Ich glaub, es glitzert! Jedes Chaos fängt mal klein an - Emma Flint - E-Book

Ich glaub, es glitzert! Jedes Chaos fängt mal klein an E-Book

Emma Flint

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Beschreibung

Von der Spezialistin für Beste-Freundinnen-Geschichten: Emma Flints neuer hochkomischer Tagebuch-Roman! Ida kann es nicht fassen: Ihre schusselige Mutter hat vergessen, den Urlaub zu buchen. Bye-bye, Seychellen! Dabei hat Ida ihrer ganzen Klasse von dem tollen Inselurlaub vorgeschwärmt und coole Fotos versprochen. Eine epische Blamage droht! Doch Ida hat die rettende Idee: Wer muss schon auf die Seychellen fliegen, wenn er auch zu Hause Selfies vor exotischer Kulisse posten kann? Sie macht sich ihren Traumurlaub einfach selbst. Top secret, natürlich! Aber selbst in den Fake-Ferien lauern Angriffe von Kokosnüssen, Schnappschildkröten und neugierigen Mitschülerinnen. Und ganz schnell wird aus einem kleinen Chaos ein riesiges Schlamassel … Authentisch, frech und voller Situationskomik in Tagebuchform. Für alle ab 10 Jahren, die Glitzer, Chaos und Freundschaftsgeschichten lieben! Mit Glitzerlack auf dem Cover und Bildern von Eva Schöffmann-Davidov.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 281

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Emma Flint

Ich glaub, es glitzert!

Jedes Chaos fängt mal klein an

Emma Flint,

geboren 1975, arbeitete schon als Hausbotin, als

Bademeisterin, als Basketballtrainerin, als Regaleinräumerin

im Supermarkt und als Fernseh- und Radioreporterin, bevor

sie anfing, Bücher zu schreiben. Wobei ihr Letzteres eindeutig

am meisten Spaß macht. Neben Romanen für

Erwachsene schreibt sie auch für ein jüngeres

Publikum. Emma Flint lebt mit ihrer Familie in Köln.

Weitere Bücher von Emma Flint im Arena Verlag:

Jungs verstehen das nicht!

Mein Leben voller Feenstaub und Konfetti (schön wär’s!)

1. Auflage 2021

© 2021 Arena Verlag GmbH

Rottendorfer Str. 16, 97074 Würzburg

Alle Rechte vorbehalten

Cover und Innenillustrationen:

Eva Schöffmann-Davidov

Lektorat: Antonia Thiel

E-Book-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmundwww.readbox.net

E-Book ISBN 978-3-401-80934-2

Besuche den Arena Verlag im Netz:

www.arena-verlag.de

Erster Weihnachtstag, 25.12., 15.18 Uhr

Was für ein schönes Tagebuch ich zu Weihnachten bekommen habe! Es hat einen türkisfarbenen plüschigen Umschlag, auf dem ein Einhorngesicht drauf ist. Ab heute werde ich jeden Tag hineinschreiben, was ich

Donnerstag, 11. Juli, 16.06 Uhr

Ich glaub, es glitzert! So eine Überraschung! Eben habe ich mein Tagebuch unterm Bett wiedergefunden, das ich schon MONATELANG gesucht habe. Was zwei Sachen beweist:

1. Aufräumen gehört auch zu den großen Überraschungen in meinem Leben.

2. Erdnuss ist wirklich ein unglaublich frecher Kater. Nicht nur, dass er damals Affe Bubu zerfetzt und ihm seinen Plüscharm abgekaut hat. Jetzt verschleppt er auch noch Einhorn-Tagebücher! Wirklich. Ich frage mich, warum es Hundeschulen gibt, aber keine Katzenschulen. Erdnuss braucht unbedingt bessere Manieren!

Aber zurück zu den wesentlichen Dingen. Dass ich mein Tagebuch AUSGERECHNET heute wiedergefunden habe, ist ein Zeichen. Ein Wink des Schicksals! (Mama meint zwar, dass es ein deutliches Zeichen dafür wäre, dass ich ab jetzt regelmäßig aufräumen soll, aber das meine ich natürlich nicht.) Denn es ist so etwas SENSATIONELLES passiert, das ich unbedingt aufschreiben muss: Ich bin heute offiziell das GLÜCKLICHSTE Mädchen weltweit! Und zwar weil:

1. Morgen fangen die Sommerferien an und in drei Tagen fliege ich mit Mama in den Urlaub. Genauer gesagt auf Silhouette Island. Das ist eine Insel im Indischen Ozean, die zu den Seychellen gehört. Dort ist das Meer hellblau und die Strände sind weiß und überall gibt es Palmen.

2. Zweitens habe ich es geschafft, meine Freundinnen Nora, Finnja und Melody dieses Jahr mit meinen Reiseplänen zu beeindrucken. Endlich mal!

Was nicht so einfach ist, weil die immer an richtig tolle Urlaubsorte verreisen. Melody jettet diesen Sommer wieder in die Villa auf Mallorca mit einem Pool, so groß wie der private Tennisplatz daneben. Finnja fährt nach Paris und Nora sogar nach New York! Sie waren natürlich ziemlich von den Socken, als ich ihnen gesagt habe, dass ich auf die Seychellen fliege. Melody hat Kulleraugen gemacht, Finnja den Mund aufgerissen und Nora überrascht gefragt: »Muss deine Mutter nicht in ihre Schreibhütte?«

Da habe ich kurz rumgedruckst, weil ich fast vergessen hatte, dass ich bei unseren letzten Sommerferien ein bisschen geflunkert habe. Da war ich mit Mama nämlich bei Oma im Sauerland, aber weil sich das so popelig anhört, habe ich meinen Freundinnen gesagt, wir würden dort hinfahren, weil Mama ihr neues Buch schreiben müsste. Und das ginge halt am besten in dieser Hütte im Wald. Melody, Nora und Finnja fanden das einleuchtend, auch wenn ich ihnen ein bisschen leidtat, glaube ich. Als ich erzählt habe, dass wir in diesem Sommer auf die Seychellen fliegen, meinten sie deswegen gleich, wie toll es ist, dass ich endlich auch mal richtig in den Urlaub fahren kann.

