dem Koffer! Sie wollen doch keiner von „denen“ sein! Ich nenne diese Leute „Khakis“. Khakis sind das, was bei Harry Potter die Muggel sind. Leute, die in unserem Fall die Magie des Reisens nicht kennen oder nicht verstehen. Diese Khakis tragen nicht nur gern Khaki-Cargo-Hosen, sondern gar passende Hüte und sogar Hemden und Blusen, die so viele Taschen haben, dass sie ihr eigenes Handgepäck sind. „Reise-Muggel“ sind weder Abenteurer noch Entdecker, auch wenn sie sich anziehen, als würden sie als Erstexpedition durch den Dschungel robben, um vermeintlichen Waldbewohnern das Recht auf Brückentage näher bringen zu wollen. Khakis haben die ganze Reise über Sorgen. Vor fremden Klos, unbekanntem Essen, jeder noch so absurden Gefahr eines anderen Landes und jeder möglichen Art von Betrug. Denen rufe ich tröstend zu: „Die Welt ist nicht böse!“

Doch die Khakis sind überall. Khakis haben Seifen und Kulis im Handgepäck, nur weil ihnen irgendwer erzählt hat, dass man sich gerade in abgelegenen Gebieten über kleine Gastgeschenke freut. Die geschlechtliche Differenzierung unter den Khakis ist schleichend. Doch besonders Khaki-Männchen denken, sie werden auf Reisen zu Alexander von Humboldt, Livingstone oder Columbus, obwohl sie daheim um Hilfe rufen, um eine Spinne in der Wanne tot zu duschen. Die Frauen der Art Khaki glauben, in ihnen steckt ein Hippiemädchen, aber ihre bleichen Füße sagen, dass sie ihr Leben doch nur dröge unter Neonröhren und nicht hüftschwingend am Strand verbringen.

Khakis halten fremde Länder für „Urlaubsländer“ und latschen selbst durch Millionenmetropolen mit Klamotten, als wäre alles in ihrem Urlaub automatisch Strandgebiet. Bewaffnet mit Multifunktionsrucksäcken, als würde die Wasserversorgung außerhalb des eigenen Heimatorts nie sicher sein. Khakis lassen am Flughafen ihre ranzigen Koffer in Schutzfolie einpacken, nur um sie dann am Kofferband noch schwerer von den anderen unterscheiden zu können. Khakis rechnen jede Restaurantquittung nach. Khakis wissen nichts über das Reiseland, aber alles über Reiserücktrittsversicherungen. Khakis fotografieren als Erstes bestehende Schäden im Hotelzimmer, um „sicherzugehen“. Khakis glauben, alle Fremden wollen sie nur betrügen und seien „nur hinter unserem Geld her“. Khakis halten alles außerhalb ihres Ortes für Wildnis und würden gern das Brotmesser als Notmachete mit ins Handgepäck nehmen. Kurz, Khakis haben von nichts eine Ahnung, wollen aber die Welt missionieren. Ach, und Khakis: Marco Polo hatte auch keine hellblaue Nackenrolle dabei. Also bitte!

Alle, die jetzt das Buch noch nicht mit den Worten „Was glaubt der Vogel denn, wer er ist?“ weggelegt haben, sind herzlich willkommen, mit mir oder mir nach zu reisen. SIE SIND QUALIFIZIERT! Glückwunsch! Denn Sie wissen bereits, Reisen ist besser als auf Ihrem Balkon wegzudämmern und sich einzureden, dass das ja auch ganz interessant sei. – Ist es nämlich nicht! Selbst wenn er dieses Jahr so rebellisch blau statt wie sonst gelb bepflanzt sein mag. Ja, Sie wissen, dass wir alle über die Jahre zu empfänglich für Ängste und Sorgen geworden sind. Besonders dem Fremden, Ungewohnten gegenüber. Sie sorgen sich schlicht etwas weniger und wissen auch, dass fehlende Sprachkenntnisse nur selten Reisezweifel wert sind. Auch ich spreche die allerallerwenigsten Sprachen der Welt und komme durch. Ja, ich habe sogar erkannt, oft steigt die Lebensqualität, wenn man die Sprache um sich herum nicht versteht. Denken Sie mal im nächsten deutschen Bus darüber nach. Alles Unverständliche auf Reisen kann auch exotische Urlaubsuntermalung sein. Der gesprochene Soundtrack zur Tour.

