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Asien? Na mal schauen. Sich rituell mit geschichtsvergessenen Japanern in einem Onsen zu waschen oder in einem rosaroten Maid-Café in Tokio zu feiern, ist das eine. Verbrennungszeremonien in Nepal zu erleben und zwischen heiligen Kühen und irren Affen Kathmandu zu entdecken, etwas ganz anderes. In Agra mit Massen von begeisterten Indern das Taj Mahal zu besuchen ist zwar herzerweichender, aber nicht so witzig wie „Opfer“ fantasievoller Schuhputzer in Delhi zu werden. Eine wütende Tänzerin in Sri Lanka zu beruhigen, die nicht genug Blumenketten bekam, ist so schrillend komisch wie es beeindruckend ist, die Tempel von Kyoto zu sehen. Einen Auswanderer in Indien zu treffen ist so spannend wie es kurios ist, mit Tuk-Tuk-Fahrern in Colombo zu verhandeln. Einen „Sex-Tempel“ in Nepal zu bestaunen ist so verwunderlich wie es aufregend ist, Fahrpläne in Japan zu verstehen. Also Asien? Unbedingt!
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Seitenzahl: 255
Veröffentlichungsjahr: 2023
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1. Auflage
© 2023 mdv Mitteldeutscher Verlag GmbH, Halle (Saale)
www.mitteldeutscherverlag.de
Alle Rechte vorbehalten.
Gesamtherstellung: Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale)
ISBN 978-3-96311-761-9 (Broschur) / 978-3-96311-797-8 (ebook)
Printed in the EU
INHALT
Carsten, der Appetithäppchentyp
Kein Khaki sein!
Sie reisen nach Japan? Glückwunsch, sehr gute Entscheidung!
Aber so was von Konnichiwa!
Keine Angst vor Regeln!
Ein Hotelzimmer verstehen
Der Segen des deutschen, bergsteigenden Arztes
Der Schirm
Die Rollenverteilung im japanischen Stil
U-Bahn-Schnittmuster
Frühstück und Alkohol
Sprachgewirr und der kleine Rassismus
Körperpflege mit Geschichtslektion
Japan in drei Mini-Anekdoten
Mini-Anekdote 1: Das Stäbchenparadies
Mini-Anekdote 2: Verbeugungen
Mini-Anekdote 3: Filmkulissen
Wenn man in Japan ausflippt
Mit Zimmermädchen feiern?
Verwirrung im Nachtleben
Ganz kurz zum Thema Moral auf Reisen
Das Wort zum Tag
Osaka vs. Kyoto
Kobe und Nara
Japanische Sprichwörter
Weltenbummlersterne • Klos & Co.
Sie reisen nach Indien? Glückwunsch, gute Entscheidung!
MOMENT!
Namaste!
„Ich traue mich nicht Indien!“
Auf Schmusekurs
Was guckst du?
Drei Worte zu Delhi
Das sollten Sie sich anstarren
Warum ausgerechnet die Kuh?
Fahren wir doch mal ein bisschen Auto
Aus Liebe erbaut
Hotelwirren
Aus Dreck Geld machen
Es geht doch nichts über Metallteller
Ein Deutscher in Indien
Indien in drei Mini-Anekdoten
Mini-Anekdote 1: Du Affe!
Mini-Anekdote 2: Im Dreierhopp durch Delhi
Mini-Anekdote 3: Da nehme ich doch mal die Rikscha
Zu spät für Goa?
Mumbai ist besonders
Indische Anekdote Nummer 678.88.141.687 oder so
Weltenbummlersterne • Geld & Co.
Sie reisen nach Nepal? Glückwunsch, gute Entscheidung!
Auf Nepal vorbereiten
Da unten soll Kathmandu sein?
Wissensquiz
Brief an Reinhold Messner
Wenn Uhren spinnen
Das beste Örtchen am Platz
Respekt haben
Ach was, Modernität! Pah!
Höhenmeter
Sieh her, Neu-Delhi, es geht auch höher!
Mehr bunt geht nicht
Sex im Tempel
Der schmierigste Kellner Asiens
Macht’s gut!
Gebetsmühle? – Was tun?
Nur Tempel?
Handeln geht immer
Nepal in drei Mini-Anekdoten.
Mini-Anekdote 1: Lungern am Tempel
Mini-Anekdote 2: Und wieder dieses Affentheater
Mini-Anekdote 3:Wir haben auch eine Mall
Fix noch ein paar Weisheiten
Weltenbummlersterne • Wichtig & Co.
Sie reisen nach Sri Lanka? Glückwunsch, gute Entscheidung!
Vorbereiten und ankommen
Wie asiatisch ist Colombo?
Blütenketten bei Nacht
Der Zauber des Tuk Tuk
Say it again
Zug-Fantasien
Hosen an!
Das Lächeln der Geschundenen
Essen gehen
Einfach mehr Natur
Weltcasinos
Sri Lanka in drei Mini-Anekdoten
Mini-Anekdote 1: Falsch geschüttelt
Mini-Anekdote 2: Sound-Kollagen
Mini-Anekdote 3: Dreisprachige Straßenschilder
Religionsfreies gucken
Meine 2 Meter von 1.340 km Küste
Auf Palmen hören?