Da habe ich ein schlechtes Gewissen bekommen, weil ich es bei Oma eigentlich richtig super finde. Aber dann dachte ich an Palmen und weißen Sand und bunte Fische im Meer und da ging es mir wieder gut.

So und jetzt kommt der dritte und wichtigste Grund, der mich so richtig glücklich macht. Definitiv das Highlight des sechsten Schuljahres, das fast zu Ende ist:

3. C hat mich heute ANGESPROCHEN. Ganz von selbst! Das hat er noch nie gemacht, das ganze Schuljahr nicht!

Obwohl ich seit der Klassenfahrt darauf gewartet habe. Heute ist es passiert! Er hat mich angeguckt und er hat gesagt: »Hey, Ida. Krass, dass du auf die Seychellen fliegst.«

Ich muss das noch mal wiederholen, weil ich es selbst kaum glauben kann. C hat gesagt: »Hey, Ida. Krass, dass du auf die Seychellen fliegst.«

Stimmt nicht, er hat es so gesagt:

»Hey, Ida. Krass, dass du auf die Seychellen fliegst.«

Es klang nämlich so, als ob Musik dazu gespielt würde. Wie in den schmalzigen Fernsehserien am Nachmittag, die Mama manchmal zum Entspannen guckt. Und dabei hat C mich so angesehen, dass ich auf einmal das Gefühl bekam, ich hätte Knete in den Knien. (Also frische Knete direkt aus der Packung und nicht die, die seit Jahren zusammengeklumpt in meinem Schreibtisch rumgammelt und vermutlich zu so einer Art Versteinerung geworden ist. Interessante Vorstellung: Vielleicht sind die Knetfiguren von heute die Fossilien von übermorgen, auf die sich die Forscher staunend stürzen? »Seht, Professor Macintosh, ich habe wieder eine versteinerte Wurst gefunden.« Und dann würde Professor Macintosh sagen: »Nein, werte Kollegin, es handelt sich nicht um eine Wurst. Das ist eine Boa-constrictor-Fossilie, das sieht man doch auf den ersten Blick!« Und endlich wären meine Knetschlangen zu dem Ruhm gekommen, den sie verdient hätten!)

Ich schweife ab. Ist eine Taktik von mir, um nicht komplett zu verblöden. Denn immer, wenn ich an C denke, gibt es in meinem Kopf so eine Art Hirnschmelze, die alle anderen Gedanken einschmilzt. Da ist nix mehr mit Geometrie und Present Progressive. Da weiß ich kaum noch, wie ich heiße! Ich kann dann nur noch an C denken und an seine kakaobraunen Augen und seine cornflakesblonden Haare und daran, wie megafeste er den Ball werfen kann und wie schön es aussieht, wenn er die Kreide an der Tafel schwingt. Ich habe auch schon probiert, die 2 so zu schreiben wie er. Mit einem Kringel oben und einem lang gezogenen Strich unten.

Die schönste 2 der Welt!

Ich habe mich schon mehrmals dabei ertappt, wie ich verkrumpelte Zweien in mein Heft male. Siehst du, liebes Tagebuch: Das ist doch nicht mehr normal! Ein Hirn, so weich wie Zwieback in Orangensaft. Deswegen nenne ich ihn auch nur C. Wenn ich seinen vollen Namen auch nur denken würde, wäre mein Hirn vermutlich für drei Tage

Jedenfalls hat C heute mit mir gesprochen und ich fühle mich immer noch, als hätte ich Glitzerbrause getrunken, die in meinem Bauch funkelt und kribbelt!

Auch Nora, Finnja und Melody fanden das supercool und wir haben den ganzen Tag darüber getuschelt, was das wohl zu bedeuten hätte. Nora meinte, vielleicht sei er in mich verliebt. Und wenn ich nur daran denke, dass das eventuell so sein könnte, FLIPPE ICH AUS!!!

Es ist sooo toll! Morgen fangen die Ferien an. Und das einzig Dumme ist, dass ich C eine Ewigkeit nicht sehe. Was schade ist. Aber ein Cocktail mit Kakadu-Strohhalm am Pool unter Palmen und ausgedehntes Schnorcheln zwischen den Korallen wird mir darüber sicher hinweghelfen. Außerdem kann ich morgen vielleicht noch mal mit ihm sprech…

Oh, Mama ruft.

Donnerstag, 11. Juli, 17.31 Uhr

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich bin SO SAUER! Und wütend. Und traurig! Meine Hand zittert richtig beim Schreiben. Von wegen: glücklichstes Mädchen der Welt!!!! Größter Pechvogel trifft es viel besser. Denn Mama hat mir eben gebeichtet, dass …

Donnerstag, 11. Juli, 17.36 Uhr

Was soll ich denn jetzt bloß machen?

Nein, das muss viel verzweifelter aussehen:

WAS SOLL ICH DENN JETZT BLOSS MACHEN?

