Für mein Leben seh ich kunterbunt (wenn ich nur erst den Durchblick hab) - Emma Flint - E-Book

Für mein Leben seh ich kunterbunt (wenn ich nur erst den Durchblick hab) E-Book

Emma Flint

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Beschreibung

Dieser Tagebuchroman macht selbstbewusst und gute Laune - perfekt für alle, die lustig-turbulente Geschichten lieben!  Für die Klassenfahrt hat sich Ella bestes Benehmen verordnet. Denn seit dieser dummen Sache mit dem Notausgangsschild haben die Lehrer sie total auf dem Kieker. Für Ella, die Blamagen-Expertin, eine echte Herausforderung! Besonders als sich ihre beste Freundin Fee verliebt und plötzlich nur Unsinn im Kopf hat. Die Katastrophen sind vorprogrammiert! Und dann taucht auch noch dieser Blödmann Jannis in Ellas Schule auf. 699 Peinlichkeiten später wünscht sich Ella bloß eines: von vorne anfangen! Als Ella tatsächlich in der Zeit zurückspringt, hat sie endlich den Durchblick und kann alles besser machen. Oder etwa doch nicht? Erfolgsautorin Emma Flint weiß genau, was sich Kinder ab 10 wünschen. Mit süßen Vignetten und einem tollen Glitzer-Cover von Eva-Schöffmann-Davidov. 

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 369

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Emma Flint,

geboren 1975, arbeitete schon als Hausbotin, alsBademeisterin, als Basketballtrainerin, als Regaleinräumerinim Supermarkt und als Fernseh- und Radioreporterin, bevorsie anfing, Bücher zu schreiben. Wobei ihr Letzteres eindeutigam meisten Spaß macht. Neben Romanen fürErwachsene schreibt sie auch für ein jüngeresPublikum. Emma Flint lebt mit ihrer Familie in Köln.

Weitere Bücher von Emma Flint im Arena Verlag:

Jungs verstehen das nicht!

Mein Leben voller Feenstaub und Konfetti (schön wär’s!)

Ich glaub, es glitzert! Jedes Chaos fängt mal klein an

1. Auflage 2021

© 2021 Arena Verlag GmbH

Rottendorfer Str. 16, 97074 Würzburg

Alle Rechte vorbehalten

Cover und Innenillustrationen:

Eva Schöffmann-Davidov

Lektorat: Antonia Thiel

E-Book ISBN 978-3-401-80974-8

Besuche den Arena Verlag im Netz:

www.arena-verlag.de

Freitag, 1. Januar, 13.27 Uhr

Feuerwerk und Wunderkerzen!!!

Heute fängt ein neues Jahr an – und ein neues Tagebuch! Es hat einen Regenbogenglitzereinband und ich hab es gestern von meinem Bruder Kai zum 13. Geburtstag geschenkt bekommen.

Ich bin nämlich ein Silvesterkind. (Weswegen ich auch so eine Rakete bin, sagt Papa immer. Ich lass das mal so stehen. Besser Rakete als Knallerbse!) Jedenfalls: Das neue Jahr wird total super.

1. Nächste Woche fahren wir auf Klassenfahrt!

Eine Woche Berlin!!! Das wird megacool!

2. Fee und ich sind in unserer Wunsch-AG gelandet. Fast wie ein Sechser im Lotto! Bisher haben wir immer nur unsere zweite Wahl bekommen (Zirkus. Schulgarten. Kettenreaktions-AG. Schnarch!)

Aber im zweiten Halbjahr: Antistress-AG! Chillen in der Schule und Noten dafür bekommen! Fast so gut wie Gratiseis!!!

3. Nach den Ferien hab ich keinen Schulhofdienst mehr! (Musste im Dezember in jeder Pause mit vergammelten Gummihandschuhen Müll aufsammeln und Kaugummis vom Boden abkratzen. Laut Schulleiterin eine »erzieherische Maßnahme«. Laut Ella Schrader – also mir – reine Schikane, um Schüler der Lächerlichkeit preiszugeben. Da könnte man mich genauso gut in einem Schandkorb* über den Schuleingang hängen.)

Ein neues Jahr beginnt natürlich mit guten Vorsätzen. Das Beste dabei ist: Ich brauch gar keine neuen guten Vorsätze, ich hab noch welche von letztem Jahr übrig (haha). Hier also Ella Schraders Liste von guten Vorsätzen fürs neue Jahr:

1. Keine Katastrophen mehr produzieren.

Das war’s auch schon. (Wird schwer genug.) Man soll sich ja nicht mit total unrealistischen Vorsätzen das Leben schwer machen. Wie zum Beispiel einen Slam-Dunk schaffen (ich bin 1,66 m groß) oder eine Drei in Mathe schaffen (Mathe – ist das das Fach, für das man ein Lineal braucht?) oder Geige lernen und in einem Sinfonieorchester groß rauskommen (wie meine Cousinen Helga und Hannelore, die zu ihrer Geburt nicht nur diese merkwürdigen Namen bekommen haben, sondern auch Wiegen in Violinenform – ehrlich wahr!).

Zurück zu meinen guten Vorsätzen. Kai bezweifelt natürlich, dass ich das schaffe. Als er mir mein Tagebuch gestern überreicht hat, hat er nämlich gesagt: »Hier, Hamsterbacke, da hast du ein neues Buch der schlechten Ideen.« Dann hat er gelacht und ich hab überlegt, ob ich ihm meinen Schokocupcake mit der Schokocreme und den Schokostreuseln ins Gesicht drücken soll. Aber das war mir dann doch zu gemein. Der arme Cupcake kann ja nichts dafür, dass mein Bruder so ein Affenhirn ist!!! Und voll übertreibt, wenn er mein Tagebuch Book of bad ideas nennt.

Wirklich, ich habe überwiegend super Ideen! Ich sag nur: Schleudersockenweitwurf. (Ein Kniestrumpf wird mit massig nassen Socken ausgestopft, man hält ihn am ausgestreckten Arm fest und dreht sich um die eigene Achse, bis einem schwindelig ist, und dann lässt man die Schleudersocke los und guckt, wo sie reinkracht! Macht voll Spaß! (Sogar Kai, der es ansonsten mit Sport nicht so hat.) Mit meiner Schleudersockenidee hab ich sogar unseren Berg aus Einzelsocken abgetragen, die sich bei uns schneller vermehren als Fruchtfliegen, wie Mama immer sagt. Sie war richtig froh über meinen genialen Einfall. Jedenfalls bis wir mit der Schleudersocke ihren Lieblingsblumentopf von der Terrasse gefegt haben.

Dann noch eine weiterer brillanter Einfall: Zimmerminigolf (mit dem Golfschläger vom Sperrmüll und einem Parcour aus leeren Pringle-Dosen). Dabei ist sogar nichts kaputt gegangen (die Delle in der Fußleiste war schon lange vorher da, auch wenn Papa das nicht glauben wollte und den Golfschläger einkassiert hat)! Und der Marshmallow-Contest war ja wohl auch super. Kai hat hinterher nur gemeckert, weil ich gewonnen hab. (Einundzwanzig große Marshmallows auf einmal im Mund! Kai hat bei lächerlichen sechzehn abgekackt, dabei ist er ein Jahr älter als ich. Ha, nimm das, du Affenhirn!)