Heimatland des Buddhismus?
Abschiedsabend
Und nun vergessen Sie alles wieder …
„Weniger sorgen, mehr reisen!“ – Mein ewiger Appell
Weltenbummlersterne • Weltwertung
Und ganz zum Schluss: Meine gänzlich persönlicheWeltwertung
Reisen und Gutes tun
CARSTEN, DER APPETITHÄPPCHENTYP
Hallo, wenn Sie mögen, bin ich Ihre Reisevorhut. Ihr Ein-Mann-Spähtrupp.
Ich bin seit vielen Jahren unterwegs, weil ich ganz entspannt lächelnd unseren wundervoll bunten Planeten kennenlernen und ein bisschen an der Weltoberfläche kratzen will. Mehr nicht! Ganz ehrlich, ich habe noch nie ein Land verlassen und gesagt: „Jetzt kenne ich das Land, nun weiß ich Bescheid und kann andere aufklären.“ Wer Ihnen so etwas verspricht, träumt. Ich versuche nicht, Ihr Reiseführer zu sein, sondern eher der, der Sie mit einem neuen Land verkuppelt. „Hey Land, neue Reisende. Hey Reisende, ein neues Land. Umarmt euch, lernt euch kennen!“ Ja, alles was ich Ihnen nach gut 12 Jahren Reisen in aktuell fast 120 Ländern und nach meinen Leben in einigen davon bieten kann, ist meine humorvolle, gelassene und überaus glückliche Sicht auf die von mir bereisten Länder. Sehr nah, sehr persönlich, sehr ehrlich. Ich bin Ihr Appetithäppchentyp, der Ihnen Lust auf den eigenen Reisehauptgang machen möchte, Sie für neue Reisen ohne unangemessene Sorgen motivieren will. Und kann.
Es ist paradox. Die Deutschen, Schweizer und Österreicher reisen extrem viel, und haben dennoch ständig wachsende Reisesorgen und Reisezweifel. Schon lange vor Corona und jetzt noch mehr. Mir ist auf der ganzen Welt nicht das kleinste Unheil geschehen. Selbst in Gegenden nicht, die Sie wahrscheinlich eher aus den Nachrichten als aus Reisekatalogen kennen. Und ich werde Ihnen sagen, wieso. In hunderten kleinen, wahren Geschichten meiner Buchreihe. Also Lust machen und Sorgen nehmen aus erster Weltenbummlerhand! Sich nicht zu wichtig und ernst zu nehmen, offen zu bleiben, ist der Schlüssel.
Was man als konsequenter Weltenbummler halt so für Tattoos hat
Reisen heißt eben nicht Sorgen, Sehenswürdigkeiten und Reiserücktrittsversicherungen. Reisen bedeutet hinzuschauen, hinzufassen, hinzuriechen, hinzuschmecken und das Neue und Spannende einzuatmen. Zu entdecken, wie wundervoll diese Länder und ihre Menschen sind. Und wie nah. Der Reiz des neuen Landes ist diese Mischung aus atemberaubend Schönem, kurios Fremdem, spannendem Erleben und kopfschüttelndem Gelächter, das Sie überall auf dieser so verrückten und großartigen Welt ernten können, wenn Sie nur Herz, Augen und Geist offenhalten. Und mit den Menschen sprechen.
Carsten Weidling on tour
Wir sollten nicht daran zweifeln, dass andere Länder und deren Menschen gastfreundlich, offen und herzlich sind. Angst blockiert das Hirn. Humorlosigkeit lähmt uns. Reisen, selbst sehen, selbst hören, selbst erleben, öffnet uns. Klug, informiert und vor allem mit Humor und Gelassenheit.
Also:
„Weniger sorgen,
mehr reisen!“
Ich bin für Sie schon mal vorgereist.
KEIN KHAKI SEIN!
Bevor Sie ins Flugzeug steigen und alles falsch machen, was deutsche Touristen falsch machen können, nehmen Sie bitte Ihre albernen Khaki-Cargo-Shorts wieder aus dem Koffer! Sie wollen doch keiner von „denen“ sein! Ich nenne diese Leute „Khakis“. Khakis sind das, was bei Harry Potter die Muggel sind. Leute, die in unserem Fall die Magie des Reisens nicht kennen oder nicht verstehen. Diese Khakis tragen nicht nur gern Khaki-Cargo-Hosen, sondern gar passende Hüte und sogar Hemden und Blusen, die so viele Taschen haben, dass sie ihr eigenes Handgepäck sind. „Reise-Muggel“ sind weder Abenteurer noch Entdecker, auch wenn sie sich anziehen, als würden sie als Erst-expedition durch den Dschungel robben, um vermeintlichen Waldbewohnern das Recht auf Brückentage näher bringen zu wollen. Khakis haben die ganze Reise über Sorgen. Vor fremden Klos, unbekanntem Essen, jeder noch so absurden Gefahr eines anderen Landes und jeder möglichen Art von Betrug. Denen rufe ich tröstend zu: „Die Welt ist nicht böse!“
Doch die Khakis sind überall. Khakis haben Seifen und Kulis im Handgepäck, nur weil ihnen irgendwer erzählt hat, dass man sich gerade in abgelegenen Gebieten über kleine Gastgeschenke freut. Die geschlechtliche Differenzierung unter den Khakis ist schleichend. Doch besonders Khaki-Männchen denken, sie werden auf Reisen zu Alexander von Humboldt, Livingstone oder Columbus, obwohl sie daheim um Hilfe rufen, um eine Spinne in der Wanne tot zu duschen. Die Frauen der Art Khaki glauben, in ihnen steckt ein Hippiemädchen, aber ihre bleichen Füße sagen, dass sie ihr Leben doch nur dröge unter Neonröhren und nicht hüftschwingend am Strand verbringen.