Der Erholungsfaktor der Unverständlichkeit. Das ist der Punkt: Khakis haben Angst, wir Reisenden genießen den Unterschied. Wissen Sie, was noch hinzukommt? Man liebt uns Deutsche in der Welt. Für all die Klischees. Pünktlichkeit, Qualität, Zuverlässigkeit, Spießigkeit, manchmal für unsere Blässe, immer für unseren Fußball, unser Bier und unsere Autos. Aber nicht für unseren Geiz, Khaki-Cargo-Shorts und den ewigen Missionarsmodus.

In diesem Zusammenhang: Hallo Reisende aus Österreich und der Schweiz! Sie dürfen sich dem gern anschließen, denn in der Welt werden Sie ohnehin als „eine Art Deutsche“ wahrgenommen, sorry. Und mal ehrlich, ist es nicht viel leichter, immer zu nicken, wenn man Sie im Ausland für einen Deutschen hält, als ständig zu erklären, dass Austria nicht Australien ist, und Switzerland nicht Schweden oder Swasiland?

Wem in meinen Büchern Beschreibungen von „unverzichtbaren Sehenswürdigkeiten“ und „total geheimen Geheimtipps“ fehlen, sollte sich von einem cleveren Freund oder einer schlauen Freundin in die Kunst des Googelns einweihen lassen. Denn alle Sehenswürdigkeiten wurden schon beschrieben und echte „Geheimtipps“ kennt naturgemäß ja eh keiner. Es sind die kleinen Geschichten, die einem ein ganzes Land erklären. Waren Sie schon immer! Dazu gibt es dann noch meine Sterne, die Ihnen zeigen, was Ihr persönlicher Weltenbummler unter anderem über Toleranz, Preise, Sicherheit und Klos in allen Ländern denkt.

Stand heute habe ich in 12 Jahren 114 Länder nahezu ohne Probleme bereist, weil ich meine eigenen „5 Weltreiseregeln“, immer befolgt habe:

Habe Respekt und keine Angst!Sprich mit den Menschen!Entdecke für dich Neues, doch tue nichts Dummes!In Kunstmuseen, Kneipen, privaten Küchen, Rotlichtvierteln und Casinos lernt man am meisten über das Selbstverständnis eines Landes. Also geh da hin, aber nur, wenn du damit nicht gegen Regel 3 verstößt.Belehre niemanden, höre zu, lerne und staune!

Plus Bonusregel: Habe Spaß, genieße das Fremde und lache viel, besonders zusammen mit den Einheimischen. Denn keine Sehenswürdigkeit auf all meinen Reisen war wunderbarer als das gemeinsame Lachen überall auf dieser Welt.

IN JEDEM LAND!

REDEN WIR MAL ÜBER MÄNNER

Bevor wir mit Brasilien so richtig loslegen und besonders die lesenden und träumenden Männer wieder nur Blicke für Bikinifiguren haben – auch wenn sie selbst in die Badehose nur noch mit einem Schuhanzieher kommen –, sollte die weibliche Stimme der Vernunft in mir etwas sagen. Ja, manchmal bricht sie sich Bahn.

Es ist nämlich so. Wenn ich in der Heimat von Panama spreche, ist der erste Kommentar entweder etwas über Steuern oder über Janosch und, ob Panama wirklich nach Bananen riecht. Spreche ich von Amsterdam, machen alle Kiffgesten. Spreche ich von Thailand, höre ich kehliges Männerlachen. Was mir besonders unangenehm ist, da dieses Land weit mehr und letztlich ganz anders ist als die paar Erotikstraßen, an die viele zuerst denken. Und so geht es weiter. Dubai: Wolkenkratzer. Afrika: Tiere. Argentinien: Tango. Brasilien: Erektion. Und Karneval. Aber hauptsächlich Erektion. Daraus folgt, insgesamt sprechen über Brasilien zu viele Männer, die sich ihren Fantasien hingeben. Im Normalfall lässt eine kluge Frau ihren Mann ein bisschen träumen, lächelt verständnisvoll und weiß, dass Männeraugen eben bei Brasilianerinnen glühen wie Kinderaugen im Spielzeugwarenladen.

Was den Männern aber nicht bewusst ist: Dies ist gerade in Brasilien keine einseitige Angelegenheit. Denn wir reden hier von Brasilien! Frauen, von Brasilien! Das ist nicht nur etwas für Männer!