Donnerstag, 11. Juli, 17.43 Uhr

Krasser Heulanfall.

Donnerstag, 11. Juli, 17.48 Uhr

Oma sagt immer: »Heul ruhig, dann musst du nicht so viel Pipi machen.« Hm. Stimmt das eigentlich? Echt eine gute Frage, eigentlich … Ich meine, Oma sagt das immer mit so einem Schmunzeln und nimmt mich in den Arm, aber könnte da was dran sein?

Ich schluchze hier rum und schnappe nach Luft, als ob ich gerade von einem Tauchgang zu einem Gruselwrack hochkomme. Hoffentlich hört die Heulerei bald mal auf. Wütend bin ich trotzdem noch!

Donnerstag, 11. Juli, 20.31 Uhr

Musste kurz Pause machen. War mit Mama einkaufen. Ist immer besser, wenn ich mitkomme, weil sonst vergisst sie die Hälfte und wir haben nachher weder Milch noch Brot noch Cheese-Sticks im Haus. Und Cheese-Sticks sind unverzichtbar, finde ich. Genau wie Mini-Salami. Und Marshmallows! Die spieße ich gerne auf so Holzspieße zu einem Marshmallow-Schaschlik. Kann man dann ganz lässig knabbern. Ich finde es total praktisch, wenn man keinen Teller braucht zum Essen. Mama auch. Muss man weniger aufräumen.

Manchmal kriegt Mama natürlich so Anfälle, dass ich lieber Obst auf Spieße stecken soll und Apfel-Bananen-Schaschlik essen anstatt nur Süßkram. Aber heute hat sie kein bisschen protestiert, als ich den Einkaufswagen vollgestopft habe mit leckeren Sachen, die Mama sonst nur total selten kauft: Knick-Joghurts, Sahnepuddings, Schokokekse und so weiter. Erst als ich die große Trommel Chips (Partyedition XXL) in den Wagen wuchten wollte, hat sie geseufzt: »Jetzt ist es langsam gut, Ida.«

Ich habe sie angestarrt und die Trommel trotzdem reingelegt und sie hat wieder geseufzt. Daran konnte ich natürlich erkennen, dass sie ein kolossal schlechtes Gewissen hat.

Und das ist auch RICHTIG SO!

Wenn du, mein liebes Einhorn-Tagebuch, jetzt denkst, ich würde völlig grundlos abschweifen, dann liegst du falsch. Denn ich muss ein bisschen was zu Mama erklären, bevor ich aufschreiben kann, was sie mir eben gebeichtet hat und warum ich der größte Pechvogel der Welt bin!

Ich habe eine ganz tolle Mama. Sie ist nett und hübsch und lustig und sie schreibt Fantasybücher für Jugendliche und ist immer zu Hause. Und sie hat mir beigebracht, wenn man Kritik äußern möchte, immer erst etwas Positives zu sagen, dann tut es dem anderen nicht so weh, wenn er danach etwas Negatives zu hören bekommt.

So, nachdem ich also ihre guten Seiten geschildert habe, hier eine ihrer wirklich kolossal schlechten:

Mama ist total verpeilt.

Megaschusselig!

Komplett zerstreut!

Überhaupt gar kein bisschen bei der Sache!

Ich weiß natürlich, dass es daran liegt, dass sie ständig über ihre Geschichte nachdenkt, die sie gerade schreibt. Und in der geht es um das Königreich Revenna, in dem die Gedankenleserin Zoreen ermordet werden soll, weil sie über die Umsturzpläne der fiesen Tochter des Königs Bescheid weiß. Und wenn Mama beim Frühstückmachen einfällt, dass Zoreen eine kleine Schwester haben könnte, die bei den Rebellen der Königstochter eine wichtige Rolle spielt, dann vergisst sie eben zum Beispiel, Wasser einzufüllen, bevor sie die Kaffeemaschine anschmeißt. Auch die Mülltonnen rauszustellen, hat sie nicht immer auf dem Schirm, genauso wenig wie Erdnuss zu füttern. Aber das sind alles Sachen, die ich ihr verzeihe, weil sie dafür die besten Pfannkuchen der Welt backt und aus einem Wok und einem Backofengitter einen Grill basteln kann und mit mir Pferdeserien guckt, und ich darf Nutella aus dem Glas essen, manchmal wenigstens.

Aber diese eine Sache, die sie sich jetzt geleistet hat – nee, also echt. Die geht zu weit! Ich bin wirklich MEGA-SAUER!! Achtung, hier kommt’s!

Mama hat zwar den Urlaub auf den Seychellen gebucht. Nur leider hat sie vergessen, eine Bestätigung zu schicken und den Urlaub zu bezahlen, und damit war die Buchung FUTSCH! Und das hat sie HEUTE ERST GEMERKT. Einen Tag vor den Ferien!

Ich hab im ersten Moment gar nichts kapiert. »Wie jetzt? Heißt das, wir können nicht auf die Seychellen fahren?«, hab ich gefragt.

»Nein. Leider nicht. Ich habe die Buchung nicht bestätigt.« Sie hat sich ganz zerknirscht auf die Lippe gebissen und ich bin ganz ruhig geblieben, obwohl in mir schon ein Erdbeben im Gange gewesen ist, und ich habe gesagt: »Egal. Dann buchen wir jetzt eben noch mal. Last minute, halt.«

Aber an ihrem Gesichtsausdruck habe ich gleich erkannt, dass da noch was war, was sie mir sagen musste. Und schon platzte die Bombe. »Das geht leider nicht, Spätzelein«, sagte sie. »Du weißt doch, dass unser Auto kaputt war.«

Ich habe ganz langsam genickt und ich kam mir vor wie in Zeitlupe. Ich wollte vermutlich herauszögern, was ich gleich zu hören bekommen würde, denn ich habe schon geahnt, dass es was Schlimmes sein musste. Es war was Schlimmes! Was richtig total mega Katastrophales.

