2,99 €
Kontakt anderer Art
Galaktischer Krieg
Das Monoid
Lichtwesen
Der Siebziger
Erste Reise
Im Jubiläumsband der Serie erschienen einige kleinere, bis jetzt unveröffentlichte Schriften, die auch unter dem Titel „Mehr Fiction als Science“ hätten erscheinen können.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2019
Andy S. Falkner
Fünfzigster
Science Fiction Anthologie
Text & Bild © Andreas Solymosi, 2019
Umschlaggestaltung: J. A. Solymosi
Titelbild: aus dem Gemälde „Phil. 3:13“ von Vera Solymosi-Thurzó (Katalog-Nr. 120)
Einige Abbildungen stammen aus Wikipedia
Alle Rechte vorbehalten
Im Jubiläumsband der Serie erschienen einige kleinere, bis jetzt unveröffentlichte Schriften, die auch unter dem Titel „Mehr Fiction als Science“ hätten erscheinen können: Kontakt anderer Art, Galaktischer Krieg, Das Monoid, Lichtwesen, Der Siebziger, Erste Reise
Als ich das erste Mal dort war, war ich noch über nichts erstaunt. Die Wüste, durch die ich ging, war ziemlich gewöhnlich: keine Vegetation, kein Sand, keine Steine. Obwohl, wenn ich auf einem unüblichen Planeten oder Himmelskörper lande, staune ich groß – selbst wenn dies selten der Fall ist, weil der Weltraum fast überall gleich ist. Aber dieses dort war nichts ähnlich; oder vielleicht war gerade das das Besondere daran, wie erdenähnlich und doch ganz anders es war.
Ich schritt in einem guten Tempo vorwärts, wie auf ein klares Ziel zu, aber was das war und wo, das wusste ich nicht. Ich war nicht einmal überrascht, als die ersten Stäbchen erschienen. Beziehungsweise, zuerst dachte ich, an am Wegrand stehenden Pflöcken vorbeizukommen. Einen Weg gab es natürlich nicht, und die Stäbchen standen nur in meiner Nähe oder weiter weg.
Dann bemerkte ich, dass sie nicht nur standen, sondern sich auch bewegten. Sie kamen meistens auf mich zu. Es schien normal zu sein, wie sie vorwärtsschritten: Sie traten nicht (sie hatten nichts womit), sie sprangen oder hüpften auch nicht (da sie auch keine Flügel hatten); sie taumelten einfach herum und kamen voran. Mit dem Taumeln hörten sie nicht auf, selbst als sie mich umkreisten. Zuerst waren es nicht viele: zwanzig, dreißig; aber dann wurden es mehr und mehr, als ob sich unter ihnen die Nachricht verbreitet hätte, dass ich da war und alle neugierig auf mich wären. Besser gesagt schien es offensichtlich zu sein, dass sie neugierig waren, wie ich das aus dem großen Taumeln und der Takelage entnahm. Aber sie hielten einen respektvollen Abstand zu mir. Wenn ich in eine Richtung losging, öffneten sie quasi einen Korridor vor mir, und wenn sie Arme hätten, hätten sie mir vielleicht auch noch höflich gezeigt: Bitte, da lang. Aber sie hatten nichts: weder Köpfe noch Augen, nichts. Nur Stäbchen, höchstens einen kleinen Wulst an ihrem unteren Ende, mit kleinen Füßlein, Fingern oder Nägeln? Ich konnte es nicht genau entnehmen, sie waren dermaßen winzig und ich kam keinem nahe genug, um mir das genauer ansehen zu können. Erst später erschien mir so, als ob diese Knöllchen gar nicht auf dem Boden ruhten, sondern einige Millimeter darüber und die Stäbchen quasi darüber schwebten, schwammen; aber das sah ich erst bei einem späteren Besuch deutlich. Das erste Mal fiel nur das Taumeln auf: Zum einen beugte sich jedes von ihnen unabhängig