Vorbei mit dem innerehelichen Vorteil Südostasiens, wo sich unsere Männer zwar oft in die schönen Frauen vergucken, aber die eigenen Frauen meistens mit den südostasiatischen Männern nichts anfangen können. In Brasilien ist das anders. Irgendwie fairer.

Also, liebe Frauen, wenn der eigene Mann mal wieder nur spärlich getarnt und plötzlich von Kultur schwafelnd davon schwärmt, man könne ja mal nach Brasilien in den Urlaub fahren, und Sie sehen ein Lächeln wie sonst nur beim heimatlichen Fußballclub, gehen Sie gelassen darauf ein. Denn es ist eben Brasilien!

Ich gebe es zu, die Attraktivitätsschere zwischen Männern und Frauen ist in diversen Erdteilen unterschiedlich weit geöffnet. Wie gesagt, in Vietnam, Kambodscha, Thailand und anderen Ländern werden wohl mehr Männer- als Frauenträume erfüllt. In Osteuropa wird es enger, in Südeuropa dürfte Gleichstand herrschen. Doch mal ehrlich, was sollte Frauen eigentlich daran hindern, von Südamerikanern zu träumen, während der Ehemann in den labbrigen Schiesserbuxen immer noch glaubt, eigentlich auch nicht schlechter als Antonio Banderas auszusehen?

Machen wir uns nichts vor, in Südamerika und da besonders in Brasilien sind auch die Frauen am Träumen. Zumindest viele. So lassen Sie sich von Ihren Männern zu Brasilien überreden! Ja, natürlich, reden Sie ihm schon mal ein schlechtes Gewissen ein, weil er da ja „eh nur Knackärschen nachstieren will“. Und dann grinsen Sie sich den Flug nach Brasilien schön.

Und hier ein kleiner Reisetipp, den es ganz sicher nur bei mir gibt: Lassen Sie ihn beim Strandspaziergang immer schön einen Meter vorweggehen! Er wird denken, es war seine Idee. Wie immer eben. Und wenn er sich heimlich die brasilianischen Schönheiten anschaut – weil er ja nicht unbemerkt den Kopf drehen kann –, feiern Sie hinter ihm Schmachtsamba! Ja, suhlen Sie sich in den Blicken der Brasilianer! Lassen Sie sich zuwinken und Küsschen zuwerfen! Fühlen Sie sich wie bei „Brasiliens Next Top-Touristin“!

Er wird es im Leben nicht mitbekommen und erst mit seinem heimlichen Gegucke aufhören, wenn er physisch nicht mehr in der Lage ist, den Bauch einzuziehen, ohne einen Kreislaufkollaps zu bekommen.

Und Sie? Sie lassen sich in seinem über die Jahre größer gewordenen Windschatten von den brasilianischen Männern anschmachten. Denn die brasilianischen Männer wissen zu flirten und haben da auch keine Hemmungen. Sie fühlen sich wie die Göttin von Brasilien, während Sie von hinten auf die nottoupierten Haare des Restfrisurenexperimentes Ihres heimischen Banderas-Schattens grinsen.

So, liebe Männer, und nun viel Spaß in Brasilien! Und liebe Frauen.

BESSER STRAND ALS HOTEL

Ich hatte mich in Rio in einem Hotel direkt an der Copacabana einquartiert. Das Hotel war irgendwie abgewohnt, das Zimmer klein. Doch das ist eben die Herausforderung bei einer ewigen Reise um die Welt. Man muss sich an Budgets halten. Eigentlich wollte ich mit 60 Euro je Hotelnacht hinkommen und schaffte es im Schnitt auch über netto gut sieben Jahre. Doch Budgets nerven völlig. Und auch die ständige Rechnerei: Wenn ich in Thailand und großen Teilen Asiens doch locker mit 25 bis 35 Euro die Nacht hingekommen bin und dafür in New York dann doch 100 und auf Tahiti gar 140 Euro gebraucht habe, was darf mich dann Rio kosten? Ja, diese wilde Form des Hotel-Dreisatzes nervt. Doch was ich Ihnen sagen will: Selbst in Strandnähe in Rio kommt man auch mal mit 60 Euro pro Nacht hin, wenn nicht gerade mal wieder Fußball-WM, Olympische Sommerspiele oder Karneval ist. Schnäppchen finden Sie ansonsten immer.