Gut, die Sache mit dem Notausgangsschild ist definitiv eine doofe Idee gewesen, aber die hatte Kai ausgeheckt. Er meinte … Oh, Mama ruft. Mittagessen! Schreibe gleich weiter.

* Vogelkäfig, in den man im Mittelalter Leute eingesperrt und auf dem Marktplatz aufgehängt hat. Damit auch jeder mitbekommt, was für ein gemeiner Schurke** man ist!

** Ist Schurke nicht ein tolles Wort? Es ist lustig und reimt sich auf Gurke. Was nicht viele Wörter von sich behaupten können.***

*** Falls ich ein wenig verrückt klinge – keine Sorge. Das ist normal. Muahahahmuahaha.

Freitag, 1. Januar, 15.38 Uhr

Bei einem neuen Tagebuch macht es immer besonders Spaß reinzuschreiben, finde ich. Da gibt man sich auch noch voll die Mühe mit Schönschrift und so. Am Ende vom Tagebuch wird das bei mir dann gerne mal einsilbiges Krickelkrakel. Aber jetzt am Anfang schreibe ich höchst ausführlich und in bester Handschrift, wie ich mich tatsächlich leider selbst zum Affen gemacht habe.

Und alles nur, weil Kai im November die tolle Idee hatte, dass wir unserem großen Bruder Sascha zu seinem 17. Geburtstag ein Notausgangsschild aus unserer Schule schenken sollten. Weil er ja bald Abi macht und so. Ich wollte erst nicht, aber Kai meinte, das wäre ein super Geschenk, originell und von besonderer Bedeutung und dazu noch umsonst!

Er hatte mich also richtig schön angestiftet und mir dann großzügig die Ausführung überlassen. Weil er meinte, ich könnte so was besser. Was auch stimmte, weil man dafür auf einen Heizkörper steigen musste. (Eine sehr gefährliche Sache für einen Jungen, für den es schon eine Herausforderung ist, auf einem Stuhl zu sitzen, ohne runterzufallen.) Also war ich auf die Heizung gestiegen und hatte mich langgemacht. Ich hatte es gerade geschafft, die grün-weiße Kunststoffabdeckung von der Halterung zu ziehen, sodass nur noch die nackte Glühbirne über der Tür neben den Kunsträumen vor sich hin leuchtete.

»Ha!«, jubelte ich und wollte das Notausgangsschild an Kai reichen, aber anstatt meines Bruders stand da auf einmal Herr Komarow, unser Hausmeister. Der ist auch unter besten Umständen niemals gut gelaunt, aber diesmal hat er mich angestarrt, als wäre ich eine Kakerlake, die ihm den letzten Krümel Zucker klauen will.

Ich bin vor Schreck von der Heizung runtergesprungen, hab mich im totalen Agentenmodus abgerollt* und dabei das Notausgangsschild hochgehalten. »Ich hab es gerettet!«, rief ich übermütig, aber Herr Komarow fand das leider kein bisschen heldenhaft. Und Frau Sandorff, unsere Schuldirektorin, auch nicht. Meine Eltern mussten antanzen und obwohl ich natürlich gesagt hab, dass ich nur mal den Aufbau eines beleuchteten Notausgangsschilds untersuchen wollte, hieß es, dass das Konsequenzen haben müsste und es eine »erzieherische Maßnahme« für mich geben sollte.

»Das ist nicht nötig«, hab ich schnell gesagt, »ich hab schon eingesehen, dass das blöd war.« Aber es hat nichts genutzt.

Ergebnis: Fünf Wochen lang Schulhofknecht!!!

Danke, Kai, danke! (Als Entschädigung dafür habe ich mit ihm ausgemacht, dass ich ein Jahr lang aus jeder Tüte saure Gummidinos alle blauen und roten bekomme, und er muss die grünen und gelben nehmen. Fee meinte, das wäre lächerlich und Kai voll billig weggekommen, aber davon versteht meine beste Freundin leider nichts. Sie mag nämlich keine Süßigkeiten – bis auf Schokoerdnüsse und Oreos. Ich hab sie trotzdem sehr lieb!)

* Hab ich gelernt, als ich mal eine Zeit lang mit einer Freundin aus der Grundschule Agententraining gemacht hab. Das bestand aus: Beschatten. Von einer Mauer springen und abrollen. Spionage mit dem Fernglas. Haben wir so lange gemacht, bis wir den Opa aus dem Nachbarhaus durchs Fenster in seiner schlabberigen Unterhose gesehen haben. Uargh …

Donnerstag, 7. Januar, 18.09 Uhr

Konnte die ganze Woche nicht schreiben wegen der Vorbereitung auf die Klassenfahrt! Die bestand vor allem daraus, dass Mama mir ungefähr acht Millionen Mal gesagt hat, dass ich mich gut benehmen muss, weil ich ja quasi auf Bewährung bin und die Lehrer mich total auf dem Kieker haben. Weswegen sie nicht zögern würden, mich beim kleinsten Vergehen nach Hause zu schicken! Schluck! Das darf natürlich nicht passieren. Hm, vielleicht ist mein guter Vorsatz fürs neue Jahr etwas zu ungenau …

Hiermit verkünde ich hoch und heilig DIE ZEHN GEBOTE NACH ELLA für die Klassenfahrt nach Berlin:

1.Ich benehme mich bestens.

2.Ich mache nichts kaputt.

3.Ich flitsche keine Papierkügelchen. Und keine Erbsen. Und keine Gummis. Auch nicht auf Lehrer.

4.Ich halte mich bei nervigen Mitschülern mit Kommentaren zurück, auch wenn sie es voll drauf anlegen.

5.Ich beleidige auch nicht die BlingBlingQueens, selbst wenn sie es noch so verdient haben!

6.Ich quatsche nicht dazwischen, wenn ein Lehrer was sagt.

7.Wenn einer der Jungs mit irgendwas wirft, werfe ich nicht zurück.

8.Ich laufe nichtnachts durch die Jugendherberge und spiele Gespenst.

9.Ich nehme nicht mal den Gummifingerkuli mit, den Sascha mir geschenkt hat, obwohl er in Glitzertürkis schreibt und einfach der weltbeste Tagebuchstift ist. Der hat nämlich nicht nur eine tolle Schreibfarbe, sondern sieht echt aus wie ein abgeschnittener Finger. Sogar mit ein bisschen Blut dran. Und wenn man das nicht weiß, kann man sich schon mal ein bisschen erschrecken! Muahahamuahaha!

10. Ich kotze nicht im Bus. (Was ich eh nicht mache, aber mir fiel nichts Besseres für die Zehn ein. Und »Die neun Gebote nach Ella« hört sich blöd an.)

Bin so aufgeregt! Morgen früh geht’s los!

Freitag, 8. Januar, 5.38 Uhr

So früh, dass ich noch nicht denken kann. Und kalt. Kalt auch. Im Auto sind die Scheiben beschlagen. Brrrrr. So, am Parkplatz angekommen. Da steht unser Bus. Mama lässt mich raus.

Freitag, 8. Januar, 6.27 Uhr

Sind losgefahren! Sitzen im Bus! Bisher keine Katastrophen zu vermelden. War aber haarscharf. Beinahe hätte ich direkt hinter Herrn Potthoff sitzen müssen. Sechs Stunden Fahrt mit Aussicht auf die glänzende Halbglatze von unserem Lehrer, von der einzelne Haare wie Antennen abstehen – da können gute Vorsätze schon mal ins Wanken kommen.