Khakis halten fremde Länder für „Urlaubsländer“ und latschen selbst durch Millionenmetropolen mit Klamotten, als wäre alles in ihrem Urlaub automatisch Strandgebiet. Bewaffnet mit Multifunktionsrucksäcken, als würde die Wasserversorgung außerhalb des eigenen Heimatorts nie sicher sein. Khakis lassen am Flughafen ihre ranzigen Koffer in Schutzfolie einpacken, nur um sie dann am Kofferband noch schwerer von den anderen unterscheiden zu können. Khakis rechnen jede Restaurantquittung nach. Khakis wissen nichts über das Reiseland, aber alles über Reiserücktrittsversicherungen. Khakis fotografieren als Erstes bestehende Schäden im Hotelzimmer, um „sicherzugehen“. Khakis glauben, alle Fremden wollen sie nur betrügen und seien „nur hinter unserem Geld her“. Khakis halten alles außerhalb ihres Ortes für Wildnis und würden gern das Brotmesser als Notmachete mit ins Handgepäck nehmen. Kurz, Khakis haben von nichts eine Ahnung, wollen aber die Welt missionieren. Ach, und Khakis: Marco Polo hatte auch keine hellblaue Nackenrolle dabei. Also bitte!
Alle, die jetzt das Buch noch nicht mit den Worten „Was glaubt der Vogel denn, wer er ist?“ weggelegt haben, sind herzlich willkommen, mit mir oder mir nach zu reisen. SIE SIND QUALIFIZIERT! Glückwunsch! Denn Sie wissen bereits, Reisen ist besser als auf Ihrem Balkon wegzudämmern und sich einzureden, dass das ja auch ganz interessant sei. – Ist es nämlich nicht! Selbst wenn er dieses Jahr so rebellisch blau statt wie sonst gelb bepflanzt sein mag. Ja, Sie wissen, dass wir alle über die Jahre zu empfänglich für Ängste und Sorgen geworden sind. Besonders dem Fremden, Ungewohnten gegenüber. Sie sorgen sich schlicht etwas weniger und wissen auch, dass fehlende Sprachkenntnisse nur selten Reisezweifel wert sind. Auch ich spreche die allerallerwenigsten Sprachen der Welt und komme durch. Ja, ich habe sogar erkannt, oft steigt die Lebensqualität, wenn man die Sprache um sich herum nicht versteht. Denken Sie mal im nächsten deutschen Bus darüber nach. Alles Unverständliche auf Reisen kann auch exotische Urlaubsuntermalung sein. Der gesprochene Soundtrack zur Tour. Der Erholungsfaktor der Unverständlichkeit. Das ist der Punkt: Khakis haben Angst, wir Reisenden genießen den Unterschied. Wissen Sie, was noch hinzukommt? Man liebt uns Deutsche in der Welt. Für all die Klischees. Pünktlichkeit, Qualität, Zuverlässigkeit, Spießigkeit, manchmal für unsere Blässe, immer für unseren Fußball, unser Bier und unsere Autos. Aber nicht für unseren Geiz, Khaki-Cargo-Shorts und den ewigen Missionarsmodus.
In diesem Zusammenhang: Hallo Reisende aus Österreich und der Schweiz! Sie dürfen sich dem gern anschließen, denn in der Welt werden Sie ohnehin als „eine Art Deutsche“ wahrgenommen, sorry. Und mal ehrlich, ist es nicht viel leichter, immer zu nicken, wenn man Sie im Ausland für einen Deutschen hält, als ständig zu erklären, dass Austria nicht Australien ist, und Switzerland nicht Schweden oder Swasiland?
Wem in meinen Büchern Beschreibungen von „unverzichtbaren Sehenswürdigkeiten“ und „total geheimen Geheimtipps“ fehlen, sollte sich von einem cleveren Freund oder einer schlauen Freundin in die Kunst des Googelns einweihen lassen. Denn alle Sehenswürdigkeiten wurden schon beschrieben und echte „Geheimtipps“ kennt naturgemäß ja eh keiner. Es sind die kleinen Geschichten, die einem ein ganzes Land erklären. Waren Sie schon immer! Dazu gibt es dann noch meine Sterne, die Ihnen zeigen, was Ihr persönlicher Weltenbummler unter anderem über Toleranz, Preise, Sicherheit und Klos in allen Ländern denkt. Stand heute habe ich in 12 Jahren 114 Länder nahezu ohne Probleme bereist, weil ich meine eigenen „5 Weltreiseregeln“, immer befolgt habe:
Plus Bonusregel: Habe Spaß, genieße das Fremde und lache viel, besonders zusammen mit den Einheimischen. Denn keine Sehenswürdigkeit auf all meinen Reisen war wunderbarer als das gemeinsame Lachen überall auf dieser Welt.