Copacabana – die Mutter aller Strände

In Rio geht’s um den Strand

Na immerhin!

Mein Hotel in Rio lag nach einem Blick durch die Zimmertür ganz augenscheinlich locker im Budget. Überhaupt waren meine Ansprüche über die Weltreise schon sehr gesunken. In sehr vielen Hotels dieser Reise hätte ich, würden sie in Deutschland liegen, nie geschlafen. Hier ließ ich mich drauf ein. Denn kleine Zimmer fördern zumindest den Tatendrang. Es war also schon nach dem ersten Blick in meine bescheidene Unterkunft sofort an der Zeit, Rio und seine berühmten Strände zu erkunden. Ich feuerte den Koffer ins Zimmer – was es sogar ein wenig wohnlicher erscheinen ließ – und trabte los.

Kaum war ich an der Copacabana angekommen, blühte mein Herz auf. Was für ein Strand, was für schöne Menschen. Ich hatte immerhin schon so berühmte Strände wie den Bronte-Beach in Sydney und den Waikiki-Beach auf Hawaii gesehen, war in Tahiti, Haiti, Mexiko, Thailand und Jamaika, doch dieser Strand hier hatte eine ganz andere Atmosphäre. Der Strand von Copacabana ist zu Recht so berühmt. Er ist unfassbar breit und auch sehr lang. Und wenn er endet, mündet er zumindest auf einer Seite auch nur im Strand von Ipanema, der kaum kürzer oder weniger eindrucksvoll ist.

Ich bin ein begeisterter Strandläufer und hier nimmt ein angenehmer Spaziergang einfach kein Ende. Besonders am Abend sind die beiden Strände einladend. Entlang der Strände gibt es viele kleine Kioske, die natürlich Caipirinhas anbieten und auch kleine Leckereien und immer wieder Kokosnüsse und viel mehr Caipirinhas. Man sieht Künstler, die Bilder verkaufen, fast so häufig wie jede Art von Strandhändlern. Und man fühlt sich sicher in einer Stadt, die nicht gerade für ein harmloses Dahinlangweilen steht. Überall sieht man bewaffnete Sicherheitsleute und auch Kameras gibt es gerade genug, die uns Touristen schützen und vor allem auch wiederkommen lassen sollen.

Was will man denn drinnen?

Ist man sein Leben lang in Warnemünde oder auf Sylt am Strand gewesen, schockt einen der Sicherheitsaufwand hier in Rio anfänglich schon ein bisschen, doch man gewöhnt sich schnell daran und freut sich bald sogar darüber. Der Blick auf das Meer, den unsagbaren Strand und die schönen Menschen ist es einfach wert. Dass hier ein weitaus größerer Aufwand zum Schutz der Gäste betrieben wird als an den gewohnten, heimischen Stränden, ist aber leider nötig und somit folgerichtig. Rio ist keine wirklich sichere Stadt. Sāo Paulo auch nicht, und einige weitere Städte in Brasilien scheinen sich ebenfalls in den Statistiken um die vordersten Plätze der unsichersten Städte der Welt zu balgen. Ein bisschen Entwarnung kann ich aber insofern geben, als dass besonders die von Reisenden genutzten und geliebten Gegenden durch eben diese Sicherheitsmaßnahmen für uns genießbar sind.

Vor einem wird man allerdings nicht geschützt: neideinflößender Schönheit, die am Spiegelbild verzweifeln lässt. Ehrlich, viele dieser schönen Menschen sind für meinen Geschmack zu oft durchtrainiert und/oder schönheitsoperiert, als dass ich mich mit meiner deutschen, leicht verschlampten Figur in ihren Augen sehen möchte.

Nachts wird es dann einfach noch schöner. Viele kleine Stände laden zum Essen und zum Trinken und zum Weiterschauen ein. Es eröffnen noch mehr kleine Kunststände und der Strand verwandelt sich vom „Poser-Ort hiesiger Schönheitschirurgie“ – so viel Neid muss erlaubt sein! – zur wohl größten Sportfreiluftanlage. Spätestens jetzt war ich glücklich über mein preiswertes und mich nicht zum übermäßigen Verweilen einladendes Zimmer, das mich herausgetrieben hatte und mich nun die Copacabana bei Nacht erleben ließ. Denn dann gehen die Flutlichtanlagen an vielen Strandabschnitten an und überall sieht man Menschen Volleyball oder Federball spielen. Doch das sind hier nur Randsportarten. Denn man sieht Fußball, Fußball und … Fußball! Sie spielen ihn auf Tore, sie spielen übers Netz, sie spielen in Jungsund Mädchenmannschaften und sie spielen ihn zur Not auch alleine. Wohin man schaut, Fußball den ganzen Strand entlang. Die pure Fußballbegeisterung, die pure Fußballkunst, das reine Fußballleben, nachts am Strand. Sie geben sich in einer lauen Rio-Nacht ihrem Lieblingssport, ihrem Nationalsport hin und nichts kann den so ausgelassenen und glücklichen Brasilianern den Spaß am Fußball an der Copacabana nehmen.