»Ich habe das Geld für die Autoreparatur ausgegeben«, hat Mama zugegeben, »weil ich dachte, ich hätte den Urlaub schon bezahlt.«

Ich habe sie nur angestarrt und gemerkt, wie sich meine Augen mit Tränen gefüllt haben wie eine Regenrinne. Erst konnte ich nichts mehr sehen, dann lief die Regenrinne über und die Tränen kullerten über die Wange.

Mama hat ganz zerknittert geguckt. »Es tut mir schrecklich leid, Spätzelein!«, meinte sie.

Da hab ich sie angeschrien, so von wegen »Na und? Davon komme ich auch nicht in den Urlaub!« und bin auf mein Zimmer gerannt.

Donnerstag, 11. Juli, 21.03 Uhr

Mama war gerade noch mal da. Klar, sie ist zerknirscht. Sie wollte mit mir zusammen überlegen, was wir jetzt machen können. Zu Oma können wir dieses Jahr nicht, die ist in Kur. »Aber du kannst ja mit Papa fahren«, sagte Mama. »Er hat es angeboten.«

»Mit Papa und Würg, meinst du wohl«, habe ich als Antwort geschnieft.

Meine Eltern sind seit zwei Jahren geschieden. Würg ist die neue Freundin von Papa. Papa und Würg fahren mit dem Windelzwerg nach Holland. Der Windelzwerg heißt Leo. Er ist mein Halbbruder und wirklich ganz süß, aber er ist erst ein Jahr alt und eben zu kaum was zu gebrauchen. Und ich habe echt keine Lust, mit ihm Sand in Förmchen zu klatschen und mich ansonsten von Würg anschleimen zu lassen, während Papa so tut, als wäre alles total normal.

Nein, danke!

»Du weißt, wie sie heißt«, hat Mama gesagt und dabei so ganz sanft geklungen. Aber das war mir noch mehr egal als sonst und ich wurde wieder so wütend auf Mama, dass ich sie aus meinem Zimmer geschickt habe. Jetzt liege auf dem Bett und bin irgendwie gelähmt vor Schock. Vermutlich geht es mir besser, wenn ich eine meiner Freundinnen anrufe. Genau. Ich muss unbedingt jemandem davon erzählen. Ich rufe Nora an!

Donnerstag, 11. Juli, 21.34 Uhr

Im letzten Moment habe ich es mir anders überlegt. Mein Finger schwebte schon über der Taste mit dem Telefonhörer, aber dann habe ich Noras Profilbild gesehen, wo sie in einem Traumkleid auf einer Dachterrasse mit Ausblick auf den Hafen von Vancouver sitzt, und ich ließ das Handy sinken. Seit Wochen schicken wir uns gegenseitig Urlaubsfotos, um unsere Vorfreude anzustacheln. Nora, Melody und Finnja haben mir Bilder aus ihren vergangenen Wahnsinnsurlauben gezeigt (Südtirol, Kanada, Mallorca) und ich habe Seychellen-Bilder aus dem Internet genommen. Und einmal eins von Gecko, dem Esel, der auf dem Bauernhof neben Oma wohnt. Und obwohl Gecko wirklich superlustig aussieht mit seinem Fransenfell, fanden meine Freundinnen ihn extremely boring. Aber für meine Seychellen-Bilder haben sie mir coole Emojis geschickt. Ich habe mir sogar ein Profilbild gebastelt, in dem ich in einer Hängematte unter Palmen liege. (Ha! Photoshop! Die Hängematte hängt nämlich bei uns im Garten zwischen einem Pflaumen- und einem Apfelbaum.)

Auf jeden Fall habe ich jetzt plötzlich einen richtig dicken Kloß im Hals, weil ich nicht weiß, wie ich ihnen das erzählen soll, nachdem ich monatelang von meinem Urlaub geschwärmt habe. Auf den ich mich so MEGA gefreut hatte!

Mama hat nämlich im Winter einen tollen Buchvertrag bekommen und gesagt, jetzt lassen wir es krachen. Und ich habe sie überredet, dass wir in den Sommerferien einen total chilligen Urlaub machen. Wir hatten uns durch ganz viele Reiseangebote geklickt und dabei Fotos von den Seychellen gefunden. Und weil wir ein Frühbucherangebot entdeckt haben, war es auch gar nicht so wahnsinnig teuer, meinte Mama. Also haben wir gebucht!

Monatelang war ich im totalen Happy-Modus und habe kaum von was anderem geredet als von den Ferien! Zum Geburtstag habe ich mir von Mama ein Schnorchelset gewünscht, mit Flossen und Taucherbrille. Um mir die bunten Fische in den Korallen anzuschauen und vielleicht auch eine Riesenschildkröte zu entdecken, die rund um Silhouette Island rumpaddeln. Von Papa habe ich sogar eine – tadadadaaa – Unterwasserhülle für mein Handy bekommen! Damit ich die Fische filmen kann.

Und jetzt?

Ich meine, wie peinlich ist das denn, wenn man überall rumposaunt, was man Tolles machen wird, und dann muss man auf einmal zugeben: tja, leider doch nicht.