Aber der Reihe nach.

Nachdem mich Mama am Parkplatz rausgelassen hat, bin ich sofort zu meinen Freundinnen Jule und Shirin hin, die schon total aufgeregt waren. Na ja, Jule und Shirin sind eigentlich immer total aufgeregt, selbst wenn wir nur die Sitzordnung neu auslosen oder in Sport die dicke Matte rausholen. Wobei Letzteres wirklich ein guter Grund ist, aufgeregt zu sein. Dicke Matte in Sport bedeutet meistens Spaß. (Für mich auf jeden Fall. Jule und Shirin bibbern dagegen ängstlich, weil sie befürchten, sie müssten sich an Seilen über die Matte schwingen wie »Tarzan, der gerade zwölf Big Macs und sieben Schokomilkshakes verdrückt hat« oder wie ein »Klammeraffe, der seine einzige Kernkompetenz vergessen hat: das Klammern«. Ich lach mich immer scheckig bei Jules und Shirins Sprüchen über sportliche Herausforderungen! Aber gut, ich schweife ab. Ich sag ja, am Anfang eines Tagebuchs hab ich noch die Motivation, sehr ausführlich zu sein.)

Auch eben vor der Abfahrt waren Jule und Shirin schon wieder in ihrem Element, das da heißt: Quatsch labern. Jule meinte, dass diese Klassenfahrt alles verändern würde. »Das Universum hat Großes mit uns vor. Ich weiß es, Mädels!«, hat sie mit ihrer dramatischen Stimme gesagt. Jule betätigt sich gerne mal als Orakel und sieht passend dazu auch ein bisschen verrückt aus: Sie hat eine Vorliebe für schrille Klamotten und bunte Haare. Heute hat sie zum Beispiel rosafarbene Kunststrähnen in ihren Zopf geflochten!

»Das Universum könnte mir mal einen Kaffee bringen«, hab ich nur gemeint und gegähnt. »Mag ich zwar nicht, macht mich aber vielleicht wach.«

Mama hat es heute Morgen gerade noch rechtzeitig geschafft, mich aus dem Bett zu zerren. An frisurentechnische Verrenkungen denke ich bei meinen feinen hellblonden Haaren sowieso nicht, aber so früh schon mal gar nicht. Meine Frisur bestand dementsprechend aus einer roten Bommelmütze, die ich mir im Vorbeigehen von der Garderobe geschnappt hatte. (Wobei ich irgendwie danebengegriffen hab, wollte eigentlich meine schwarze NY-Beanie aufziehen. Egal. Hauptsache, Knautschfrisur verdeckt.)

»Und dann Berlin!«, hat Jule gehaucht und ihr Atem stieg in weißen Wolken auf. »Das ist so aufregend. So hip! Die Welthauptstadt der Mode und der Trends!« Sie breitete in ihrem bunten Mustermixmantel die Arme aus. »Wir werden Berlin erobern!«, rief sie dann noch in den stockfinsteren Morgenhimmel.

»Jule«, stöhnte ich angesichts von so viel Aktivität am frühen Morgen. »Du sollst doch nicht immer so viele Energydrinks trinken.«

Sie hat aber nur gekichert und mit Shirin angefangen zu planen, wo sie überall shoppen gehen wollen. Dabei ist mir plötzlich aufgefallen, dass auch Shirin ziemlich aufgebrezelt war, so richtig geschminkt und frisiert, und ihre pinke Jacke sah verdächtig neu aus. Und dann ich daneben in meinem alten Parka mit dem zotteligen Kunstfellkragen. Er ist mir an den Ärmeln schon ein bisschen zu kurz und hat ein etwas abgewetztes schwarz-grünes Camouflage-Tarnmuster.

»Du könntest auch mal eine neue Jacke gebrauchen«, hat Jule auf einmal gesagt. »Shirin und ich beraten dich gerne.«

Aber das hab ich gleich dankend abgelehnt. Ich brauch doch keine Modeberatung! Mein Parka ist super. »Er ist schön und praktisch«, hab ich zu Jule und Shirin gesagt und wollte ihnen gerade erklären, wie gemütlich und kuschelig warm er ist und dass seine Taschen so groß sind, dass man immer interessante Dinge darin findet. Aber da antwortete Jule schon: »Klar, du bist bestens angezogen. Wenn wir zum Beispiel auf Fuchsjagd gehen.«

»Oder Verstecken im Wald spielen«, hat Shirin eingeworfen.

»Oder du Bekanntschaft mit einem Waschbär schließen möchtest«, machte Jule weiter, »dann kannst du dich ziemlich nah ranschleich…«

Ich war wirklich froh, dass in dem Moment der Bus seine Türen aufmachte und das Gedränge um die besten Sitzplätze losging. Das einzig Blöde war, dass Fee noch nicht da war. (Die aber zum Glück jetzt neben mir sitzt und gerade eine Packung Tortillachips aufreißt. Das finde ich mit am besten an Klassenfahrten: den Proviant!)

Freitag, 8. Januar, 7.03 Uhr

Hab gerade Tortillachips (Paprika) gefrühstückt und bin gestärkt weiterzuschreiben. Die Busfahrt einer Klassenfahrt ist auch schon immer ein richtiges Ereign

Mist, mit fettigen Chipsfingern sollte man keinen Kuli halten. Aber Fee hat wie immer ungefähr siebentausend Einwegdesinfektionstücher eingepackt – ihre Mutter ist erklärter Fan von allem, was Bazillen ausmerzt. Unglaublich übrigens, wie orange die werden, wenn man sich damit die Pfoten nach Paprika-Tortillachips abwischt!

Okay, jetzt noch mal von vorne. Die Bustüren haben sich also vorhin geöffnet und ich hab noch überlegt, wie ich am schnellsten reinstürmen und eine Bank frei halten sollte. Aber da donnerte etwas in meine Kniekehle und ich wäre fast weggeknickt. Saras dämlicher Rollkoffer!

»Entschuldigung, dass du mich angerempelt hast«, hab ich ihr hinterhergerufen, aber das war ihr natürlich völlig schnuppe. Rücksichtnahme ist ein Fremdwort für die Queen der BlingBlingQueens. Sara hat einfach alle aus dem Weg gerollert und ist mit ihrem Koffer (Leopardenmuster!) zur Bustür gestöckelt. Einen weiteren Koffer in Schrankgröße (!) hatte sie schon ins Gepäckfach legen lassen. Echt, was hatte die denn bitte alles dabei? Einen eigenen Stylisten?

Ihr folgten Romy, Kim und Leyla, die anderen BlingBlingQueens, die es wie immer für selbstverständlich hielten, zuerst in den Bus steigen zu dürfen. Jule und Shirin schoben sich mit dem Pulk dahinter zur Bustür. Ich wollte ihnen gerade hinterher, da sah ich Fee über den Parkplatz rennen. Ich hoffte jedenfalls, dass sie es war. Im funzeligen Licht der Straßenlaterne hätte man sie auch für Frankensteins Monster halten können, weil sie so schief lief und ein Bein nachzog wegen der schweren Tasche, die bei jedem Schritt gegen ihre Oberschenkel baumelte. Aber es war natürlich Fee, meine Fee, die ihrem Motto Besser spät als nie wieder mal alle Ehre machte.