IN JEDEM LAND!
SIE REISEN NACHJAPAN?
GLÜCKWUNSCH, SEHR GUTE ENTSCHEIDUNG!
ABER SO WAS VON KONNICHIWA!
Damit das gleich mal klar ist, Japan ist mein Lieblingsland!
Buchdeckel zu, Feierabend!
Ach, muss ich das etwa noch erklären? Na gut!
Ich liebe die japanische Kultur und glaube auch, die japanischen Menschen sind uns in Mitteleuropa gefühlt eine Evolutionsstufe voraus.
Ich liebe die japanische Küche und glaube, alle, die das nicht tun, haben entweder Hornhaut auf den Zungen oder die eigenen Wohnzimmer noch nie verlassen. Ich liebe auch die japanischen Menschen. Ich liebe ihren Umgang miteinander, und ich liebe ihren Umgang mit uns. Für mich hat Japan auch den besten Service der Welt. Und ehrlich, die Japaner und Japanerinnen haben es geschafft, dass wir Deutschen, die angeblich für Fleiß, Pünktlichkeit und Ordnung in der Welt stehen, neben ihnen aussehen, als hätten wir vergessen, unsere Hausaufgaben zu machen. Für mich gehören die japanischen Frauen zu den attraktivsten Frauen der Welt. Ich liebe ihre Art, sich anzuziehen, sich zu geben und zu sein. Ich liebe es, dass sie sich zum Beispiel an einem Tag hochmodisch kleiden und am nächsten einen wundervollen Kimono tragen und in beiden Fällen dann oft eine Aura versprühen, die einen irgendwie einfängt und hält.
Ich denke, allein durch die Tatsache, welches Werk aus kleinen Regeln sich die Menschen in Japan geschaffen haben, um auf der für die Bevölkerungsdichte doch eher kleinen Inselkette miteinander auszukommen, verdient Respekt. Ja, es verdient auch hin und wieder ein verwundertes Schmunzeln, aber vor allem Respekt.
Und jawohl, Japan hat einen Haufen kleiner Macken und Schrullen, die eine Reise in das Land der aufgehenden Sonne aufregend machen. Und zwar in jedem menschlichen Bereich.
Nun, ich liebe das Land an sich. Das turbulente Tokio, die Tempel von Kyoto, den Pazifik vor der Tür, den Fuji, die Landschaften und die Unterschiede nach jeweiligen Breitengraden. Ja gut, es ist nicht immer leicht, sich mit den Regeln Japans auszukennen. Und nein, in Japan wird nicht das beste Englisch der Welt gesprochen. Und ja, die Japaner und Japanerinnen sind und bleiben Menschen auf Inseln, deren eigentliche Sehnsucht zu sein scheint, unter sich bleiben zu wollen. Und das, obwohl sie mit ihrer Technik große Teile der Welt beherrschen. Ich selbst habe sehr viele Länder bereist, unter anderem ziemlich komplett Südund Südostasien. Doch Japan sticht heraus. In jeder Hinsicht. Ständig!
So, das wollte ich Ihnen schon mal mit auf den Weg geben, bevor ich Ihnen meine Lieblingsanekdoten meiner Reisen nach und durch Japan erzähle. Hauptsächlich zu den Menschen in Japan, viel zu Tokio und einiges zu anderen schönen Zielen.
Ich hoffe – und bin mir dessen recht sicher –, dass, wenn Sie von Ihrer ersten Japanreise zurückkommen, auch auf Ihrer Rangliste Japan in den „Top Drei“ Ihrer Favoritenländer steht.
Viel Spaß und Domo Arigato!
KEINE ANGST VOR REGELN!
Wenn man versucht, mit offenen Augen durch Japan zu laufen und darauf zu achten, was man sieht, wird einem niemand in Japan übelnehmen, wenn man die kleinen Regeln verletzt, die zu Millionen hinter jeder Geste zu lauern scheinen.
In Japan gibt es schon alleine im Berufsleben so viele Regeln, dass man als Neuankömmling vor einem schier uneinnehmbaren Berg davon steht. Der „Regel-Fuji“, quasi.