Das ist ungefähr so peinlich wie Erdal, der überall rumerzählt hat, dass er schon hundertmal vom 10-Meter-Brett gesprungen ist. Und als wir Schwimmunterricht hatten, stand er mit zitternden Knien auf dem Einer und ist erst ins Wasser geplumpst, nachdem der blöde Janssen ihn angeschrien hat, dass er sich nicht so anstellen soll. Oder so peinlich wie die Ober-Loserin Edith aus meiner Klasse, die mal mit einer Goldmedaille um den Hals in die Schule gekommen ist, weil sie angeblich so eine Art Champion ist. Eher eine preisgekrönte Kuh, hat Nora gesagt und wir haben uns nicht mehr eingekriegt vor Lachen!

Mir ist jetzt schon schlecht wegen morgen, wenn ich allen BEICHTEN muss, dass ich doch zu Hause bleibe.

Ich habe eben noch mal durch die Bilder gescrollt, die wir uns geschickt haben, und bin immer trauriger geworden. Aber dann bin ich auf das Statusbild von Nora gestoßen: Eine Prinzessin ohne Krone nennt man beste Freundin.

Und das von Melody. Bei ihr steht: Wir sind nicht verrückt. Wir sind beste Freundinnen!

Auch Finnja hat einen Freundinnenspruch: Home is where your best friends are.

Und da musste ich voll lachen. Ich meine: Was mache ich mir da für Gedanken? Es sind meine Freundinnen! Und vor besten Freundinnen ist gar nichts peinlich. Im Gegenteil: Sie werden mich bedauern und mich trösten und mich aufmuntern. Und wenn sie aus ihren Urlauben zurück sind, machen wir uns zusammen super Ferien! Genau. So wird es sein. Und deswegen werde ich einfach sagen, was Sache ist.

Freitag, 12. Juli, 12.18 Uhr

Arrgh! Ich sag nur: Hirnschmelze Stufe 900!

In meinem Kopf dreht es sich und auch mein Magen schlackert richtig, weil mir so elend ist. Denn leider ist es heute etwas anders gelaufen als geplant und jetzt denken immer noch alle, ich würde auf die Seychellen fliegen. SCHLUCK!

Dabei ist es so cool losgegangen! Alle waren heute Morgen ziemlich aufgeregt. Wegen der Zeugnisse und überhaupt – sechs Wochen Ferien! Wir hatten verabredet, dass wir uns besonders schick machen. Melody, die einen totalen Modefimmel hat, hatte dazu noch verkündet, dass wir heute auf die Kleiderordnung der Schule pfeifen. Sie wollte nämlich unbedingt ihren ultrakurzen Rock anziehen (sonst verboten), dazu Overknee-Strümpfe und eine weiße Bluse. Nora trug knallenge Jeans mit großen Löchern und ein schulterfreies rotes Shirt. Finnja hatte eine pinke Lederjacke an, einen schwarzen Fransenrock und schwarze Stiefel. Die drei sahen wieder aus wie aus einer Fernsehserie: ultracool.

Ich hatte mich natürlich auch schick gemacht und mein neues Lieblings-Regenbogenfarben-Top mit den Fransen an den Ärmeln angezogen, weil das so nach Sommer aussieht, und die knielange Jeans mit den funkelnden Sternen aus Strass am linken Bein. Ich hatte die grün-blaue Libellenklammer in meine halblangen braunen Haare gesteckt. Die passt gut zu meinen blauen Augen, finde ich. Was C hoffentlich auch auffallen würde!

Schon beim Reingehen in die Schule hab ich gehofft, dass er uns über den Weg laufen würde. Wir sind also nebeneinanderher auf den Eingang zu und ich hab mich mal wieder voll gefreut, dass ich Teil dieser Clique war. Anfang des Schuljahres hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass ich mal mit Nora, Finnja und Melody befreundet sein würde! Vorher hatte ich die drei nämlich immer nur bewundernd (ja, und ein bisschen neidisch, ich gebe es zu) angestarrt, aber heute haben alle anderen uns angeschaut. (Zumindest die Fünft- und Sechstklässler. Die älteren Schüler, klar, die beachten uns sowieso nicht.) Wir vier fallen einfach auf! Und ich hab mich heute besonders hübsch gefühlt.

Na ja. Bis Nora zu mir gesagt hat, das Top würde nicht zu meinen Haaren passen. Da war ich ein bisschen enttäuscht.

Melody hat kurz von ihrem Handy hochgeguckt und gemeint, dass die Regenbogenfarben besser zu blonden Haaren aussehen würden. Deswegen hätte sich Nora das gleiche Top auch gekauft, weil sie blond ist. Und dann hat Nora noch gesagt, dass es deswegen gut wäre, wenn ich das Top nicht mehr anziehen würde. Weil es sonst komisch aussähe, wenn wir die gleichen Sachen anhaben.

Das fand ich irgendwie doof, dass sie bestimmen wollte, was ich anziehen soll und was nicht. Nora hat hinzugefügt, dass ich es ja auf den Seychellen tragen kann. Und da dachte ich, das ist die Gelegenheit, ihnen von Mamas Schlamassel zu erzählen. »Ah ja, wo du das Thema erwähnst … «, habe ich angesetzt. Ich war auf einmal richtig nervös!