»Hi«, schnaufte sie. »Hast du uns einen Platz frei gehalten?«

»Na klar«, sagte ich und deutete auf das Gepäckfach, in dem der Busfahrer gerade letzte Sortierungsarbeiten machte. »Wir sitzen ganz bequem da unten.«

»Ha. Ha.« Sie gab ihre Tasche dem leicht entnervten Mann, der nämlich gerade die Klappe vom Gepäckraum schließen wollte. »Los, jetzt aber rein.«

»Sind eh nur noch die Loserplätze frei«, sagte ich, weil wir die Letzten waren, die einstiegen.

»Du weißt doch: Wo wir sitzen, ist immer vorne«, gab Fee zurück.

»Vorne sind ja die Loserplätze.«

»Steig ein, Ella, sonst reiß ich dir deine komische Zipfelmütze vom Kopf.«

»Selber«, sagte ich und da fiel mir ihre Mütze auf, die kein bisschen komisch war, sondern eine Baskenmütze in Cremeweiß, die sie schief auf dem Kopf sitzen hatte, was mega aussah und super zu ihren schwarzen Haaren passte. Na toll. Auch meine beste Freundin hatte also beschlossen, die Klassenfahrt zu einem Fashion-Event zu machen, und ich sah aus wie ein Gartenzwerg, der mit einem Waschbär befreundet sein wollte.

Freitag, 8. Januar, 8.34 Uhr

Sind inzwischen schon hinter Dortmund. Und hab gerade vor lauter Verwirrung über Fees seltsames Verhalten ein kleines Nickerchen gemacht. Bin immer noch nicht dahintergekommen, was sie da eben mit dem Lipgloss gemacht hat. Oder besser warum!

Es ist ein bisschen Ruhe eingekehrt im Bus – bis auf die letzte Reihe, die die Chaosjungs in Beschlag genommen haben, natürlich. Die Sitzordnung im Bus spiegelt bekanntermaßen eins zu eins die Hackordnung der Klasse wider und die Formel ist ganz einfach: Je weiter hinten, desto cooler. Deswegen war ich vorhin auch ein bisschen nervös, als Fee und ich als letzte den Bus enterten. Schnell den Überblick verschafft: In der ersten Reihe hinter dem Busfahrer die Sensibelchen mit dem empfindlichen Magen, die sich schon vor der Abfahrt an eine Kotztüte klammern (Hassan und Maurice). In der zweiten Reihe die Lehrer (Herr Potthoff und Frau Hinterkausen). In ihrer Nähe tummeln sich normalerweise die Schleimer, die keine Gelegenheit auslassen, ihr gesammeltes Wissen über den Ort der Klassenfahrt loszuwerden. Aber da Maurice in der ersten Reihe schon damit beschäftigt war, sich nicht zu übergeben, war klar, dass Reihe drei auf jeden Fall frei sein würde. Denn alle haben auch diesmal versucht, so weit wie möglich nach hinten zu kommen, weg von den Lehrern und hin zum Epizentrum der Coolness (oder was man dafür hält).

Zuerst hatte ich also befürchtet, dass uns nur die Sitze hinter dem Potthoff blieben, und er schien das ebenfalls zu erwarten, denn er starrte mich megagrimmig an (wie ich fand). Umso erleichterter war ich, dass Jule uns von der hinteren Mitte des Busses winkte. Sie hatte uns eine Reihe frei gehalten! Nice!

Ich hab mich also im Mittelgang entlanggeschoben, als Kim von hinten loskreischte: »Verzieh dich hier, Max!«

Tumult im BlingBling-Abteil! Die BlingBlingQueens hatten die vier vorletzten Reihen belegt, natürlich jede einen Doppelplatz, weil ihre Schminkkoffer auch standesgemäß sitzen mussten. (Hab ich schon erwähnt, wie beknackt ich die BlingBlingQueens finde? Falls nicht, hole ich es hier nach: Die BBQs sind megabeknackt.)

Der arme Max hatte doch tatsächlich versucht, sich neben Kim zu setzen und sich damit in der Sitzordnung falsch einsortiert, aber komplett. Und dann auch noch bei Kim! Ich meine – klar, bei Kim. Max ist hoffnungslos verliebt in sie und holt sich in der Schule gefühlt jeden Tag eine Abfuhr. Dieser Junge ist echt maximal leidensfähig. Und so wenig lernfähig! Keine Ahnung, ob er so verliebt ist, dass er nicht mehr klar denken kann, oder ob er nicht klar denken kann und sich deswegen überhaupt erst in Kim verliebt hat. Letzteres ist ja meine Theorie.

»Ey, wie blöd muss man eigentlich sein, um sich zu verlieben?«, habe ich daher vorhin Fee zugeflüstert, als wir Platz genommen hatten und Max hinterherschauten, der wie ein geprügelter Hund durch den Bus schlich und dem nichts anderes übrig blieb als Reihe drei mit Aussicht auf die spiegelnde potthoffsche Halbglatze.

Und hier ist es dann, wie gesagt, seltsam geworden: Fee hat nämlich nicht geantwortet und als ich zu ihr geguckt habe, hat sie etwas total Merkwürdiges gemacht!!!! Sie hat Lipgloss aufgetragen! Und zwar kirschfarbenen Lipgloss! Morgens um noch nicht mal acht Uhr!!!! Durchsichtiger Lipgloss, okay. Vielleicht auch noch einer in Peach. Aber knallige Kirsche um diese Uhrzeit, wo wir eine Ewigkeit im Bus gammeln würden? Als ich Fee gefragt hab, was das soll, meinte sie nur, der wäre neu.

Das hab ich irgendwie nicht kapiert. »Ja und?«

»Ich probier halt gerne neue Sachen aus. Willst du auch?«

Wollte ich natürlich nicht. Aber die Limo, die Fee mir aus ihrer Tasche gereicht hat, die will ich! DUUUUUURST!!!!

Schreibe gleich weiter, muss nach den ganzen Chips eben kurz was trinken.

Freitag, 8. Januar, 9.31 Uhr

Ich vermelde: Fees Verhalten wird immer merkwürdiger! Und beinahe wäre hier eine FANTASTROPHE passiert. Hab eine Limofontäne ausgelöst, und zwar vom Feinsten! Ich wollte so ganz cool die Flasche aufdrehen, da hat es voll gezischt und sie ist ans Fenster und bis an die Decke gespritzt. Uargh. (Jetzt weiß ich auch, warum es vor Abfahrt hieß, wir dürften während der Fahrt keine kohlensäurehaltigen Getränke außer Wasser trinken. Ich hab das für Quatsch gehalten. Für eine sinnlose Maßnahme, bloß um den Spaß im Bus auf ein Minimum zu reduzieren! Typisch Lehrer halt. Wer konnte ahnen, dass sie sich dabei was gedacht hatten!!!!)

Ich hab schnell die Hand auf die Flaschenöffnung gehalten, aber die Limo schien das nur noch mehr anzustacheln. Es sprudelte und sprudelte (weswegen ich jetzt einen nassen und klebrigen Jackenärmel hab). Hab mich natürlich nicht getraut, nach vorne zu unseren Lehrern zu gucken. »Hat er was gemerkt?«, hab ich Fee atemlos gefragt. Aber sie meinte, dass der Potthoff reglos auf seinem Platz sitzt. (Ihre eigene Flasche ging übrigens mit einem harmlosen Zisch auf. Kein bisschen Spritzgefahr! Wie ist das möglich, wo sie doch in derselben Tasche gewesen ist? Meine war eine richtige Aggroflasche. Über mir und an der Fensterscheibe kleben immer noch orangene Tropfen. Und der Boden hat auch eine Limoglasur!)