Fußball übers Netz …

… und klassisch auf Tore

Na gut, es sei denn, man spricht sie auf das Halbfinale bei der WM 2014 und das 1 zu 7 gegen Deutschland an.

Doch wer macht denn so was?!

KEINE SCHÖNHEIT AUF DEN ERSTEN BLICK

Wer Rio sagt, meint meist Copacabana und Ipanema. Doch es gibt auch andere Stadtteile und so eine Art Stadtzentrum in einer Stadt von immerhin mindestens 6,7 Millionen Einwohnern. Wie soll man die Attraktivität Rios als Stadt und als Reiseziel definieren? Vielleicht so: Wenn Rio nicht so weit weg von der Heimat wäre, würde diese Stadt eigentlich als Wochenendtrip gut geeignet sein. Sonntagabend könnte es dann aber auch beruhigt zurück in die wohlige heimische Behausung gehen, mit dem guten Gefühl, wirklich alles in dieser Stadt gesehen zu haben. Mehr Zeit brauchen Sie für diese Stadt nicht wirklich.

Das Carioca-Aquädukt

Mein erster Besuch von Rio de Janeiro selbst war ein bisschen ernüchternd. Die Stadt hat eigentlich keinen Charme. Ich weiß nicht, ob der Stadt – die übersetzt „Fluss des Januars“ heißt – der Charme flöten ging, als 1960 das Hauptstadtrecht von Rio an Brasilia überging, aber irgendwie fand ich alles lieblos, na ja, und eben uncharmant. Die Straßen sind nicht schön, es riecht ein bisschen nach Gefahr und von den Bauwerken sind viele verfallen. Man erlebt die Armut und ich fühlte mich nicht willkommen, sobald ich Strände und Nachtleben verließ. Auch wenn mich nicht einmal jemand schräg angesehen hat und ich so auch gar nichts beitragen kann, was die Angst vor Rio schürt, so hatte ich doch das Gefühl, man wollte mich lieber am Strand als in der Stadt sehen. Da, wo ich reichlich Real, Dollar oder auch Euro auszugeben hatte, die typischen Fotos schießen sollte und ja nie wieder über die Fußball-WM 2014 reden dürfte.

Dennoch habe ich mich in die Stadt verlieben wollen, was nicht leicht war. Sie wissen ja, wie das endet, wenn man sich unbedingt verlieben will. Ja, genau, so endete das auch mit mir und der Innenstadt von Rio. Aber es waren die kleinen Dinge, die es ein bisschen herausgerissen haben und mir meinen – mühevollen –Zugang zur Stadt irgendwie, so halbwegs, fast, beinahe, … na, Sie wissen schon.

So sah ich auf den überfüllten Straßen, auf denen viele kleine Händler ihre Waren anboten, auch einen Mann, der mal eben so nebenbei alle Probleme der Weltreligionen wegwischte, indem er in seinem Handwagen alles verkaufte, was aus Messing war. Und so baumelten dabei einträchtig Kruzifixe, Davidsterne, Halbmonde, Glocken und Menora nebeneinander. Die Welt aller Glaubensrichtungen in Messing, auf einem Einkaufsbuggy. Niedlich.

Oder es waren überraschende Dinge wie das Gandhi-Denkmal mitten in Rio, das mich so erstaunte, wie zuvor schon mal ein Elvis-Denkmal in Kyoto oder ein Denkmal für Anne Frank in San José in Costa Rica. Gandhi in Rio war die völkerverbindende Weiterführung des Messing-Religions-Klingklang in Stein. Beruhigend.

„Catedral Metropolitana de São Sebastião de Rio de Janeiro“ – Irre!