Aber Nora war noch nicht fertig und unterbrach mich wieder: »Aber nicht für Selfies, die du postest. Weil das sieht sonst so aus, als ob du mich nachmachen wolltest. Und das wäre ja ziemlich uncool für dich.«

Ich habe meinen Mund aufgeklappt und wollte sagen, dass sie sich keine Sorgen machen sollte, da bog Brian ganz knapp vor uns um die Ecke und wäre beinahe in Finnja reingerannt. Sie hat die Augen verdreht, weil das mal wieder typisch Brian war. »Hey, Blitzbirne, pass auf, wo du hinläufst!«, hat sie ihm hinterhergerufen. Darauf hat er aber auch nicht reagiert. Nora meinte, dass Brian nicht mal mitbekommen würde, wenn neben ihm eine Popcornmaschine explodieren würde. Das stimmt total! Brian ist immer so was von lost! Er sitzt meist mürrisch in der letzten Reihe und redet so wenig, dass selbst die Lehrer manchmal vergessen, dass er da ist. Und er ist schon öfter einfach mitten im Unterricht aufgestanden und aus der Klasse raus. Er ist nicht wiedergekommen und keiner der Lehrer hat irgendwas gesagt! Strange, oder? Als ob er unsichtbar wäre. Aber mit so einem Lonely Pringle halten wir uns nicht lange auf. Besonders am letzten Schultag vor den Ferien nicht. Denn heute es gab Wichtigeres zu tun. C!

Melody hat ihn zuerst entdeckt, ihr Handy in die Tasche gesteckt und ihre Haare geschüttelt. In meinem Bauch ist sofort die Glitzerbrause hochgeblubbert, als ich C mit seinen Kumpels vor unserem Klassenraum stehen gesehen habe! Und er hat uns auch gesehen. Er hat beobachtet, wie wir durch die Glastür kamen und den Flur betreten haben, und hat dabei total verschmitzt gegrinst. Sein Kumpel Kevin hat was zu ihm gesagt und C hat mich dabei angeschaut.

Glitzerbrausesprudelalarm!

Ich habe die Schultern gestrafft und mir fest vorgenommen: Wenn er mich wieder ansprechen würde, würde ich diesmal ganz cool stehen bleiben und ein Gespräch mit ihm anfangen. Weil das ja schließlich die letzte Gelegenheit für sechs Wochen war, ihn zu sprechen. Aber dann kam doch alles ganz anders!! Melody ging plötzlich einen Schritt schneller, sodass ich C nicht mehr sehen konnte. Sie verlangsamte ihren Schritt, weswegen ich auch langsamer gehen musste, um ihr nicht in die Hacken zu treten, und Nora und Finnja blieben neben mir. Und ausgerechnet, als wir fast auf Cs Höhe waren, wollte Finnja wissen, wann Mama und ich in den Urlaub fliegen.

Aber ehe ich ihr antworten konnte, geschah es! C machte einen Schritt auf mich zu und sprach mich SCHON WIE-DER an. Er sagte: »Hey Ida, schick mir mal einen Clip von den Seychellen!«

Die Glitzerbrause hat so richtig heftig in meinem Magen gekribbelt und ist dann hoch in meinen Kopf geblubbert. Ich wollte cool bleiben, wirklich! Ich wollte einen Witz machen, dass ich einen Geheimauftrag der Regierung bekommen hätte und zu Hause bleiben müsste. Ich wollte ihm sagen, dass ich ihm höchstens einen Clip aus meiner Hängematte schicken könnte, weil sich wegen des Geheimjobs leider unsere Seychellen-Pläne in Luft aufgelöst hätten. Und das hätte ich auch bestimmt gesagt, wenn mein Gehirn funktioniert hätte!

Aber leider schmolz es schon wieder dahin wie ein Schokonikolaus auf der heißen Herdplatte und ich habe mich stattdessen sagen hören: »Geht klar.«

Und bevor ich noch irgendwas hinzufügen konnte, hat mich Nora weitergeschoben. Was auch gut war, sonst hätte ich vermutlich noch mehr Unsinn geredet!

Tja. Und dann war die Sache gelaufen. In der ersten Stunde hat Frau Schröther nach unseren Urlaubszielen gefragt und nur zwei von uns fahren gar nicht weg: Mr Unsichtbar, der mürrische Brian, und Edith, natürlich. Die bleibt auch zu Hause. Wahrscheinlich, um ihre Goldmedaille zu polieren oder so. Und als Nora für uns vier Freundinnen die Reisziele runtergerasselt hat, konnte ich erst recht nicht mehr zurück. Jedenfalls nicht, ohne mich UNSTERBLICH vor ALLEN zu blamieren!

Und wenn man die Wahl hat zwischen EPISCHER BLA-MAGE und EINFACH DIE KLAPPE HALTEN, dann ist ja wohl klar, was man macht.

Ich habe kein Sterbenswörtchen gesagt, damit ich wenigstens heute noch die coole Ida war, die C einen Clip von den Sychellen schicken soll. Und nicht die Angeber-Ida, die erst was von Traumurlaub schwafelt und dann doch zu Hause bleiben muss. Ich hab also einfach nur mein Zeugnis in meine Mappe gesteckt und mit meinen Freundinnen verabredet, dass wir uns jeden Tag texten. Jetzt bin ich zu Hause und hab alles aufgeschrieben, aber es geht mir leider immer noch kein bisschen besser.