von allen anderen hin und her, und zum anderen herrschte eine gewisse Harmonie in der gesamten Bewegung, woraus ich Höflichkeit, Freundlichkeit und Neugierde herausspürte. Als hätten sie mir mit ihrem Taumeln gestikuliert. In allem gab es einen gewissen Sinn, auch wenn ich nicht sicher war, ob die einzelnen Stäbchen intelligente Wesen wären; ich war mir selbst dessen nicht sicher, ob sie lebten. Sie hätten gar das Werkzeug von Menschen oder Wesen aus dem Jenseits sein können, die mich auf unverständliche Weise umgaben und versuchten, mir gegenüber Frieden und Sicherheit mit ihren Tänzen zu kommunizieren. Vielleicht hatte diese Art der Freundschaft die Folge, dass ich keine Spur von Angst oder Sorge in mir hatte, aber interessanterweise nicht einmal Verwunderung: Ich empfand es nicht als seltsam, hier zu sein, und auch nicht, dass sie da waren. Ja, ich sah in der ganzen Begegnung einen tieferen Grund, dass wir uns kennen lernen oder mehr voneinander erfahren. Dass die Stäbchen oder ihre Macher etwas über mich wissen wollten, dessen war ich mir sicher. Und wenn ich schon hier war, dann wollte auch ich mehr über sie wissen. Beim ersten Mal war ich darin jedoch nur sehr wenig erfolgreich.
So wie ich nicht weiß, wie ich dorthin gekommen war, auch das nicht, wie ich zurückkehrte. Ich kann mich nur daran erinnern, dass ich an meinem Schreibtisch sitze und die Details des Erlebnisses auf Papier bringe, um sie nicht zu vergessen wie so oft auch meine interessanteren Träume. Aber meine Erinnerungen sind selbst heute noch viel lebendiger, konkreterer als dass ich das Ganze nur geträumt hätte.
Beim zweiten Mal habe ich auch nicht geträumt, da bin ich mir sicher: Ich erinnere mich dermaßen klar, diesmal auch an meine Ankunft. Ich weiß nicht, wann und wie ich losfuhr, aber ich war mit hoher Geschwindigkeit angekommen, und dieses Mal näherte ich mich den Stäbchen an, nachdem ich von weitem wahrgenommen hatte, in welcher Gegend sie sich aufhielten. Nicht nur aufhielten, auch taumelten. Ich denke, sie sahen mich auch, und mit ihrem gemeinsamen Taumeln riefen sie mir zu: „Komm her, wir sind hier.“ Selbst aus der Ferne war dies klar, also nahm ich Richtung auf sie und bremste ab, kam zu ihnen hinunter. Ich hatte kein Reisegerät, Flugwagen, Raumfahrzeug oder so etwas: Ich landete einfach und bremste, der Boden hätte um mich herum gespritzt, wenn er Erde, Sand oder Wasser gewesen wäre. Aber das war er nicht, wieder nur diese nicht ganz glatte, aber flache Wüste, weder Stein noch Kunststoff, weder weich noch hart; er hielt mich, ich konnte darauf einfach stehen. Die Stäbchen stützten sich nicht darauf, wie mir später auffiel, wohl aber ich. Ich hatte ein normales Gewicht und atmete genauso wie auf der Erde, daher konnte es kein anderer Planet oder eine andere Welt sein. Ich weiß es ganz sicher, und ich wusste es auch damals, denn ich war schon an ziemlich vielen Orten im Universum, und bereits bei der Ankunft kann ich den geringsten Unterschied in der Schwerkraft feststellen. Selbst auf der Erde gibt es einen anderen Geruch, wenn man in einer anderen Klimazone aus dem Flugzeug steigt, als dort, wo man abgeflogen war. Aber hier gab es keinen Unterschied, nur der Boden war anders als zu Hause, na, und die Stäbchen.