Irgendwie putzig sind auch die vielen „Oi“-Telefonzellen, die eigentlich nur kugelige Telefondächer sind, unter denen immer Menschen stehen und telefonieren. Nun heißt „Oi“ im Portugiesischen nichts anderes als „Hallo“, doch wenn man die kleinen mit „Oi“ beschrifteten Halbkugeln so in Massen nebeneinander stehen sieht, scheinen sie weniger zu grüßen, als mehr über einen zu staunen. Staunen Sie einfach zurück, über die Kleinigkeiten von Brasilien und Rio.

Vielleicht wissen Sie ja aus meinen anderen Büchern schon, dass ich es für müßig halte, über all die Sehenswürdigkeiten zu schreiben, über die schon alles geschrieben wurde. Hier reichen Grundkenntnisse im Googeln, um alles Wichtige und wahrlich Sehenswerte zu finden. Wie das Teatro Municipa, einige Museen, den botanischen Garten Jardim Botânico, natürlich das Maracanä-Stadion, die „Bögen von Lapa“, die einst als Aquädukt dienten, und viele imposante Kirchen und Klöster.

Ein kirchlicher Bau sticht dabei besonders hervor: Die modernistische Kathedrale von Rio, die von außen wie ein gigantischer hässlicher Kegel oder der betonierte Versuch eines Maja-Nachbaus aussieht, aber von innen mit seinen riesigen Buntglasfenstern einfach beeindruckend ist. Manche meinen wirklich, diese „Catedral Metropolitana“ würde eher wie ein Vulkan aussehen. Nicht auszudenken, aus irgendeinem eruptiven katholischen Grund würde dieser Kegel anfangen, die darin Platz findenden 20.000 Gläubigen auszuspucken. Es wären wohl die eindrucksvollsten Kirchenaustritte der Welt.

Zugegeben, ich war von alledem recht ernüchtert. Anderseits, was hatte ich erwartet? Was kommt uns denn bei Rio in den Sinn? Strand, schöne Menschen, Zuckerhut und Corcovado inklusive dem feinen Herrn Christus. Na, dann los.

ENDLICH JESUS-FAN

Ist man Christ, sollte man sich DIE Jesus-Statue ohnehin ansehen. Aber auch für alle anderen ist sie ein Muss, sobald man das riesige Territorium Brasiliens erreicht. Es ist irgendwie nicht mal vorstellbar, dass man Rio besucht, ohne auf dem Corcovado bei dem Sohn gewesen zu sein, der so offen die Arme ausbreitet. Irgendwie verlangt das nicht nur der touristische Ehrgeiz, sondern auch der Anstand. Immerhin feiern wir jedes Jahr seinen Geburtstag, seinen Todestag und begegnen ihm auch sonst mehr oder weniger im Glauben oder doch nur im Geschenkewahn. Da sollte man der siebtgrößten Statue dieses Mannes in jedem Fall schon mal seine Aufwartung machen.

Zum Rio-Jesus per Bahn …

… oder zu Fuß?

Erschrocken?

Ja, es gibt größere Jesus-Statuen, in der Reihenfolge: Polen, Bolivien, Mexiko, Vietnam, Philippinen und Indonesien. Und erst dann folgt Rio. Auch wenn der indonesische Jesusbruder gleich groß ist und nur der Sockel etwas höher, ist der Rio-Jesus nur der Siebtgrößte. Andererseits ist Platz 8 in Almada in Portugal nur zwei Meter kleiner als Rio-Jesus, steht aber auf einem sage und schreibe 82 Meter hohen Sockel. Nur gut, dass die Arabischen Emirate nicht im Verdacht stehen, Jesus über sich erheben zu wollen, sonst wäre ein entsprechender Bursche in Dubai wohl schon um die 500 Meter hoch.

Doch in Rio ist es der Berg, auf dem er steht, der ihn über alles erhebt. Und er war zumindest von 1931 bis 1981 der größte. Moment noch mal!

Vietnam und Indonesien? Ehrlich? Ein eher atheistisches und buddhistisches Land und das größte muslimische Land der Welt mit einer Jesus-Statue, wirklich? Jupp!

Also einen Ausblick hat der Rio-Jesus dann schon!

Doch egal wie sehr Sie welcher Religion auch immer zugetan sind und wie sehr Sie sich vielleicht weigern, massentouristische Orte zu besuchen, machen Sie sich gefälligst auf, den tatsächlich ungemein eindrucksvollen 1.145 Tonnen schweren Christus zu besuchen!