So sagen sie eigentlich nie wirklich „Nein!“. Wenn Sie sagen, Schnee sei grün, kann es Ihnen passieren, dass Ihnen geantwortet wird: „Ja, er ist grün. So grün wie Milch.“ Diese Art des Umgangs muss man auch wollen, sonst macht sie einen nicht glücklich, sondern sehr nervös. Gerade, wenn man das deutsche Missionierungs-Gen in sich trägt, mit dem unsereins eigentlich ständig allen sagen möchte, wie es richtig geht. Wir sind ja eher so vom Schlag: „Wie ‚grün‘?! Blind oder was?! Der Schnee ist weiß! Weiß! Weißte! Ich glaub’, es hackt!“
Nationalfarbe Japans: Bunt
Dabei ist man besonders den europäischen Reisenden und da besonders den Deutschen und Deutschsprachigen sehr freundlich gesonnen. Gästen aus den USA sind sie jetzt – sagen wir mal – nicht ganz so schneegrün. Und all die kleinen und großen Ränkespiele zwischen asiatischen Nationen sind von uns ohnehin kaum zu durchschauen. Manche Nationen in Asien mag man hier nicht so besonders, für andere bringt man zwar Respekt auf, kommt aber mit deren Benehmen nicht so recht klar. Und mit wieder anderen hat man so viel verworrene Vergangenheit, dass man am besten gar nichts mehr mit ihnen zu tun haben möchte. Da als Durchreisende den Überblick zu bewahren, ist schon dadurch kaum möglich, weil es als sehr unangebracht gilt, etwas Schlechtes über jemand anderen zu sagen. Komischerweise liebt man in Japan an den Deutschen besonders all das, was sie ohnehin besser können als wir.
Ich empfand es als die größtmögliche Peinlichkeit, die ich mir in Japan hätte vorstellen können, mit einem Japaner auf einem japanischen Bahnsteig zu stehen und unter dauerhaften Verbeugungen Komplimente zur „sehr verehrten und geschätzten deutschen Pünktlichkeit“ zu bekommen, während der verdammte Shinkansen sekundengenau ankommt und millimetergenau stoppt. Ein grauenhafter Gedanke, angesichts heimatlicher Zugverspätungen.
Ja, nee, alles völlig glasklar!
In Japan weiß man das aber nicht besser und ich habe ihnen auch nicht verraten, dass sie bezüglich der deutschen Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit einen Kulturschock größeren Ausmaßes erleiden würden, müssten sie in Deutschland auf S-, U-, Straßen- oder Bundesbahn warten.
Und so bleibt es aufregend, interessant und dennoch immer ein bisschen kompliziert. Selbst wenn man bei der Begrüßung – „aisatsu“ – die richtige Verbeugung – „ojigi“ – macht, die korrekten, also zweisprachigen Visitenkarten – meishi – dabeihat, sie auch korrekt mit beiden Händen so übergibt, dass die Gegenüber sie sofort lesen können und deren Karten mit vielen und möglichst ehrlich gemeinten Raunlauten und „Hai, Hai, Hai“ – als „ja, ja, ja“ – entgegennimmt, ist damit noch nichts passiert. Um mit japanischen Geschäftsleuten zu einem Deal zu kommen, sollte man sich auf gefühlt zwei Jahre Karaoke-Singen, Yakatori-Essen und Sake-Schlürfen einstellen, denn es gilt als unfein, zu schnell über das Geschäft zu sprechen.
Bitte Abstand halten!
Ich erzähle Ihnen mal noch eine kleine Anekdote zum Umgang der Japaner und Japanerinnen miteinander. Es gilt als höflich und irgendwie nötig, dem Gegenüber so zuzuhören, dass dies auch gemerkt wird, und somit klar wird, dass man interessiert ist und möglichst auch zustimmt. Eine absurde Form davon ist mir im japanischen Fernsehen begegnet. Und es war keine jener bekannten TV-Kuriositäten wie die allseits bekannten brutalen Spielshows oder die andersartigen und irgendwie eigentümlich anmutenden, wenn auch kitschigen Fernsehshows.
Nein, es war eine seriöse Talkshow mit einem Moderator und fünf Gästen. Ich dachte wirklich, mein Hotelfernseher hätte eine Macke, weil ich ständig einen brummenden Unterton hörte. Bis ich es endlich verstand.
Wann immer jemand etwas sagte, war zumindest ein anderer Talkshowgast so sehr derselben Meinung, dass ein zustimmender Brummlaut von sich gegeben wurde. Und bei fünf Gästen brummte immer ein Gast.
So lautet der Benimmtipp für Japan: Haben Sie Respekt, seien Sie nie laut, zeigen Sie möglichst keine Gefühle, folgen Sie am besten dem gesunden Menschenverstand und multiplizieren Sie alle Ihre gelernten Regeln mal fünf.
Das wird schon! Hai!
EIN HOTELZIMMER VERSTEHEN
Wenn Sie Japan besuchen, haben Sie mehrere Möglichkeiten, ungewöhnlich zu übernachten. Wovon Sie sicher mal etwas gehört haben, sind zum Beispiel die sogenannten „Cube-Hotels“. In diesen kuriosen Dingern finden Sie letztlich nichts weiter als nebeneinander und übereinander aufgereihte und preiswerte längere Röhren mit einer Art Waschmaschinentür, in die Sie hineinkriechen und schlafen können. Innen sind die ganz modern und auch erstaunlich schallisoliert. Letztlich ist das aber eine Empfehlung für eine Nacht, um danach sagen zu können: „Kenne ich! Und du?“
Klassisch, Futons auf Tatami …
Besser aber, Sie versuchen ein traditionelles japanisches Hotel, ein sogenanntes Ryokan.