»Glück gehabt«, hab ich gesagt und einen großen Schluck (von dem kümmerlichen Rest) getrunken. »Der Potthoff hätte mich sonst glatt wegen Fantalismus verhaftet.«

Fee runzelte die Stirn.

»Vandalismus mit Fanta. Fantalismus«, habe ich ihr meinen Wortwitz erklärt, weil sie überhaupt nicht gelacht hat. »Fast so gut wie Fantastrophe.«

»Deine Wortspiele waren auch schon mal lustiger«, sagte Fee, weil sie meine genialen Wortkreationen in brenzligen Situationen ja schon kennt. Und ich vollendete wie immer den Satz mit: »… aber niemals origineller!«

Dann hab ich jede Menge Desinfektionstücher aus der Packung gerissen und versucht, meine Hände zu entkleben und unauffällig die Limotropfen von der Decke und dem Fenster zu wischen. Damit meine Hampelei nicht so auffiel, drehte sich Fee nach hinten und kniete sich auf ihren Sitz. So wirkten wir beide ein bisschen hyperaktiv. (Auffälligkeit in ausreichender Menge kehrt sich in Unauffälligkeit um. Relativitätstheorie nach Ella Schrader.)

Ich hatte natürlich erwartet, dass Fee sich mit Jule und Shirin unterhält, die hinter uns sitzen. Aber das hat sie nicht. Sie hat schon wieder was total Merkwürdiges getan! Sie … oh. Pinkelpause.

Freitag, 8. Januar, 10.21 Uhr

Wahnsinn, wie lang das dauert, bis alle wieder da sind und auf ihren Plätzen sitzen. Die BlingBlingQueens lassen sich besonders viel Zeit, während ich natürlich schon auf meinem Platz sitze, abfahrbereit. Wie man sich eben verhält, wenn man als absolute Musterschülerin rüberkommen will. Eben war ich auch voll streberhaft, aber hat es mir was genützt? Nö. Nicht die Bohne!

Auf der Raststätte sind vorhin alle in den Verkaufsraum geströmt, als hätten sie noch nie einen Shop von innen gesehen. Oder als wäre das der tollste Laden der Welt. Dabei gab es nur quietschbunte Plüschtiere mit riesigen Glupschaugen, Zeitschriften, lustige Klingelschilder und natürlich jede Menge Süßigkeiten und Kaffee. Ich aufs Klo. Vor der Schranke herrschte Gedränge! Offensichtlich hatte keiner Kleingeld für den Eintritt. Einer von den Jungs (natürlich Luke) sprang drüber, die anderen blockierten den Eingang, sodass andere Reisende nicht durchkonnten.

Als der Potthoff kam, hat er natürlich ziemlich rumgeblökt, wir sollten uns benehmen und den Weg frei machen. Da hatte ich meinen Streberauftritt! Ich mein Kleingeld gezückt (70 Cent, abgezählt, Mamas Planung!), gesittet zur Schranke, Münzen eingeworfen, durchgegangen. Dem Potthoff einen komplizenhaften Blick zugeworfen (wir beide, wir sind hier doch die Einzigen, die wissen, wie es läuft), aber er hat überhaupt nicht reagiert, sondern die Mitarbeiterin der Raststätte durchgelassen, die dann die Schranke einfach geöffnet hat, sodass alle umsonst pinkeln gehen konnten!

Tss! Da sieht man es mal: Kaum benimmt man sich vorbildlich, ist es auch wieder falsch!

Da kommt Fee endlich. Hab sie eben aus den Augen verloren. Jetzt schiebt sie sich durch den Gang im Bus auf mich zu und strahlt. Hm. Eine Pinkelpause auf einer ranzigen Raststätte ist kein Anlass für derart gute Laune. Entweder sie hat gerade The Falcon and the Wintersoldier getroffen oder eine lebenslange Versorgung mit Oreo-Keksen gewonnen. Oder mit ihr stimmt wirklich was nicht. Weiß nur noch nicht, was.

Freitag, 8. Januar, 11.19 Uhr

Jetzt weiß ich es! Es ist ihr Kichern! Fee kichert andauernd!

Dabei ist Fee eigentlich überhaupt kein Kichertyp. Schwarzer Humor, ja. Dreckige Witze, ja. (Und dann die passende Lache dazu.) Aber Kichern? Nein!

Heute allerdings kichert sie und wackelt dazu mit dem Kopf, sodass ihre schwarzen glatten Haare unter der Baskenmütze seidig hin und her schwingen. Vorhin, als sie sich nach hinten gedreht hatte, hat sie auch total gekichert und die Haare geschwungen. Und jetzt liest sie WhatsApp-Nachrichten und kichert wieder. Erst der Lipgloss und nun das! Muss sofort rauskriegen, was los ist!

Freitag, 8. Januar, 12.37 Uhr

Da tritt mich doch ein Gnu!

Fee ist verliebt!

Obwohl wir uns geschworen hatten, uns niemals zu verlieben! Na ja. Vielleicht nicht geschworen, aber irgendwie waren wir uns total einig gewesen, dass wir mit dem ganzen Verknallgeschäft nichts zu tun haben wollen. Ich hab zwar sonst keinen Durchblick, aber eines weiß ich: Mit Verlieben ist nicht zu spaßen! Denn wenn man auf einmal Interesse an Jungs hat, wird es plötzlich enorm wichtig, dass sie auch Interesse an einem selbst haben. Und da sich bisher keiner für uns interessiert hat, ist es doch viel sicherer, ebenfalls kein Interesse an ihnen zu haben, weil uns dann nicht interessiert, ob sie sich für uns interessieren. Was eines beweist: Kaum geht es um das Thema Liebe, wird alles kompliziert. Und jetzt ist Fee also verknallt. In Paul.

Sie wollte erst nicht mit der Sprache rausrücken. Hab das aber mit detektivischem Spürsinn rausgefunden! Gestatten, Ella Schrader, Meisterdetektivin. Nennt mich Sherlock.

Als wir nach der Raststätte weitergefahren sind, hab ich sie ganz unauffällig gefragt, ob es ihr gut geht.

»Aber klar. Und wie!«

Sofort fiel der Meisterdetektivin (mir) auf: Ihre Stimme klang anders. Viel höher als sonst. So als ob Perlen in ein Glas fallen.

»Ich frag nur, weil du so komisch drauf bist. Hast du wieder Clown mit Brausepulver gefrühstückt?«

Sie ging überhaupt nicht auf meinen Scherz ein. »Ich freu mich einfach so auf die Klassenfahrt. Freust du dich nicht auch?« Klickerklickerklack, machten die Perlen. Sie kicherte wieder und wischte auf ihrem Handy rum.

Zeit für einen detektivischen Test.

»Ich werde uns für das Referat über die Geometrie des Brandenburger Tors eintragen«, habe ich so vor mich hin fabuliert. Die normale Fee hätte sofort losgeprustet, dass ich ja wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank hätte, wir sollten uns gefälligst ein Laberthema aussuchen, je schwammiger, desto besser.