Zunächst wollte ich ihn – wohl in einer wahnhaften Form neuer Christushörigkeit – zu Fuß besuchen, weil ich den Berg samt armausbreitendem Berghüter von meinem Hotel an der Copacabana ja sehen konnte. Nun ist Sehen das eine, Hinlaufen was ganz anderes. Und in einer Art verspäteter Grundschullektion begriff ich, dass man große Dinge für näher hält, als sie sind.

Ein Ausflug mit hinreichend Genusspotential

Nach einer Weile war klar, dass da ohne Fahrzeug nichts zu machen ist, und ich glaube, ich konnte den Gigantenchristus ein bisschen über meinen Lauf-Versuch lächeln sehen. Ja, ja, selber übers Wasser gehen, aber mir keinen langen Spaziergang zutrauen!

Aber er hatte ja recht. Mal wieder! Also habe ich mir ein Taxi gerufen und mich hochfahren lassen. Für den Weg nach oben, eine Stunde Wartezeit und den Weg zurück hat der Taxifahrer 140 Real genommen, also gut 25 Euro.

Die Wechselkurse sind oft fürchterlichen Schwankungen unterworfen, sodass man bei jedem Besuch um ein neuerliches Rechnen nicht umhinkommt.

Aber wie auch immer, und was immer es kosten mag, ein Besuch bei dieser Statue, immerhin eines der neuen Weltwunder unserer Erde, lohnt sich immer, denn es ist dort oben wunderbar. Wer hätte das gedacht? Wirklich, ich schicke Sie ja wahrlich nicht zu jeder angeblichen Sehenswürdigkeit, aber hier nehme ich Ihnen schlicht das Versprechen ab, diese Tour zu unternehmen. Gleiches gilt übrigens auch für den Zuckerhut!

Man hat vom Corcovado eine traumhafte Aussicht über ganz Rio und genießt einfach, dass man in Rio de Janeiro ist. Der Christus selbst ist auch hervorragend – kein Kunststück bei einer Körpergröße von 30 Metern. Auf einem acht Meter hohen Sockel! Auf einem 710 Meter hohen Berg! Also HERVORRAGEND … verstehen Sie? Na ja, ist ja gut.

Wenn doch nur nicht die Menschenmassen da oben versuchen würden, das haargenau gleiche Fotomotiv zu schießen. Und ich hatte für den Bruchteil einer Sekunde gehofft, ich wäre der Erste, der auf die Idee kommt, mit ausgebreiteten Armen vor ihm zu stehen. Nein, nicht mal den Bruchteil einer Sekunde, denn wirklich jeder kommt auf diese ach so kreative Idee. Jetzt haben Sie also auch die Wahl. Sie können es wie alle anderen tun. Oder Sie können alle anderen dabei fotografieren, wie die es wie alle anderen tun. Oder Sie können sich dem verweigern, was alle anderen tun, um sich dann zuhause zu ärgern, es nicht getan zu haben, wie es alle anderen taten.

Und wieder sieht man Christus milde lächeln.

ES IST EIN BROT! KEIN HUT!

Ich verstehe deutsche Reise-Extrawürste nicht immer. Doch das wäre ein gesondertes Reisebuch über rote Fußgängerampeln bei Nacht, winzige Trinkgelder, Liegenbesetzungen, Socken und den ewigen Drang, mehr über Reiserücktrittsversicherungen zu wissen als über das Gastland. Ein Khaki-Reisebuch eben.

Aber wie ist das wohl damals hier abgelaufen? Da saßen also die Vertreter der Sprachen der Welt rund um jenen Berg – den „Pão de Açúcar“ – und schauten ihn sich an. Der Portugiese sagte „Brot!“, der Spanier sagte „Brot!“, eine ganze Menge Sprachvertreter sagten „Brot!“. Da erhob sich ein kleiner, blasser, deutscher Mann und sagte „Hut!“. Einfach so, völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Einfach „Hut!“. Und nun haben wir den Schlamassel. Überall heißt dieser imposante Berg „Zuckerbrot“, nur bei uns heißt er „Zuckerhut“. Was muss die Welt nur über uns denken? Und über unsere Hutmode?