Sie werden erstaunt sein, wie bequem das sein kann, und kommen auch noch mit dem Gefühl nach Hause, wirklich ein klein bisschen japanisch traditionell gewesen zu sein. Es ist ein schönes Gefühl, tatsächlich in einer anderen Welt aufzuwachen anstatt in den ewig gleichen Betonbunkern von Hotels, die sich weltweit doch sehr ähneln.
In einem Ryokan auf einer Futonmatratze auf Tatamimatten können vielleicht nicht alle wochenlang schlafen. Doch für ein paar Nächte sollten Sie sich das gönnen. Oft gehört zum Hotel ein eigener Wellnessbereich, „Onsen“ genannt. Man trinkt grünen Tee auf dem Zimmer, sitzt auf dem Boden, fühlt den Sisal unter sich, hat teilweise wirklich Papierwände und trägt den hoteleigenen leichten Kimono. Ich habe es sehr geliebt und kann es nur empfehlen.
Doch natürlich geht es auch schön und luxuriös, modern und immer teurer und teurer.
Mein erstes recht luxuriöses Hotel lag im Stadtteil Akasaka von Tokio. Das ist unweit vom Kaiserpalast, und man kann schöne Spaziergänge unternehmen. Auch wenn ansonsten da nicht viel los ist, kann dieser Stadtteil ein guter Ausgangspunkt für eine Tokiotour sein, da Sie die immer pünktlichen S- und U-Bahnen leicht ins pulsierende Leben Tokios bringen können.
Für Sie empfehlenswert könnte auch ein kleines Hotel in Shinjuku sein. Da ist schon mehr los und man ist näher am Leben. Letztlich war es aber bei meiner dritten Reise nach Tokio ein Hotel in Nishi-Shinjuku, das mich zunächst etwas verwirrte. Grundsätzlich muss man in Tokio davon ausgehen, dass ein Hotelzimmer mit einem Preis zwischen 60 und 120 Euro gern nur eine Größe hat, bei der man beinahe mühelos alle vier Wände in einer einzigen Körperdrehung mit ausgestreckten Händen berühren kann.
… oder mit einem Hauch der 70er
Meines nannte sich ein Apartmenthotel, in dem alle Bewohner ihr eigenes kleines und voll eingerichtetes Reich – also ihre Wohnung hatten.
In Tokio heißt das vor allem, wenig Platz und viel Elektronik. Nachdem ich in meinem Schlafzimmer drei Klimaanlagen entdeckt hatte, fragte ich dann doch mal bei der Rezeption nach, warum denn drei Klimaanlagen nötig wären, und welche gigantische Hitzewelle denn zu erwarten wäre, die man nur mithilfe einer Batterie von Klimaanlagen zu überstehen die Chance hätte.
Ich hatte schon Angst, wieder jemanden auf die japanischen Füße zu treten, als ich nach der deutlich kürzeren Fassung dieser Frage die zunächst ratlosen Gesichter sah. Doch das versammelte Team hinter dem Schreibtisch klärte das „hochverehrte“ Dummerchen, aus dem „hochverehrten Deutschland“ auf, dass es sich hierbei nicht um drei Klimaanlagen handeln würde, sondern nur um eine Klimaanlage. Und einen Luftreiniger. Und einen Luftbefeuchter. Japan!
Nachdem ich mich vor lauter Schreck nicht mehr zu fragen traute, wozu die beiden zusätzlichen Knöpfe bei der Toilette neben den bekannten von Sitzheizung, den Reinigungsdüsen und so weiter dienen sollten, zog ich bescheiden, belehrt und japanisch vor mich hin nickend wieder auf mein winziges Zimmer, um der japanischen Technik zu huldigen. Da entdeckte ich ein kleines Detail, stutzte kurz, doch bald darauf wich mein Stutzen einem breiten Lächeln. Denn ich sah, dass alle drei vermeintlichen Klimaanlagen von Samsung waren, und somit koreanischer Natur. Das Wissen darum und die nie ausgesprochene Tatsache, dass sich alle im Hotel in Grund und Boden schämen würden, wenn ich sie auf die siegreichen Koreaner im eigenen Haus ansprechen würde, ließ mich mein „hochverehrtes“ Nichtwissen bezüglich asiatischer Raumelektronik vergessen. Pah!
DER SEGEN DES DEUTSCHEN, BERGSTEIGENDEN ARZTES
Dass man in Japan oft nicht so gut Englisch spricht, ist leider Tatsache. Dabei sorgen die Japaner und Japanerinnen seit jeher dafür, ihr Sprachproblem durch Sprachimport abzuschwächen.
Irgendwann fingen sie an, sich aus aller Welt das Beste herauszusuchen. Komischerweise auch in der Sprache. Nicht nur, dass die gesamten Schriftzeichen – die „Kanjis“ – aus China kommen, nein, sie entliehen sich auch zum Beispiel bei uns sprachlich die eine oder andere Floskel. Um es kurz zu machen, wenn man Medizin studiert hat und gern bergsteigen geht, versteht man schon einen ganzen Teil an Fachtermini. So gibt es im Japanischen Worte, die einen doch erstaunlich an heimische Gefilde denken lassen. Und da wir wohl alle kein Japanisch können – wer jetzt heftig nickt und stolz „doch!“ sagt, verdient meinen Neid und meine Anerkennung – gibt es die japanischen Worte nun lautmalerisch.