»Wie du willst«, hat sie aber nur geantwortet!

»Oder vielleicht nehmen wir auch die Krawattensammlung vom Potthoff als Thema.« Der hat nämlich eine Vorliebe für scheußliche Katzenkrawatten (und er riecht auch irgendwie nach Katzenfutter).

»Okay.« Fee lächelte abwesend. Dann hat sie mir ihr Handy unter die Nase gehalten. »Guck mal hier!«

Ein Hund im Pandakostüm auf einem Surfbrett.

»Pandastisch«, sagte ich unbeeindruckt. (Ich hab bei Tik-Tok schon ungefähr sieben Trilliarden Hunde im Pandakostüm gesehen. Sie tanzen, sie machen Handstand, sie spielen Klavier. Irgendwann übernehmen sie die Weltherrschaft.)

»Ist es auch«, sagte Fee, ohne jede Ironie. »Und guck mal hier.«

Ein Katzenbaby, das auf einer Gans reitet.

»Wer schickt dir denn so was?«

Paul schickte ihr so was, wie Ella Schrader, Meisterdetektivin, nun herausfand. Paul und Fee schickten sich gegenseitig lustige Clips. Was an sich nicht schlimm gewesen wäre, schließlich texte ich auch ab und zu mit Severin aus unserer Klasse (der war im ersten Halbjahr mit mir in derselben AG). Aber Fee schlussfolgert irgendwie daraus, dass Paul auch ansonsten total lustig wäre und supernett.

Da habe ich kurz drüber nachdenken müssen. Paul gehört zur coolen Clique von Jungs, in der auch Luke, Tarik, Roman und Severin sind – bei Shirin, Jule, Fee und mir besser bekannt als die Chaostruppe. Sie lassen den Unterricht gelangweilt über sich ergehen, hocken in der Pause auf den Bänken neben der Tischtennisplatte und zeichnen sich ansonsten durch dumme Sprüche aus und dadurch, im Sportunterricht möglichst viel Schaden mit Bällen anzurichten. Nichts, was einen beeindrucken könnte. Ich überlegte, ob ich von Paul schon mal irgendwas Nettes gehört hatte. Mir ist nur eingefallen, dass er immer interessante Ausreden auf Lager hat, wenn er zu spät kommt. (Der Bus hatte einen Platten. Bauarbeiter haben die Straße vor unserem Haus aufgerissen und ich musste einen Riesenumweg gehen. Mein Meerschweinchen hat Junge bekommen.)

Einmal hat er in Musik was auf der Trompete vorgespielt. Und ein andermal hat er ein fliegendes Schwein an die Tafel gemalt (oder war es ein Eichhörnchen mit Kringelschwanz?). Und einmal hat er Maurice’ Stuhl umgetreten. Als der drauf saß.

Mehr wusste ich nicht von Paul. Und Fee ja auch nicht! Aber jetzt scrollte sie sich durch den Klassenchat und las mir vor, was Paul im letzten halben Jahr an Nachrichten dort abgelassen hatte, und obwohl es saulangweilige Kommentare waren Hey, yo / Geht gar nicht / Hat einer Bio kapiert? kicherte Fee, als ob es das Lustigste seit Rick & Morty* wäre. Sie hatte offensichtlich einen großen Teil ihrer Intelligenz eingebüßt und schien darüber aber ziemlich glücklich zu sein.

Und da ahnte Meisterdetektivin Ella Schrader auf einmal, was los war! Ich hab einen leichten Anfall von Schnappatmung bekommen und sie geradeheraus gefragt, ob sie etwa in Paul verknallt ist.

Sie hat gesagt: »Ja. Ich glaub schon.« Und wieder gekichert. »Ist das irre, oder was?«

Aber so was von!!!!

* Nicht, dass ich die ganze Serie gesehen hab. (Meine Eltern sind der komischen Meinung, Serien ab 16 sollten auch nur Leute ab 16 gucken.) Hab nur mal aus Versehen den Trailer geguckt. Und ein paar Ausschnitte auf YouTube. Und vielleicht auch mal eine ganze Folge bei Jule, deren Eltern nicht so Kontrollfreaks sind, die eine Kindersicherung für nötig halten.

Freitag, 8. Januar, 13.21 Uhr

Wir fahren durch Berlin! Riesenstraßen, große Häuser. Alle drücken sich die Nasen an den Fenstern platt. Nur Fee guckt sich bescheuerte Tierclips an und gluckst vor sich hin. Ich musste ihr eben hoch und heilig schwören, dass ich niemandem von ihren Gefühlen für Paul erzähle. Was ich selbstverständlich niemals tun würde.

Freitag, 8. Januar, 13.52 Uhr

Wir sind da!! Der Bus biegt auf dem Parkplatz der Jugendherberge in Berlin-Ostkreuz ein. Die Hinterkausen schiebt sich durch den Mittelgang, um alle anzuweisen, sitzen zubleiben, bis sich die Türen öffnen. Vor unserer Sitzreihe hat ihr Schuh ein knarzendes Geräusch gemacht und sie ist sogar kurz hängen geblieben. Ich habe ganz schnell mein bestes Unschuldslammgesicht aufgesetzt, als hätte ich keine Ahnung, warum der Boden da so doll klebt. Die Hinterkausen hat mich prüfend gemustert und hatte eigentlich etwas sagen wollen – aber in dem Moment gab es hinten Tumult.

Die BBQs sind mit ihren Monsterschminkkoffern schon Richtung Ausgang gestöckelt und die Hinterkausen hat versucht, sie zurückzuscheuchen. Aber dann sind plötzlich auch die anderen aufgesprungen und haben ihr Zeug aus den Gepäckfächern gerissen. Luke, dieser Horst, hat seinen Rucksack auf Tariks Kopf fallen lassen und die beiden haben einen Ringkampf angefangen. Da hatte die Hinterkausen dann wirklich was zu meckern. Gut so!

Ich hab gerade noch erleichtert aufgeatmet, da hab ich gesehen, dass Fee zu Paul starrt und ihre dunkelbraunen Augen einen verträumten Schleier bekommen. Als ob ein Filter draufgelegt wäre. Es hätte mich nicht gewundert, wenn rosa Herzchen über ihrem Kopf herumgeflogen wären.

Dann fuhr sie sich mit der Hand durch die Haare, setzte ihre Mütze auf, wieder ab, wieder auf und wieder ab und strich sich noch mal durch die Haare. Als sie erneut Anstalten machte, die Mütze aufzuziehen, hab ich sie ihr aus der Hand geschnappt und in meine Jackentasche gestopft. Die Merkwürdigkeiten gehen aber weiter! »Wir warten auf Paul«, verkündete Fee und

Freitag, 8. Januar, 14.48 Uhr

Jetzt sind wir in unserem Zimmer! Vorhin musste ich blitzartig aufhören mit Tagebuchschreiben, weil sich die Türen öffneten und ich mir sicher war, dass Fee sich total auffällig an Pauls Fersen heften würde. Da hätte sie sich gleich ein Schild umhängen können mit Du bist mein Schwarm. Ich hab sie einfach in den Gang geschoben (sanft, aber bestimmt) und gesagt: »Raus mit uns! Ich brauche dringend frische Luft.« (Und du erst recht, aber das hab ich nicht dazu gesagt.)