Ich meine, normalerweise ist der Start der Sommerferi- en ein Tag, um in die Luft zu springen und einen dreifachen Salto zu schlagen. (Was ich leider nicht kann. Ich kann noch nicht mal einen Spreizsprung. Finde ich aber nicht schlimm, weil ja wohl alleine der Name schon saudoof ist. Spreizsprung! Wer denkt sich so was aus????) Aber heute will ich nicht mal das kleinste bisschen hüpfen. Sechs Wochen ohne Schule liegen vor mir und ich bin maximal deprimiert. Wochenlang ohne Freundinnen. Und ohne C. Und wenn mir nicht eine BOMBENAUS-REDE einfällt, warum ich doch nicht in den Urlaub fahren konnte, werde ich als totale Ferienflunkerin ins siebte Schuljahr starten und alle starren mich an und tuscheln über mich und nennen mich nur noch Miss Möchtegern von und zu Großschnauze.

Freitag, 12. Juli, 14.18 Uhr

Ich könnte sagen, dass ich mir das Bein gebrochen habe und deswegen nicht in den Urlaub fahren konnte. Oder Mama könnte sich das Bein gebrochen haben.

Oder Erdnuss.

Aber warum sollte sich einer ein Bein brechen? Es gibt noch haufenweise andere gute Ausreden. Vielleicht sage ich einfach, wilde Affen hätten die Inseln erobert und jeden mit Blasrohren attackiert, der sich auch nur nähert.

Okay. Ein bisschen sehr weit hergeholt. Es muss schon vernünftiger sein. Die Seychellen könnten untergegangen sein, Klimawandel, steigende Meeresspiegel, hört man ja dauernd von. Oder noch besser: Greta Thunberg und ich sind beste Freundinnen geworden und deswegen bin ich nicht geflogen! Keine Klimaverseuchung durch Flugzeugabgase. Ferien for Future! Hm. Aber dann wären meine Freundinnen vielleicht beleidigt, weil die ja dauernd rumfliegen, als wäre es nichts.

Ach, es ist alles so miese-Brise-traurig!

Freitag, 12. Juli, 16.40 Uhr

Ich liege in der Hängematte im Garten, der beste Nachdenkplatz der Welt! Um mich herum summen die Bienen. Die Sonnenblumen am Feld, das hinter unserem Gartenzaun anfängt, verneigen sich in meine Richtung, was ich einigermaßen angemessen finde. Jedenfalls normalerweise. Jetzt denke ich, sie lassen ihre Köpfe hängen, weil sie schlechte Laune haben. Genau wie ich!

Es ist das schönste Wetter und ich bin trotzdem total depri. Mama sagt ja immer, man muss sich nur zu helfen wissen. Aber das funktioniert vielleicht bei Bastelarbeiten und beim Kochen, wenn Mama bei irgendeinem Rezept die Hälfte der Zutaten ersetzen muss, weil sie nun mal weder Erbsen noch Paniermehl oder sonst was im Haus hat. Aber in diesem Fall gibt es gar nichts, womit ich mir helfen kann. Ich kann das Meer und das Korallenriff ja leider nicht hierherzaubern.

Natürlich ist es super zu Hause. Wir haben ein kleines Haus mit einem großen Garten. Darin steht ein riesiges Trampolin, das aber unheimlich doll quietscht, weil Mama immer noch kein Öl dafür gekauft hat. In der Birke baumelt ein Kletterseil, an dem ich vor drei Jahren das letzte Mal geklettert bin. An der Hecke zu Unkels von nebenan kann man manchmal Babyfrösche rumhüpfen sehen. Und im Schuppen steht eine Tischtennisplatte. Ich spiele eigentlich gerne Tischtennis. Das Doofe ist nur, dass rund um die Platte jede Menge Gerümpel steht. Und wenn man den Ball zu weit schlägt, verschwindet er zwischen alten Gartengeräten, kaputten Stühlen, Kanistern, Säcken mit altem Spielzeug und dem rostigen gusseisernen Ofen von der Frau, die früher in unserem Haus gewohnt hat. Tja, und dann sucht man stundenlang nach dem Ball und wenn man ihn endlich gefunden hat und weiterspielen kann, ist Mama in der Zwischenzeit was eingefallen, was sie ganz dringend aufschreiben muss.

Wenn ich mir also vorstelle, womit ich die 45 freien Tage alleine zu Hause rumkriegen soll, fühle ich mich jetzt schon gelähmt. Bis Ende der Ferien bin ich wahrscheinlich schon vor Langeweile gestorben. Immerhin muss ich mir dann doch keine Ausrede ausdenken, warum ich nicht in den Urlaub fahren konnte.

Eben hat mein Handy leise geklingelt, aber weil ich wusste, dass das der Girlchat-Klingelton ist, hatte ich gar keine Lust, mir die Nachrichten anzuschauen. Das deprimiert mich nur noch mehr. Ich lasse es also einfach neben mir klingeln.

Ach, C! Was hätte ich ihm für ein tolles Video drehen können. Mit lustigen Bildern von exotischen Tieren und schicken Bildern vom Hotel und spannenden Unterwasseraufnahmen, auf denen ich zwischen den Fischen wie eine Nixe durchs Wasser gleite. (Meine Oma hat mir einen Nixenschwanz geschenkt, so cool!) Ich würde alles, was ich in der Video-AG gelernt hab, umsetzen und C wäre total hin und weg und würde mir andauernd schreiben und Fotos von sich schicken, beim Wellenreiten oder Wasserskifahren oder was auch immer er SENSATIONELLES im Urlaub macht. Und wenn wir uns nach den Ferien wiedersehen, wäre da IMMER NOCH diese Verbindung zwischen uns. Und er würde zu mir kommen und mich mit seinen kakaobraunen Augen ansehen und meine Knie würden so weich werden, dass ich fast umkippe, was aber nicht passiert, weil er vorher den Arm um mich legt und mich zum Eis einlädt.