Denn auch wenn mir sprichwörtlich noch nie ein Zuckerbrot ohne dazugehörige Peitsche begegnet ist, so sehen in Rio aber einige Berge viel mehr nach einem Feuerzangenbowlen-Zuckerhut aus als besagter 395 Meter hohe Berg zwischen Hut und Brot. Also Zuckerbrot! „Pão de Açúcar!“

Übrigens, um die sprachliche Verwirrung zu komplettieren, heißt es, dass die dort einst lebenden Indianer diesen Berg in völliger Unkenntnis von Zuckerhüten, -broten, Feuerzangenbowlen und sogar Heinz Rühmann (kann man sich das vorstellen?) „Pandasuka“ nannte, was die einfallenden Portugiesen schlicht als „Pão de Açúcar“ missverstanden.

Wenn ich den jetzt erklettern müsste!

Schwindelfrei zu sein, ist schon hilfreich

Und da müssen Sie also nun auch hoch! Wieder kein Reiseführervorschlag, wieder ein touristischer Marschbefehl!

Um da hinaufzukommen, benutzt man nacheinander zwei Seilbahnen, die an sich schon imposant sind und einem zwei Fahrten liefern, die etwas zwischen Glücksgefühl und Höhenangst auslösen. Auf circa der Hälfte der Strecke hat man einen etwas kleineren Berg erreicht, den es sich schon alleine anzuschauen lohnt. Auf dem „Morro da Urca“ kann man etwas essen und trinken, schon mal quasi Vorspiel-Ausblicke genießen und sich auf das Hauptereignis wenig später freuen.

Herrrrrrrrrrrrrllllllllllliiiiiiicccccchhhhhhh!

Nach der zweiten Seilbahnfahrt hat man es dann geschafft und kann nur begeistert sein. Ich wusste vorher zum Beispiel nicht, dass es auf diesem weltberühmten Hügel auch kleine Wanderwege und Picknickplätze gibt. Man kann sich also nicht nur an der sehr steilen und nur wenig wackelnden Drahtseilbahnfahrt mit nachfolgendem Sensationsausblick erfreuen, sondern Stunden damit verbringen, die kleinen Wege abzugehen, ein bisschen zu rasten, zu essen und zu genießen.

Unabhängig davon, dass man von hier auch einen perfekten Blick auf den Berg Corcovado hat, auf dem „Cristo Redentor“, also „Christus der Erlöser“ steht. Ich weiß, ich klinge jetzt mehr nach Pauschaltourist als nach erfahrenem Weltreisenden, aber der Berg hat es mir trotz aller weltweiten Erfahrung schlicht angetan. Und mich begeistert.

Begeisterung! – Mehr gibt es dazu einfach nicht zu sagen.

Hopp, hoch da!

WENN DEN BRASILIANERN PLÖTZLICH DIE ZÄHNE AUSFALLEN

Selbst positive Vorurteile können manchmal einen Schock nach sich ziehen.

Was heißt es denn, nach Brasilien zu düsen? Man erwartet Schirm-chendrinks am dicken Strand, Strandschönheiten mit dicken Sambapopos, und persönlich einen dicken Sonnenbrand. Und was bekommt man? Um im zugegebenermaßen schwachen Bild zu bleiben, eine dicke Überraschung.

An einem neuerlichen Abschlussabend in Rio und kurz bevor ich weiter über Salvador da Bahia reisen sollte, wollte ich dann noch mal los und war auch guter Hoffnung, mehr Samba zu sehen.

Ich lief also gegen 22 Uhr die Promenade am Strand entlang, denn für die Clubs war es noch zu früh. So setzte ich mich an eine Strandbar und wollte hier natürlich einen Caipirinha trinken. Doch irgendwas war heute anders. Die Kellnerinnen hatten sich Sommersprossen geschminkt, Strohhüte aufgesetzt und kuriose Trachten angezogen. Verwirrend. Die Kellner malten sich dünne Koteletten und noch dünnere Bärte an und viele hatten sich Zahnlücken geschminkt. Alles sah so gar nicht nach Brasilien aus. Von Samba keine Spur. Und die Schönheitschirurgie schien aus den Angeln gehoben.

Sooo habe ich mir brasilianische Musik nicht vorgestellt

Über der Bühne stand geschrieben „Festa Junina“ und auf der Bühne spielte ein Trio in der sagenhaften Besetzung: Akkordeon, Triangel und Trommel. Sie fabrizierten kuriose und nicht enden wollende Musik, zu der auch getanzt wurde. Und zwar leidenschaftlich und liebevoll.