Die beste Nachricht des Tages: Jule, Shirin, Fee und ich haben ein Viererzimmer mit zwei Etagenbetten, einem Tisch und vier Stühlen und ein eigenes Badezimmer! So cool!!!!

Freitag, 8. Januar, 15.23 Uhr

Gleich treffen wir uns für den ersten Rundgang durch Berlin. Muss nur ganz schnell das Wichtigste notieren. Jule und Shirin wissen es schon! Also, das mit Paul. Sie haben es einfach so rausgefunden. (Anscheinend muss man doch keine Meisterdetektivin dafür sein.)

Wir hatten gerade die Betten verteilt (Jule und ich oben, Shirin und Fee unten), da hat Jule Fee von Kopf bis Fuß gemustert und plötzlich gesagt: »Fee, ich seh es dir an, du bist verknallt.«

»Das hab ich auch schon gedacht!«, hat Shirin gerufen und mit Jule abgeklatscht.

»Waaaasss?« Fees Honigkuchenpferdgrinsen ist für einen Moment verschwunden, nur der Glanz auf ihren Wangen blieb. »Aber …«

Jule schnalzte verächtlich mit der Zunge. »Kirschfarbener Lipgloss, manisches Haareschütteln, Grinsen, verträumter Blick – also, wer ist es?«

»Ja, wer, Fee, wer?«, echote Shirin.

Für einen Moment hab ich noch gedacht, Fee würde versuchen, es zu leugnen, aber dann ist es schon aus ihr herausgeplatzt, dass es Paul wäre und wie cool er wäre und auch so gut aussehend und was er für tolle Haare hätte. (Ich finde ja, dass seine blonden zurückgegelten Haare aussehen wie die von einem verwöhnten Grafen, der seinem Diener die silberne Servierglocke an den Kopf wirft, wenn das Omelett darunter einen Tick zu kalt geworden ist. Aber was weiß ich schon, wo ich ja nicht in ihn verknallt bin!)

Jule und Shirin schienen sofort begeistert von Fees Wahl.

»Kriegsrat!« Jule hat sich an den Tisch gesetzt und als wir ihrem Beispiel gefolgt waren, hat sie bedeutungsschwer mit dem Kopf genickt. »Dann bekommt Fee also als Erste von uns einen Exfreund.«

»Wie, Exfreund?«, hab ich verwirrt gefragt. »Geht es nicht darum, erst mal einen Freund zu haben?«

Auch Fee hat etwas irritiert gewirkt, aber Jule hat abgewunken. »Mädels, es ist völlig egal, ob wir einen Freund haben oder nicht.«

Shirin hat dazu genickt und warnend geguckt. »Beziehungen sind schwierig! Meine Schwestern … puh! Was für ein Stress mit den Jungs!«

»Ein Exfreund dagegen macht keine Schwierigkeiten«, hat Jule erklärt.

»Ein Exfreund hat nur Vorteile«, hat Shirin ihr beigepflichtet. »Du musst nicht mehr drüber nachdenken, ob du ihm gefällst.«

»Oder wie du es schaffst, ihn zu beeindrucken, ohne dich zu blamieren.«

»Oder ob du ihm gegenüber vielleicht Schwachsinn gelabert hast.«

»Oder ob du ihn angegrinst hast mit Mohnkörnern zwischen den Zähnen.«

»Mohnkörner?«, hat Fee alarmiert gefragt.

»War ja nur ein Beispiel.« Jule hat mit den Achseln gezuckt. »Auf jeden Fall ist ein Exfreund das Beste, was einem passieren kann, weil damit ist man … tadaa … offizielles Mitglied im Club der Coolen.«

»Man könnte ihn auch Club der emotional Fortgeschrittenen nennen«, hat Shirin erklärt (weil Fee und ich sie wohl ziemlich ratlos angeguckt haben müssen), »aber das klingt irgendwie uncool.«

»Deswegen sagen wir Club der Coolen«, hat Jule wiederholt.

»Und seid ihr im Club der Coolen?«, hat Fee wissen wollen.

Jule darauf: »Noch nicht. Aber bald.«

»Ganz bald bestimmt.« Shirin hat sehnsuchtsvoll geseufzt.

»Aber wie bekommt man einen Exfreund?«, hat Fee gefragt.

Tja, da sind unsere beiden Beziehungsexpertinnen auch ratlos gewesen. Was mich ein bisschen beruhigt hat. Schließlich bin ich nicht nach Berlin gekommen, um mich mit irgendwelchen bekloppten Liebesstorys rumzuschlagen, sondern um Spaß zu haben. Der Club der Coolen kann mich mal!

Montag, 11. Januar, 8.32 Uhr

Klassenfahrt ist super. Berlin ist super. Hab mich bisher an alle meine Gebote gehalten und sogar noch nichts kaputt gemacht. Was auch daran liegt, dass das Geschirr in der Jugendherberge wahrscheinlich aus Betonporzellan ist oder so. Jedenfalls hat die Tasse nicht mal einen Sprung bekommen, als sie mir hingefallen ist. Glück gehabt!

Nur Fee spinnt. Hab alle Hände voll zu tun, damit sie sich nicht blamiert! Wenn ich sie nicht wegzerre, starrt sie Paul an wie das achte Weltwunder. Wenn ich sie nicht festhalte, klebt sie sich an seine Fersen. Wirklich, sie braucht sich keine Sorgen machen, dass ich was über ihre Gefühle verraten könnte – das kriegt sie ganz allein hin! Richtig unterhalten kann man sich auch nicht mehr mit ihr. Es ist, als ob alle anderen Gesprächsthemen außer Paul aus ihrem Gehirn weggelöscht wurden. Einmal die Resettaste drücken und neu booten, bitte!

Heute Morgen kurz nach dem Aufstehen (!) hat sie mir mal wieder Pauls gesammelte Wundertaten erzählt. Wie süß Paul geguckt hat, als wir gestern im Reichstag waren, und was für einen witzigen Scherz er in der Glaskuppel gemacht hat (»Wenn wir noch weiter im Kreis laufen, krieg ich Kreislaufprobleme«) und dass er den ganzen Weg zur Bahn neben ihr gegangen ist, jedenfalls fast. (In Wirklichkeit ist er zwischen Tarik und Luke gegangen und Fee ist ihm einmal in die Hacken getreten, worauf er sich zu ihr umgedreht und gesagt hat: »Hey, Fee! Pass doch auf!« Und sie Paul angelächelt hat und gesagt: »Ich pass ja auf dich auf!«)

Ich glaube, ihre linke Gehirnhälfte funktioniert nicht mehr richtig (oder die rechte, was weiß ich), weil sie voller Hormone ist. Auf jeden Fall muss ich den Notfallmodus aktivieren und ab jetzt für uns beide das Denken übernehmen.

Dienstag, 12. Januar, 22.19 Uhr

Eigentlich bin ich ja gut im Denken, weil ich jede Menge denke, den ganzen lieben langen Tag und oft auch nachts. Nur leider ist das mit den Ergebnissen meiner Denkprozesse so eine Sache. (Was ich mir eigentlich hätte denken können – so oft, wie ich den Satz »Was hast du dir bloß dabei gedacht?« schon gehört hab!)

Jedenfalls hatte ich eine Idee. Und ich will hier betonen – weil ein gewisses Affenhirn ja der Meinung ist, ich hätte nur schlechte Ideen: Die Idee war gut! Vielleicht sogar sehr gut. Nur die Ausführung war leider schlecht grottig suboptimal. Und das Endergebnis total subsubsuboptimal.