Und Nora, Melody und Finnja würden vor Staunen kein Wort rauskriegen und mich noch besser finden, weil C tatsächlich in mich verliebt ist. Schon wieder klingelt mein Handy. Seufzend nehme ich es und schaue mir die Bilder an.

Melody schickt ein Selfie von dem prall gefüllten Schminktäschchen, das sie mitnehmen wird. Finnja eines, wo sie mit einem Fächer unter einem Sonnenschirm liegt. Und Nora eines in ihrem neuen Kleid, das ihre Eltern ihr für den Urlaub in New York geschenkt haben. Vielleicht könnte ich ein Bild von meinen nackten Füßen in der Hängematte schicken und … oh, ich hab

Freitag, 12. Juli, 18.19 Uhr

Bin im Überschwang aus der Hängematte gefallen! Zum Glück hat Mama seit einer ganzen Weile den Rasen nicht gemäht und das Gras ist so hoch, dass ich mir nicht wehgetan habe.

ICH HABE DIE IDEE!!!

Ich werde nämlich doch supertolle Ferien haben.

Und zwar auf den Seychellen. Auch ohne Mama. Und vor allem ohne zu verreisen.

Denn – hier kommt der geniale, extrem kreative und unfassbar tolle Plan: Ich mache mir meinen Luxusurlaub AUF DEN SEYCHELLEN selbst!

Ich werde die chilligsten, exklusivsten und krassesten Ferien haben, die man sich vorstellen kann. DENN – HIER KOMMT ES: Ich brauche ja nur die passenden Bilder zu verschicken und niemand wird jemals erfahren, dass ich gar nicht auf den Seychellen gewesen bin. Ich werde allen wunderschöne Urlaubsbilder präsentieren! Nur halt keine echten.

Ha! Wenn das klappt … dann bin ich so was von genial!!!!!

Samstag, 13. Juli, 9.08 Uhr

Vor lauter Aufregung konnte ich kaum schlafen. Also gut. Nicht nur vor lauter Aufregung. Auch, weil ich die halbe Nacht auf Insta gesurft bin und mir Seiten von Reise-Influencern angeschaut habe. Die Sache erscheint mir ziemlich einfach: Ich brauche bloß vor exotischer Kulisse total entspannt und schön in die Kamera zu lächeln!

Seit gestern rotiert es in meinem Kopf und ich bin megazappelig! Mama war richtig erstaunt, wie gut gelaunt ich war, obwohl das mit dem Urlaub nicht geklappt hat. Wir waren gestern Abend wegen Ferienbeginn (und als kleine Wiedergutmachung) beim Griechen und haben einen Gyrosteller gegessen mit dem größten Berg Pommes, den ein zwölfjähriges Mädchen jemals verdrückt hat.

Beim Griechen habe ich mir schon ausgemalt, wo ich bei uns überall Karibik-Selfies machen kann. (Und ja, ich weiß, dass die Seychellen nicht in der Karibik liegen, aber weißer Strand ist weißer Strand und Palmen sind Palmen. Abgesehen davon ist das hier mein supergeheimes Einhorn-Tagebuch, das sowieso niemals jemand zu sehen bekommen wird und wo ich theoretisch auch reinschreiben dürfte, die Seychellen gehören zu Grönland.) Und während ich mir also den Plan überlegte, habe ich Pommes um Pommes in meinen Mund gestopft, bis Mama mich ganz entgeistert angesehen hat.

Als sie dann meinte: »Ist da irgendwo ein Loch oder wo tust du die ganzen Fritten hin?«, ist mir aufgefallen, dass ich wirklich schon total satt war. Natürlich nicht so satt, dass nicht noch Eis reinpasste. Wir sind also noch beim Kiosk vorbei und haben uns jede ein Eishörnchen gekauft: Buttermilch-Zitrone, natürlich! Noch kann ich mich ja frei bewegen im Ort, da ich erst Sonntag auf die Seychellen fliege. Ab dann muss ich gucken, dass mich niemand sieht, der sich darüber wundern könnte, wie ich gleichzeitig auf den Seychellen und bei uns im Dorf sein kann.

Denn ich werde das ganze Projekt natürlich TOTAL PROFESSIONELL angehen. Keine halben Sachen! Auch keine Dreiviertelsachen!

Folgendes habe ich mir überlegt:

Die richtige Wahrheit schreibe ich nur in dieses Einhorn-Tagebuch. Mit dem Schulschönschriftfüller! Total OFFLINE! Und TOP SECRET! Ich weiß nämlich, wie schnell man am Handy was getippt hat und einmal falsch geklickt und schwupps weiß es die ganze Welt. Und das darf nicht passieren.

Die offizielle Wahrheit schreibe ich nämlich in meinem Fake-Tagebuch. Online. Auf meinem neuen Insta-Account.

Habe ich mir eben eingerichtet. Da war ich erst ein bisschen nervös, weil Mama nicht will, dass ich Instagram mache. Aber ich wollte auch nicht in den Ferien hierbleiben. Deswegen habe ich mir eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Aus Gründen der ausgleichenden Gerechtigkeit. So.

Ich bin superaufgeregt, denn jetzt gehen sie auch schon los – die besten Ferien, die ich nie hatte. An jedem Urlaubstag werde ich ein Foto posten, sodass alle Welt (und besonders Nora, Finnja und Melody, die meinem Account