So steht „hyutte“ für „Berghütte“, „Aizen“ für „Steigeisen“, „ryukkusakku“ für na? – „Rucksack“ und sogar „ēderuwaisu“ für Edelweiß. Irre, oder?
Mediziner und Medizinerinnen schreiben sich, teilweise gegenseitig, noch deutsche Begriffe auf, wie es in Deutschland manche Ärzte in Latein tun. So steht „karute“ für „Karte“, was Krankenkarte meint, „arerugī“ für „Allergie“, „noirōze“ für „Neurose“ und – mein Favorit: „gipusu“ für „Gipsverband“.
Mein liebstes Wort aus dem Deutschen – wenn wir mal großzügig über die altgriechische Herkunft hinwegsehen – ist aber „orugasumusu“ für … Orgasmus! Die Wahl zwischen „noirōze“, „gipusu“ und „ryukkusakku“ auf der einen Seite und einem „orugasumusu“ auf der anderen fällt ja dann auch leicht.
Schade, dass wir nicht alle Medizin studiert haben und auf Berge kraxeln.
DER SCHIRM
Japan ist eines jener Länder, von denen man keine Wettervorstellungen hat. Denkt man Thailand, denkt man Strand und Sommer, denkt man Dänemark, wohl eher Schnee und Kälte.
Kann in Dänemark dann doch mal ein heißer Sommer auftauchen, werden die Strände Thailands wohl eher nicht im Schnee versinken.
Doch was denkt man bei Japan? Alles.
Die japanische Inselkette zieht sich vom 45. Breitengrad bis zum 20. Breitengrad. Deutschland schafft es mit den Ausmaßen von Breitengrad 47 bis 55 gerade mal auf acht statt auf 25 Breitengrade. Das bedeutet, Japan ist ein Streber. Acht Breitengrade reichen schließlich auch, wie Deutschland so eindrucksvoll beweist.
Andererseits gibt der schiere Überfluss an gesammelten Breitengraden auch bezüglich Klima und Wetter dauerhafte Abwechslung.
In Sapporo haben schließlich schon die Olympischen Winterspiele stattgefunden, und man ist dort auch nicht mehr so sehr weit von Sibirien entfernt. Die Präfektur Okinawa hingegen hat subtropisches Klima und ist damit, sehr grob gerechnet, so nah an den Philippinen wie das obere japanische Stück an Sibirien.
Und zu Sibirien und den Philippinen haben wir ja ganz klare geistige Temperatur-, Strand- und Ski-Vorstellungen. Also Augen auf bei der Hotelbuchung, denn obwohl Japan aus Inseln besteht, könnte Ihr Hotel sehr weit vom sonnigen Strand entfernt liegen.
Als ich im Februar das erste Mal japanischen Boden betrat, regnete es und es war kalt. Allerdings hält man in Tokio 15 Grad auch für eine ziemlich unerträgliche Kälte. Ich fühlte mich wie von Tokio eingespeichelt und so war das Erste, was ich mir je in Japan kaufte, ein Regenschirm. Da fühlt man sich auch als Weltenbummler irgendwie schon spießig. Die Unfreundlichkeit des Wetters wiedergutmachen wollend, überhäufte man mich und alle anderen mit dem augenscheinlichsten aller japanischen Verhaltensmuster, mit Freundlichkeit.
Gegen die böse, böse Sonne
Kaum betrat ich leicht feucht und mit meinem neuen durchsichtigen Schirm ausgerüstet mein Hotel, überfielen sie mich.
Es stürzten gleich vier junge Frauen auf mich zu. Zwei davon wiesen mir den Weg zur Hotelrezeption, an der eine weitere Batterie der grüßenden und lächelnden Japanerinnen lauerte.
Als über so viel Service erschrockener Deutscher hätte ich diese freundliche, doch unnötige Wegweisung einer gut einsehbaren Strecke von sechs Metern von der Tür zur Rezeption als Kritik an meinem Orientierungssinn missverstehen können. Ich zog es aber vor, es als Zeichen des besten Service der Welt genüsslich wahrzunehmen.
„Schirmgarage“?, „Schirmsafe“?, „Schirmabtropfständer-damit-esdrinnen-trocken-bleibt“?
Das war der Punkt, an dem unfreundliches Wetter und freundliche Angestellte einen Schnittpunkt hatten. Und der fand mit mir und an mir statt. Kaum wollte ich mit dem nicht wirklich hübschen Regenschirm – der umgerechnet fünf Euro gekostet hatte und den man überall kaufen kann – den Fahrstuhl betreten, kamen wieder zwei rufende und sich verbeugende junge Damen auf mich zu und wiesen mir einen anderen Weg. Und zwar nach draußen.
Ich war verblüfft und fragte mich mit deutschem Geist, was ich wohl falsch gemacht haben könnte und warum man mich nun rausschmeißen müsse. Immerhin dauert es normalerweise viel länger, bis man mich rausschmeißen will. Dass die beiden jungen Damen dabei ständig lächelten, beruhigte mich nicht, da sie auch dann das Lächeln nicht unterbrächen, wenn sie mich hier und ab sofort nie mehr wiedersehen wollen würden.