Es fing damit an, dass Fee mir heute wieder die Ohren vollgesülzt hat über Paul und wie cool er geht (!), mit so einem »Federn in den Knien«, was vielleicht von seinen sensationellen Sneakern kommt, die sie sich auch zu Weihnachten wünschen würde. (Obwohl es Basketballschuhe sind und Fee mit Basketball so viel zu tun hat wie ein Goldfisch mit Sonnenbaden!)

Während ich noch überlegt hab, wie Fee wohl aussieht, wenn sie beim Gehen mit den Knien federt, hat sie ohne Unterbrechung weitergelabert und ich hab ein mildes Lächeln aufgesetzt. Das war nicht besonders schwer, weil ich dabei Studentenfutter in mich reingestopft hab. Aufmerksam geworden bin ich erst wieder, als sie auf einmal schwärmte: »Hast du gesehen, wie cool er heute in sein Brötchen gebissen hat? Auch die Papiertüte hat er so cool zusammengeknüllt.«

Da konnte ich nicht anders, als mal kurz die Augen zu verdrehen. Also wirklich! Fehlt nicht viel, dann sammelt sie seinen Müll auf und klebt ihn in ihr Poesiealbum!!

Das ist doch nicht normal, oder? Das kann einfach nicht normal sein, wenn man sich verliebt! Jedenfalls dachte ich in dem Moment: So geht es nicht weiter.

Bisher hab ich nur versucht zu verhindern, dass Fee in direkten Kontakt mit Paul tritt, weil sie irgendwie nicht in der richtigen Verfassung dafür ist und ich nicht will, dass ihre eingeschränkte Hirnfunktion sie als liebesverrückte Verehrerin outen würde. Und wenn er sie dann abblitzen lassen würde, würde Fee im Liebeskummer versinken und sich der Lächerlichkeit preisgeben. Und dafür ist eine Klassenfahrt ja nun wirklich zu schade. Wenn er aber ihre Gefühle erwidern würde, würde er sowieso irgendwann auf sie zukommen – egal, wie bekloppt sie sich verhielt. So lautete die Theorie von Dr. Ella Schrader, Beziehungsexpertin. (Ha. Ha.)

In der Praxis ist Paul nur leider kein bisschen auf Fee zugekommen, dabei sind wir schon fünf Tage hier.* Paul kommentiert zwar ab und zu die Clips, die Fee ihm schickt, mit irgendwelchen Emojis, aber mehr nicht. Übrigens analysieren dann Fee, Jule und Shirin stundenlang seine Emojis, was er denn damit gemeint haben könnte und in welcher Phase der Beziehungsanbahnung Fee mit Paul jetzt steht. Nach dem Abendessen heute hat er dann einen Emoji von einem Küken im Sternchenregen geschickt. Fee ist aber felsenfest davon überzeugt, dass es Herzchen sind und dass das Zeichen wäre, dass er sie auch mögen würde.

Ich finde, Fee verstrickt sich langsam ein bisschen zu sehr in dieses Verknalltsein. Zeit für etwas Realität, hab ich gedacht. Als wir also eben in unserem Zimmer hockten, hab ich Fee den Rat gegeben, doch mal mit Paul zu sprechen. Bisschen Small Talk zwischen zwei Klassenkameraden, um zu sehen, wie er reagiert.

»Sprechen ist nichts Schlimmes«, habe ich ihr Mut gemacht. »Eine Unterhaltung ist was ganz Normales, selbst mit einem Jungen, mit dem man nicht zur Gruppenarbeit eingeteilt wurde.«

»Das sagst du so einfach!«, hat Fee richtig verzweifelt gerufen. »Dir macht es ja nichts aus, mit Jungs zu reden!«

»Wieso auch? Jungs sind auch nur Menschen.«

»Ha!«, hat Fee gesagt, als hätte ich behauptet, Krokodile wären hübsche Vögel. »Aber wie soll ich das machen?«

»Einfach den Mund auf- und zumachen, wenn du ihm gegenüberstehst. Wenn du nur dein Kinn runterklappst und ihn anstarrst wie eine leckere Schokotorte, kann es nämlich sein, dass er ganz schnell die Flucht ergreift.«

»Aber was soll ich denn zu ihm sagen? Wie soll ich ihn ansprechen?«

»Wie wäre es mit ›Hallo‹?«

»Oh, das ist gut«, hat Fee gemurmelt und mich dabei angesehen, als hätte ich ihr gerade eine wahnsinnige Erleuchtung beschert. »›Hallo‹ ist gut. Und dann?«

Ich hab gesagt, uns würde schon was einfallen, und sie entschlossen vom Bett hochgezogen, um mit ihr die Jungs zu besuchen.

Jule und Shirin haben die Luft angehalten, als sie das mitbekommen haben. »Viel Glück«, hat Jule noch aufgeregt gehaucht, als wir die Tür hinter uns zugezogen haben.

Und dann … hat das Unglück seinen Lauf genommen. (Meine Karriere als Beziehungsexpertin ist schon wieder offiziell beendet!)

* Die sich sogar noch länger anfühlen, weil wir so viel gesehen haben und jeden Tag ungefähr tausend Kilometer durch die Stadt latschen!

Dienstag, 12. Januar, 22.54 Uhr

Musste gerade eine Pause machen. Im Bett Tagebuch zu schreiben, erfordert nämlich einiges an Können. Wenn man auf dem Bauch liegt, muss man seinen Arm aufstützen und kann ihn nicht richtig bewegen, weswegen das irgendwann krampfig wird. Auf dem Rücken funktioniert der Kuli nach Kurzem nicht mehr, weil man ihn ja nach oben hält. Deswegen musste ich mich gerade rumwälzen … nun also weiter:

Fee und ich haben uns in der Jugendherberge auf die Suche nach den Jungs gemacht. Sie waren nicht im Aufenthaltsraum. Sie waren auch nicht auf ihrem Zimmer. Denn, war ja leider klar: Sie waren im BlingBling-Zimmer, dem Partyhotspot der Klassenfahrt, wo wir natürlich niemals hin eingeladen werden. Wir haben den Lärm schon durch die Tür gehört. Musik, Stimmen, Gelächter.

»Wir locken die Jungs nach draußen, wo wir in Ruhe mit ihnen reden können«, habe ich gesagt. Fee hat genickt und ich habe schon die Hand gehoben, um gegen die Tür zu klopfen, da hat Fee gejapst: »Warte! Wie locken wir sie raus?«

»Wir fragen, ob sie eine Runde Tischkicker spielen wollen«, ist mir spontan eingefallen und wollte gerade klopfen, da kiekste Fee: »Ich kann kein Tischkicker.«

Ich hab geflüstert, dass das doch egal wäre, aber Fee meinte, dass die Jungs dann denken, wir wären bescheuert, dass wir mit ihnen Tischkicker spielen wollen, wenn sie das gar nicht kann.

Dabei interessiert doch niemanden, ob Fee das kann oder nicht! Deswegen meinte ich zu ihr, dass wir sie einfach erst mal in den Aufenthaltsraum bekommen müssen. Aber Fee wollte noch weiter überlegen, da wurde plötzlich die Tür aufgerissen und Romy stand vor uns.