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Fängt die Mathematik bei 1, 2, 3 an? Nein, wenn man keine klaren Grenzen besitzt. Andere Lebensformen können stetig denken und verärgert über die Digitalisierungsmanie des Menschen sein.
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Veröffentlichungsjahr: 2017
Andy S. Falkner
Zahlenkrieg
Science Fiction Monolog
Megalomane und Gigantophobe, Band 14
Text & Bild © Andreas Solymosi
Umschlaggestaltung: Judith Solymosi, nach einem Gemälde-Motiv von Vera Solymosi-Thurzó
Einige Darstellungen stammen aus Wikipedia
Alle Rechte vorbehalten
Es hat ziemlich lange gedauert, bis ich herausgefunden habe, wie ich mich aus meiner Bahn kippen kann. Ich muss dabei zugeben, ohne die Zahl Zwei hätte ich es nicht geschafft, daher bin ich nicht so total versessen auf mein radikales Analogentum. Nichtsdestotrotz ärgere ich mich mächtig über dich: über deine idiotische Digitalisierung, wie du das Universum mit deinen blöden Nullen und Einsen vollstreust. Wenn ich mit meiner stetigen Mathematik zurechtkomme, könntest du auch ruhig dabei bleiben. Aber nein, du stellst nach deinen Telefonnetzen auch deine Fernsehsender und gesamte Kommunikation auf Digital um, so dass ich diese deine stupiden Ganzzahlen ständig umrechnen muss, wenn ich dich verstehen will. Ich werde das nicht lange mitmachen, sondern kippe dich auch aus deiner Bahn heraus, vielleicht sogar aus dem Sonnensystem, wenn du mich noch weiter ärgerst.
Zugegeben, ich brauche dazu die diskrete Mathematik. Das Multikörperproblem konnte ich zum Beispiel nicht lösen. Ich musste draufkommen, dass es so etwas wie Eins und Zwei gibt. Bis dahin habe ich dort, wo du die Zahl verwendest, mit der Funktion Sinus hyperbolicus operiert, die an der markanten Stelle ungefähr denselben Wert liefert; mit dieser Annäherung bin ich ganz gut gefahren und es ist mir nicht aufgefallen, dass eine noch markantere Stelle wäre. Aber zur Erkenntnis, dass ich meine Bahn besser mit dem Zweikörperproblem berechnen kann, brauchte ich die Abstraktion der Ganzzahlen und die Entdeckung der Zahl Zwei. Du hast es leichter. Für dich war es von Anfang an klar, wo du aufhörst und wo das Nicht-du anfängt. Na ja, das stimmt gar nicht hundertprozentig: Deine Haut hat auch eine Oberschicht, an der nicht so ganz genau bestimmt werden kann, wo es dich noch gibt und wo nicht mehr. Aber das ist unter dem Millimeterbereich, und dazu warst du viel zu dumm, so weit zu denken: Du warst viel zu oberflächlich, um deine Oberfläche zu untersuchen. Daher war es für dich nicht schwer zwischen deinem Ich und dem Nicht-Ich zu unterscheiden und du verstandest bald den Unterschied zwischen Eins und Zwei. Bei mir ist es nicht so einfach. Zwischen dem, was sicher ich bin und was sicher nicht mehr Ich ist, gibt es einen um ca. zehn Größenordnungen größeren Bereich, wo ich auswärts langsam weniger Ich bin, wo es langsam zunimmt, Nicht-Ich zu sein. Aber um darauf zu kommen, brauchte ich eine lange Zeit, und dann entdeckte ich die Ganzzahlen, wie die Zwei. Danach war es nicht mehr schwer, mich aus meiner Bahn zu kippen.