Wir hatten zeitnah den Ausgang erreicht, und bevor ich nach dem Beschwerdebuch rufen und drohend meine Reiserücktrittsversicherung zücken konnte, folgte freundliche, verbeugende Erklärung.
Nun sah ich auch das Ziel des kleinen Umweges. Es war nicht etwa ein popliger Regenschirmständer vor der Hoteltür, es war eine Regenschirmgarage. Hunderte kleiner Metallschlaufen, in die man den Schirm hängen konnte und dann abschloss. Mal wieder war ich von Tokio beeindruckt.
Der durchsichtige Schirm war billig und so konstruiert, dass er nur mit Mühe mehrere Regenschauer aushalten würde. Doch nun bekam das olle Ding einen beinahe herrschaftlichen Platz vor dem Hotel.
Ich habe den Schirm in seiner Garage belassen und wahrscheinlich baumelt er dort immer noch, denn ich habe Tokio ab da nie wieder im Regen gesehen.
DIE ROLLENVERTEILUNG IM JAPANISCHEN STIL
Ich weiß ja nicht, wie lange Sie in Japan bleiben werden, aber vielleicht erzählt Ihnen diese kleine Geschichte auch etwas grundsätzlich über Japan, das Ihnen hilft, das Land selbst für eine begrenzte Urlaubszeit einen Funken besser zu verstehen.
Das Rollenverhalten unter den Geschlechtern ist in Japan oft althergebracht und wirkt nicht selten ziemlich gestrig. Ich sehe bei meinen nächsten Zeilen besonders junge emanzipierte Frauen mit einem Drang zum Gendersternchen die Wände hochgehen, schildere aber letztlich nur Erlebtes. Beschreibe die Eindrücke eines Durchreisenden. Denn trotz Hochtechnologie und sehr gebildeter Frauen ist es in Japan nicht unüblich, dass die Ehefrau vorerst ihren Platz daheim zu finden scheint. Sich um die Familie zu kümmern, wird als Ehre und Pflicht zugleich empfunden. Zudem, so muss man leider feststellen, wird es Frauen nicht immer eben einfach gemacht, neben der Familie auch noch eine Karriere aufbauen zu können. Es gibt Studien, die beweisen, dass es teilweise eine systemische Verhinderung von Frauen in hohen Positionen gibt, was eben wieder mit dem sehr traditionellen Frauenbild zu tun hat. Aufgrund dessen wird die eigene Ehefrau „kanai“ und die Ehefrau der anderen „okusan“ genannt, was in beiden Fällen „die Frau im Haus“, beziehungsweise „die Frau drinnen“ bedeutet.
Selbst wenn Frauen vor der Ehe beruflich erfolgreich waren, ist es durchaus üblich, nach der Hochzeit zur „okusan“, „kanai“ also zur „Frau drinnen“ zu werden. Spätestens nach der Geburt des erstens Kindes wählen die Japanerinnen oft diesen Weg.
Da man in Japan sagt, der Mann sei zudem auch noch mit seiner Firma verheiratet, haben Ehemann und Ehefrau meist getrennte Lebensbereiche. Sie ist in der Regel zu Hause und er beinahe ständig in der Firma. Es gilt zwar oft die 40-Stunden-Woche, aber Überstunden zum immer anzustrebenden Wohle der Firma sind so alltäglich, dass es in vielen Fällen eher 50 Stunden oder sogar weit mehr werden. Zudem kommen gerade in Städten wie Tokio Arbeitswege von gerne mal einer Stunde hinzu, sodass er kaum wachen Auges Zeit daheim zu verbringen scheint.
Die Japaner und Japanerinnen haben nicht nur mit durchschnittlich 18 Tagen eine der kürzesten Jahresurlaubszeiten der Welt, es gilt irgendwie auch als unschicklich, den gesamten Urlaub zu nehmen. Das heißt, im Durchschnitt nehmen die Japaner und Japanerinnen davon nur neun Tage.
Die bei uns so übliche Beschäftigung zum Jahresbeginn, sich mit der geschickten Verbindung von Urlaubstagen und Brückentagen möglichst häufig aus dem Arbeitsleben zu verabschieden, kann man in Japan nicht nur nicht verstehen, es trübt sogar das so hochgepriesene Bild der Deutschen in ihren Augen. Wenn sie es denn wissen. Ich habe uns nicht verraten.
„Kanpai!“
Und so schuften besonders die männlichen japanischen Arbeitnehmer in der Firma in einem uns oft unverständlichen Maße, trauen sich kaum mal, krankzumachen, schlafen beinahe täglich in der Metro ein und werden unter Umständen sogar auf dem firmeneigenen Betriebsfriedhof begraben.
Ein- bis zweimal in der Woche geht Mann noch auf ein Asahi-Feierabendbier und lässt Frau alleine oder mit den Kindern daheim. Es heißt, im Regelfall kommen die Ehemänner in der Woche nicht vor 22 Uhr nach Hause, was vielen Ehen natürlich nicht guttut und die Scheidungsrate stetig steigen lässt. Und wo lungern die Herren dann rum?